Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 338/03
(BPatG: Beschluss v. 05.07.2005, Az.: 27 W (pat) 338/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Widersprechende hat gegen die Eintragung der international registrierten Wortmarke CRAZEE WEAR die in der Bundesrepublik Deutschland für
"classe 24 : Tissus et produits textiles non compris dans d'autres classes; couvertures de lit et de tableclasse 25 : Vêtements, chaussures, chapellerie"
geschützt ist, Widerspruch eingelegt aus ihrer am 16. Juli 2001 angemeldeten und am 4. März 2004 für
"Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"
eingetragenen Gemeinschaftsmarke 2 302 834 Crazy Life.
Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 20. August 2003 den Widerspruch zurückgewiesen, weil selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Zeichen nicht bestehe. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden würden beide Marken nicht allein durch die Bestandteile "CRAZEE" bzw. "Crazy" geprägt, da es sich jeweils um einheitliche Gesamtbegriffe handele, die das Publikum als solche erkennen und werten werde. Zudem sei auch nicht ersichtlich, inwieweit der Bestandteil "Life" in der Widerspruchsmarke warenbeschreibend sei; demgegenüber weise der weitere Bestandteil "Crazy" einen deutlich warenanpreisenden Bedeutungsgehalt auf, was zusätzlich gegen die Annahme spreche, dass sich das Publikum ausschließlich an diesen Markenteil orientieren werde. Aus denselben Gründen scheide auch eine assoziative Verwechslungsgefahr aus.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die sie schriftsätzlich nicht näher begründet hat.
Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der angefochtenen IR-Marke den Schutz in Deutschland zu verweigern.
Die Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende geltend gemacht, die Marken würden jeweils durch "CRAZEE" bzw. "Crazy" geprägt, weil die weiteren Bestandteile "WEAR" und "Life" warenbeschreibend seien. Darüber hinaus bestehe eine assoziativen Verwechslungsgefahr. Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten; zur Frage der assoziative Verwechslungsgefahr hat sie dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass es auf dem einschlägigen Warengebiet eine Vielzahl an Kennzeichnungen mit dem Bestandteil "crazy" gebe.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG liegt im Ergebnis nicht vor.
Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur älteren Marke selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe erkennbar ein.
Von ihrem jeweiligen Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unabhängig vom Prioritätsalter der sich gegenüberstehenden Zeichen grundsätzlich abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 233 f. - Rausch/Elfi Rauch), unterscheiden sich beide Marken durch die deutlich voneinander abweichenden Markenteile "WEAR" und "Life".
Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werden beide Marken auch nicht allein durch die klangidentischen Bestandteile "CRAZEE" bzw. "Crazy" geprägt. Dies kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann bejaht werden, wenn diesen Bestandteilen eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen würde und sie deshalb geeignet wären, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marken so in den Hintergrund träten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen könnten (vgl. BGH, a.a.O., S. 234 - Rausch/Elfi Rauch). Dabei kann es auf sich beruhen, ob dies für die angegriffene Marke, wie die Widersprechende geltend macht, zu bejahen wäre, weil der weitere Bestandteil "WEAR" in der dem inländischen Verkehr ohne weiteres geläufigen Bedeutung "Bekleidung, Mode" die beanspruchten Waren glatt beschreibe. Denn selbst wenn dies entgegen der Ansicht der Markenstelle, derzufolge es sich bei der angegriffenen Marke um einen nicht aufspaltbaren Gesamtbegriff handelt (wofür auch nach der Auffassung des Senats vieles spricht), unterstellt würde, kann eine Prägung der Widerspruchsmarke allein durch den Bestandteil "Crazy" nicht festgestellt werden. Soweit die Widersprechende hierzu auf zahlreiche Zurückweisungen von Marken verwiesen hat, welche dieses Wort in Alleinstellung oder mit weiteren Bestandteilen enthielten, ergibt sich nichts anderes. Denn diese Zurückweisungen beruhten, soweit ersichtlich, allein darauf, dass dieser Begriff für die jeweils konkret beanspruchten Waren einen beschreibenden Bedeutungsgehalt aufwies. Bei den hier in Rede stehenden Waren ist dies aber gerade nicht der Fall, wie im übrigen der Senat bereits anlässlich der Anmeldung der mit der hiesigen Gemeinschaftsmarke identischen nationalen Marke 301 02 217 für die Widersprechende in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2002 (BPatG 27 W (pat) 85/02 - Crazy Life, veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM) im einzelnen ausgeführt hat. Darüber hinaus spricht gegen eine Prägung der Widerspruchsmarke allein durch "Crazy" auch der Umstand, dass dieser Begriff auf dem hier in Rede stehenden Modesektor einen deutlich warenanpreisenden Charakter hat (vgl. BPatG, a.a.O. - Crazy Life). Wird die Widerspruchsmarke aber nicht allein durch den Bestandteil "Crazy" geprägt, unterscheiden sich beide Marken selbst dann, wenn auf Seiten der angegriffenen Marke der Markenteil "CRAZEE" als allein kollisionsbegründender Bestandteil berücksichtigt würde, durch den in der jüngeren Marke nicht enthaltenen weiteren Begriff "Life" in der Widerspruchsmarke.
Es ist auch nicht zu befürchten, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dies wäre nur zu bejahen, wenn der Verkehr, obwohl er die Vergleichsmarken nicht unmittelbar miteinander verwechselt, dem vorhandenen übereinstimmenden Element in beiden Marken einen Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnähme, weil die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. BGH WRP 2002, 534, 536 - BIG; BGH WRP 2002, 537, 541 - BANK 24; BGH GRUR 1999, 587, 589 - Cefallone). Hiergegen spricht aber bereits, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, der Charakter der Widerspruchsmarke als Gesamtbegriff, was der Annahme entgegensteht, dass es sich bei dem Markenteil "Crazy" um einen Stammbestandteil handeln könne. Darüber hinaus gibt es ungeachtet der Frage, ob die Widersprechende überhaupt über eine entsprechend gebildete Zeichenserie verfügt, auch auf dem hier in Rede stehenden Modesektor - wie die Markeninhaberin im einzelnen dargelegt und dem auch die Widersprechende nicht widersprochen hat - eine Vielzahl von Marken, welche aus der Kombination des Wortes "crazy" mit einem nachfolgenden, häufig sogar warenbeschreibenden Begriff gebildet sind; neben den von der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Internet-Auszügen über vier benutzte Marken finden sich allein im nationalen Register insgesamt 170 entsprechende Zeichen, von denen allein 21 in der Leitklasse 25 eingetragen sind. Auch wenn über deren Benutzung nichts näher bekannt ist, spricht doch bereits die Häufigkeit der registrierten Marken mit dem vorangestellten Bestandteil "crazy" gegen die Annahme, der Verkehr könne die hier angegriffene Marke allein wegen ihres klangidentischen Markenteils "CRAZEE" mit der Widerspruchsmarke gedanklich in Verbindung bringen und irrtümlich der Widersprechenden zuordnen.
Da weitere Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, war der Beschwerde der Widersprechende gegen den ihren Widerspruch zurückweisenden Beschluss der Markenstelle der Erfolg zu versagen.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na
BPatG:
Beschluss v. 05.07.2005
Az: 27 W (pat) 338/03
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