Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 227/02
(BPatG: Beschluss v. 11.05.2004, Az.: 27 W (pat) 227/02)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. September 2002 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 395 09 859 für "Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten, nämlich Geldbörsen, Schlüsseletuis, Brieftaschen, Taschen, Sporttaschen, Rucksäcke, Schultaschen, Schulranzen, Reisetaschen, Koffer, Etuis, Gürtel; alle Artikel auch aus jeglich anderen Materialien (Ersatzstoffe, Kunststoffe); Regenschirme, Sonnenschirme; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Hosen, Shirts, Pullover, Hemden, Jacken, Mäntel, Lederjacken, Ledercombis, Socken, Strümpfe, Unterhosen, Unterhemden, Bodies, Mützen, Hüte, Baseballmützen, Stirnbänder, Handschuhe, Sportbekleidung, Badehosen, Badeanzüge, Bikinis, Bermudas, Trikots, Jogginganzüge, Schuhe, Stiefel, Sportschuhe, Turnschuhe, Basketballschuhe, Bademäntel" zurückgewiesen worden ist.
2. Die Löschung der Marke 399 42 713 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 395 09 859 für diese Waren angeordnet.
GRÜNDE I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke AB BLACK BOX für die Waren Klasse 16: Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, nämlich Verpackungsbehältnisse, Papiertaschentücher, Verpackungstüten, Papierhandtücher, Postkarten, Briefumschläge, Druckerzeugnisse, Ausweise, Notfall-Ausweise, Organspendeausweise, Schreibwaren, Blocks, Ordner, Büroartikel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff; Hüllen, Beutel, Folien, Etuis, Kunststoff-Verpackungsbehältnisse; Klasse 18. Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten nämlich Geldbörsen, Schlüsseletuis, Brieftaschen, Taschen, Sporttaschen, Rucksäcke, Schultaschen, Schulranzen, Reisetaschen, Koffer, Etuis, Gürtel; alle Artikel auch aus jeglich anderen Materialien (Ersatzstoffe, Kunststoffe); Häute, Felle, Regenschirme, Sonnenschirme; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Hosen, Shirts, Pullover, Hemden, Jacken, Mäntel, Lederjacken, Ledercombis, Socken, Strümpfe, Unterhosen, Unterhemden, Bodies, Mützen, Hüte, Baseballmützen, Stirnbänder, Handschuhe, Sportbekleidung, Badehosen, Badeanzüge, Bikinis, Bermudas, Trikots, Jogginganzüge, Schuhe, Stiefel, Sportschuhe, Turnschuhe, Basketballschuhe, Bademäntel"
ist - beschränkt auf die Waren der Klassen 18 und 25 - Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wort-/Bildmarke
, eingetragen für
"Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepaßte Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme; Bekleidungsstükke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen".
Die Markenstelle hat den Widerspruch zurückgewiesen, weil sie trotz identischer Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in dem Markenbestandteil "AB" der jüngeren Marke ein hinreichendes Unterscheidungsmerkmal gesehen hat, das bei der Betrachtung des Gesamteindrucks nicht außer Acht bleiben dürfe. Daher bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Dagegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der jüngeren Marke im Umfang der Waren der Klasse 18 und 25 beantragt, ausgenommen die Waren "Leder, Lederimitationen, Häute, Felle". Sie sieht angesichts der Identität der mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der jüngeren Marke mit den Waren der Widerspruchsmarke den erforderlichen Zeichenabstand nicht gewahrt, denn der Unterschied beschränke sich auf die Hinzufügung zweier Buchstaben zum begrifflich ohne weiteres fassbaren und allein die Marken prägenden Markenwort "Black Box". Dieser Zusatz werde dem Verkehr als farbloses Kürzel ohne eigenen Beitrag zur Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke erscheinen, so dass ihm zumindest klanglich und begrifflich jeweils übereinstimmende Zeichen begegneten.
Der Inhaber der jüngeren Marke hat sich weder im Widerspruchs- noch im Beschwerdeverfahren geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Insoweit war daher die Löschung der angegriffenen Marke nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG antragsgemäß anzuordnen.
Die Verwechslungsgefahr beurteilt sich unter Berücksichtigung der miteinander in einer Wechselbeziehung stehenden Kriterien der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sowie der Marken und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922 - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd), wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. EuGH GRUR 1998, 387, Nr. 23 f.- Puma/Sabèl).
Die mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der jüngeren Marke sind mit den Waren der Widerspruchsmarke teils identisch, teils liegen sie im engsten Ähnlichkeitsbereich.
Da an der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht zu zweifeln ist, weil der Wortbestandteil "BLACKBOX" sowohl in der wörtlichen Bedeutung "schwarzer Kasten" als auch in dem übertragenen Sinne von "Flugschreiber" in bezug auf die geschützten Waren einen reinen Phantasiebegriff darstellt und Anhaltspunkte für eine Schwächung durch Drittzeichen nicht bestehen, bedarf es in Wechselbeziehung dazu eines erheblichen Abstands zwischen den Marken, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.
Diese Voraussetzung ist hier zumindest in klanglicher Hinsicht nicht erfüllt. Die Widerspruchsmarke besteht aus dem sich zur Benennung allein anbietenden Wortbestandteil "BLACKBOX", der in der angegriffenen Marke klanglich identisch enthalten ist. Den vorangestellten Buchstaben "AB" wird ein erheblicher Teil der angesprochenen breiten Durchschnittsverbraucherkreise keine für die Produktkennzeichnung maßgebliche Bedeutung beimessen. Für sie stellt sich das besonders leicht fassbare phantasievolle Wort "BLACKBOX" als der prägende Bestandteil dar, während sie in den Buchstaben eine aus ihrer Sicht nichtssagende Abkürzung sehen, die für die betriebliche Unterscheidung der Waren keine maßgebliche Rolle spielt. Sie werden sich bei der mündlichen Benennung der Marke daher in der Regel auf den Bestandteil "BLACKBOX" beschränken.
Aber auch dann, wenn die angegriffene Marke vollständig wiedergegeben wird, ist die Gefahr klanglicher Verwechslungen nicht ausgeschlossen, weil für den Hörer der akustisch und begrifflich markante Bestandteil "BLACKBOX" im Vordergrund steht. Die Buchstaben "AB" nimmt er dagegen insbesondere dann, wenn sie bei der Aussprache rasch anklingen und das Gewicht in erster Linie auf das Wort "BLACKBOX" gelegt wird, vielfach klanglich gar nicht bewusst wahr oder fasst sie jedenfalls nicht als Teil der Kennzeichnung auf. Unter diesen Umständen ist die Gefahr, dass er die beiden Marke klanglich ohne weiteres füreinander hält, nicht gering zu erachten.
Gründe, von der allgemeinen Kostentragungsregel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, sind nicht ersichtlich.
Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na
BPatG:
Beschluss v. 11.05.2004
Az: 27 W (pat) 227/02
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