Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 44/01
(BPatG: Beschluss v. 09.04.2002, Az.: 27 W (pat) 44/01)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. Januar 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Papier, Pappe (Karton); Kunststoff- und Metallfolien; Buchbinderartikel; Schreibmaschinen; Drucklettern; Druckstöcke" zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnungsiehe Abb. 1 am Endeist für die Waren und Dienstleistungen
"Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, Unterrichtsapparate und -instrumente, sowie elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungs-Geräte und -Peripheriegeräte; Feuerlöschgeräte; auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme und Daten, insbesondere zur Herstellung und Verteilung von analogen und digitalen Dokumentationen, Dokumenten und Formularen;
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Kunststoff- und Metallfolien, sowie Drukkereierzeugnisse, Buchbinderartikel, Dokumente, Formulare und Dokumentationen, Bedienungshandbücher und -anleitungen, insbesondere aus vorstehenden Materialien hergestellte und in diese Materialien integrierte abziehbare, selbstklebende, beschriftbare Etiketten, vorstehende Waren in personalisierter und unpersonalisierter Form; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit in Klasse 16 enthalten); Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Kunststoff-Folien (für Verpackungszwecke);
Zwischenlagerung, Verpackung und Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen;
Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren daraus, Waren aus Kunststoffen als Halbfabrikate, Kunststoff-Folien (außer für Verpackungszwecke), Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial, Schläuche (nicht aus Metall);
Organisationsberatung, insbesondere hinsichtlich der Verarbeitung und Verteilung von analogen und digital verfügbaren Daten und Informationen;
Erstellen von individuellen Programmen zur Dokumentenverarbeitung, insbesondere zur Herstellung und Verteilung von analogen und digitalen Dokumenten und Formularen; Übernahme, Verarbeitung und Verteilung von analogen und digitalen verfügbaren Dokumenten für Dritte, insbesondere Personalisierung, Kuvertierung und Postauslieferung sowie Datenarchivierung und digitale DatenÜbermittlung; Dienstleistungen eines Grafikers"
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung teilweise für die Waren und Dienstleistungen
"Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, Unterrichtsapparate und -instrumente, sowie elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung, Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungs-Geräte und -Peripheriegeräte; auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme und Daten, insbesondere zur Herstellung und Verteilung von analogen und digitalen Dokumentationen, Dokumenten und Formularen; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Kunststoff- und Metallfolien, sowie Druckereierzeugnisse, Buchbinderartikel, Dokumente, Formulare und Dokumentationen, Bedienungshandbücher und -anleitungen, insbesondere aus vorstehenden Materialien hergestellte und in diese Materialien integrierte, abziehbare, selbstklebende, beschriftbare Etiketten, vorstehende Waren in personalisierter und unpersonalisierter Form; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Drucklettern; Druckstöcke; Organisationsberatung, insbesondere hinsichtlich der Verarbeitung und Verteilung von analogen und digital verfügbaren Daten und Informationen; Erstellen von individuellen Programmen zur Dokumentenverarbeitung, insbesondere zur Herstellung und Verteilung von analogen und digitalen Dokumenten und Formularen; Übernahme, Verarbeitung und Verteilung von analogen und digitalen verfügbaren Dokumenten für Dritte, insbesondere Personalisierung, Kuvertierung und Postauslieferung sowie Datenarchivierung und digitale DatenÜbermittlung; Dienstleistungen eines Grafikers"
gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen mangelnder Unterscheidungskraft und eines Freihaltungsbedürfnisses als beschreibende Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid ausgeführt, daß die angemeldete Marke aus den für sich betrachtet beschreibenden Angaben "docu" (Dokument, Dokumentation) und "center" (Zentrum) bestehe, die auch in ihrer Kombination nur in rein beschreibender Weise zum Ausdruck brächten, daß die von der Eintragungsversagung umfaßten Waren und Dienstleistungen der Erfassung und Verwaltung von Dokumenten mittels EDV dienten. Auch die graphische Gestaltung der angemeldeten Marke halte sich im Rahmen des Werbeüblichen und sei daher nicht geeignet, die Schutzfähigkeit zu begründen. Zum Nachweis der Gebräuchlichkeit der Bezeichnung "Docucenter" als beschreibende Angabe hat sich die Prüfungsstelle auf das Ergebnis einer dem Beschluss als Anlage beigefügten Internet-Recherche gestützt. Ferner hat sie den Beschluss des 30. Senats vom 15. Januar 1999 (30 W (pat) 236/97) betreffend die Zurückweisung der Bezeichnung "Document Centre" für Waren der Klasse 9 übersandt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragbarkeit der angemeldeten Marke festzustellen. Eine Begründung der Beschwerde hat sie nicht eingereicht.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im Umfang der in der Beschlussformel genannten Waren Erfolg. Im übrigen war sie zurückzuweisen. Die Markenstelle hat die angemeldete Marke insoweit zu Recht und mit zutreffender Begründung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.
Wie bereits der 30. Senat in dem der Anmelderin von der Markenstelle übermittelten Beschluß vom 15. Januar 1999 (30 W (pat) 236/97) betreffend die Zurückweisung der Marke "Document Centre" ausgeführt hat, wird der Begriff "Dokument" bzw englisch "document" über seine ursprüngliche Bedeutung von "Schriftstück, Urkunde, Beleg" hinaus in der elektronischen Datenverarbeitung als Bezeichnung für eine durch ein Programm erstellte Datei, dh eine Daten- und Informationseinheit verwendet. Um einen schnellen Überblick und Zugriff auf eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumente sicherzustellen, bedarf es ihrer zentralen Erfassung, Archivierung, Auswertung und Verwaltung. Für solche Dienstleistungen sowie die zu ihrer Erbringung erforderliche Hard- und Software einschließlich der Bedienungshandbücher, Bedienungsanleitungen und Lehrbücher stellt die unter Verwendung der üblichen Kurzform "docu" für "document" gebildete Bezeichnung "docucenter" daher eine reine Sachaussage dar. Im übrigen wird der Ausdruck "docucenter" im Geschäftsverkehr bereits nachweislich in der beschreibenden Bedeutung von Dokumenten-Zentrum bzw Dokumentationszentrum verwendet, wie die Markenstelle anhand von Beispielen belegt hat.
Beschreibende Bedeutung kommt der angemeldeten Wortkombination "docucenter" aber auch in bezug auf wissenschaftliche Geräte und Schiffahrts-, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, optische und photografische Geräte zu, die Daten nicht nur erfassen und aufzeichnen, sondern gleichzeitig auch - mit Hilfe eingebauter Datentechnik - analysieren, auswerten und dokumentieren. Schließlich wird auch die zentrale Archivierung und Verwaltung herkömmlicher Dokumente in Papierform durch den Begriff "docucenter" unmittelbar beschrieben. Für Waren, die nach Art und Beschaffenheit spezifisch der Einrichtung und dem Betrieb eines solchen Dokumentenzentrums dienen können, bildet die Bezeichnung "docucenter" eine Bestimmungsangabe, die keine Unterscheidungskraft besitzt und zugunsten der Mitbewerber freizuhalten ist. Zu den Waren, die ihrer Art nach speziell für den Gebrauch in einem Dokumentenzentrum bestimmt sein können, gehören zB Formulare und Etiketten in personalisierter oder unpersonalisierter Form, die aus Papier, Pappe, Kunststoff- oder Metallfolien hergestellt sind, aber auch Waren wie Karteikästen, Sichtreiter, Stützplatten udgl, die unter den beanspruchten weiten Oberbegriff "Büroartikel" fallen. Die Markenstelle ist ferner auch zu Recht davon ausgegangen, daß die optisch kaum auffallende grafische Gestaltung der beiden Wortelemente in einer leicht divergierenden, aber jeweils völlig üblichen Schriftart jeglicher betriebskennzeichnenden Eigenart entbehrt.
Dagegen bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß es sich bei den Waren "Papier, Pappe (Karton); Buchbinderartikel; Kunststoff- und Metallfolien; Schreibmaschinen; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Drucklettern; Druckstöcke" um Produkte handelt, die für die Einrichtung eines Dokumentationszentrums notwendig sind und hierbei typischerweise verwendet werden. Aus Papier, Pappe (Karton), Kunststoff- und Metallfolien können zwar Waren, wie Etiketten, Formulare, Karteikarten usw hergestellt werden, die aufgrund ihrer Gestaltung spezifisch Dokumentationszwecken dienen. Es ist jedoch nicht ohne weiteres erkennbar, daß die Waren Papier, Pappe, Kunststoff- und Metallfolien als solche in ihrer Eigenschaft als Ausgangsmaterial für die Herstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Artikel einen unmittelbaren sachlichen Bezug zu einem Zentrum für Dokumente bzw Dokumentation aufweisen. Ebensowenig ist ein unmittelbarer Sachzusammenhang zu Buchbinderartikeln, Druckstöcken und -lettern ersichtlich. Eintragungshindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG stehen der angemeldeten Marke schließlich auch hinsichtlich der "Schreibmaschinen" nicht entgegen, denn diese werden - anders als möglicherweise Schreibcomputer mit umfassenden Speicherfunktionen - herkömmlicherweise nicht speziell zum Verwalten von Dokumenten oder Dateien eingesetzt.
Dr. Schermer Friehe-Wich Schwarz Pr/Pü
siehe Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/27W(pat)44-01.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 09.04.2002
Az: 27 W (pat) 44/01
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f8e550f07a8c/BPatG_Beschluss_vom_9-April-2002_Az_27-W-pat-44-01