Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. September 2002
Aktenzeichen: 21 W (pat) 43/01

(BPatG: Beschluss v. 26.09.2002, Az.: 21 W (pat) 43/01)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss der Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 7. Mai 1993 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung

"Verwendung einer akustischen Druckimpulsquelle"

erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 7. Oktober 1999 erfolgt.

Gegen das Patent sind drei Einsprüche erhoben worden.

Die Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 2. April 2001 das Patent widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Der Patentanspruch 1 nach Patentschrift lautet:

"Verwendung einer akustische Stoßwellen abstrahlenden Druckimpulsquelle (1) zur analgetischen Schmerzbehandlung.

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, eine neue Verwendung für akustische Druckimpulsquellen anzugeben (PS, Sp. 1, Z. 42-43).

Die Patentinhaberin hat ihre Beschwerde nicht begründet, sie bittet um Entscheidung nach Lage der Akten.

Die Patentinhaberin stellt mit Schriftsatz vom 21. Mai 2001 sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechenden stellen übereinstimmend den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Einsprechende I führt hierzu im Einspruchsverfahren im Wesentlichen aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe und gegenüber dem Artikel von DAHMEN, G.P. u.a.: Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) im knochennahen Weichteilbereich an der Schulter. In: extracta orthopaedica, 1992, Jg. 15, Heft 11, S. 25-27, im Folgenden als (1) bezeichnet, nicht neu sei. Die Einsprechenden II und III sind ebenfalls der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 u.a. gegenüber der Druckschrift (1) nicht neu sei. Zusätzlich ist die Einsprechende III der Meinung, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 6 auf Grund des § 5 (2) PatG von der Patentierung ausgeschlossen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.

Die geltenden Patentansprüche sind formal zulässig. Sie finden ihre Stütze in den am Anmeldetag eingereichten Ansprüchen 1-7 und der Beschreibung; der geltende Anspruch 1 speziell in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 sowie der ursprünglichen Beschreibung Seite 1, Z. 32-34.

Den von der Einsprechenden I vorgetragenen Einwand, wonach das Wort "analgetisch" im geltenden Anspruch 1 nicht ursprünglich offenbart sei, sieht der Senat nicht für gegeben. Denn in der ursprünglichen Beschreibung wird auf S. 1, Z. 32-34 ausgeführt, dass durch die streitpatentgemäße Anwendung von akustischen Stoßwellen die Gabe von Analgetika (schmerzstillenden Medikamenten) nicht mehr erforderlich ist. Demnach ist für den Fachmann, einen Diplomphysiker, der in medizinischen Fragen von einem Arzt unterstützt wird, offenbart, dass die streitpatentgemäße Schmerzbehandlung zu analgetischen Zwecken eingesetzt wird.

Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 neu ist, jedenfalls beruht er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der Druckschrift (1) wird eine neue Anwendung der aus der Nieren- und Gallenstein-Behandlung bekannten Stoßwellentherapie im Bereich der knochennahen Weichteile an der Schulter beschrieben. Die Behandlung erfolgt mit dem SIEMENS-Lithostar plus, welcher Stoßwellen erzeugt (vgl. S. 25, mittlere Spalte). Nach Fig. 2a handelt es sich bei den Stoßwellen um akustische Stoßwellen, die ausgehend vom Schallkopf über eine als "Vorlaufstrecke" bezeichnete Ankopplung auf das gewünschte Zentrum (hier ein Kalkdepot) fokussiert werden. Wie dem Fachmann bekannt, sind für die Erzeugung von Stoßwellen Wellen mit einer großen Druckamplitude notwendig, wie sie in einer Druckimpulsquelle entstehen. Bei dem SIEMENS-Lithostar plus handelt es sich demnach um eine akustische Stoßwellen abstrahlende Druckimpulsquelle.

Diese akustische Stoßwellen abstrahlende Druckimpulsquelle wird gemäß (1) zur Behandlung von degenerativen Schultersyndromen mit einhergehenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen eingesetzt (vgl. S. 25, linke Spalte, letzter Absatz). Anhand von sechs einzelnen Krankheitsfällen wird geschildert, wie durch die Behandlung mit akustischen Stoßwellen eine völlige Schmerzfreiheit bzw. nur mehr geringe Restbeschwerden erzielt werden konnten. Vor der Behandlung wurde zunächst eine Röntgenaufnahme der Schulter zur exakten Lokalisation der Kalkdepots angefertigt. Anschließend wurde die Schulter mit den Kalkdepots einer Stoßwellenbehandlung mit drei bis sechs Anwendungen unterzogen.

Durch das Reizen knochennaher Weichteile erfolgt nach den Ausführungen auf S. 27, linke Spalte, letzter Absatz der Druckschrift (1) eine Anregung der Heilungs- und Resorptionsprozesse, und einhergehend eine starke Reduktion bis völlige Schmerzfreiheit im Behandlungsbereich (vgl. die sechs Behandlungsfälle auf S. 25, rechte Spalte bis S. 27, linke Spalte). In der Druckschrift (1) wird zwar speziell eine analgetische Schmerzbehandlung im Bereich der Schulter beschrieben. Aber der Fachmann und insbesondere der behandelnde Arzt wird angeregt durch die vielversprechenden Ergebnisse und die Aussage auf S. 27, linker Absatz, letzter Absatz, wonach das Verfahren allgemein zum Reizen knochennaher Weichteile geeignet ist, akustische Stoßwellen auch für andere analgetische Schmerzbehandlungen einsetzen.

Die Verwendung einer akustische Stoßwellen abstrahlenden Druckimpulsquelle zur analgetischen (schmerzstillenden) Schmerzbehandlung ist demnach aus der Druckschrift (1) in Verbindung mit dem Fachwissen angeregt.

Der Patentanspruch 1 hat somit wegen fehlender Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand. Mit ihm haben auch die auf den Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 keinen Bestand.

Bei dieser Sachlage braucht auf die Ausführungen der Einsprechenden III bzgl. des §5 (2) PatG nicht weiter eingegangen zu werden.

Klosterhuber Dr. Franz Dr. Kraus Dr. Strößner Pr






BPatG:
Beschluss v. 26.09.2002
Az: 21 W (pat) 43/01


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