Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. April 1998
Aktenzeichen: 6 U 8/98

(OLG Köln: Urteil v. 29.04.1998, Az.: 6 U 8/98)

Die Telefaxwerbung gegenüber einem Rechtsanwalt für einen Kanzlei-Suchdienst mit dem Angebot der Aufnahme in und des Zugriffs auf eine Datenbank einer "Netservice-Online" stellt mangels Wettbewerbsförderungsabsicht jedenfalls in subjektiver Hinsicht kein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs im Sinne von § 1 UWG dar. Die Dringlichkeitsvermutung gemäß § 25 UWG greift in einem solchen Falle nicht Platz.

Tenor

Die Berufung der Antragsteller gegen das am 20. November 1997 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 14 O 98/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie und insgesamt zulässige

Berufung der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen

erstinstanzlichen Urteil die zunächst im Beschlußweg erlassene

einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des ihr

zugrundeliegenden Antrags aufgehoben. Dabei kann es allerdings

dahinstehen, ob die Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen

des unter dem Gesichtspunkt der unaufgeforderten Óbersendung von

Telefax-Schreiben geltend gemachten Unterlassungsbegehrens, mithin

des Verfügungsanspruchs, in einer für die Aufrechterhaltung der

einstweiligen Verfügung ausreichenden Weise glaubhaft gemacht

haben. Dies ist hier deshalb nicht von entscheidungserheblicher

Bedeutung, weil die Antragsteller jedenfalls die Voraussetzungen

des Verfügungsgrundes der Dringlichkeit der begehrten einstweiligen

Verfügung weder dargelegt noch glaubhaft gemacht haben, so daß sich

der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung aus diesem Grunde

schon als unzulässig erweist ( vgl. Teplitzky,

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 54. Kapitel, Rdn. 15

m. w. N. ).

Auf die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG können sich die

Antragsteller dabei im Streitfall nicht berufen. Mit Ausnahme von

hier nicht einschlägigen sonstigen Ansprüchen begünstigt die

Regelung des § 25 UWG nur die Sicherung wettbewerblicher Ansprüche.

Einen wettbewerblichen Anspruch können die Antragsteller

hier jedoch gegen den Antragsgegner nicht geltend machen. Denn

unabhängig davon, ob die materiellen Voraussetzungen des geltend

gemachten Unlauterkeitstatbestands im Sinne von § 1 UWG vorliegend

zu bejahen sind, haben die Antragsteller schon nicht schlüssig

dargelegt, daß auf Seiten des Antragsgegners überhaupt ein Handeln

zu Wettbewerbszwecken, mithin eine für den wettbewerblichen

Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG aber vorauszusetzende

Wettbewerbshandlung vorliegt.

Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs erfordert objektiv ein

Verhalten, das äußerlich geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer

Person zum Nachteil einer anderen Person zu fördern und in

subjektiver Hinsicht die Absicht, eigenen oder fremden Wettbewerb

zum Nachteil eines anderen Mitbewerbers zu fördern ( vgl.

Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage, Einl UWG, Rdn.

215 und 232 ). Ein nach diesen Maßstäben als Wettbewerbshandlung

einzustufendes Verhalten des Antragsgegners liegt hier indessen

nicht vor. Ob sich die Óbermittlung der Werbeschreiben per Telefax

an die Antragsteller den objektiven Voraussetzungen nach als eine

Wettbewerbshandlung einordnen läßt, kann dabei letzlich

dahinstehen. Nur am Rande sei daher ausgeführt, daß hierfür in der

Tat das von den Antragstellern vorgebrachte Argument spricht, daß

sie infolge der "Blockierung" ihres Telefaxanschlusses während der

Dauer der Óbersendung des Werbeschreibens des Antragsgegners für

potentielle Mandanten nicht erreicht werden können, mithin im

Wettbewerb mit anderen Anwälten benachteiligt werden, deren

wettbewerbliche Position hierdurch wiederum begünstigt wird. Das

Vorhandensein der objektiven Komponente einer Wettbewerbshandlung

kann vorliegend jedoch offenbleiben, weil jedenfalls in subjektiver

Hinsicht die Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung fehlen. Denn

im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, daß das Verhalten des

Antragsgegners von der erforderlichen Wettbewerbsförderungsabsicht

getragen war. Daß der Antragsgegner bei der Óbermittlung der

Telefax-Schreiben unzweifelhaft seinen eigenen Wettbewerb fördern

wollte, rechtfertigt dabei von vorneherein keine abweichende

Beurteilung. Denn die als subjektive Voraussetzung einer

Wettbewerbshandlung zu verlangende Wettbewerbsförderungsabsicht

muß mit der objektiven Wettbewerbsförderung kongruent sein. Im

Streitfall bedeutet dies, daß der Antragsgegner gerade in dem

Bewußtsein gehandelt haben muß, den durch die angegriffene Handlung

objektiv begünstigten Wettbewerb der mit den Antragstellern

konkurrierenden Rechtsanwälte zu fördern. Auch wenn es dafür nicht

erforderlich ist, daß diese Wettbewerbsförderungsabsicht den

alleinigen oder wesentlichen Beweggrund der Handlung darstellt,

sondern es ausreicht, daß sie nicht völlig hinter andere

Beweggründe zurücktritt ( vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O., Einl.

UWG Rdn. 234 m. w. N. ), vermag der Senat im gegebenen Fall jedoch

schon nicht zu erkennen, inwiefern der Antragsgegner hier überhaupt

in dem Bewußtsein vorging, daß die Óbermittlung des Schreibens per

Telefax außer der Förderung seines - des Antragsgegners - eigenen

Wettbewerbs als Nebenfolge auch die wettbewerbliche Position der

nicht "angefaxten" Rechtsanwälte berühren bzw. konkret fördern

könnte. Das Vorhandensein dieser Wettbewerbsabsicht war dabei im

konkreten Fall auch eigens festzustellen. Denn da es sich bei den

Parteien selbst nicht um miteinander in Wettbewerb stehende

Gewerbetreibende handelt, spricht nach der Lebenserfahrung keine

tatsächliche Vermutung für eine Wettbewerbsförderungsabsicht ( vgl.

Baumbach/Hefermehl, a. a. O., Einl. UWG, Rdn. 236 ).

Haben die Antragsteller damit aber die ( subjektiven )

Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung auf Seiten des

Antragsgegners nicht schlüssig dargelegt, scheidet aus diesem Grund

ein wettbewerblicher Unterlassunsganspruch aus und kann

infolgedessen die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG nicht

greifen.

Soweit die Antragsteller ihr Unterlassungsbegehren daneben auch

auf die Vorschriften der §§ 1004, 823 BGB stützen, trifft sie die

volle Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für das Vorliegen eines

Verfügungsgrundes im Sinne der §§ 935,940 ZPO. Gründe dafür, daß

der Erlaß der erstrebten Verfügung zur Abwendung wesentlicher

Nachteile oder aus anderen Gründen geboten ist und es den

Antragstellern nicht zugemutet werden kann, einen Verbotstitel im

Hauptsacheverfahren zu erwirken, lassen sich jedoch weder dem

Vortrag der Antragsteller selbst, noch dem Sachverhalt im übrigen

entnehmen.

Liegt somit insgesamt ein Verfügungsgrund nicht vor und erweist

sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

infolgedessen als unzulässig, stellt sich das landgerichtliche

Urteil im Ergebnis als zutreffend dar, so daß die Berufung mit der

Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO ist die Entscheidung mit ihrer Verkündung

rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 29.04.1998
Az: 6 U 8/98


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