Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 109/01
(BPatG: Beschluss v. 15.04.2003, Az.: 24 W (pat) 109/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. November 2000 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarkeclick2procureist ursprünglich für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Nach vorheriger Beanstandung hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung durch Beschluß vom 8. November 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2, 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen. Die aus den Bestandteilen "click" (Eingabebefehl mit der Maus), "2" (in Wortzusammensetzungen in der EDV-Umgangssprache eine Lautumschreibung für "to") und "procure" ((sich) beschaffen, besorgen) bestehende angemeldete Marke habe in ihrer Gesamtheit die Bedeutung "Klick, um zu beschaffen". In bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 sei die Marke lediglich ein beschreibender Hinweis darauf, daß diese den Kunden die Beschaffung (von Waren, Dienstleistungen, Daten usw) durch Klicks ermöglichen sollten bzw als Beratungs-, Planungs- usw dienstleistungen auf eine solche Ermöglichung ausgerichtet seien. Für die Waren der Klasse 16 und die Dienstleistung der Klasse 35 stelle die Marke eine Angabe über ihren thematischen Inhalt dar. Die Anmeldemarke sei damit lediglich eine Waren- und Dienstleistungsbeschreibung, die einem Freihaltebedürfnis unterliege und der jegliche Unterscheidungskraft fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hat im Beschwerdeverfahren das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen auf folgende Fassung beschränkt:
"Werbung und Marketing, insbesondere über digitale Netze; betriebswirtschaftliche Beratung in Bezug auf Datenkommunikationsnetze und E-Commerce."
Nach Auffassung der Anmelderin ist die angemeldete Marke in bezug auf die nach Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses noch verbleibenden angemeldeten Dienstleistungen keine rein beschreibende Sachangabe, der das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehle und an der ein aktuelles oder zukünftiges Freihaltebedürfnis bestehe. Die Markenstelle habe nicht berücksichtigt, daß bereits die einzelnen Bestandteile mehrere Bedeutungen hätten und auch die mögliche Bedeutung "Klick, um zu beschaffen" keinen glatt beschreibenden Hinweis auf die noch beanspruchten Dienstleistungen gäbe. Die Gesamtmarke in ihrer konkreten Form stelle weder eine den Sprachregeln entsprechende Wortzusammenstellung dar, noch sei sie lexikalisch nachweisbar oder ihr beschreibender Gebrauch auf den betroffenen Arbeitsgebieten feststellbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen in der jetzt geltenden Fassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen die Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 u 2 MarkenG nicht entgegen.
Nach der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung sowie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke nicht vor.
Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke "click2procure" zwar zutreffend die ihr insbesondere im Zusammenhang mit den ursprünglich auch beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 zukommende Bedeutung "Klick (bzw auch klicke), um zu beschaffen (besorgen)" zugrundegelegt. Der englische Begriff "click" (= das Klicken, der Klick, (an)klicken; vgl Langenscheidts Wörterbuch Englisch, Ausg 1999, S 110) hat im Computer- und EDV-Bereich die Bedeutung von "Mausklick, (mit der Maus) (an)klicken" (vgl Langenscheidts, aaO). Der in der englischen wie deutschen Wortform auf diesem Fach- und Produktbereich vielfältig benutzte und allgemein geläufige Begriff beschreibt die Auswahlaktion mit der Maus oder einem mausähnlichen Eingabegerät in einem DV-Programm (vgl BPatG 30 W (pat) 163/01 "click 4 cash"; 30 W (pat) 140/99 "Klick!"; 27 W (pat) 120/99 "Berlin auf einen Klick", jeweils veröffentl in PAVIS PROMA; BPatG v 04.12.2002, 29 W (pat) 312/00 "music on click"). Ferner wird die Zahl "2", die in der englischen Sprache lautidentisch wie das Wort "to" ausgesprochen wird, gerade im EDV-, IT- und Telekommunikationsbereich häufig anstelle dieses Wortes verwendet. Als wohl geläufigstes Beispiel hierfür ist die Kurzbezeichnung "b2b" für "busines to business" (Bezeichnung für die virtuellen Geschäftsbeziehungen von Unternehmern und Händlern untereinander) zu nennen (vgl auch den der Anmelderin übersandten Beschluß BPatG 30 W (pat) 42/00 "SCAN 2 Print"). Das englische Verb "(to) procure" schließlich bedeutet "(sich) etwas beschaffen, besorgen" (vgl Langenscheidts Wörterbuch Englisch, aaO, S 456).
Im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen auf den Bereichen der EDV, der Informationstechnologie und Telekommunikation, welche die Beschaffung (Besorgung) von Produkten, Diensten etc (im Internet) per Mausklick ermöglichen bzw darauf ausgerichtet sind oder diese in sonstiger Weise zum Gegenstand haben (zB das Betreiben virtueller Marktplätze, einschließlich der hierfür erforderlichen DV-Programme, DV-, IT- und Telekommunikationsdienste), werden daher die insoweit angesprochenen, regelmäßig mit der DV-Terminologie vertrauten und mit englischen Grundkenntnissen ausgestatteten Verkehrskreise die angemeldete Wort-Zahlenfolge "click2procure" in ihrer Gesamtheit ohne weitere analysierende zergliedernde Gedankenschritte in dem oben genannten Sinn von "(Maus-)Klick/klicke, um (sich/Dir) etwas zu besorgen/zu beschaffen" verstehen und darin lediglich einen beschreibenden Hinweis auf die Art, Funktion oder den Gegenstand derartiger Waren und Dienstleistungen sehen.
Ein solches Verständnis im Sinn einer unmittelbar beschreibenden Angabe läßt sich der Begriffsbildung "click2procure" jedoch in bezug auf die nach der erfolgten Einschränkung in der Anmeldung verbleibenden Dienstleistungen nicht entnehmen. Auch wenn die noch beanspruchten Dienstleistungen Werbung und Marketing speziell auf Werbemaßnahmen oder die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen über digitale Netze bzw das Internet ausgerichtet sein können, die von deren Kunden per Mausklick erworben werden, ist nicht zu verkennen, daß es sich bei Werbung und Marketing um Dienstleistungen handelt, die sich an Unternehmen richten, die ihre Produkte bewerben oder vermarkten lassen wollen. Insoweit können die Dienstleistungen Werbung und Marketing regelmäßig nicht mit den zu bewerbenden oder zu vermarktenden Objekten gleichgestellt werden (vgl BPatG v 04.12.2002, 29 W (pat) 312/00 "music on click"). So enthält der Ausspruch "(Maus-)Klick, um (sich) etwas zu besorgen/beschaffen" zwar möglicherweise für die beworbenen oder vermarkteten Produkte oder Dienste eine unmittelbar beschreibende Sach- oder Werbeaussage. Die Dienstleistungen Werbung und Marketing als solche aber werden durch den Ausspruch weder hinsichtlich ihrer Art, noch hinsichtlich ihres inhaltlichen Gegenstandes oder sonstiger Merkmale unmittelbar bezeichnet. Insbesondere sind Werbung und Marketing ihrem Wesen nach keine Dienstleistungen, die man sich per Mausklick im Internet beschafft. Entsprechendes gilt für die weitere verbleibende Dienstleistung "betriebswirtschaftliche Beratung in bezug auf Datenkommunikationsnetze und E-Commerce". Auch wenn im elektronischen Handel über Datenkommunikationsnetze die Beschaffung von Gütern per Mausklick erfolgt und daher im Rahmen des Betriebs von E-Commerce-Systemen die angemeldete Marke "click2procure" als Sachhinweis oder werbliche Aufforderung an den Kunden zu verstehen sein mag, läßt sich mit der Aussage "(Maus-) Klick, um (sich) etwas zu beschaffen" nicht Inhalt, Gegenstand oder sonstige wesentliche Merkmale einer auf Datenkommunikationsnetze und E-Commerce bezogenen betriebswirtschaftlichen Beratungsdienstleistung beschreiben. Demnach kann die Anmeldemarke im Verkehr nicht zur beschreibenden Bezeichnung der konkret noch in Rede stehenden Dienstleistungen dienen (vgl BGH GRUR 1997, 634, 636 "Turbo II"; GRUR 1999, 988, 989 f "HOUSE OF BLUES").
Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die noch fraglichen Dienstleistungen mithin kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um einen gebräuchlichen Begriff der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl ua BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2001, 1043, 1044 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"), fehlt ihr außerdem insoweit auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Ströbele Guth Kirschneck Ko
BPatG:
Beschluss v. 15.04.2003
Az: 24 W (pat) 109/01
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