Landgericht Krefeld:
Urteil vom 4. November 2009
Aktenzeichen: 7 O 46/09

(LG Krefeld: Urteil v. 04.11.2009, Az.: 7 O 46/09)

Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd mit unvollständigen Preisangaben, wie etwa reinen Zuzahlungspreisen, zu werben, ohne deutlich und unmissver-ständlich den Gesamtendpreis, bestehend aus kundenseitiger Zuzahlung kassenseitiger Erstattung, auszuweisen.

2.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ord-nungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ord-nungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 24.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte verkauft Hörgeräte. Sie wirbt u.a. auf der Internetseite X Im August 2008 bewarb die Beklagte digitale Miniaturhörgeräte in einer Zeitschrift mit der Preisangabe "ab 599,00 € ….**bei gesetzlicher Krankenversicherung und Vorlage einer ohrenärztlichen Verordnung zzgl. 10 € gesetzliche Zuzahlung pro Hörgerät, Privatpreis auf Anfrage."

Mit Schreiben vom 11.08.2008 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie nach ihrer Auffassung mit dieser Anzeige gegen § 1 Abs.1 der PAngV verstoße, da sie keine Endpreise angebe. Sie forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 21.08.2008 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf sowie zur Zahlung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten in Höhe von 208,65 €. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer entsprechenden Erklärung ab.

Die Klägerin forderte nochmals vergeblich die Beklagte mit Schreiben vom 04.09.2008 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Auch auf ihrer Internetseite wirbt die Beklagte mit

"Hörsysteme nur …€"

**alle Preise bei gesetzlicher Krankenversicherung und Vorlage einer

ohrenärztlichen Verordnung zzgl. 10 € gesetzliche Zuzahlung pro Hörgerät. Privatpreis auf Anfrage."

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte dadurch gegen § 1 Abs. 1 der PAngV verstoße und sich damit zugleich wettbewerbswidrig nach dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verhalte. Allein durch die Benennung der Selbstbeteiligung, die beim Erwerb eines Hörgerätes auf das Kassenmitglied entfalle, genüge die Beklage ihrer Preisangabenpflicht nicht. Die Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit erforderten es, dass der Endabnehmer den Betrag erfahre, der insgesamt als Gegenleistung für die Ware aufzubringen sei. Nur dann sei es dem Verbraucher möglich, die Preise der verschiedenen Anbieter untereinander zu vergleichen.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd mit unvollständigen Preisangaben, wie etwa reinen Zuzahlungspreisen, zu werben, ohne deutlich und unmissverständlich den Gesamtendpreis, bestehend aus kundenseitiger Zuzahlung kassenseitiger Erstattung, auszuweisen,

2.

der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, ihre Werbung verstoße nicht gegen das Gesetz. Ihrer Werbung sei durch die zusätzlichen Angaben unter den Sternchen zu entnehmen, dass der angegebene Preis für Kassenpatienten gelte, der Preis für Privatpatienten erginge nur auf Anfrage. Sie verweist darauf, dass bei ihr drei Einnahmen pro Hörgerät anfielen, und zwar einmal der Zuzahlungsbetrag je Kassenpatient, die 10,00 € gesetzliche Zuzahlung je Kassenpatient und der Betrag der von der Krankenkasse direkt bezahlt werde. Es bestünde ihrerseits keine Verpflichtung den Betrag der kassenseitigen Leistung zu nennen, da dieser auch für den Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung keine Rolle spiele. Sie ist der Auffassung, der nach der PAngV anzugebende Endpreis sei der tatsächlich vom Verbraucher zu zahlende Preis. Im Übrigen erhebt sie die Einrede der Verjährung.

Auf das weitere Vorbringen in der Klageerwiderungsschrift vom 17.06.2009 (Bl. 44 ff. d.GA.) wird Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist berechtigt den Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Sie ist die 1912 gegründete Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie kann bei Verstößen gegen § 3 UWG den Anspruch auf Unterlassung geltend machen (vgl. hierzu: Köhler, in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 27. Aufl., 2009, Einleitung Rdn. 2.29).

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 PAngV i.V.m. § 3 Abs. 1, § 4 Ziff. 11, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Ziff. 2 UWG zu.

Dabei stellt die Kammer hinsichtlich des Verstoßes der Beklagten nicht auf die Zeitungsanzeige ab, da der diesbezügliche Anspruch insoweit gemäß § 11 Abs. 1, Abs. 2 UWG verjährt ist. Bei der Anzeigenschaltung, bezüglich derer bereits am 11.08.2008 der Unterlassungsanspruch geltend gemacht worden ist, handelt es sich um eine mit dem Erscheinen abgeschlossene Einzelhandlung (vgl. Köhler, a.a.O., § 11 Rdn 1.23). Damit war der entsprechende Unterlassungsanspruch zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 26. März 2009 bereits verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, so dass sie insoweit berechtigt war, die begehrte Unterlassung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).

Die Beklagte hat jedoch auch durch die Werbung auf ihrer Internetseite gegen die PAngV verstoßen. Durch die Werbung im Internet, wie sie aus der Anlage K 6 ersichtlich ist, bietet die Beklagte Endverbrauchern gewerbsmäßig Waren an und wirbt mit der Angabe von Zuzahlungspreisen. So bietet sie ein Hörgerät an, bei dem keine Zuzahlung eines Kassenpatienten erforderlich ist. Bei weiteren Hörgeräten ist eine preislich unterschiedlich gestaltete Zuzahlung erforderlich. Angegeben wird, dass alle Preise bei gesetzlicher Krankenversicherung und Vorlage einer ohrenärztlichen Verordnung zuzüglich 10,00 € gesetzliche Zuzahlung pro Hörgerät gelten.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat die Beklagte jedoch die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich der von dem Verbraucher zu zahlende Preis. Wie bereits der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28.11.1996 (WRP 1997, 735 ff.) für den Vertrieb von Brillen durch Optiker entschieden hat, ist der Endpreis, der Preis, der dem Augenoptiker von der Kasse und dem Versicherten insgesamt zufließt. Allein durch die Benennung der Selbstbeteiligung, die beim Erwerb einer Sehhilfe auf das Kassenmitglied entfalle, genüge das Optikunternehmen seiner Preisangabenpflicht nicht. Denn dadurch werde nur ein Teil des zu zahlenden Entgelts belegt.

Nach Auffassung der Kammer ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof von dieser Einschätzung mittlerweile abgewichen ist. So hat er noch in dem Urteil vom 05.07.2001 (Az.: I ZR 104/99, GRUR 2001, 1166 ff.) in dem Fall der Angabe von Endpreisen in der Werbung für Flugreisen bemerkt: "Endpreise sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 1 der PAngV die Preise, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind. Nach dem Zweck der PAngV soll dem Verbraucher Klarheit über die Preise und deren Gestaltung verschafft werden und zugleich verhindert werden, dass er seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen muss."

Wenn sich der letztlich zu zahlende Endpreis aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt, so ist auch dies entsprechend anzugeben. Dies gilt auch für den Fall einer Eigenleistung des Versicherten und eines Anteils der Krankenkasse. Nur eine solche Preisgestaltung genügt den Grundsätzen der Preiswahrheit und der Preisklarheit (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Bei der Aufgliederung von Preisen sind die Endpreise hervorzuheben wie es § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV bestimmt.

Endpreis ist der Preis, der insgesamt als Gegenleistung für die erworbene Leistung zu zahlen ist. Nur dann ist es für den Verbraucher überprüfbar, ob die angebotene Ware die Höhe der Gegenleistung rechtfertigt. Eine gesetzliche Einschränkung dahingehend, dass mit dem Endpreis i.S.d. § 1 der PAngV nur der vom Verbraucher zu zahlende Anteil gemeint ist, gibt es nicht.

Es besteht auch Wiederholungsgefahr, was sich darin zeigt, dass die Beklagte sowohl in Zeitungen inseriert als auch ihre Internetseite entsprechend gestaltet hat. Hiervon hat sich die Kammer durch eine Einsichtnahme auf deren Internetseite noch am 16.07.2009 selbst ein Bild gemacht.

Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 UWG ist auch nicht gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Beklagten ist nicht erkennbar. Das Verhalten der Beklagten ist geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG). Es wird dem Verbraucher erheblich erschwert, die Preise von verschiedenen Anbietern für Hörgeräte zu vergleichen, dadurch dass die Beklagte nur einen Teil des Endpreises angibt. Auch werden die Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtigt, da die Preisgestaltung der Beklagten auf den Verbraucher den Eindruck eines besonders günstigen Angebots machen soll.

Dieser Unterlassungsanspruch ist nicht nach § 11 Abs. 1 und 2 UWG verjährt.

Der Ausspruch entsprechend dem Klageantrag zu 2. ist gestützt auf § 890 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die Kostentragung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

Streitwert: bis 22.000,-- €






LG Krefeld:
Urteil v. 04.11.2009
Az: 7 O 46/09


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