Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 18. Oktober 2007
Aktenzeichen: 28 U 49/07

(OLG Hamm: Urteil v. 18.10.2007, Az.: 28 U 49/07)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 01.02.2007 verkündete Urteil der 15. Zi-vilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Honorarzahlung.

Der Kläger ist Rechtsanwalt in P. Er hatte die Beklagte in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 3 U 162/05; Beiakte) vertreten. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte ist die Nichte der am 13.12.1999 verstorbenen I3. Diese befand sich in der Zeit vom 26.10.1999 bis zu ihrem Tod am 13.12.1999 in einem geriatrischen Rehabilitationszentrum, das von dem T-Hospital in N betrieben wurde. Unter dem 30.11.1999 und 20.12.1999 wurden I3 insgesamt 26.652,80 DM (= 12.604,78 €) für die Unterbringung in einem Zwei-Bett-Zimmer in Rechnung gestellt. Nach dem Tode der Patientin verlangte das T-Hospital den entsprechenden Betrag von der Beklagten. Ihr wurde deshalb am 10.11.2001 ein Mahnbescheid zugestellt. Hiergegen legte die Beklagte Widerspruch ein und machte nach der Abgabe in das streitige Verfahren vor dem Landgericht Münster (Aktenzeichen 15 O 5/02) u.a. geltend, dass sie nicht die Erbin ihrer verstorbenen Tante geworden sei. Im Übrigen erhob sie die Einrede der Verjährung. In prozessualer Hinsicht vertrat sie die Auffassung, dass die klagende Partei des Rechtsstreits nicht wirksam bezeichnet worden sei und im Übrigen dem Krankenhaus als solchem ohnehin keine zivilprozessuale Parteifähigkeit zukomme.

Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits verlangte die Beklagte dann im Wege der Widerklage von dem T-Hospital die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt sein, jedoch einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € nicht unterschreiten sollte. Sie beanstandete die Dokumentation der Behandlung durch die Krankenunterlagen und behauptete, I3 sei im T-Hospital fehlerhaft behandelt worden. Die schwerkranke Patientin hätte von vornherein gar nicht aufgenommen werden dürfen, da dort die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für eine fachgerechte medizinische Betreuung gar nicht vorhanden gewesen seien. Der sehr bedrohliche Zustand sei der Leitung des Hospitals im Einzelnen bekannt gewesen. Im Übrigen habe es das Krankenhaus zu verantworten, dass während des Aufenthalts von I3 eine notwendige medikamentöse Behandlung wegen schwerer Herzinsuffizienz unterblieben sei. Der Patientin sei statt dessen das Kortisonpräparat Decortin verabreicht worden, was zu einer zusätzlichen Wassereinlagerung geführt habe. Sodann habe man eine starke Entwässerung mit Aquafort 10 mg begonnen, ohne die notwendige, das Herz unterstützende Medikation vorzunehmen. Spätestens am 20.11.1999 wäre es angezeigt gewesen, I3 in ein Krankenhaus zu verlegen. So aber habe sie während des Aufenthalts in dem geriatrischen Rehabilitationszentrum aufgrund der dortigen Fehlbehandlung erhebliche Schmerzen erleiden müssen, für die an sich ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € angemessen wäre. Jedoch werde aus Kostengründen lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 5.000,00 € geltend gemacht. Der entsprechende Anspruch sei an die Beklagte abgetreten worden.

Seitens des T-Hospitals wurde der Prozess im Wesentlichen von dem Verwaltungsleiter C3 gestaltet. Er hatte die grundlegende Vollmacht für die von dort beauftragten Rechtsanwälte M pp. in N unterzeichnet. C3 wurde auch im Rubrum jeweils als gesetzlicher Vertreter des Krankenhauses bezeichnet.

Durch Teil-Urteil des Landgerichts Münster vom 07.07.2005 wurde die Beklagte - unter Klageabweisung im Übrigen - zur Zahlung von 12.604,78 € nebst Zinsen an das T-Hospital in N verurteilt. Zur Begründung hieß es, dass das T-Hospital als Krankenhaus mit eigenem Buchungs- und Bilanzierungskreis berechtigt sei, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen. Die Beklagte sei insofern auch passivlegitimiert. Ihre Erbenstellung ergebe sich aus einem notariellen Erbvertrag vom 27.12.1976, der sich in den beigezogenen Nachlassakten des Amtsgerichts Ibbenbüren befinde. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife nicht durch, da mit Zustellung des Mahnbescheids am 10.11.2001 eine rechtzeitige Unterbrechung gem. § 209 II Nr. 1 BGB (a.F.) eingetreten sei. Eine Entscheidung über den im Wege der Widerklage geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch solle dem weiteren Verfahren vorbehalten bleiben.

Die Beklagte wandte sich mit der Berufung gegen das Teilurteil vom 07.07.2005 an das Oberlandesgericht Hamm (Bl. 425-482 der Beiakte). Durch einen Beschluss vom 19.04.2006 wurde der Streitwert zunächst auf 12.604,00 € festgesetzt. Mit einer Verfügung vom 03.05.2006 wies der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Parteien darauf hin, dass der Erlass des Teilurteils unzulässig gewesen sein dürfte, da gem. § 538 II Nr. 7 ZPO die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestehe. Der mit der Klage geltend gemachte Honoraranspruch sei nämlich dann nicht gegeben, wenn die Behandlung für die Patientin aufgrund der von der Beklagten behaupteten ärztlichen Fehler ohne Interesse gewesen sei. Ferner wurde dem T-Hospital aufgegeben, die Originalkrankenunterlagen zu den Akten zu reichen und unter Vorlage geeigneter Belege näher zu seiner Parteifähigkeit und dem Verhältnis zu der Krankenanstalt S vorzutragen. Eine mündliche Verhandlung vor dem Senat wurde auf den 21.06.2006 anberaumt. Unter dem 19.05.2006 wurde die Berufungserwiderung des T-Hospitals verfasst. Danach wies der Berichterstatter des 3. Zivilsenats darauf hin, dass die Auflage zur Frage der Parteifähigkeit des Krankenhauses nicht hinreichend erfüllt worden seien. Daraufhin reichte das Hospital mit Schriftsatz vom 07.06.2006 eine Urkunde des Notars C4 in S2 vom 18.09.2000 zu den Akten. Demnach wurde das T-Hospital von der vormaligen Trägerin, der Katholischen Kirchengemeinde B in N, an die Krankenanstalt S, genannt N-Spital, veräußert.

Einige Tage vor dem anberaumten Senatstermin beauftragte die Beklagte, die bislang von anderen Bevollmächtigten vertreten worden war, den Kläger mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm. Er bestellte sich mit Schriftsatz vom 19.06.2006 und nahm mit weiterem Schriftsatz vom 20.06.2006 zur Sache Stellung. Diesen hatten zu wesentlichen Teilen die Beklagte und ihr Ehemann selbst verfasst. Darin bezog man sich auf die Anträge der Berufungsbegründung und beantragte im Übrigen, die Kosten des Berufungsverfahrens dem Verwaltungsleiter C3, hilfsweise der Gegnerin, aufzuerlegen. Ferner wurde beanstandet, dass das T-Hospital entgegen der Auflage des Senats keine Originalkrankenunterlagen zu den Akten gereicht habe. Folge hiervon sei, dass der Beweis einer Falsch- bzw. Nichtbehandlung von I3 als geführt anzusehen sei. Zudem überreichte man eine Bestätigung des Bischöflichen Generalvikariats N2, wonach die Stiftung N-Spital in S2 Trägerin und Betreiberin des T-Hospitals in N sei.

Am 21.06.2006 kam es zu dem Termin vor dem 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm. Hieran nahmen u.a. der Kläger, die Beklagte und deren Ehemann L2 sowie Rechtsanwalt L für die Gegenseite teil. Der Senat schlug vor, Klage und Widerklage mit den jeweiligen Kostenfolgen zurückzunehmen. Die Verhandlung wurde insgesamt zweimal unterbrochen. Der Kläger, die Beklagte und deren Ehemann berieten die Angelegenheit. Eine einvernehmliche Regelung kam nicht zustande. Der Senat wies darauf hin, dass es beabsichtigt sei, die Widerklage mit in die zweite Instanz zu ziehen. Die Beklagte lehnte dies vehement ab. Der Kläger bat daraufhin zu Protokoll "gegebenenfalls" um die Bewilligung einer Schriftsatzfrist von zwei Wochen (Bl. 15-17 GA). Ausdrückliche Anträge zu der Widerklage wurden von den Rechtsanwälten nicht gestellt. Am Ende der Verhandlung wurde das am 07.07.2005 verkündete Teilurteil des Landgerichts Münster abgeändert: Klage und Widerklage wurden als unzulässig abgewiesen. Die Kosten wurden zu 72% der Krankenanstalt S und zu 28% der Beklagten auferlegt. Die Revision wurde nicht zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung in der Hauptsache führte der Senat aus, dass dem T-Hospital in N als Kläger und Widerbeklagtem die Parteifähigkeit i.S.d. § 50 I ZPO fehle. Rechtspersönlichkeit besitze allein dessen Träger. Dieser habe jedoch den Mangel der Parteifähigkeit des Krankenhauses nicht durch die Ermächtigung zur Geltendmachung der Rechte im eigenen Namen beseitigen können, da es dafür keine prozessuale Rechtsgrundlage gebe. Eine Auslegung des Rubrums dahingehend, dass hier die Krankenanstalt S als Klägerin anzusehen gewesen sei, komme nicht in Betracht. Das Krankenhaus habe auf Anfrage des Senates eindeutig klargestellt, dass es selbst und gerade nicht sein Träger Klagepartei sein solle. Das Heraufziehen der noch in der ersten Instanz anhängigen Widerklage sei zulässig gewesen. Dies folge aus prozessökonomischen Gründen dann, wenn der Erlass eines Teilurteils zwar unzulässig gewesen, der Rechtsstreit aber nunmehr insgesamt entscheidungsreif sei. Bei der Kostenentscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Veranlassung der unzulässigen Klage der Krankenanstalt S als Trägerin des T-Hospitals zuzurechnen sei. Hingegen hafte der Verwaltungsleiter C3 nicht persönlich, weil er den Rechtsstreit nicht aus eigenem Interesse, sondern zur Durchsetzung des allenfalls dem Krankenhausträger zustehenden Honoraranspruchs initiiert habe. Dementsprechend habe ja auch der Krankenhausträger eine "Ermächtigung" erteilt. Die Kosten der unzulässigen Widerklage müsse allerdings die Beklagte tragen. Es hätte ihr oblegen, die Parteifähigkeit des von ihr in Anspruch genommenen Widerbeklagten selbst zu prüfen, zumal sie bereits in der erstinstanzlichen Klageerwiderung die Unzulässigkeit der Klage beanstandet hatte. Eine Schriftsatzfrist sei der Beklagten nicht mehr einzuräumen gewesen, da bei einem unstreitigen Sachverhalt die maßgeblichen Rechtsfragen bereits im Senatstermin eingehend erörtert worden seien und die Beklagte ausgiebig Gelegenheit zur Darlegung ihres eigenen Standpunktes erhalten habe (Bl. 18-25 GA).

Im Übrigen wurde der Streitwert für das Berufungsverfahren durch Beschluss vom 21.06.2006 auf 17.604,78 € festgesetzt. Auf dieser Grundlage stellte der Kläger am 22.06.2006 eine Kostenrechnung über 2.085,68 €.

Mit Schriftsatz vom 20.07.2006 erhob der Kläger namens der Beklagten eine Gehörsrüge nach § 321a ZPO gegen das Urteil vom 21.06.2006 (Bl. 26-32 GA). Beanstandet wurde, dass der Senat erst im Verhandlungstermin seine Absicht zu erkennen gegeben habe, die Widerklage an sich zu ziehen und darüber zu entscheiden. Bei Einräumung ausreichenden rechtlichen Gehörs hätte man noch umfassender zu den maßgeblichen Rechtsfragen Stellung nehmen können. Insbesondere hafte der tatsächliche Veranlasser von Klage und Widerklage, der Verwaltungsleiter C3, als Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB sowie aus §§ 823 I, 823 II BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB gegenüber der Beklagten auf Schadensersatz (Bl. 26-32 GA). Die Gehörsrüge wurde durch Senatsbeschluss vom 07.08.2006 zurückgewiesen. Zu Lasten der Beklagten wurden Kosten in Höhe von 346,80 € in Rechnung gestellt.

Am 07.08.2006 übersandte der Kläger der Beklagten eine Ablichtung seiner Kostenrechnung vom 22.06.2006 in Höhe von 2.085,68 € und mahnte mit Schreiben vom 21.08.2006 die Ausgleichung an. Unter dem 04.09.2006 setzte der Kläger der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 11.09.2006.

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss I des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 wurde ein Erstattungsanspruch des T-Hospitals N gegen die Beklagte in Höhe von 1.472,03 € und durch Kostenfestsetzungsbeschluss II vom selben Tag ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen die Krankenanstalt S in Höhe von 2.862,23 € festgesetzt. Die Beschlüsse wurden jeweils dem Kläger zugestellt. Mit Telefax vom 30.10.2006 forderte ihn die Beklagte zur Übersendung der Unterlagen auf. Am Folgetag schickte der Kläger eine Ablichtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses I und merkte im Übrigen an, dass er das vorangegangene Telefax der Beklagten als Kündigung des ihm erteilten Mandats werte. Mit Schreiben vom 01.11.2006 forderte der Kläger die Krankenanstalt barmherziger Schwestern zur Zahlung von 2.862,23 € auf sein Kanzleikonto auf. Die Gegenseite antwortete mit Anwaltsschreiben vom 14.11.2006. Darin bat sie "angesichts der besonderen Umstände" um Mitteilung der Kontoverbindung der Beklagten, damit die Zahlung direkt dorthin erfolgen könne. Anderenfalls werde eine Hinterlegung erfolgen. Mit seinen Schreiben vom 17.11.2006 und vom 05.12.2006 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses II nur gegen Ausgleich sämtlicher bei ihm angefallener Kosten aushändigen werde.

Im weiteren Verlauf wurde auf eine sofortige Beschwerde der Beklagten der Kostenfestsetzungsbeschluss I des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 durch Beschluss des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.12.2006 abgeändert und das Kostenfestsetzungsgesuch der damals gegnerischen Prozessbevollmächtigten, der Rechtsanwälte M pp. in N, zurückgewiesen. Das Festsetzungsgesuch sei bereits unzulässig, da die Klägerin nicht parteifähig sei und eine Anwendung der Grundsätze zur fingierten Parteifähigkeit ausscheide.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung seiner Gebühren in Höhe von 2.085,68 € sowie nicht anrechenbarer Anwaltskosten in Höhe von 124,65 € verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, von der Beklagten auch mit der Wahrnehmung ihrer Interessen hinsichtlich der Widerklage beauftragt worden zu sein. Er hat behauptet, während zweimaliger Unterbrechungen des Senatstermins am 21.06.2006 seien zwischen den Parteien ausführlich diejenigen Gesichtspunkte erörtert worden, die sich aus der Einbeziehung der Widerklage in das Berufungsverfahren ergeben. Insbesondere sei erörtert worden, ob die Beklagte nunmehr Forderungen gegen den Verwaltungsleiter C3 erheben und die Widerklage entsprechend umstellen könne. Auch sei vorgeschlagen worden, die Widerklage zurückzunehmen. Dies habe die Beklagte jedoch ausdrücklich abgelehnt. Im Verlauf der Verhandlung habe der Kläger zu den rechtlichen Problemen der Widerklage ausführlich und profund Stellung genommen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, den Kläger nicht mit der Wahrnehmung ihrer Interessen hinsichtlich der Widerklage beauftragt zu haben. Der Senat habe die Frage des Hochziehens der Widerklage nur kursorisch erörtert. In den kurzen Verhandlungspausen seien lediglich der Vergleichsvorschlag des Senats und die Kostenfragen besprochen worden. Sinngemäß habe auch der Kläger selbst - sowohl am Rande der Verhandlung vom 21.06.2006 als auch in einem Telefonat am 07.08.2006 - gegenüber ihrem Ehemann erklärt, dass er in dem Berufungsverfahren nur "im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster" tätig geworden sei.

Im Übrigen hat die Beklagte dem Kläger anwaltliche Pflichtverletzungen zur Last gelegt und insofern die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzforderungen erklärt. Sie hat gemeint, der Kläger habe eine Verhandlung über die Widerklage nicht ernsthaft und konsequent abgelehnt. Die beantragte Schriftsatzfrist sei ein insofern untaugliches Mittel gewesen. Statt dessen hätte der Kläger zu Protokoll erklären müssen, dass die Beklagte jede Verhandlung über die vom Senat beabsichtigte Einbeziehung der Widerklage ablehne. So hätte er eine "Quasi-Versäumnislage" herbeiführen müssen. Nach seinen eigenen Prämissen hätte der Senat dann aber kein Versäumnisurteil erlassen können, da sich auf der Gegenseite nur die Scheinpartei "T-Hospital" befunden habe. Im Übrigen sei die Widerklage entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts damals noch gar nicht entscheidungsreif gewesen. Insofern hätte der Kläger verdeutlichen müssen, dass der Verwaltungsleiter C3 verantwortlich für die Erhebung der Widerklage gegen die falsche Partei gewesen sei. Seine Haftung ergebe sich aus seinem durchgehenden Auftreten als angeblicher gesetzlicher Vertreter der Scheinpartei "T-Hospital". Die von ihm unterschriebene Prozessvollmacht sei auf den 04.05.2000 rückdatiert worden. Durch das gebotene "Offenhalten" der Widerklage und Nichtverhandeln hätte die Beklagte die Gelegenheit bekommen, ihren Vortrag zur wahren Partei weiter zu vertiefen und die Widerklage gegen den Verwaltungsleiter C3 umstellen zu können. Sie wäre gemäß §§ 179, 823 I, 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB auch materiellrechtlich erfolgreich gewesen, weil durch das Fehlen der Krankenunterlagen sich die Beweislast zu Gunsten der Beklagten umgekehrt hätte. Durch das pflichtwidrige Verhalten des Klägers sei ihr insgesamt ein Schaden in Höhe von 7.931,92 € entstanden. Dieser setze sich zusammen aus den Gerichtskosten und den Rechtsanwaltsgebühren sowie der Schmerzensgeldforderung in Höhe von 5.000,00 €, die der Beklagten wegen der Abweisung der Widerklage entgangen sei (Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 10/11 der erstinstanzlichen Klageerwiderung verwiesen; Bl. 53/54 GA). Weiterhin habe der Kläger seine Pflichten dadurch verletzt, dass er nach der Beendigung des Mandates versucht habe, den für die Beklagte titulierten Kostenerstattungsbetrag in Höhe von 2.862,23 € nebst Zinsen aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 für sich einzuziehen, und sodann eine Herausgabe des Titels verweigert habe. Dies verstoße gegen § 43a V BRAO und § 4 I 1 BORA und habe zu einer akuten Vermögensgefährdung der Beklagten geführt.

Das Landgericht hat die Akten 15 O 5/02 Landgericht Münster (= 3 U 162/05 Oberlandesgericht Hamm) beigezogen und sodann die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.085,68 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 124,65 € (unter Klageabweisung wegen des darauf entfallenden Zinsanspruchs) zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte den Kläger im Verlauf des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm durch die gemeinsame Erörterung des von dem 3. Zivilsenat am 21.06.2006 erteilten Hinweises konkludent auch mit der Wahrnehmung ihrer Interessen hinsichtlich der Widerklage beauftragt habe. Ausgehend davon sei die Berechnung des Honorars in Höhe von 2.085,68 € nicht zu beanstanden. Dem stehe kein Anspruch der Beklagten wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages entgegen. Das Oberlandesgericht habe unabhängig von den Einwendungen der Parteien den seinerzeit noch in erster Instanz anhängigen Rechtsstreit über die Widerklage an sich ziehen und zusammen mit der Berufung hinsichtlich der Klage entscheiden können. Durch die Abweisung der Widerklage sei der Beklagten auch kein Schaden entstanden. Ein materiellrechtlicher Schadensersatzanspruch mit der Begründung, dass sie von dem Klageveranlasser über dessen Parteifähigkeit getäuscht worden sei, habe ihr nicht zugestanden. Auch mit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 23.10.2006 habe der Kläger keine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt, da ihm die grundlegende Forderung gegen die Beklagte zugestanden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der in erster Instanz von den Parteien gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 131-138 GA).

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts. Zur Begründung hält sie ihre erstinstanzlichen Behauptungen und Rechtsansichten aufrecht und macht im Wesentlichen Folgendes geltend:

I.

Der Kläger habe anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht keinen - insbesondere auch keinen konkludenten - Auftrag zur Widerklage erhalten. Die entsprechende Würdigung des Landgerichts stehe im Widerspruch zu der Feststellung, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Senat in der mündlichen Verhandlung am 21.06.2006 ausdrücklich erklärt habe, eine Entscheidung über die erstinstanzliche Widerklage abzulehnen. Das zeitweise resignierte Schweigen durfte nicht als Auftrag zur Widerklage und Einverständnis mit der Verhandlung zum "Heraufziehen" der Widerklage verstanden werden. Im Übrigen habe das Landgericht zwei entscheidungserhebliche Beweisangebote zum Nichtzustandekommen eines Zusatzvertrages zur Widerklage übergangen. Die Beklagte habe behauptet, der Kläger selbst habe - sowohl am Rande der Verhandlung vom 21.06.2006 als auch in einem Telefonat am 07.08.2006 - gegenüber ihrem Ehemann erklärt, dass er in dem Berufungsverfahren nur "im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster" tätig geworden und nicht auch mit der Widerklage beauftragt worden sei. Insofern hätte der Ehemann der Beklagten als Zeuge vernommen werden müssen.

II.

Zu Unrecht habe das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags abgelehnt. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, dem Bestreben des 3. Zivilsenats, die noch erstinstanzlich anhängige Widerklage hochzuziehen, von vornherein effizient entgegenzutreten. Der für die Widerklage grundlegende Sachverhalt sei damals nicht entscheidungsreif gewesen, denn insofern hätte die Haftung des Verwaltungsleiters C3 als Vertreter ohne Vertretungsmacht geprüft werden müssen. Die hierzu vertretene Rechtsauffassung der Beklagten werde durch den Kostenbeschluss des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.12.2006 bestätigt. Das erstinstanzliche Gericht hingegen habe den umfangreichen und substantiierten Vortrag der Beklagten zu diesem Komplex nicht zur Kenntnis genommen. Dabei hätte das Regressgericht selbständig darüber befinden müssen, wie im Hinblick auf die Widerklage richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Tatsächlich wäre der Kläger verpflichtet gewesen, nach dem Original der von dem Verwaltungsleiter unterschriebenen Prozessvollmacht zu fragen, um auf diese Weise zu klären, dass der Rechtsstreit von C3 unter dem Namen der Scheinpartei "T-Hospital" geführt worden sei. Dies hätte dessen Eigenverantwortlichkeit auch für die Kosten der Widerklage evident werden lassen.

III.

Im Ergebnis seien dem Honoraranspruch des Klägers für das Berufungsverfahren, der sich angesichts eines Streitwerts (nur) für die Klage von 12.604,00 € auf insgesamt 1.825,89 € belaufe, Schadensersatzpositionen der Beklagten in Höhe von insgesamt 6.459,89 € entgegenzuhalten. Diese setzen sich zusammen aus der Kostenlast von 1.459,89 € sowie dem entgangenen Schmerzensgeld von 5.000,00 €.

IV.

Im Übrigen habe das Landgericht zu Unrecht ein Zurückbehaltungsrecht des Klägers gem. § 273 II BGB an der vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses II des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 angenommen und sei nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gem. § 242 BGB eingegangen. Der Kläger habe diesen Titel, der allein der Beklagten zustehe, erst nach Beendigung des Mandates erhalten und dann sogar versucht, daraus eine Zahlung der Gegenseite auf seine angebliche Honorarforderung zu erwirken. Dies alles sei ohne Wissen und Vollmacht der Beklagten erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung des Rechtsanwalts I aus I2 vom 29.05.2007 (Bl. 193 ff. GA) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Münster vom 01.02.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts und wiederholt bzw. vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere behauptet der Kläger, gegenüber dem Ehemann der Beklagten lediglich erklärt zu haben, dass er ursprünglich nur im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster tätig geworden sei. Er habe dabei aber auch immer wieder ergänzt, dass er auf die Erweiterung des Streitstoffs durch das Hochziehen der Widerklage keinen Einfluss gehabt habe. Im Übrigen sei er selbst es gewesen, der die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass von dem Generalvikariat N2 als der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Auskunft darüber eingeholt werden könne, ob es sich bei dem T-Hospital um eine rechtsfähige Stiftung handele oder nicht. Ferner ist der Kläger der Ansicht, dass keine Partei Einfluss auf das Hochziehen der Widerklage durch das Oberlandesgericht gehabt habe. Die Einbeziehung des Verwaltungsleiters C3 in den Rechtsstreit sei nicht möglich gewesen. Insofern verkenne die Beklagte, dass der Vertrag über den Verkauf des T-Hospitals überhaupt keine Bedeutung für die Parteistellung und die Parteifähigkeit im Vorprozess gehabt habe. Schließlich verweist der Kläger noch darauf, dass die Krankenanstalt S mittlerweile die von ihr zu erstattenden Kosten nebst Zinsen unmittelbar an die Beklagte gezahlt habe. Der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 sei daher als Titel wertlos und werde der beglaubigten Abschrift der Berufungserwiderung als Anlage beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung der Rechtsanwälte Dr. C pp. in P vom 07.06.2007 (Bl. 211 ff. GA) Bezug genommen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird zudem vollumfänglich auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat die Parteien angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattertermin zu der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2007 Bezug genommen.

Die Akten 15 O 5/02 Landgericht Münster (= 3 U 162/05 Oberlandesgericht Hamm) sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

A. Zahlungsanspruch

Die Honorarforderung des Klägers gegen die Beklagte für die Wahrnehmung von deren Interessen in dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 675 I, 611 BGB i.V.m. RVG (n.F.).

I. Berechnung des Klägers

Ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 17.604,78 € berechnet der Kläger seine Kosten wie folgt:

1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV RVG 969,60 €

1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3202 VV RVG 727,20 €

PT-Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Fahrtkosten 204 km gem. Nr. 7004 VV RVG 61,20 €

Abwesenheitsgeld bis zu vier Stunden gem. NR. 7005 VV RVG 20,00 € Insgesamt 1.798,00 €

16% Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 287,68 € Insgesamt 2.085,68 €

Die Berechnung ist nach den einzelnen Positionen und auch mathematisch nicht zu beanstanden.

II. Anwaltsvertrag

Der Kläger ist für die Beklagte auf vertraglicher Grundlage gem. §§ 675 I, 611 BGB anwaltlich tätig geworden. Dabei durfte er seinen Gebührenanspruch auch nach einem Streitwert in Höhe von 17.604,78 € berechnen. Sein Mandat bezog sich nämlich nicht allein auf die Berufung gegen das Teilurteil des Landgerichts Münster vom 07.07.2005 - und damit die Verteidigung gegen die Klageforderung des Krankenhauses. Vielmehr umfasste es auch die Interessenvertretung der Beklagten im Hinblick auf die von dem Oberlandesgericht Hamm erst am 21.06.2006 in das Berufungsverfahren hochgezogene Widerklage.

1.

Welchen konkreten Inhalt und Umfang das vom Anwalt übernommene Mandat besaß, insbesondere ob es einen umfangreicheren oder einen eingeschränkteren Gegenstand als die erteilte Vollmacht hatte, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Für die Fälle einer nachträglichen Änderung des Auftrags oder der später erfolgten Weisungen, die den ursprünglichen Umfang des Mandats beeinflussen, ist anerkannt, dass derjenige die Beweislast trägt, der sich auf solche späteren Veränderungen beruft (BGH NJW 2006, 3496, 3497; Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage, Rdz. 399; Zugehör-Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdz. 105). Übertragen auf den Vergütungsrechtsstreit führt diese Beweislastverteilung dazu, dass der Rechtsanwalt, dem zunächst ein beschränktes Mandat erteilt worden ist, die Mandatserweiterung beweisen muss, sofern er daraus Vergütungsansprüche herleiten will, die über den Rahmen des zunächst beschränkten Mandats hinausgehen (Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage, Rdz. 46).

2.

Vor diesem Hintergrund ist hier schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts davon auszugehen, dass das Mandat des Klägers infolge des Hinweises des Senats sich auch auf die Wahrnehmung der Interessen der Beklagten hinsichtlich der hochgezogenen Widerklage erstrecken sollte. Der entsprechenden Würdigung des Landgerichts in der erstinstanzlichen Entscheidung ist zuzustimmen. Bei einer Betrachtung vom objektivierten Empfängerhorizont des Klägers aus war das Verhalten der Beklagten gem. §§ 133, 157 BGB so zu verstehen, dass sie seine anwaltliche Vertretung auch im Hinblick auf die Problematik der Widerklage wünschte.

a)

Unstreitig ist es am 21.06.2006 zu zweimaligen Verhandlungspausen gekommen, in denen sich der Kläger und die Beklagte besprochen haben. Dabei war hinsichtlich der gegnerischen Klage ein Erfolg des eigenen Rechtsmittels absehbar. Dies ergab sich aus dem unmissverständlichen Hinweis, dass diese mangels Rechts- und Parteifähigkeit des T-Hospitals auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen werden würde. Beratungsbedarf bestand mithin allein zu der Frage, ob der Vergleichsvorschlag des Senats angenommen werden sollte, der die Rücknahme der Widerklage mit umfasste, oder wie ansonsten weiter vorgegangen werden könnte. Auch dies war aber nur im Hinblick auf das Schicksal der Widerklage, deren Hochziehen der Senat beabsichtigte, interessant.

b)

Ein konkludentes Angebot der Beklagten auf Abschluss eines Anwaltsvertrags auch hinsichtlich der Widerklage hat der Kläger - ebenfalls konkludent - allerspätestens dann angenommen, als er im Verlauf der fortgesetzten Verhandlung vor dem Senat eine Schriftsatzfrist beantragte.

3.

Demgegenüber kann aus dem unstreitigen Umstand, dass die Beklagte selbst ein Hinaufziehen der Widerklage energisch verhindern und eine Verhandlung zu der Widerklage ablehnen wollte, nicht darauf geschlossen werden, dass sie den Kläger nicht auch konkludent mit der Wahrnehmung ihrer Interessen hinsichtlich der Widerklage beauftragt hat. Gerade weil der Senat gegen den Willen der Beklagten handeln wollte, benötigte sie insofern die anwaltliche Unterstützung des Klägers. Sie allein hätte in dem Anwaltsrechtsstreit vor dem Oberlandesgericht keine wirksamen Prozesshandlungen, insbesondere nicht die von ihr erstrebte Umstellung der Widerklage gegen den Verwaltungsleiter C3, vornehmen können. So verdeutlichen gerade auch die von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Vorwürfe gegen den Kläger, dass dieser doch auch im Hinblick auf die Widerklage tätig werden sollte. Sie meint, der Kläger hätte zu Protokoll erklären müssen, dass die Beklagte jede Verhandlung über die vom Senat beabsichtigte Einbeziehung der Widerklage ablehne. Zudem hätte er verdeutlichen müssen, dass der Verwaltungsleiter C3 verantwortlich für die Erhebung der Widerklage gegen die falsche Partei gewesen sei. Durch das gebotene "Offenhalten" der Widerklage und Nichtverhandeln hätte die Beklagte die Gelegenheit bekommen, ihren Vortrag zur wahren Partei weiter zu vertiefen und die Widerklage gegen den Verwaltungsleiter C3 umstellen zu können. Derartige Vorwürfe (vermeintlicher) anwaltlicher Pflichtverletzungen können gegen den Kläger sinnvollerweise jedoch nur dann erhoben werden, wenn er überhaupt auch im Hinblick auf die Widerklage mandatiert worden war.

4.

Schließlich ergibt sich der Umfang des Mandats auch aus der Gehörsrüge, die der Kläger namens der Beklagten unter dem 20.07.2006 erhoben hat. Beanstandet wurde darin, dass der Senat erst im Verhandlungstermin seine Absicht zu erkennen gegeben habe, die Widerklage an sich zu ziehen und darüber zu entscheiden. Bei Einräumung ausreichenden rechtlichen Gehörs hätte man noch umfassender zu den maßgeblichen Rechtsfragen - insbesondere der Haftung des Verwaltungsleiters C3 - Stellung nehmen können. Spätestens mit diesem Schriftsatz des Klägers wird deutlich, dass er das Verfahren für die Beklagte auch hinsichtlich der Widerklage betreiben sollte, und zwar auch schon im vorangegangenen Termin am 21.06.2006. Der Vorwurf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geht ja gerade zurück auf die Verweigerung der Schriftsatzfrist, die im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Senat durch den Kläger beantragt worden war.

5.

Zu Unrecht beanstandet die Berufung, dass das Landgericht von der Beklagten angebotene Beweisantritte nicht berücksichtigt habe.

a)

Dieser Vorwurf bezieht sich auf die Behauptung, der Kläger selbst habe - sowohl am Rande der Verhandlung vom 21.06.2006 als auch in einem Telefonat am 07.08.2006 - gegenüber dem Ehemann der Beklagten erklärt, dass er in dem Berufungsverfahren nur "im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster" tätig geworden und nicht auch mit der Widerklage beauftragt worden sei. Insofern hätte - so meint die Beklagte - ihr Ehemann als Zeuge vernommen werden müssen. Dagegen behauptet der Kläger, gegenüber L2 lediglich erklärt zu haben, dass er ursprünglich nur im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster tätig geworden sei.

b)

Tatsächlich kam es auf das Beweisangebot der Beklagten nicht an, da bereits aus ihrem eigenen Vortrag bzw. den sonstigen unstreitigen Umständen das konkludente Zustandekommen eines Prozessmandats hinsichtlich der Widerklage hergeleitet werden konnte. Welche Einschätzung der Kläger selbst dazu später abgegeben haben mag, ist für die rechtliche Einordnung der Ereignisse am Sitzungstag hier sogar ohne Belang. Zwar kann ein nachträgliches Verhalten indiziell für die Auslegung einer früheren Erklärung von Bedeutung sein (vgl. auch Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage, § 133 Rdz. 17). Dem kommt jedoch vorliegend deshalb keine Bedeutung zu, weil es nicht um die bloße Beurteilung einer Einschätzung geht, sondern um ein objektiviertes Verhalten. Hier lagen konkret entfaltete Tätigkeiten des Beklagten vor, die eine vertragliche Grundlage voraussetzten. Dass er ursprünglich nur im Rahmen des Teilurteils des Landgerichts Münster tätig wurde, ergab sich bereits aus dem chronologischen prozessualen Ablauf. Dass es dabei nicht verblieben ist, lässt sich allerspätestens aus der Erhebung der Gehörsrüge für die Beklagte erkennen.

III. Gegenrechte der Beklagten

Dem vollumfänglich berechtigten Gebührenanspruch des Klägers kann die Beklagte keine eigenen Rechte entgegenhalten. Sie kann weder das Erlöschen der Forderung gem. § 389 BGB durch die streitwerterhöhende Hilfsaufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 675, 611 BGB wegen anwaltlicher Pflichtverletzung herbeiführen noch eigene Rechte gem. § 242 BGB bezüglich des Honorars als Kostenschaden geltend machen. Wenn der Mandant von seinem Rechtsanwalt auf Ausgleich der offenen Gebührenforderung für eine Angelegenheit in Anspruch genommen wird, kann dem der Mandant seinerseits einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung entgegenhalten, so dass sich die Geltendmachung des Honorars aus Treu und Glauben unter dem Aspekt verbietet, dass ein schutzwürdiges Interesse fehlt, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren wäre - "dolo facit qui petit quod statim redditurus est (Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 915, 1260, 1487 unter Hinweis auf BGH NJW 2004, 1043; allgemein dazu Palandt-Heinrichs, § 242 Rdz. 52).

Dem Kläger ist nämlich keine Pflichtverletzung zum Nachteil der Beklagten unterlaufen.

1.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, innerhalb der Grenzen des (auch beschränkten) Mandats (vgl. BGH NJW 2002, 1147 ff.; BGH NJW 1997, 2168, 2169) die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH NJW-RR 2000, 791 ff.; BGH NJW 1998, 900, 901; BGH NJW 1988, 1079, 1080; BGH NJW 1988, 486, 487). Er hat zunächst zu klären, welches Ziel der Auftraggeber in seiner Rechtsangelegenheit verfolgt. Der Anwalt muss dann den ihm vorgetragenen und ggf. durch Nachfragen weiter aufzuklärenden Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den von dem Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Dem Auftraggeber hat der Anwalt danach diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muss er den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über die möglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken aufzuklären, damit der Auftraggeber eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinen Auftraggebern erörtern (BGH NJW 1998, 900; BGH NJW 1995, 449 ff.; BGH NJW 1994, 1211, 1212; BGH NJW 1993, 1320).

2.

Vor diesem Hintergrund erhebt die Beklagte mehrere Vorwürfe gegen den Kläger, die letztlich aber allesamt unbegründet sind.

a) Verhinderung einer Entscheidung über die hochgezogene Widerklage

Die Beklagte legt dem Kläger zunächst zur Last, er hätte das Hochziehen der Widerklage in die Berufungsinstanz vermeiden müssen. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Dem Beklagten stand kein zulässiges prozessuales Mittel zur Verfügung, um das Hochziehen der Widerklage gegen den Willen des 3. Zivilsenats verhindern zu können.

aa)

Zwar trifft den Rechtsanwalt im Prozess die Verpflichtung, den Versuch zu unternehmen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warum seine Auffassung richtig ist. Fehler des Gerichts muss er erforderlichenfalls zu verhindern suchen (BGH NJW 1994, 1211, 1213; BGH NJW-RR 1990, 1241, 1242). Der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt ist seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, dafür einzutreten, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden tatsächlichen wie auch rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden. Zwar weist das Gesetz die Entscheidung und damit die rechtliche Beurteilung des Streitfalles dem Gericht zu. Dieses trägt für sein Urteil die volle Verantwortung. Es widerspräche jedoch der rechtlichen und tatsächlichen Stellung der Prozessbevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen, würde man ihre Aufgabe allein in der Beibringung des Tatsachenmaterials sehen. Die Möglichkeit, auf die rechtliche Beurteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen, entspricht im Verhältnis zum Mandanten die Pflicht, diese Möglichkeit zu nutzen (BGH NJW 1996, 2648, 2650). Daraus folgt die auch von der Rechtsprechung anerkannte Verpflichtung des Rechtsanwalts, stets den Versuch zu unternehmen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warum die Auffassung seiner Partei richtig ist, wobei er konkret erkennbare Fehler des Gerichts erforderlichenfalls zu verhindern suchen muss (BGH NJW 2006, 3494, 3495; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 414 f; vgl. auch § 1 III BORA).

bb)

Dem steht im vorliegenden Fall aber schon entgegen, dass es kein Fehler des Gerichts war, die noch in erster Instanz anhängige Widerklage in das Berufungsverfahren zu ziehen. Die hierfür maßgeblichen prozessualen Voraussetzungen waren erfüllt. Insofern kann zunächst auf die zutreffenden Erwägungen in dem Urteil des 3. Zivilsenats vom 21.06.2006 verwiesen werden (dort Seite 6 und 7). Das angerufene Rechtsmittelgericht kann grundsätzlich nicht über einen noch bei dem Untergericht anhängigen Streitteil mitentscheiden, jedoch werden Ausnahmen (sog. "Heraufziehen" des "Rests" von Klage oder Widerklage) zugelassen, wenn der Erlass des Teilurteils unzulässig war und eine Entscheidung durch das Berufungsgericht sachdienlich erscheint, weil der Sachverhalt geklärt ist (BGH NJW 2001, 79; BGH NJW-RR 1994, 379, 381), oder die Parteien mit der Entscheidung durch das Berufungsgericht einverstanden sind (Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, § 301 Rdz. 12, 13 mwN). Letzteres war vorliegend zwar ersichtlich nicht der Fall. Allerdings lag mit der Entscheidung des Landgerichts Münster vom 07.07.2005 ein unzulässiges Teilurteil vor. Dies ergibt sich aus §§ 538 II Nr. 7, 301 ZPO. Die erforderliche Teilbarkeit der betroffenen Streitgegenstände i.S.d. § 301 ZPO fehlt, wenn eine einheitliche Entscheidung geboten ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (BGH NJW 2001, 79; BGH NJW 1999, 1718, 1719; BGH NJW 1999, 1035; BGH NJW 1997, 453, 455). Insofern aber konnte im Ausgangsprozess nicht allein über die Forderung des Krankenhauses entschieden werden, ohne den Schmerzensgeldanspruch der Beklagten mit zu berücksichtigen. Zwar gilt für den Arztvertrag das Dienstvertragsrecht, so dass an sich keine Gewährleistungsrechte gegeben sind. Jedoch können Behandlungsfehler der Honorarforderung im Zusammenhang mit § 628 I BGB, im Wege des Einwands aus § 242 BGB oder mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegengehalten werden (OLG Zweibrücken MedR 2002, 201; OLG Hamburg MDR 2001, 799; Rehborn MDR 2001, 1148, 1152, 1153; Laufs/Uhlenbrock, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 39 Rdz. 23).

Ausgehend hiervon lag ein Ausnahmefall vor, in dem das Heraufziehen der Widerklage in die Berufungsinstanz für zulässig gehalten wird. Soweit der 3. Zivilsenat als weitere Voraussetzung aus Gründen der Prozessökonomie ferner darauf abstellte, dass der hochgezogene Gegenstand entscheidungsreif sein muss, so war auch diese Anforderung erfüllt. Die Entscheidungsreife der Widerklage ergab sich schon allein aus deren Unzulässigkeit wegen der fehlenden Parteifähigkeit des T-Hospitals als Widerbeklagtem. Nähere Einzelheiten zu den konkreten Umständen der Behandlung von I3 mussten in diesem Zusammenhang nicht geprüft werden. Soweit die Beklagte demgegenüber darauf abstellen will, dass die Widerklage wegen der Haftung des Verwaltungsleiters C3 als Vertreter ohne Vertretungsmacht noch nicht entscheidungsreif gewesen sei, kann dieses Argument deshalb nicht greifen, weil es sich dabei um einen anderen Streitgegenstand als denjenigen der hochgezogenen Widerklage handelte. Letztere betraf den Vorwurf, I3 sei falsch behandelt worden. Hingegen hätte man für ein Vorgehen gegen den Verwaltungsleiter C3 sowohl auf einen anderen Lebenssachverhalt abstellen als auch einen anderen Antrag - zumal gegen eine andere Partei - formulieren müssen. Es wäre dann um das angebliche Vortäuschen von Vertretungsmacht durch den Verwaltungsleiter (ggf. auch in Verbindung mit dem vermeintlichen Fehlen von Unterlagen) gegangen.

cc)

Nachdem der Kläger den 3. Zivilsenat nicht von Fehlern abhalten musste, da dessen Vorgehen sachgerecht war, stellte die tatsächlich erfolgte Beantragung einer Schriftsatzfrist zu Protokoll eine prozessuale zutreffende Reaktion auf die Entwicklung in dem Verhandlungstermin am 21.06.2006 dar. Dementsprechend erwies sich nach der Verweigerung einer Schriftsatzfrist auch die spätere Gehörsrüge gegen das der Revision nicht zugängliche Urteil vom 21.06.2006 als vertretbar.

dd)

Wenn aber das prozessuale Verhalten des Klägers letztlich sogar richtig war, bliebe für den Vorwurf einer anwaltlichen Pflichtverletzung nur noch dann Raum, wenn nach dem Gebot des sichersten Weges noch andere Maßnahmen in Betracht gekommen wären und ggf. flankierend hätten ergriffen werden müssen, um Schaden der Mandanten zu verhindern (sog. Schadensverhütungspflicht, vgl. Rinsche / Fahrendorf / Terbille, Rdz. 590 ff.) .

(1)

Gerade deswegen, weil bei der Besorgung von Rechtsangelegenheiten häufig unübersehbare Risiken gegeben sind, verlangt die Rechtsprechung vom Anwalt, dass er bei der Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten den sichersten Weg wählt, um den erstrebten Erfolg zu erreichen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, denjenigen zu wählen, auf dem dieser am sichersten zu erreichen ist (BGH NJW 1988, 3013, 3015; BGH NJW 1988, 1079, 1080; BGH NJW 1988, 486, 487; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 535 ff.).

(2)

Andere gleichfalls sachgerechte Alternativen neben dem Antrag auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist sind allerdings nicht ersichtlich.

Insbesondere hätte es keinen erkennbaren Vorteil bringen können, auf eine Protokollierung zu drängen, dass die Beklagte jede Verhandlung über die vom Senat beabsichtigte Einbeziehung der Widerklage ablehne. Insofern ist auch zu bedenken, dass die von der Beklagten in der Senatsverhandlung erklärte vehemente Ablehnung unstreitig ist, so dass dem formalen Akt einer Protokollierung (im Sinne einer Beweisfunktion) keine selbständige Bedeutung zukam. Die von der Beklagten so bezeichnete "Quasi-Versäumnislage" hätte ihr in dieser spezifischen Fallkonstellation nicht weitergeholfen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der 3. Zivilsenat ohne entsprechende Anträge der damaligen Prozessparteien (- die im Übrigen tatsächlich auch gar nicht gestellt worden sind, eine "Quasi-Versäumnislage" im Sinne der von der Beklagten gewählten Terminologie lag also aufgrund des Verhaltens des Klägers durchaus vor -) nicht über die Widerklage hätte entscheiden dürfen. Ein Hochziehen der Widerklage setzt jedoch Anträge oder ein Verhandeln der Parteien nicht voraus. Zudem ging es vorliegend allein um die Parteifähigkeit der damaligen Klägerin und Widerbeklagten, und damit um eine Frage, die nicht der Dispositionsmaxime der Parteien unterliegt. Vielmehr handelt es sich dabei gem. §§ 50, 56 I ZPO um eine durch das Gericht stets von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Ein wie auch immer gearteter Antrag des Klägers oder eine Prozesserklärung der Beklagten hätten mithin richtigerweise diese Entscheidung nicht verhindern können.

b) Vorgehen gegenüber dem Verwaltungsleiter C3

Weiterhin meint die Beklagte, der Kläger hätte verdeutlichen müssen, dass der Verwaltungsleiter C3 verantwortlich für die Erhebung der Widerklage gegen die falsche Partei gewesen sei. Seine Haftung ergebe sich aus seinem durchgehenden Auftreten als angeblicher gesetzlicher Vertreter der Scheinpartei "T-Hospital". Die von ihm unterschriebene Prozessvollmacht sei auf den 04.05.2000 rückdatiert worden. Durch das gebotene "Offenhalten" der Widerklage und Nichtverhandeln hätte die Beklagte die Gelegenheit bekommen, ihren Vortrag zur wahren Partei weiter zu vertiefen und die Widerklage gegen den Verwaltungsleiter C3 umstellen können. Sie wäre gemäß §§ 179, 823 I, 823 II i.V.m. § 263 StGB auch materiellrechtlich erfolgreich gewesen, weil durch das Fehlen der Krankenunterlagen (nicht erfüllte Auflage des 3. Zivilsenats) sich die Beweislast zu Gunsten der Beklagten umgekehrt hätte.

Auch dieser Vorwurf ist unberechtigt.

aa)

Selbst wenn man einmal - entgegen der Auffassung des Senates - unterstellen wollte, dass das Vorbringen der Beklagten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zuträfe, so läge auch dann keine Pflichtverletzung des Klägers vor. Er hätte mit dem Antrag auf Schriftsatzfrist in der mündlichen Verhandlung das eigentlich korrekte prozessuale Mittel gewählt, um die von der Beklagten angesprochenen Möglichkeiten offen zu halten. Dass der Senat dem nicht gefolgt ist, kann letztlich nicht dem Kläger angelastet werden. Insofern ist bei der Bewertung seiner Sachbearbeitung zu berücksichtigen, dass er erst wenige Tage vor dem Senatstermin überhaupt von der Beklagten mandatiert worden war. Bis dahin füllten die Akten bereits mehr als 500 Seiten. Dabei waren die vorstehend dargestellten Rechtsansichten der Beklagten in zahlreichen sehr ausführlichen früheren Schriftsätzen, die ihre vormaligen Anwälte zu den Akten gereicht hatten, bis zu dem Senatstermin vom 21.06.2006 ohnehin schon so hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen waren, dass sich eine gerichtliche Entscheidung mit ihnen auseinandersetzen konnte und musste. Das Problem für die Beklagte lag nicht darin, dass der Kläger ihre Auffassungen etwa nicht hinreichend verdeutlicht hätte, sondern darin, dass der 3. Zivilsenat seinerseits eine abweichende Meinung vertrat. Dies aber ist das allgemeine Risiko jeder Prozesspartei und stand vorliegend nicht in einem Zusammenhang mit Fehlern des Klägers. Eine andere Betrachtung würde zu einer Verschiebung der Haftung führen, die das Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt hat (BVerfG NJW 2002, 2937 f.).

bb)

Zudem wäre eine Umstellung der Widerklage auf den Verwaltungsleiter C3 im Verlauf des Berufungsverfahrens auch gar nicht mehr zulässig gewesen.

(1)

Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich insoweit um eine isolierte Drittwiderklage gehandelt hätte. Dabei kann dahinstehen, ob eine isolierte Widerklage gegen einen zuvor an dem konkreten Prozessrechtsverhältnis noch gar nicht beteiligten Dritten überhaupt zulässig ist. Vorliegend fehlte es jedenfalls an der erforderlichen Sachdienlichkeit der im Wege der Drittwiderklage beabsichtigten Anträge (§§ 533 i.V.m. 33, 263 I ZPO). Sachdienlichkeit ist in der Regel nicht gegeben, wenn mit dem neuen Anspruch ein völlig neuer Streitstoff eingeführt wird (Zöller-Greger, § 263 Rdz. 13). Dies aber wäre hier der Fall gewesen. Für die Entscheidung über die Hauptsache genügte die rechtliche Würdigung, dass das T-Hospital nicht parteifähig ist. Eine Klärung, wer zu verantworten hat, dass es gleichwohl im Rechtsstreit als Kläger aufgetreten war, musste nicht erfolgen. Die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen einer persönlichen Haftung des Verwaltungsleiters C3 stellen mithin einen völlig neuen Streitstoff dar. Das gilt erst recht für die Frage, inwieweit er in Höhe von 5.000,00 € für das eigentliche Hauptbegehren der Widerklage haften sollte. Hier wollte die Beklagte u.a. Ansprüche aus §§ 823 I, 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB, 826 BGB klären lassen, was nicht nur zusätzlichen Klärungsbedarf in objektiver Hinsicht, sondern auch umfangreiche Prüfungen zu der subjektiven Komponente der Vorwürfe erfordert hätte. Bei dem vom 3. Zivilsenat hochgezogenen Gegenstand der Widerklage hingegen wäre es nicht um einen Betrug des Verwaltungsleiters, sondern allenfalls um eine fahrlässige Körperverletzung der behandelnden Ärzte gegangen.

(2)

Aus denselben Gründen waren auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage gem. § 533 ZPO nicht erfüllt. Sie ist nur dann möglich, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und die Widerklage auf Tatsachen gestützt werden kann, die bei der Verhandlung und Entscheidung ohnehin berücksichtigt werden müssen. Dass eine Einwilligung in die Änderung der Widerklage von der Gegenseite verweigert worden wäre, darf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterstellt werden. Im Übrigen war aber das Vorgehen gegen den Verwaltungsleiter C3 auch nicht sachdienlich und bedurfte des neuen Vortrags zu Tatsachen, die sonst nicht Gegenstand des Verfahrens waren (s.o.).

cc)

Letztlich wäre ein Vorgehen gegen den Verwaltungsleiter C3 auch unbegründet gewesen. Insofern kann zunächst wiederum auf das Urteil des 3. Zivilsenats vom 21.06.2006 Bezug genommen werden. Die Verantwortung dafür, dass eine unzulässige Widerklage gegen ein nicht parteifähiges Gebilde erhoben wurde, liegt allein auf der Beklagtenseite. Sie wurde nicht durch Dritte getäuscht, sondern unterlag selbst einem Rechtsirrtum. Es stellt in jedem Rechtsstreit die ureigenste Aufgabe des Anspruchsstellers bzw. seines rechtlichen Beraters dar, vor der gerichtlichen Geltendmachung die richtige Person seines Anspruchsgegners herauszufinden. Insofern mag der Beklagten durchaus zugebilligt werden, dass neben der Würdigung des 3. Zivilsenats zur Kostenhaftung der Widerklägerin auch die gegenteilige Auffassung, wonach sämtliche Kosten der Gegenseite aufzuerlegen gewesen wären, jedenfalls nicht schlechterdings unvertretbar erscheint. Auch insofern waren allerdings sämtliche maßgeblichen Umstände schriftsätzlich im Verlauf des Verfahrens nachhaltig vorgetragen und erläutert worden. Wenn der 3. Zivilsenat dem nicht folgt, ist dies nicht auf eine anwaltliche Pflichtverletzung zurückzuführen.

c) Verweigerte Herausgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses II

Weiterhin legte die Beklagte dem Kläger zur Last, dass er den Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 nicht an sie herausgegeben habe. Dieser Titel betraf den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegen die Krankenanstalt S. Der Kläger berief sich demgegenüber auf ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 I BGB, solange die Beklagte seine Honorarforderung nicht beglichen habe.

aa)

In tatsächlicher Hinsicht hat sich dieses Problem zwischenzeitlich dadurch erledigt, dass die Krankenanstalt S mittlerweile die von ihr zu erstattenden Kosten nebst Zinsen unmittelbar an die Beklagte gezahlt hat. Der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Landgerichts Münster vom 23.10.2006 wurde daher von dem Kläger der beglaubigten Abschrift der Berufungserwiderung als Anlage beigefügt.

bb)

In rechtlicher Hinsicht kann die Beklagte dem Verhalten des Klägers nicht unter Hinweis auf § 242 BGB entgegentreten. Ein konkreter durch die zeitweise Vorenthaltung des Kostenfestsetzungsbeschlusses II verursachter Schaden, der dem Anspruch des Klägers entgegenhalten werden könnte, wird nicht beziffert. Dass hierdurch gar eine "akute Vermögensgefährdung" der Beklagten begründet worden sein könnte, wird nicht näher substantiiert und ist auch anderweitig nicht ersichtlich (zu den Voraussetzungen einer anwaltlichen Pflichtverletzung durch Vereitelung eines Kostenerstattungsanspruchs des Mandanten vgl. BGH NJW 2004, 2817).

B. Zinsanspruch

Der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 280 II, 286 BGB.

C. Vorgerichtliche Anwaltskosten

Weiterhin macht der Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 124,65 € geltend. Dabei handelt es sich um den nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr für die Zahlungsaufforderung vom 04.09.2006. Der Betrag ist rechnerisch nicht zu beanstanden. Er kann von dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gem. § 280 I BGB gegenüber der Klägerin geltend gemacht werden. Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auch auf die durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten, da seine Beauftragung dem adäquaten Kausalverlauf entspricht und im Allgemeinen nicht gegen § 254 BGB verstößt (BGHZ 30, 156; Palandt-Heinrichs, § 286 Rdz. 47). Die Ersatzpflicht besteht auch dann, wenn sich der Anwalt selbst vertritt (BAG ZIP 1995, 502). Sie setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich war (OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 929). Entscheidend ist jeweils, ob die Selbstbeauftragung aus der Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung erforderlich war (BGH NJW 2004, 2448; BGH VersR 2007, 505). Davon ist hier auszugehen, da der für den Vergütungsanspruch grundlegende Sachverhalt zumindest komplex war.

D. Schriftsatzfrist

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2007 beantragt hat, ihm einen Schriftsatznachlass im Hinblick auf den Schriftsatz des Klägers vom 16.10.2007 zu gewähren, war dem nicht zu folgen. Schützenswerte Interessen der Beklagten unter Berücksichtigung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 I GG sind hierdurch nicht beeinträchtigt. Der Schriftsatz des Klägers vom 16.10.2007 enthält weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht neues Vorbringen, auf das der Senat seine Entscheidung gestützt hat.

E. Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

F. Antrag der Beklagten auf Zulassung der Revision

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.






OLG Hamm:
Urteil v. 18.10.2007
Az: 28 U 49/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f94f86cf0245/OLG-Hamm_Urteil_vom_18-Oktober-2007_Az_28-U-49-07




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