Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 7. August 1996
Aktenzeichen: 17 W 75/96
(OLG Köln: Beschluss v. 07.08.1996, Az.: 17 W 75/96)
Tenor
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der genannte Gerichtskostenansatz dahin geändert, daß nur 955,00 DM in die für die Beteiligte zu 1) bestimmte Kostenrechnung einzustellen sind.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat in vollem Umfang
Erfolg.
1.
Die Beteiligte zu 1) haftet der Landeskasse nur für eine
1,0-Gebühr nach Nr. 1310 KV GKG.
a)
Richtig ist allerdings, daß eine gemäß Nr. 1311 KV GKG auf 3,0
erhöhte Gebühr zur Entstehung gelangt ist. In dem dieser
Kostensache zugrunde liegenden Verfahren der einstweiligen
Verfügung hat eine mündliche Verhandlung im Sinne von Nr. 1311 KV
GKG stattgefunden.
Der Begriff der "mündlichen Verhandlung" wird im Kostenrecht
nicht einheitlich gebraucht (OLG München, OLGR 1995, 240 = MDR
1995, 1172). Der in Nr. 1311 KV GKG verwendete Begriff der
mündlichen Verhandlung ist nicht identisch mit dem gleichlautenden
Begriff, wie er etwa in § 137 Abs. 1 ZPO und in Anlehnung daran in
§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO mit dem Verständnis einer mit der
Antragstellung beginnenden mündlichen Erörterung des Sach- und
Streitstandes gebraucht wird. Er ist vielmehr in einem weiteren
Sinne zu verstehen; gemeint ist die Tätigkeit des Gerichts und der
Parteien in einem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin, die
auch die außerhalb der eigentlichen streitigen Verhandlung
erfolgende verfahrensmäßige Einleitung und Durchführung des zur
mündlichen Verhandlung bestimmten Termins erfaßt. In diesem Sinne
wird der Begriff der "mündlichen Verhandlung" teilweise auch in der
ZPO gebraucht (vgl. z.B. §§ 136 Abs. 1, 159 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit
§ 160 Abs. 1 ZPO; vgl. hierzu auch Rosenberg/Schwab/Gottwald,
Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 81 I - S. 442 -;
Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 7. Aufl., § 31 Rn. 44).
Daß der Begriff der mündlichen Verhandlung in Nr. 1311 KV GKG im
zuletzt genannten Sinne auszulegen ist, erschließt sich aus einer
Gesamtbetrachtung der Regelungstatbestände von Nrn. 1310, 1311 KV
GKG, denen ersichtlich vor allem der Gedanke zugrunde liegt, daß
ein zur mündlichen Verhandlung bestimmter Termin eine besondere
zusätzliche richterliche Mühewaltung erfordert. Diese entsteht aber
nicht erst mit einem mündlichen Verhandeln im Sinne von § 137 ZPO,
sondern verwirklicht sich bereits in der richterlichen Tätigkeit,
die die verfahrensmäßige Einleitung und Durchführung des zur
mündlichen Verhandlung bestimmten Termins betrifft. Diese Tätigkeit
setzt in der Vorbereitung und Ausführung eine richterlicher
Befassung mit der einstweiligen Verfügungssache bzw. der
Arrestsache voraus. Ein derartiges Verständnis des eine Erhöhung
der Gebühr auf 3,0 auslösenden "Stattfindens" einer "mündlichen
Verhandlung" entspricht auch dem vom Gesetzgeber mit dem
Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl I, 1325)
verfolgten Ziel, den Verwaltungsaufwand bei der Berechnung und
Einziehung der Gerichtskosten mittels einfach zu bestimmender
Pauschalgebühren herabzusetzen (BT-Drucks. 12/6962, S. 51 ff.).
Indem man das "Stattfinden" der "mündlichen Verhandlung" mit dem
Terminsbeginn ansetzt, der gemäß § 220 Abs. 1 ZPO mit dem Aufruf
der Sache durch den Vorsitzenden des Gerichts erfolgt, ist eine
klare, einfach handhabbare Abgrenzung der Gebührentatbestände der
Nrn. 1310 und 1311 KV GKG gegeben.
Im hier zu entscheidenden Fall hat am 22. November 1994 ein
Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, der nach
Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung anberaumt worden war.
Der Termin hat ausweislich des Protokolls, dem insoweit gemäß § 165
ZPO Beweiskraft zukommt, mit dem Aufruf der Sache und der
Feststellung der erschienenen Geschäftsführer der Parteien sowie
der anwaltlichen Vertreter der Parteien begonnen und ist
schließlich im Einverständnis mit den Prozeßbevollmächtigten
vertagt worden. Daß ein Termin in dieser Sache stattgefunden hat,
ergibt sich auch aus den von den Parteien nach dem Termin vom 22.
November 1994 unter Angabe des hier betreffenden Kurzrubrums und
Aktenzeichens eingereichten Schriftsätzen, worin auf eine im Termin
gegebene Anregung des Vorsitzenden, außergerichtliche
Vergleichsverhandlungen zu führen, Bezug genommen wird.
b)
Wenngleich somit eine auf 3,0 erhöhte Gebühr gemäß Nr. 1311 KV
GKG entstanden ist, haftet die Beteiligte zu 1) nur für eine
1,0-Gebühr als Entscheidungsschuldnerin nach § 54 Nr. 1 GKG.
Durch die im Beschlußwege erlassene einstweilige Verfügung vom
26. September 1994 sind der Beteiligten zu 1) als Antragsgegnerin
die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Die Haftung der
Beteiligten zu 1) umfaßt nur die ihr auferlegten Kosten. Die
Kostenentscheidung einer Beschlußverfügung erfaßt nur diejenigen
Kosten, die in dem durch den Beschluß abgeschlossenen
Verfahrensabschnitt entstanden sind. Darunter fällt nur die
1,0-Gebühr nach Nr. 1310 KVGKG. Eine weitere Kostenentscheidung ist
bisher nicht ergangen; die Sache ruht.
Eine Haftung der Beteiligten zu 1) gemäß § 49 GKG ist nicht
gegeben. Antragsteller des Arrestverfahrens und des Verfahrens der
einstweiligen Verfügung ist auch für das Rechtfertigungsverfahren
(§§ 924, 936 ZPO) derjenige, der den Arrest bzw. die einstweilige
Verfügung beantragt. Der Widerspruch gegen den Arrest bzw. die
einstweilige Verfügung begründet - anders als der Antrag auf
Durchführung des streitigen Verfahrens gemäß § 696 ZPO, der zu
einer Beendigung des Mahnverfahrens führt - verfahrensrechtlich und
kostenrechtlich keine neue Instanz (Hartmann, Kostengesetze, 26.
Aufl., § 49 GKG Rn. 15; Markl, GKG, 2. Aufl., § 49 Rn. 9). Aus der
seit dem 1. Juli 1994 geltenden Gebührenregelung Nr. 1311 KV GKG
läßt sich nicht herleiten, daß der Widerspruch gegen einen Arrest
bzw. eine einstweilige Verfügung eine neue vom Antragsgegner
veranlaßte kostenrechtliche Instanz begründet. Zwar ist aufgrund
eines Widerspruchs gegen einen Arrest bzw. eine einstweilige
Verfügung eine mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 924 Abs. 2
Satz 2 ZPO), die, wenn sie stattfindet, eine auf 3,0 erhöhte Gebühr
nach Nr. 1311 KV GKG auslöst. Indessen entsteht diese Gebühr nicht
nur im Falle einer durch einen Widerspruch ausgelösten mündlichen
Verhandlung, sondern auch dann, wenn das Gericht zur Entscheidung
über den Antrag auf Erlaß eines Arrests bzw. einer einstweiligen
Verfügung eine mündliche Verhandlung anberaumt und diese
"stattfindet"im Sinne von Nr. 1311 KVGKG.
Die nach einem Streitwert von 100.000,00 DM zu berechnende
1,0-Gebühr gemäß Nr. 1310 KV GKG beläuft sich auf 955,00 DM.
2.
Das Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde der
Antragsgegnerin ist gemäß § 5 Abs. 6 GKG gebührenfrei. Kosten
werden nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht erstattet.
OLG Köln:
Beschluss v. 07.08.1996
Az: 17 W 75/96
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