Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 212/03
(BPatG: Beschluss v. 02.08.2005, Az.: 27 W (pat) 212/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. April 2003 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren
"Feuerlöschmittel; Fahrradleuchten, Zweiradleuchten, Leuchten für Fahrzeuge, Leuchten für Kraftfahrzeuge; Kunststofffolien für Verpackungszwecke; Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff; Regenschirme, Möbel, Spiegel, Rahmen; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), aufblasbares Badespielzeug, aufblasbares Spielzeug zum Aufsitzen"
zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem angefochtenen Beschluss die Anmeldung der für die Waren Klasse 1:
Düngemittel, Feuerlöschmittel; Karbolineum für den Pflanzenschutz, Mittel gegen das Keimen von Gemüsepflanzen, Mittel zur Regulierung des Pflanzenwachstums, Präparate von Spurenelementen für Pflanzen;
Klasse 4:
Kohle, Holzkohle; Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke;
Klasse 5:
Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide;
Klasse 6:
Kästen aus unedlen Metallen, Metallketten, Leitern, Metallbehälter, Waren aus Metall soweit in Klasse 6 enthalten, Verbindungsstücke aus Metall zur Verbindung von Rohren und Schläuchen;
Klasse 7:
Rasenmäher, Schneidemaschinen;
Klasse 8:
Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Gartenwerkzeuge, Handwerkzeuge, Sägen, Schaufeln, Scheren (Blech-, Baum-, Gartenscheren);
Klasse 11:
Beleuchtungsgeräte, Beleuchtungskörper, Beleuchtungszubehör, elektrische Beleuchtungskörper, elektrische Lampen, Gas- und Elektroherde, -kocher und -öfen, Gasbrenner, Grillgeräte, Grillgeräte mit Drehspieß; Laternen; Fahrradleuchten, Zweiradleuchten, Leuchten für Fahrzeuge, Leuchten für Kraftfahrzeuge; Leuchtkörper, Wasserleitungsgeräte, Wasserzapfgeräte;
Klasse 14:
Uhren und Zeitmessinstrumente, insbesondere Sonnenuhren;
Klasse 16:
Kunststofffolien für Verpackungszwecke; Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier oder Kunststoff;
Klasse 17:
Kunststofffolien außer für Verpackungszwecke; Kunststoffe, teilweise bearbeitet, Kunststofffolien für landwirtschaftliche Zwecke und Gartenbau; Schläuche aus textilem Material; Schläuche, nicht aus Metall;
Klasse 18:
Regen- und Sonnenschirme;
Klasse 20:
Korbwaren, Kunstgegenstände aus Holz, Wachs, Gips oder aus Kunststoff, Liegestühle, Möbel, Spiegel, Rahmen, Stühle, Teile und Zusatzteile für Möbel, Tische, Körbe mit Henkel nicht aus Metall, Behälter nicht aus Metall oder Mauerwerk, Verpackungsbehälter aus Kunststoff;
Klasse 21:
Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Blumentöpfe, Eimer; Glaswaren, Porzellan und Steingut soweit in Klasse 21 enthalten; Haushaltshandschuhe, Keramikerzeugnisse für den Haushalt; Kerzenleuchter, nicht aus Edelmetall; Kunstgegenstände aus Porzellan, Ton oder Glas; Pflanzen- und Blumenhalter; Terrakottafische und -muscheln; Zerstäuber, Blumen- und Pflanzenspritzen;
Klasse 22:
Seile, Bindfaden, Netze, Zelte, Planen, Segel, Säcke (soweit in Klasse 22 enthalten);
Klasse 24:
Kissenbezüge; Tischdecken, nicht aus Papier; Möbelüberzüge aus Textilien;
Klasse 25:
Handschuhe, Schürzen, Bekleidungsstücke;
Klasse 27:
Vorleger, Matten, Fußmatten;
Klasse 28:
aufblasbare Schwimmbecken, aufblasbare Schwimmbecken für die Freizeit, aufblasbares Badespielzeug, aufblasbares Spielzeug zum Aufsitzen;
Klasse 31:
Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen;
beanspruchten Kennzeichnung Garden Timenach § 37 Abs 1, § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 18. Februar 2003, dem die Anmelderin nicht widersprochen hat, zurückgewiesen, weil die Anmeldemarke in ihrer den inländischen Verkehrskreisen geläufigen Bedeutung "Gartenzeit" die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibe; denn sie weise lediglich darauf hin, dass diese Produkte für die Gartenzeit, also die Zeit, in welcher gärtnerische Arbeiten angezeigt seien, bestimmt und geeignet seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die angemeldete Bezeichnung für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Denn die Anmeldemarke könne von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht nur im Sinne "Gartenzeit" verstanden werden, sondern auch dahin, dass die angemeldeten Waren dazu dienten, die Zeit im Garten zu begrenzen oder nur während der Gartenzeit erworben werden können; darüber hinaus sei der Begriff "Garden Time" nicht klar definiert, da er gleichermaßen für Aktivitäten im Sommer, sportliche Betätigungen, eine bestimmte Jahreszeit, ein bestimmtes Gefühl, einzelne Veranstaltungen sowie für ein Informationsportal oder Magazin rund um den Garten stehe bzw. damit assoziiert werde. Bereits diese Mehrdeutigkeit begründe die Schutzfähigkeit der Marke. Hierfür spreche auch die Vielzahl vergleichbarer eingetragener Marken wie "Gemüsezeit", "Spielzeit", "Fußzeit", "Hopfenzeit", "Schmuckzeit", "Suntime", "Sweet Time", "Nougat Time", "Gametime", "Computer Time" und "Snowtime" sowie "Garden-Champ", "MAGIC GARDENS", "spirit of garden", "SmartGarden" und "Garden Art". Ein Freihaltungsbedürfnis entfalle zudem auch deshalb, weil die Allgemeinheit kein Interesse an der freien Verfügbarkeit des lexikalisch nicht nachweisbaren und auch nicht geläufigen Begriffs "Garden Time" habe und Anhaltspunkte für ein künftiges Freihaltungsbedürfnis nicht ersichtlich seien.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres Standpunkts sich mit dem Übergang ins schriftliche Verfahren einverstanden erklärt, innerhalb der von ihr erbetenen, mehrfach verlängerten Frist aber keine weitere Stellungnahme mehr abgegeben.
II Die zulässige Beschwerde ist nur zu einem geringen Teil begründet. Denn während für die im Tenor genannten Waren ein Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG nicht feststellbar ist, hat die Markenstelle hinsichtlich des größten Teils der angemeldeten Waren die Anmeldung mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang anschließt, wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses und mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anlass für eine weitergehende Schutzgewährung.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] - DOUBLEMINT) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 - FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card). Das Eintragungsverbot dient dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden (EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn 25 - CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 - BIOMILD). Werden rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (vgl EuGH a.a.O. - BIOMILD).
Wie auch die Anmelderin nicht in Abrede gestellt hat, werden die weitaus meisten der angesprochenen Verkehrskreise - dies ist hier wegen der Art der beanspruchten Waren die Allgemeinheit - die Anmeldemarke zwanglos im Sinne "Gartenzeit" verstehen, zumal es sich hierbei um eine gerade in Zusammenhang mit Gärten und Gartenarbeiten recht häufig verwendeten Begriff - insbesondere in Form des Werbespruchs "Sommerzeit (ist) Gartenzeit" - handelt (vgl http://www.bonnsite.de/themen.html€action=show&number=55; http://www.auktionsprofi.at/artikel/1117388007290980/gartenzeit-=-festzeitfeindaheim.html; http: //www.hdrachim.de/index.php/cPath/159; http://shop.sonderpostenhalle.de/index. html; http://www.pollag.de/gartenzeit.htm; http://www.fruehjahrsmesse.at/index.php€id=290&topId=250&portal=200&language=1&portal=200; http://www.topateam.de/Produkte/Aktion/Sommerdoppler.pdf; http://bayreuth. bayernonline.de/01_Magazin/Tipps/Sommer_Partys_ Gartenarbeit_Laermschutz _Grillfest). Ob und ggf. welche weiteren Verständnismöglichkeiten der Verkehr im Übrigen besitzt, kann auf sich beruhen, da nach der Rechtsprechung ein Freihaltungsbedürfnis bereits dann besteht, wenn eine angemeldete Kennzeichnung in einer von beliebig vielen Bedeutungen warenbeschreibend ist (vgl EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] - DOUBLEMINT). Im Übrigen verkennt die Anmelderin, dass eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit, welche der BGH im Rahmen der Unterscheidungskraft angenommen hatte (vgl BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 720, 721 - Unter uns; GRUR 2000, 722, 723 - LOGO; GRUR 2001, 1150 - LOOK; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft), ohnehin nur dann vorliegen kann, wenn die Verbraucher bei Wahrnehmung der Kennzeichnung auch angesichts der jeweils mit ihr gekennzeichneten Waren gleichzeitig mehrere Sinngehalte für möglich erachten, ohne dass sich für sie die Bedeutung der Marke in bezug auf das jeweils gekennzeichnete Produkt auf einen bestimmten Sinngehalt beschränkt; demgegenüber lag auch nach der Rechtsprechung des BGH eine Mehrdeutigkeit nicht vor, wenn einem Zeichen von verschiedenen Teilen des Verkehrs je für sich unterschiedliche beschreibende Bedeutungen - worum es sich bei den von der Anmelderin angegebenen unterschiedlichen "Interpretationsmöglichkeiten" durchweg handelt - beigelegt wird, weil in diesem Fall alle Mitglieder der angesprochenen Verkehrskreise die betroffene Marke nur jeweils als Sachangabe (wenn auch verschiedenen Inhalts) und damit gerade nicht als Herkunftshinweis ansehen (vgl auch BGH GRUR 2002, 816, 817 - Bonus II).
In Bezug auf die Mehrzahl der angemeldeten Waren, die - was auch die Anmelderin nicht bestritten hat - entweder der gärtnerischen Gestaltung dienen oder während der Gartenzeit, also der üblichen Zeit, in welcher ein Aufenthalt im Garten in Mitteleuropa üblich ist, Verwendung finden können, beschreibt die Anmeldemarke daher lediglich den zeitlichen Rahmen, für den sie in erster Linie gedacht sind, und damit ein Merkmal dieser Waren i.S.d. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung genannten Eintragungen. Dabei ist bereits fraglich, ob Voreintragungen überhaupt als Indiz für eine Schutzgewährung in Betracht kommen. Denn jeder Eintragung ist allein der zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehende Erkenntnisstand zugrunde zu legen; liegt danach aber ein Schutzhindernis vor, kann dieses nicht unter Hinweis auf frühere Eintragungen beseitigt werden (vgl EuG GRUR Int 2002, 858, 863 [Rz 61] - SAT.2), selbst wenn diese identische Marken für identische Waren oder Dienstleistungen betrafen. Darüber hinaus haben die von der Anmelderin genannten eingetragenen Marken keinen solchen in Bezug auf die jeweils beanspruchten Waren eindeutigen Sinngehalt, wie dies bei der hier zu beurteilenden Anmeldemarke der Fall ist.
Während die Anmeldemarke für diese Waren daher schon wegen des bestehenden Freihaltungsbedürfnisses nicht schutzfähig ist, kann ein solcher beschreibender Inhalt für die im Tenor genannten ebenfalls angemeldeten Waren, die typischerweise nicht mit der Gartenzeit in Verbindung stehen und in der Regel nicht einmal Bezüge zum Garten aufweisen, nicht festgestellt werden, so dass ein Freihaltungsbedürfnis für diese Waren entfällt.
Wegen des im Vordergrund stehenden, den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres erkennbaren beschreibenden Sinngehalts ist die Anmeldemarke für die zurückgewiesenen Waren auch nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, d.h. nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) nicht geeignet, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) werden die angesprochenen Verkehrskreise in ihr wegen des die zurückgewiesenen Waren beschreibenden Sinngehalts keinen Hinweis auf die Herkunft dieser Produkte aus einem bestimmten Unternehmen sehen (vgl BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Anders verhält es sich wiederum für die im Tenor genannten Waren; denn da diese keinen Bezug zum Garten oder zur Gartenzeit haben, kann der Anmeldemarke mangels eines sie beschreibenden Gehalts die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Da die Anmeldemarke daher teilweise schutzfähig ist, war der entgegenstehende Beschluss der Markenstelle in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen war, weil die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung zu Recht die Eintragung für den größten Teil der angemeldeten Waren versagt hatte.
Dr. van Raden Richterin Prietzel-Funkist wegen Urlaubs ander Beifügung ihrer Unterschrift gehindert.
Dr. van Raden Schwarz WA
BPatG:
Beschluss v. 02.08.2005
Az: 27 W (pat) 212/03
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