Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. August 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 132/05
(BPatG: Beschluss v. 06.08.2007, Az.: 25 W (pat) 132/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Wiedertäuferist am 12. Februar 2003 u. a. für die Waren und Dienstleistungen
"Druckereierzeugnisse, insbesondere periodische Veröffentlichungen, Prospekte und Broschüren, druckschriftliches Material zur Unterstützung sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen; Erziehung, Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Symposien"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nachdem im Bescheid vom 14. Juli 2003 die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet wurde, hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts mit zwei Beschlüssen vom 26. Januar 2004 und vom 19. Mai 2005, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung für die oben aufgeführten Waren und Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
Das Wort Wiedertäufer verweise auf die Anhänger einer praktizierenden christlichen theologischen Bewegung in der Zeit der Reformation, für die nur die Erwachsenentaufe zulässig und gültig gewesen sei. Im Hinblick auf die beanspruchten "Druckereierzeugnisse, insbesondere periodische Veröffentlichungen, Prospekte und Broschüren, druckschriftliches Material zur Unterstützung sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen" sei die angemeldete Bezeichnung geeignet, die thematische Ausrichtung der Publikationen in glatt beschreibender Weise zu benennen. Dabei sei es als unerheblich anzusehen, ob sich diese inhaltlich auf die Geschichte der Wiedertäufer oder gegebenenfalls aktuelle theologische Aussagen bezögen. Zudem sei auch zu beachten, dass das Thema "Wiedertäufer" vielfach Gegenstand der Literatur (z. B. Die Wiedertäufer von Friedrich Dürrenmatt) gewesen sei und somit die Bezeichnung auch deshalb in Bezug zu den beanspruchten Waren freihaltungsbedürftig sei, da es anderen unbenommen bleiben müsse, ebenfalls für diese Waren unter diesem Begriff zu werben. Aufgrund seiner Eignung, bei den Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Symposien" auf die inhaltliche Ausrichtung der Dienstleistungen hinzuweisen, sei der Begriff "Wiedertäufer" im Interesse der Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten. Auch diesen müsse es unbenommen bleiben, für ihre Dienstleistungen mit dieser Wortkombination zu werben. Darüber hinaus fehle der angemeldeten Bezeichnung auch jegliche Unterscheidungskraft, da davon auszugehen sei, dass nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs die Anmeldemarke im oben genannten Sinne verstünden. Die Erinnerungsprüferin wies zusätzlich darauf hin, dass Voreintragungen anderer, möglicherweise löschungsreifer Zeichen nicht zu einer anspruchsbegründenden Bindung des Deutschen Patent- und Markenamts hinsichtlich der angemeldeten Marke führten.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die keinen Antrag gestellt hat.
Dem angemeldeten Zeichen fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren der Klasse 16 beanspruche die Anmelderin nur Schutz, soweit die Druckereierzeugnisse etc. die anderen Waren und Dienstleistungen unterstützten. Insoweit gehe die Annahme fehl, dass es sich lediglich um einen Hinweis auf die thematischinhaltliche Ausrichtung der Druckereierzeugnisse handeln würde. Soweit Dritte die historischen "Wiedertäufer" zum Inhalt eines Druckereierzeugnisses machten (z. B. Roman oder Sachbuch), welches eben keinen Bezug zu den anderen Schutz beanspruchten Waren/Dienstleistungen aufweise, würden diese Erzeugnisse durch die Markeninhaberin nicht gehindert. Soweit die Marke "Wiedertäufer" hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 erstmalig im Beschluss vom 26. Januar 2004 beanstandet worden sei und ein Auszug aus der Google Suchmaschine beigefügt worden sei, würde in keinem der Fälle die Wörter "Wiedertäufer" und "Erziehung" bzw. "Wiedertäufer" und "Seminare" bzw. "Wiedertäufer" und "kulturelle Aktivitäten" in direktem Zusammenhang benutzt. Zudem verwiesen viele Suchergebnisse auf Web-Sites aus der Schweiz oder handelten von Erzählungen religiöser Gruppen in den USA, die Austauschschüler besucht hätten. Markenschutz werde jedoch lediglich für Deutschland beantragt. Es liege auch kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Die Waren und Dienstleistungen würden nicht von Anhängern der Wiedertäufer angeboten und der Schutz werde auch nicht für eine Glaubensgemeinschaft beansprucht. Insoweit fehle ein unmittelbarer wie auch ein mittelbarer Produktbezug.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Eintragung des angemeldeten Zeichens für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist. Dies sind hier die allgemeinen Verkehrskreise.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Bezeichnungen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).
Dabei reicht zur Versagung der Eintragung bereits aus, wenn das Zeichen nur für einen Teil der Waren und Dienstleistungen nicht schutzfähig ist, der unter die jeweiligen Oberbegriffe fällt (vgl. BGH WRP 2002, 91 - AC).
Der Verkehr sieht in der Bezeichnung "Wiedertäufer" hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen eine bloße Sachbezeichnung.
"Täufer" ist die Bezeichnung einer vielschichtigen christlichen reformatorischen Bewegung des 16. Jahrhunderts, die in der Schweiz, Tirol, Süddeutschland und in Ostfriesland ihre geographischen Ausgangspunkte hatte, sich aber schnell ausbreitete (vgl. Wikipedia, Stichwort "Täufer"). In den Augen der Täufer und ihrer Nachfolger gilt die Taufe unmündiger Kinder als ungültig. Es gilt lediglich die Glaubenstaufe Mündiger. Da andere Christen dies als Wiedertaufe ansehen, bezeichnen sie die Täufer als "Wiedertäufer" oder "Anabaptisten". Die Täuferbewegung der Reformationszeit ist eine der Wurzeln der heutigen Hutterer, Mennoniten und der Amischen (vgl. Wikipedia, Stichwort "Täufer").
In Verbindung mit den streitgegenständlichen Waren der Klasse 16 ist die angemeldete Bezeichnung ein Hinweis auf Gegenstand und Inhalt der Druckereierzeugnisse. Soweit die Anmelderin geltend macht, sie beanspruche nur Schutz, soweit die Druckereierzeugnisse etc. die anderen Waren und Dienstleistungen unterstützten, ist darauf hinzuweisen, dass der Oberbegriff "Druckereierzeugnisse" nicht eingeschränkt ist, sondern die sich anschließende Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" eingeleitet wird, so dass es sich dabei nur um eine beispielhafte Aufzählung der Druckereierzeugnisse handelt. Doch selbst wenn eine solche Einschränkung erfolgt wäre, wäre die Bezeichnung "Wiedertäufer" eine Sachangabe. Die Formulierung "zur Unterstützung sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen" ist so wenig fassbar, dass es sich um keine gegenständliche Einschränkung handelt. Außerdem ist damit das Thema "Wiedertäufer" nicht ausgeschlossen, da sämtliche Lebensbereiche der Wiedertäufer Thema der Druckereierzeugnisse sein können und daher vielfältigste Waren und Dienstleistungen das Thema "Wiedertäufer" betreffen kann, so dass z. B. ein Verkauf dieser Produkte durch einen solchen Themenbezug unterstützt werden kann.
Hinsichtlich der Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Symposien" ist die angemeldete Bezeichnung ebenfalls eine Sachangabe, da auch insoweit das Thema "Wiedertäufer" Gegenstand und Inhalt der Dienstleistungen sein kann. "Konferenzen, Kongresse, Seminare und Symposien" können ebenfalls die Wiedertäufer zum Thema haben, z. B. deren Geschichte und heutige Bedeutung, so dass die angemeldete Marke den Gegenstand der Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Symposien" beschreibt. Gleiches gilt auch für die Dienstleistungen "Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung". Das Thema "Wiedertäufer" kann nämlich auch durch Theateraufführungen, Darbietungen religiöser Lieder, Wanderungen zu historischen Orten der Wiedertäuferbewegung, Ausstellungen und ähnliche Freizeitgestaltungen nahegebracht werden. Die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung" können auch das Thema "Wiedertäufer" zum Gegenstand und Inhalt haben. Insoweit ist nicht nur die religiöse Erziehung und Ausbildung von Täufern selbst von Bedeutung, sondern auch für historische Forschungen, interreligiöse Veranstaltungen und Vorführungen zu diesem Thema kann die Erziehung und Ausbildung das Thema Wiedertäufer zum Gegenstand und Inhalt haben.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wurde die Schutzunfähigkeit hinsichtlich dieser Dienstleistungen der Klasse 41 nicht erst mit dem Beschluss vom 26. Januar 2004 beanstandet. Vielmehr bezog sich der Beanstandungsbescheid vom 14. Juli 2003 auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, war also noch weiter als die Anmeldung dann in den Beschlüssen der Markenstelle zurückgewiesen worden war. Sollte die Äußerung der Anmelderin als Geltendmachung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Erstprüferbeschluss zu verstehen sein, so wäre dieser Verstoß ohnehin geheilt, da die Anmelderin nunmehr hinreichend Gelegenheit hatte sich zu äußern.
Die Ansicht der Anmelderin, in dem Auszug aus der Google Suchmaschine, der dem Erstprüferbeschluss beigefügt worden sei, würde in keinem der Fälle die Wörter "Wiedertäufer" und "Erziehung" bzw. "Wiedertäufer" und "Seminare" bzw. "Wiedertäufer" und "kulturelle Aktivitäten" in direktem Zusammenhang genutzt, begründet nicht die Schutzfähigkeit. Der Erstprüfer hat - wie im Beschluss ausgeführt - die Recherche beigefügt, um aufzuzeigen, dass der Begriff den beteiligten inländischen Verkehrskreisen geläufig ist. Auch wenn viele Suchergebnisse auf Web-Sites aus der Schweiz verweisen oder von Erzählungen religiöser Gruppen in den USA handeln, die Austauschschüler besucht haben, so zeigt dies, dass "Wiedertäufer" ein Thema von Seminaren und Ähnliches sein kann. Ob solche bereits in Deutschland abgehalten wurden, ist für die Beurteilung der Schutzfähigkeit unerheblich.
Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die Waren und Dienstleistungen bereits von Anhängern der Wiedertäufer angeboten oder der Schutz für eine Glaubensgemeinschaft beansprucht wird. Die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu diesem Thema können auch von anderen angeboten werden, die nicht dieser Glaubensrichtung anhängen. Damit ist um so mehr zu rechnen, da die Täufer die Taufe unmündiger Kinder für nicht wirksam ansehen, so dass sie sich selbst nicht notwendigerweise als Wiedertäufer ansehen.
Da die angemeldete Bezeichnung für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen hinsichtlich Thema und Gegenstand der Beschreibung dienen kann, besteht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Selbst eher allgemeine Themenangaben können das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen (BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Der Begriff "Wiedertäufer" ist sogar wesentlich konkreter als das Thema "Bücher für eine bessere Welt", was ebenfalls als nicht schutzfähig angesehen wurde. Dass es noch andere Möglichkeiten gibt, dieses Merkmal der Waren und Dienstleistungen auszudrücken, ändert nichts am Verständnis des Verkehrs, dass es sich auch bei dem angemeldeten Ausdruck um einen bloßen Sachhinweis handelt (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 - Postkantoor).
Soweit die Beschwerdeführerin vor der Markenstelle auf Voreintragungen die 30317637 bis 30317641 hingewiesen hat, bei denen Personennamen aus dem Bereich der Täuferbewegung als Marke eingetragen wurden, hat die Erinnerungsprüferin bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass aus Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung einer neu angemeldeten Marke hergeleitet werden kann, da es sich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht um eine Ermessensentscheidung handelt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 25).
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Kliems Merzbach Bayer Bb
BPatG:
Beschluss v. 06.08.2007
Az: 25 W (pat) 132/05
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