Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 26. Februar 2008
Aktenzeichen: 15 U 147/07
(OLG Köln: Beschluss v. 26.02.2008, Az.: 15 U 147/07)
Tenor
Die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 55,5 % und der Beklagten zu 44,5 % auferlegt. Die Klägerin trägt auch die der Streithelferin der Beklagten im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu 55,5 %; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten insoweit selbst.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin allein.
Gründe
I.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Stellung einer Sicherheit für ihr gegenüber der Streithelferin als Besteller der Architektenleistungen für das Bauvorhaben "B-Arkaden - S F" angeblich zustehende restliche Honoraransprüche in der Höhe von 562.215,66 € in Anspruch genommen, und zwar wegen "regulären" Honorars nach Maßgabe des Architektenvertrages für die Leistungsphasen 1 und 2 in der Höhe von 250.159,10 € und wegen Umplanungsleistungen in der Leistungsphase 2 in der Höhe von 312.056,56 €, nachdem der zwischen der Beklagten und der Streithelferin zugunsten der Beklagten bis dahin bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beendet worden war.
Wegen der Umplanungsleistungen berechnete die Klägerin mit Schreiben vom 10.10.2005 zunächst ein Zeitaufwandshonorar gemäß § 4 des Architektenvertrages in der Höhe von brutto 56.097,60 €. Dessen Bezahlung verweigerte die Streithelferin.
Die Klägerin nahm daraufhin eine auf Ziffer 5 des Architektenvertrages und § 20 HOAI gestützte Neuberechnung vor, die mit einem Betrag von 312.056,56 € abschloss.
Die Beklagte hat sich bzgl. des verlangten restlichen "regulären" Honorars mit dem Einwand mangelnder Fälligkeit zur Wehr gesetzt. Bezüglich der Umplanungsarbeiten hat sie die Auffassung vertreten, aus Ziffer 5 des Architektenvertrages ergebe sich ein Vergütungsanspruch nicht, weil eine danach geforderte schriftliche Vereinbarung nicht getroffen worden sei. § 20 HOAI sei schon in Anbetracht des Abschlusses des Pauschalhonorarvertrages nicht anwendbar. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 20 HOAI nicht vor, weil von einer wiederholten Planung mit einer grundsätzlichen anderen Anforderung nicht die Rede sein könne, ja nicht einmal eine wesentliche Abweichung von dem durch das Pauschalhonorar abgegoltenen Leistungsumfang gegeben sei. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung ihr gegenüber scheide insgesamt auch deswegen aus, weil die Klägerin von der Streithelferin Sicherheit nach Maßgabe von § 648 a BGB verlangen könne.
Mit seinem am 29.06.2007 verkündeten Urteil hat der Einzelrichter der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 56/07 - der Klage in entsprechender Anwendung des § 303 Abs. 1 AktG im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei dem Sicherungsinteresse des Gläubigers grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des in Anspruch genommenen Sicherungsgebers an einer abschließenden Klärung des Bestands der zu sichernden Forderung, deren Prüfung vielmehr dem Honorarprozess vorbehalten bleiben müsse, zu geben. Ein Ausnahmefall, wenn nämlich ein Sicherheitsverlangen offenkundig haltlos oder ersichtlich rechtsmissbräuchlich sei, sei in Anbetracht der allseitig außerordentlich substanzhaltigen Darlegungen nicht gegeben.
Gegen dieses ihr am 12.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte beschränkt auf ihre Verurteilung zur Leistung einer Sicherheit für Forderungen der Klägerin gegenüber der Streithelferin wegen Umplanungsleistungen in Höhe von 312.056,56 € form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet.
Die Beklagte hat zunächst in erster Linie sinngemäß angekündigt zu beantragen, das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, soweit sie zur Sicherheitsleistung für eine über 250.159,10 € hinausgehende Honorarforderung gegen die Streithelferin verurteilt worden ist. Sie hat fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt, soweit das Landgericht zur Begründung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung für ein Honorar wegen Umplanungsleistungen allein die bloße Behauptung einer zu sichernden Forderung hat genügen lassen. Insoweit hat sie ihr erstinstanzliches Vorbringen zunächst wiederholt und vertieft.
Im Hinblick auf den der Berufungsbegründungsschrift nachfolgenden Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 15.10.2007 - 8 O 24/07 -, vor dem die Klägerin die Streithelferin auf Bezahlung der dem vorliegenden Sicherheitsbegehren zugrunde liegenden Forderungen von zusammen 562.215,66 € in Anspruch genommen hatte und mit dem es einen Vergleichsabschluss mit dem Inhalt feststellte, dass sich die Streithelferin zum Ausgleich sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem betroffenen Bauvorhaben zur Zahlung von 358.735,10 € an die Klägerin verpflichtet, behauptet die Beklagte, in die Vergleichssumme sei der Resthonoraranspruch für die "regulären" Architektenleistungen gemäß den Leistungsphasen 1 und 2 in Höhe von 250.159,10 € voll einbezogen worden, so dass auf das geltend gemachte Honorar wegen Umplanungen nur ein Betrag von allenfalls 118.576,00 € entfallen sein könne.
Im Hinblick auf den vor dem Landgericht Düsseldorf abgeschlossenen Vergleich haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsverhandlung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.
Zur Begründung der Zulässigkeit und der Begründetheit der Klage bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung hat die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen in Bezug genommen. Bezüglich der Zusammensetzung des Vergleichsbetrages vor dem Landgericht Düsseldorf behauptet sie, auf die Vergleichssumme entfalle allein wegen der Umplanungsleistungen ein Betrag von 186.000,00 € zuzüglich Nebenkosten und Umsatzsteuern, während die im zweiten Rechtszug nicht mehr anhängige Forderung wegen "regulären" Honorars nicht voll angesetzt worden sei, weil deren Berechnung auf einer fehlerhaften Anwendung der HOAI beruht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteienvertretern gewechselten Schriftsätze und die der Streithelferin, die die Position der Beklagten vertreten hat, das angefochtene Urteil sowie das Protokoll über die Niederschrift der Berufungsverhandlung verwiesen.
II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit, soweit dieser in dem Berufungsrechtsstreit noch rechtshängig gewesen ist, in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kostentragungspflicht zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich des Teils, der im Berufungsrechtsstreit rechtshängig gewesen ist, gemäß §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen; bezüglich des von dem Landgericht rechtskräftig zuerkannten Anspruchs auf Sicherheitsleistung wegen des "regulären" Resthonorars ist bindend von der anteiligen Kostentragungspflicht der Beklagten auszugehen.
Die auf Leistung einer Sicherheit für das geltend gemachte Honorar für Umplanungsleistungen beschränkte, gemäß §§ 511 ff. ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hätte ohne die die Hauptsache beendenden Erklärungen der Parteien auch in der Sache Erfolg gehabt. Insoweit war die Klage von Anfang an unbegründet. Der Klägerin stand gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für angebliche Forderungen gegenüber der Streithelferin wegen Umplanungsleistungen in Höhe von 312.056,56 € aus der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 303 Abs. 1 AktG, der zu Gunsten des Gläubigers einer GmbH bei Beendigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages entsprechend anwendbar ist (BGH NJW 1992, 505 ff.; Altmeppen in Münchner Kommentar zum AktG, 2. Auflage, Einleitung zu §§ 291 ff., Rdnr. 25; Goette, Die GmbH, 2. Auflage, § 9 Rdnr. 9), nicht zu. Nach dieser Vorschrift steht den Gläubigern gegen das herrschende Unternehmen wegen Forderungen gegen die Gesellschaft, die begründet worden sind, bevor die Eintragung der Beendigung des Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages im Handelregister bekannt gemacht worden ist, ein Anspruch auf Sicherheitsleistung mit einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Bekanntmachung zu. Zwar liegen die "formalen" Voraussetzungen, das heißt das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages zwischen der Streithelferin und der Beklagten zu Gunsten letzterer, dessen Beendigung einschließlich Bekanntmachung sowie die Anmeldung eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung binnen 6 Monaten nach der Bekanntmachung unproblematisch vor. Zu Recht rügt die Beklagte indes, dass das Landgericht angenommen hat, die materielle Voraussetzung dieser Vorschrift, nämlich dass eine Forderung der Klägerin gegen die Streithelferin wegen Umplanungsleistungen "begründet" war, sei gegeben.
(1) Die Frage, ob die Klage bezogen auf die Umplanungsleistungen begründet war, kann nicht auf der Grundlage des Ergebnisses des Rechtsstreits zwischen der Klägerin und der Streithelferin vor dem Landgericht Düsseldorf beantwortet werden. Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ist dort nicht ergangen. Der Umfang des wechselseitigen Unterliegens und Obsiegens bestimmt sich auch nicht nach dem Verhältnis zwischen der - zwischen den Parteien streitigen - Höhe der dem Sicherheitsbegehren zu Grunde gelegten Forderung für Umplanungen in der Vergleichssumme von 358.735,10 € und dem insoweit im Berufungsverfahren weiterverfolgten Sicherheitsbegehren in Höhe von 312.056,56 €. Der Vergleich vor dem Landgericht Düsseldorf ist nicht zwischen den Parteien des hier zu beurteilenden Rechtsstreits geschlossen worden. Soweit man eine Parallele zur "Rechtskraftwirkung", die bei dem Abschluss von Vergleichen ohnehin nicht uneingeschränkt gilt, des Hauptsacheprozesses zu dem Verhältnis zwischen einem Gläubiger und einem Sicherungsgeber, etwa einem Bürgen, ziehen wollte, ist darauf zu verweisen, dass eine solche Rechtskrafterstreckung abzulehnen ist (vgl. nur: Sprau in Palandt, BGB, 67. Auflage, § 767 Rdnr. 4, mit Rechtsprechungsnachweisen).
(2) Der Auffassung des Landgerichts, die Prüfung des Bestehens der gemäß § 303 Abs. 1 AktG zu sichernden Forderung sei grundsätzlich dem - damals beim Landgericht Düsseldorf anhängigen - Honorarrechtsstreit vorbehalten, kann entsprechend der Rüge der Beklagten nicht gefolgt werden. "Begründet" im Sinne dieser Vorschrift ist eine Forderung, wenn sie entstanden ist im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB oder jedenfalls ihr Entstehungsgrund gelegt ist, auch wenn noch einzelne Tatbestandselemente (wie Fristablauf oder Bedingung, Fälligkeit etc.) fehlen (Altmeppen in Münchner Kommentar, a. a. O., § 303 Rdnrn. 15, 16; Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 303 Rdnr. 3; Geßler in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 303 Rdnrn. 7, 8). Wird das Bestehen der zu sichernden Forderung des Gläubigers bestritten und eine Sicherheitsleistung verweigert, ist es dem Gläubiger unbenommen, das herrschende Unternehmen auf Sicherheitsleistung zu verklagen; in diesem Prozess hat der Gläubiger das Bestehen seines Anspruchs zu beweisen (Würdinger in Großkommentar zum AktG, 3. Auflage, § 303 Anm. 4; Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Auflage, § 303 Rdnr. 6). Insoweit hat nichts anderes zu gelten als bei einem Sicherungsanspruch aus anderem Rechtsgrund, etwa bei einem Anspruch auf Bestellung einer Bauunternehmersicherungshypothek gemäß § 648 BGB, der nur insoweit begründet ist, als Werklohn- bzw. Honoraransprüche entstanden sind (vgl.: Sprau in Palandt, a. a. O., § 648 Rdnr. 4; Busche in Münchner Kommentar, BGB, 4. Auflage, § 648 Rdnr. 17, 18). Ein berechtigter Grund, dem Gläubiger ohne Begründetheitsprüfung, mehr oder weniger schon auf Zuruf, ihm stünde eine zu sichernde Forderung zu, einen Anspruch auf Sicherheitsleistung zu gewähren, ist nicht ersichtlich. Soweit etwa in Fällen, in denen der Anspruchsgrund gelegt ist, aber die Höhe der Forderung mangels (vollständiger) Gegenleistung noch nicht endgültig feststeht, unter dem Tatbestandsmerkmal "begründet" eine Prognoseentscheidung zu treffen ist, enthebt selbst dies nicht von der voraussichtlichen Begründetheitsprüfung. Letzteres kann vorliegend indes dahinstehen. Denn die Klägerin hat ihre nach dem Architektenvertrag geschuldeten und auf Wunsch der Streithelferin erbrachten Umplanungsleistungen nach ihrem eigenen und insoweit nicht bestrittenen Vorbringen vollständig erbracht und abgerechnet und war damit in der Lage, das Bestehen der zu sichernden Honorarforderung dem Grunde und der Höhe nach abschließend schlüssig darzulegen und ggfls. zu beweisen.
(3) Die Prüfung der Begründetheit der zu sichernden Forderung fällt zu Lasten der Klägerin aus. Der Klägerin stand gegenüber der Streithelferin ein Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar wegen Umplanungsleistungen gemäß § 632 Abs. 2 BGB auf der Grundlage des zwischen ihnen im Sommer 2003 geschlossenen Architektenvertrages nach Maßgabe ihrer 4. Honorarabschlagsrechnung vom 29.03.2006 (Anlage K 6) und ihrer davon abweichenden, mit dem anteiligen Klageforderungsbetrag korrespondierenden Rechnung vom 17.08.2006 (Blatt 81 ff. GA) nicht zu.
(3.1) Die Abrechnung der Klägerin basiert auf einer Anwendung des § 20 HOAI. Nach dieser Vorschrift können, wenn für dasselbe Gebäude auf Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vor- oder Entwurfsplanungen nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt werden, für die umfassendste Vor- oder Entwurfsplanung die vollen Vomhundertsätze dieser Leistungsphasen nach § 15 und außerdem für jede andere Vor- oder Entwurfsplanung die Hälfte davon berechnet werden. Die Beklagte und ihre Streithelferin wenden sich zu Recht gegen die Anwendbarkeit des § 20 HOAI.
(3.1.1) Gemäß Ziffer 17 des Architektenvertrages haben sich die Klägerin und die Streithelferin auf ein Pauschalhonorar für die Leistungsphasen 1 bis 9 geeinigt. Damit haben die Vertragsschließenden eine Vergütungsvereinbarung i. S. v. § 631 Abs. 1 BGB getroffen. Insbesondere die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 und 2, auf die bezogen die Klägerin Umplanungsleistungen geltend macht, sollten bei vollständiger Leistungserbringung mit (3 % + 7 % =) 10 % von 1.920.000,00 €, also mit 192.000,00 € abgeholfen werden und nicht mit - wie von der Klägerin in Rechnung gestellt - 278.829,12 €. Mit dieser Vereinbarung haben sich die Vertragsparteien von dem Preisgefüge der HOAI verabschiedet; für eine Vergütung nach Üblichkeit i. V. m. § 20 HOAI besteht kein Raum.
(3.1.2) Die Vertragsparteien haben sich für den Fall der Erbringung von Umplanungsarbeiten auch nicht auf die Anwendung des § 20 HOAI geeinigt. Insoweit beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf Ziffer 5 (Planungsänderungen) des Architektenvertrages. Danach sollten die Parteien, wenn die Planung auf Veranlassung des Bauherrn nicht unwesentlich geändert werden sollte, ohne dass die Voraussetzungen des § 20 erfüllt sind, zuvor eine schriftliche Vereinbarung gemäß Ziffer 3.2.1 des Architektenvertrages treffen. In Ziffer 3.2.1 heißt es: "Für besondere Leistungen gemäß Abs. 2 des Vertrages werden folgende Honorare gemäß § 5 Abs. 4 HOAI vereinbart"; die darunter stehende Zeile für den Einsatz eines Betrages oder eines Prozentsatzes ist freigelassen. Ziffer 5 des Architektenvertrages enthält danach - allenfalls - eine Regelung für den Fall der wesentlichen Änderung der Planung, ohne dass die Voraussetzungen des § 20 HOAI vorliegen, und in Verbindung mit Ziffer 3.2.1 auch nur dahingehend, dass die Parteien in diesem Fall zuvor gemäß § 5 Abs. 4 HOAI eine Vereinbarung treffen. Eine positive Regelung zur eventuellen Anwendung des § 20 HOAI mit von dem vereinbarten Pauschalhonorar abweichenden Preisparametern kann daraus nicht gelesen werden. Dafür, dass auch die Klägerin den Architektenvertrag nicht dahingehend verstanden hat, spricht, dass sie die Beklagte vor der Durchführung von Umplanungsleistungen mit Schreiben vom 05.09.2005 darauf hinwies, dass sie diese Leistungen gemäß Ziffer 4 des Architektenvertrages nach Stundensätzen auf Nachweis erbringen werde, und sie die Umplanungsleistungen dementsprechend mit Schreiben vom 10.10.2005 auch zunächst auf dieser Basis abrechnete und geltend machte.
(3.2) Aus den vorstehenden Ausführungen erhellt zugleich, dass die Klägerin ihren Honoraranspruch wegen Umplanungsleistungen auch nicht auf die Grundsätze der Änderung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB stützen kann. Insoweit kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt entsprechend dem Wunsch des Bauherrn Umplanungsleistungen in einem solchen Umfange erbracht hat, die ein Festhalten an der Pauschalpreisvereinbarung unzumutbar erscheinen lassen, und - wenn das Verlangen zu einer Anpassung dem Grunde nach gerechtfertigt wäre - eine Anpassung nach der der Berechnung der Klägerin zu Grunde liegenden Fortschreibung der Honorartabelle für anrechenbare Kosten, die die Kostengrenze der Honorartafel zu § 16 Abs. 2 HOAI von (rund) 25 Millionen Euro (hier von rund 40 Millionen Euro) überschreiten, auf der Grundlage der sogenannten Rift-Tabelle, einer Verwaltungsrichtlinie des Landes Baden-Württemberg, berechnet werden kann (verneinend etwa: BGH NJW 2004, 2588 f.; KG NZBau 2005, 522 ff.). Nur wenn es an einer Preisabsprache für den Fall der Überschreitung der Kostengrenze des § 16 Abs. 2 HOAI fehlt, kommt es auf die übliche Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB an. Hier aber haben die Parteien, wie bereits ausgeführt, offensichtlich in Ansehung der die Höchstgrenze zu § 16 HOAI überschreitenden anrechenbaren Kosten, eine gemäß § 16 Abs. 3 HOAI zulässige pauschale Honorierung gemäß § 631 Abs. 1 BGB vereinbart. Für eine Berechnung des Honorars nach der Üblichkeit gemäß § 632 Abs. 2 BGB besteht danach kein Raum.
(3.3) Schließlich bestand die zu sichernde Forderung auch nicht nach Maßgabe der von der Klägerin zunächst erteilten Rechnung vom 10.10.2005 i. d. H. v. 56.097,60 €. Auf eine Abrechnung nach Zeitaufwand i. S. v. Ziffer 4 des Architektenvertrages haben sich die Parteien nicht geeinigt. Zwar hat die Klägerin die Beklagte vor der Durchführung der Umplanungsarbeiten mit Schreiben vom 05.09.2005 darauf hingewiesen, dass sie diese gemäß Ziffer 4 des Architektenvertrages auf Nachweis erbringen werde. Selbst wenn man darin ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung über das "Ob" und die Höhe der Vergütung sehen wollte, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Beklagte dieses angenommen hat. Erstinstanzlich hat die Klägerin von einer positiven Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben hin nicht berichtet. Soweit sie sich erstmals in der Berufungsverhandlung auf eine - von der Beklagten ausdrücklich bestrittene - entsprechende mündliche Vereinbarung beruft, kann sie hiermit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht gehört werden. Im Übrigen könnte die Zulassung dieses Vorbringens die Position der Klägerin nicht verbessern, da sie insoweit mangels Beweisantrages beweisfällig geblieben wäre.
(4) Das Tatbestandsmerkmal "nach billigem Ermessen" erfordert eine Korrektur der Kostenentscheidung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand vorliegend nicht.
Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht betreffend die Streithelferin beruht auf § 101 Abs. 1 i. V. m. §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Gegenstandswert der Berufung:
1. bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien in der Berufungsverhandlung: 250.159,10 €;
2. für die Zeit danach:
a) für die Beklagte: die Summe der notwendigen Kosten der Parteien in beiden Rechtszügen, für die erste Instanz indes beschränkt auf die im Verhältnis 312.056,56 € zu 562.215,66 € anteilig angefallenen Kosten des Rechtsstreits;
b) für die Klägerin: Wie zu a) zuzüglich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin in beiden Rechtszügen, wegen der insoweit erstinstanzlich entstandenen indes ebenfalls nur in dem zu lit. a) beschriebenen Verhältnis.
OLG Köln:
Beschluss v. 26.02.2008
Az: 15 U 147/07
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