Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. November 2010
Aktenzeichen: 33 W (pat) 39/09
(BPatG: Beschluss v. 02.11.2010, Az.: 33 W (pat) 39/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Am 4. Mai 2004 hat die Anmelderin die Wortmarke Die unternehmerische Entscheidungfür das nachfolgende Verzeichnis für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 42 angemeldet:
"Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen; betriebswirtschaftliche Beratung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Finanzanalysen; Ausgabe von Kreditkarten; Beleihen von Gebrauchsgütern; Versicherungsberatung; Übernahme von Bürgschaften, Kautionen; Clearing (Verrechnungsverkehr); Vergabe von Darlehen; Ausgabe von Debitkarten; Effektengeschäfte; Factoring; Erteilung von Finanzauskünften; finanzielle Beratung; finanzielle Schätzungen (Versicherungs-, Bank-, Grundstücksangelegenheiten); Finanzierungen; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds; Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Schätzung von Immobilien; Verpachtung von Immobilien; Dienstleistung eines Immobilienmaklers; Immobilienvermittlung; Immobilienverwaltung; Investmentgeschäfte; Kapitaltransfer (elektronisch); Gewährung von Teilzahlungskrediten; Kreditvermittlung; Leasing; Vermögensverwaltung durch Treuhänder; Vermietung von Büros (Immobilien); Vermittlung von Versicherungen; Vermögensverwaltung; Verpachtung von Immobilien; Erteilung von Auskünften in Versicherungsangelegenheiten; Versicherungsberatung; Grundstücks-, Immobilienverwaltung; Bauwesen; Leitung von Bauarbeiten; Bauberatung; Erstellung von technischen Gutachten; Ingenieurarbeiten; Dienstleistungen eines Architekten; technische Projektplanungen."
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung der Marke mit Beschlüssen vom 19. Oktober 2005 und vom 28. Januar 2009 mangels hinreichender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die begehrte Wortfolge eine ohne weiteres aus sich heraus verständliche, weder interpretationsbedürftige noch interpretationsfähige Sachaussage sei. Dies betreffe insbesondere die Dienstleistungen der Klasse 35, bei denen der beschreibende Sinngehalt klar im Vordergrund stehe, weil diese unternehmerische Entscheidungen zum Gegenstand oder Ziel hätten. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen den Dienstleistungen der Klasse 35 und der Klasse 36 werde der Verkehr dem Zeichen auch im Hinblick auf diese Dienstleistungen keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen. Diese Dienstleistungen könnten auch Teil von "unternehmerischen Entscheidungen" sein.
Schließlich fehle der angemeldeten Marke auch für die Dienstleistungen der Klasse 37 und 42 jegliche Unterscheidungskraft, weil der rein sachliche Hinweis auf eine unternehmerische Entscheidung derart klar und eindeutig im Vordergrund stehe, dass der Verkehr nicht auf die Idee komme, dass es sich um eine betriebliche Herkunftsangabe handeln könne.
Im Erstbeschluss hat der Prüfer ergänzend darauf hingewiesen, dass die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 beispielsweise im Rahmen der Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und der Beratung oder als Hilfsmittel zu deren Findung eine unternehmerische Entscheidung zum Inhalt oder Gegenstand haben könnten.
Die übrigen Dienstleistungen könnten unter besonderer Beachtung der unternehmerischen Entscheidung erbracht werden. So könne der Verkehr davon ausgehen, dass die im Rahmen der Dienstleistungen zu treffenden Entscheidungen des Erbringers unternehmerisch und damit insbesondere betriebswirtschaftlich gestaltet seien.
Des Weiteren sei die begehrte Wortfolge auch in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen nicht unüblich. Vielmehr stelle die Maxime der unternehmerischen Entscheidung einen tragenden Grundsatz der freien Marktwirtschaft dar. Die unternehmerische Entscheidung stelle somit ein Merkmal der Art der Erbringung der angemeldeten Dienstleistungen dar und betreffe deshalb die Dienstleistungen selbst.
Auch wenn es sich um eine Angabe mit einem eher allgemeinen Sachbezug zu den angemeldeten Dienstleistungen handele, hätten die angesprochenen Verkehrskreise keinen Anlass, darin ein betriebliches Unterscheidungsmittel zu sehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, dass die begehrte Wortfolge weder in der Umgangsoder Werbesprache noch in dem maßgeblichen Bankensektor ein üblicher oder feststehender Fachbegriff sei, der nur als solcher verstanden werde. Im Rahmen ihrer Internetrecherche habe sie lediglich eine Verwendung dieses Ausdrucks in Zusammenhang mit der Thematik betriebsbedingter Kündigungen feststellen können.
Da bei sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen die Beratungstätigkeit im Vordergrund stehe, beschreibe die angemeldete Wortfolge keineswegs den Inhalt der so gekennzeichneten Dienstleistungen, sie enthalte keinerlei konkrete Hinweise auf Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Modalitäten oder sonstige Merkmale der verschiedenen Dienstleistungen.
Der mögliche Zusammenhang zwischen der begehrten Marke und den beanspruchten Dienstleistungen sei allenfalls vage und unbestimmt und könne daher nicht zur Annahme eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG führen.
Bei dem Begriff "unternehmerisch" handele es sich um ein Adjektiv ohne eine unmittelbar verständliche Sachaussage mit verschiedenen Bedeutungen, wiez. B. kaufmännisch, risikobereit, reiselustig, unternehmenslustig. Dem potentiellen Kunden werde lediglich vermittelt, dass eine ganz bestimmte, nämlich "die unternehmerische Entscheidung" zu treffen sei. Dieser Bedeutungsinhalt sei sowohl in Bezug auf die Person, welche die Entscheidung treffen soll, als auch in Bezug auf die Art der zu treffenden Entscheidung mehrdeutig und interpretationsbedürftig ohne eine sachbezogene Information über den Inhalt und/oder Bestimmungszweck der begehrten Dienstleistungen zu vermitteln. Hierzu bedürfe es weiterer erläuternder Zusätze. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daher nicht in der Lage, die so gekennzeichneten Dienstleistungen bzw. eines ihrer Merkmale sofort und genau zu identifizieren. Die Anmelderin verweist insoweit auf die Entscheidung des EuGH "Vorsprung durch Technik" (EuGH MarkenR 2010, 79, 85).
Im Übrigen ergebe sich aus den Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil "Entscheidung", dass dieser keineswegs einen unmittelbar beschreibenden Anklang aufweise. Ergänzend verweist die Anmelderin auf die Eintragung der Marke: "AVE Analyse Vertrauen Entscheidung" für die Dienstleistungen der Klassen 36, 38 und 42.
Mit Schreiben vom 17. September 2010 hat der Senat die Anmelderin unter Vorlage von Belegen aus dem Internet (Bl. 33 bis 71 d. A. im Folgenden zitiert als "Anlagen") darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach vorläufiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, weil der angemeldeten Marke Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.
Der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden.
1.
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) -EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) -ADIDAS II). Es gibt nämlich -insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs -Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) -Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) -DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) -Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 -36) -BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 222 m. w. N.).
b) Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) -Henkel). Die hier angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, betriebswirtschaftliche Beratung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung" setzen das Bestehen eines Unternehmens voraus und richten sich dementsprechend an das mit der Unternehmensführung oder -verwaltung betraute Fachpersonal. Die übrigen Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37 und 42 richten sich neben dem Geschäftsverkehr auch an allgemeine und breite Verbraucherkreise, wobei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) -Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) -Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.).
Bei der Überprüfung der Eintragungsfähigkeit einer Marke, die sich -wie die vorliegende -aus mehreren, eine zusammenhängende Wortfolge bildenden Zeichenbestandteilen zusammensetzt, sind an die Beurteilung der Unterscheidungskraft keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Zeichen (EuGH vom 21.1.2010 C-398/08 -Vorsprung durch Technik (Nr. 36); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 32, 44) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 12) -My World). Ungeachtet der Prüfung der Unterscheidungskraft solcher Wortfolgen, ist indes zu prüfen, ob einer solchen Marke eine unmittelbar beschreibende Sachaussage im Hinblick auf ein Merkmal der angemeldeten Produkte zu entnehmen ist und sie deshalb schon nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen ist (vgl. EuGH vom 21.1.2010 C-398/08 (Nr. 57) -Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 12) -My World; BGH GRUR 2009, 778 (Nr. 12) -Willkommen im Leben).
c) Ausgehend von diesen Vorgaben ist die hier begehrte Wortfolge für die angemeldeten Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend.
d) Die angemeldete Wortfolge enthält aufeinander abgestimmte Satzglieder nämlich einen Artikel ("die") und ein Attribut ("unternehmerische"), das das nachfolgende Substantiv ("Entscheidung") näher präzisiert und auf diese Weise ausdrückt, dass "die Entscheidung eines Unternehmers bzw. eines Unternehmens" gemeint ist. Damit handelt es sich nicht um abstrakt aneinandergereihte Worte, sondern um ein Gefüge, das inhaltlich und grammatikalisch aufeinander bezogene Wortbestandteile enthält.
Der vorangestellte Artikel "Die" in der begehrten Wortfolge kann entweder als bloßer weiblicher Artikel oder aber als Demonstrativpronomen zur Kennzeichnung einer besonders hervorgehobenen Entscheidung, im Sinne von "die beste Entscheidung", aufgefasst werden.
Mit dem Attribut "unternehmerische" wird präzisiert, um wessen Entscheidung es geht, nämlich die eines Unternehmens oder Unternehmers. Die weiteren von der Anmelderin hervorgehobenen Bedeutungen von "unternehmerisch" (reiselustig, unternehmenslustig) passen indes weder zu dem Substantiv "Entscheidung" noch zu den angemeldeten Dienstleistungen. Da der Bedeutungsgehalt der Wortzeichen stets durch eine Gesamtbetrachtung der Marke einschließlich der begehrten Waren oder Dienstleistungen zu ermitteln ist (vgl. dazu: EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 28) -SAT.2; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 96) -Postkantoor; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 13) -VISAGE), spielen fernliegende Wortbedeutungen keine maßgebliche Rolle.
Die Wortverbindung "unternehmerische Entscheidung" wird zum Teil als Synonym für eine "freie unternehmerische Entscheidung" benutzt und dient dabei der Abgrenzung zu vorgeschriebenen Maßnahmen, die außerhalb des unternehmerischen Einflussbereichs stehen, z. B. Maßnahmen kraft staatlicher Intervention (siehe Anlage 1: "Bereits vor dem zweiten Weltkrieg wurde die Bauwirtschaft in das kriegswirtschaftliche System der Organisation Todt -OT -eingegliedert. Damit endete die freie unternehmerische Entscheidung"; Anlage 2: "Lediglich bei aus Sicht der Denkmalpflege gleichwertigen Nutzungen gibt die unternehmerische Entscheidung des Eigentümers den Ausschlag ..."). Die Wortkombination "unternehmerische Entscheidung" wird dementsprechend regelmäßig verwendet, um auszudrücken, dass es um eine Entscheidung, d. h. die Auswahl unter verschiedenen Alternativen, geht, die nicht für eine bestimmte Person, sondern für ein Unternehmen getroffen wird und die regelmäßig auf der Grundlage der bestehenden Informationen und nach Abwägung verschiedener Gesichtspunkte, die steuerlicher, betriebswirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger Art sein können, erfolgt.
Die vorgenannte Analyse der Wortfolge zeigt, dass der Begriff "Die unternehmerische Entscheidung" im Hinblick auf die unter der Klasse 35, 36 und 42 angemeldeten Dienstleistungen mit Beratungsund Auskunftsinhalt (Beratung in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Aufstellung von KostenPreis-Analysen; Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Auskünfte/Ermittlungen/Informationen/Nachforschungen/Organisationsberatung/Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erteilung von Finanzauskünften; finanzielle Beratung; finanzielle Schätzungen; Finanzanalysen; Versicherungsberatung; Erteilung von Auskünften in Versicherungsangelegenheiten; Schätzung von Immobilien; Bauberatung; Erstellung von technischen Gutachten; Technische Projektplanungen) und auf die unter der Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen, bei denen es sich um betriebswirtschaftliche Tätigkeiten handelt (Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung) eine Sachaussage dahingehend beinhaltet, dass die von dem Abnehmer der Dienstleistung zu treffende unternehmerische Entscheidung vorbereitet oder ersetzt wird, so dass der Gegenstand der Dienstleistung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschrieben wird. Entgegen der Auffassung der Anmelderin wird die Wortfolge nicht nur in Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen genutzt, sondern auch und gerade im Zusammenhang mit Dienstleistungen betriebswirtschaftlicher, finanzieller oder rechtlicher Art (vgl. Anlagenkonvolut 4, 5: z. B.: "Unsere Stellungnahmen und Empfehlungen bereiten die unternehmerische Entscheidung vor"; "Die Beratung bereitet die unternehmerische Entscheidung des Auftraggebers vor ..."; "Unser Beratungsansatz kennzeichnet sich dadurch ... Wir begleiten unsere Kunden vom Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung über die Umsetzung bis hin zur Erfolgskontrolle der durchgeführten Maßnahmen."; "... häufig schrecken jedoch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor diese weitreichenden und risikobehafteten unternehmerischen Entscheidung zurück. Unser Ziel ist es, den "Einstieg" in einen Firmenkauf oder Firmenverkauf, eine Unternehmensnachfolge oder Existenzgründung so einfach, komfortabel, kostengünstig und effizient zu gestalten, dass nicht nur kleinere und mittlere Unternehmen ihre Zurückhaltung aufgeben, sondern auch die "Profis" im Beteiligungsmarkt bevorzugt auf unsere Dienstleistung zurückgreifen."; "... es sei denn, die unternehmerische Entscheidung wurde auf Grundlage eines schadensersatzrechtlich vorwerfbaren Beratungsfehlers auf Seiten der A/D/H Unternehmensberatung getroffen."; "Die unternehmerische Entscheidung, in ein bestimmtes Produkt zu investieren, erfolgt häufig aufgrund einer Bewertung dieser Finanzprodukte durch Ratingagenturen".). Demzufolge werden durch die Wortfolge Gegenstand, Bestimmung und zugleich auch der Abnehmerkreis (nämlich Unternehmen) der genannten Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unmittelbar und verständlich bezeichnet (vgl. zum Freihaltebedürfnis für die Bezeichnung des Abnehmerkreises: BGH GRUR 2007, 1071 -Kinder II). Dem steht nicht entgegen, dass die Wortfolge selbst kein vollständiger Satz ist. Der Verkehr ist es nämlich gewöhnt, durch prägnante und verkürzte Formulierungen bestimmte Sachaussagen vermittelt zu bekommen, die sich aus der Betrachtung im Zusammenhang mit den offerierten Waren oder Dienstleistungen -wie hier ohne analysierende Zwischenschritte erschließen.
2.
Im Übrigen fehlt dem begehrten Zeichen auch die Unterscheidungskraft, weshalb auch ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt.
a) Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 29) -Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 30 f.) -Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 23, 24) -Thomson LIFE; EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 23) SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) -VISAGE). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist.
Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59) -Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) -Companyline; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 11) -My World).
Hinsichtlich der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus einer inhaltlich und ggf. auch grammatikalisch aufeinander bezogenen Wortfolge bestehen, sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Zeichen (EuGH C-398/08 v. 21.01.2010 -Vorsprung durch Technik (Nr. 36); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 32, 44) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 12) -My World; BGH GRUR 2009, 778 (Nr. 12) -Willkommen im Leben). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft, ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH C-398/08 v. 21.01.2010 -Vorsprung durch Technik (Nr. 38); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 35 und 36) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungsund damit Merkeffekt zur Folge hätte, aufweisen müsse (EuGH C-398/08 v. 21.01.2010 -Vorsprung durch Technik (Nr. 39); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 31, 32) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 -Bar jeder Vernunft).
Wenngleich die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft für alle Markenkategorien dieselben sind, kann sich aber im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien zeigen, dass nicht jede dieser Kategorien von den maßgeblichen Verkehrskreisen notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird, und dass es daher schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Bereiche, wie möglicherweise der von Werbeslogans, nachzuweisen (EuGH C-398/08 v. 21.01.2010 -Vorsprung durch Technik (Nr. 37); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 34) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
b) Die hier beanspruchte Wortfolge ist bei Zugrundelegung der dargelegten Prüfungskriterien nicht unterscheidungskräftig, denn das angesprochene Publikum wird ihr im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen nicht den Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen.
Einer Wortmarke, die i. S. von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt regelmäßig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) -Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) -Biomild). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) -VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) -FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Im Hinblick auf die unter Ziff. 1 genannten Dienstleistungen fehlt die Unterscheidungskraft daher schon aufgrund der beschreibenden Sachaussage, die sich aus der Verbindung der Wortfolge mit diesen Dienstleistungen ergibt.
Die Unterscheidungskraft kann aber auch solchen Angaben fehlen, die die Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreiben, aber gleichwohl geeignet sind, einen engen sachlichen Bezug zu dem betreffenden Produkt herzustellen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 70, 86) -Postkantoor; EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 62) -EUROHYPO; BGH GRUR 2009, 952 (Nr. 10) -Deutschlandcard; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 17) -FUSSBALL WM 2006). Ein derartig enger Sachbezug besteht gerade bei den Dienstleistungen des Finanz-, Immobilien-, Versicherungsund Bauwesens, da es sich hierbei um Bereiche handelt, die für die Unternehmensführung besonders bedeutsam sind und daher Gegenstand oder Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung sein können, auch wenn die offerierte Dienstleistung selbst keinen unmittelbaren Beratungsoder Auskunftsinhalt aufweist.
So ist die Inanspruchnahme einer Dienstleistung, wie z. B. die Investition in bestimmte Wertpapiere oder die Inanspruchnahme von Bauleistungen, Ausdruck einer getroffenen Auswahl und damit das Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung (vgl. z. B. Anlagenkonvolut 9: "Jede Investition in einen Neubau ist eine unternehmerische Entscheidung..."; Die Entscheidung für den Bau... Aus Bayernsicht eine logische unternehmerische Entscheidung."; "... der Bau von Biogasanlagen eine unternehmerische Entscheidung des Landwirts..."). Dementsprechend kann mit der Bezeichnung "Die unternehmerische Entscheidung" auch für Leasingdienstleistungen ausgedrückt werden, dass sich der Unternehmer für ein Leasingangebot (und nicht für eine Mietalternative oder Eigentumserwerb) entschieden hat (vgl. Anlage 7: "Die unternehmerische Entscheidung über die Inanspruchnahme des Leasing..."; Anlage 8 (Internetauftritt der Anmelderin): "Nutzen ohne zu kaufen -mehr Spielraum durch Leasing... Treffen Sie eine wohlüberlegte unternehmerische Entscheidung...".). Im Versicherungswesen kann die Marke ausdrücken, dass der Abschluss einer bestimmten Versicherung das Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung ist. Gleiches gilt für das Immobilienwesen, bei dem die Entscheidung für die Inanspruchnahme einer entsprechenden Dienstleistung das Ergebnis der unternehmerischen Entscheidung sein kann (vgl. Anlagenkonvolut 9: "Immobilien sind eine klare, auf Zukunft ausgerichtete unternehmerische Entscheidung"). Zudem kann die Wortfolge auch ausdrücken, dass die gewählte Dienstleistung die beste unternehmerische Entscheidung ist, da der Artikel "die" in der Wortfolge auch als Demonstrativpronomen zur Hervorhebung des besonderen Stellenwerts der jeweiligen Entscheidung verstanden werden kann.
Für die Herstellung einer entsprechenden Verbindung zwischen dem Zeichen und den begehrten Dienstleistungen bedarf es auch keiner besonderen analysierenden Betrachtungsweise. Vielmehr zeigen die beigefügten Anlagen aus der Internetrecherche des Senates, dass die Verwendung der begehrten Wortfolge in den Bereichen des Finanz-, Immobilien-, Versicherungsund Bauwesens -entgegen der Darstellung der Anmelderin -durchaus üblich und gebräuchlich ist, um auszudrücken, dass eine bestimmte Maßnahme das Ergebnis einer Auswahlentscheidung ist, die im Interesse des Unternehmens erfolgt ist.
Auf Grund dessen ist davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den begehrten Dienstleistungen nicht als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen auffassen wird, so dass ihr die Unterscheidungseignung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Bender Kätker Dr. Hoppe Cl
BPatG:
Beschluss v. 02.11.2010
Az: 33 W (pat) 39/09
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