Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Dezember 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 26/05

(BPatG: Beschluss v. 06.12.2005, Az.: 27 W (pat) 26/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 14. Dezember 2004 die Anmeldung der Wortmarke NUEVO für Klasse 25 : Bekleidungsstücke, einschließlich gewirkter und gestrickter Bekleidungsstücke, Stiefel, Schuhe und Hausschuhegemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Marke für die in Anspruch genommenen Waren freihaltebedürftig sei. Bei dem angemeldeten Markenwort "NUEVO", das der spanischen Sprache entstamme, "neu" bedeute und aufgrund der etymologischen Nähe zu diesem deutschen Wort vom Verkehr auch zutreffend verstanden werde, handele es sich um eine unmittelbar beschreibende Sachangabe in Bezug auf die Beschaffenheit und Qualität der in Anspruch genommenen Waren. Da auch die Konkurrenten der Anmelderin, die ebenfalls Produkte auf dem Warengebiet der Bekleidung und der Schuhwaren herstellten und anböten, deren Beschaffenheit mit dem Ausdruck "NUEVO" beschreiben können müssten, stehe der Monopolisierung des angemeldeten Begriffs ein Freihaltebedürfnis entgegen. Dies gelte insbesondere unter dem Gesichtspunkt des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, welcher auch im Bereich der Mode und Bekleidung zunehmend in Erscheinung trete. Es sei auch ein bestehendes Bedürfnis der Mitbewerber anzuerkennen, einen fremdsprachigen Sachhinweis sowohl im Im- als auch im Export sowie - wegen der Üblichkeit mehrsprachiger Sachhinweise auf Waren, Ankündigungen und dergleichen - beim inländischen Absatz der Waren zu verwenden. Auch der Hinweis der Anmelderin auf die Eintragung der Marke "NUEVO MONDO" vermöge eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen, da sich dieses Markenwort als Gesamtbegriff maßgeblich von dem hier angemeldeten Markenwort unterscheide. Ob darüber hinaus auch der Versagungsgrund der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingreife, könne dahingestellt bleiben.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Zur Begründung führt sie aus, dem angemeldeten Zeichen fehle nicht die erforderliche Unterscheidungskraft, weil die angesprochenen Verkehrskreise das spanische Wort "nuevo" weder kennten noch aufgrund der etymologischen Verwandtschaft zu "neu" von diesem Wort ableiten könnten. Das angemeldete Markenwort sei auch nicht freihaltebedürftig. Es lägen keinerlei Hinweise darauf vor, dass es in der Bekleidungsbranche benötigt werde. Der Begriff "nuevo" sage nicht mehr als das deutsche Wort "neu", das das Gegenteil von "alt" oder "gebraucht" meine. Einer Bezeichnung von Bekleidung als "neu" oder "gebraucht" bedürfe es aber nicht, weil die Ware grundsätzlich neu sei und für Gebrauchtware andere Vertriebskanäle benutzt würden, so dass eine Verwechslung zwischen Neu- und Gebrauchtware kaum denkbar sei. Auch neue Kollektionen würden in der Bekleidungsbranche nicht einfach nur als "neu" oder "alt" bezeichnet, sondern zumeist mit der Angabe der Jahreszeit, in der man das jeweilige Kleidungsstück tragen solle, und dem jeweiligen Jahr.

Wegen des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Es kann dahinstehen, ob der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehlt und die Eintragung deswegen zu versagen wäre, denn der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren steht das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Nach dieser Vorschrift sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 - Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 - BIOMILD; BGH GRUR 2000, 211, 212 - FÜNFER; Ströbele, Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rn. 367).

Die Voraussetzungen des Eintragungsverbots sind vorliegend erfüllt. Das Markenwort "NUEVO" ist ein fremdsprachiger (spanischer) Begriff, der zwar zur Beschreibung von Wareneigenschaften im maßgeblichen deutschen Verkehr weithin ungeeignet sein dürfte, weil seine entsprechende Bedeutung in den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen wohl nicht - jedenfalls nicht überwiegend - verstanden wird. Jedoch findet nach der Rechtsprechung im Rahmen des Freihaltebedürfnisses auch ein bestehendes oder zukünftiges Bedürfnis der Mitbewerber, einen fremdsprachigen, dem deutschen Verkehr nicht geläufigen Sachhinweis sowohl im Im- und Export sowie - wegen der Üblichkeit mehrsprachiger Sachhinweise auf Waren, Ankündigungen und dergleichen - beim inländischen Absatz der Ware zu verwenden, Anerkennung (vgl. BGH GRUR 1989, 421, 422 - Conductor; BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; GRUR 1994, 370, 371 - RIGIDITE II). So liegt der Fall auch hier. Der Begriff "nuevo" ist nicht nur in einem allgemeinen Sinn zur Beschreibung der hier in Anspruch genommenen Bekleidungsstücke und Schuhwaren geeignet, sondern wird zur Beschreibung im Rahmen von Im- und Exportgeschäften betreffend Bekleidungsstücke und Schuhwaren im Rahmen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, insbesondere im Online-Handel, nicht nur bereits gegenwärtig, sondern zukünftig sogar verstärkt benötigt. Soweit die Anmelderin ausführt, dass neue und gebrauchte Bekleidungsstücke und Schuhe über jeweils andere Vertriebskanäle gehandelt würden, das angemeldete Markenwort "nuevo" aber eine selbstverständliche Eigenschaft ihrer Bekleidungstücke und Schuhe beschreibe und das Markenwort daher für Mitbewerber, die gebrauchte Bekleidungstücke und Schuhe handelten, mangels praktischer Relevanz nicht freihaltungsbedürftig sei, rechtfertigt dies im Ergebnis keine andere Entscheidung. Die Vertriebskanäle für Neu- und Gebrauchtwaren sind im Bereich der Bekleidung und Schuhwaren weder als weit von einander entfernt noch gar als völlig getrennt anzusehen, wie die Anmelderin meint. Letzteres mag zwar im klassischen Bereich des Verkaufs über den Ladentisch nach wie vor zutreffen. Anderes gilt aber unter Berücksichtigung des Angebotsmarktes für diese Waren in Internetforen und Handelsplattformen wie z.B. E-Bay. Bekanntlich werden dort nicht nur neue, sondern auch gebrauchte Waren der Klasse 25 angeboten, und zwar nicht nur von Privatleuten, sondern auch von gewerblichen Konkurrenten der Anmelderin, die die Versendung der angebotenen Waren auch in das Ausland vornehmen. Diese Waren werden zur besseren Beschreibung des Zustands der Waren entweder mit "neu" oder "gebraucht" beschrieben. Dabei sind ohne Weiteres auch Angebote für Neuwaren der Klasse 25 zu finden, die im Hinblick auf die Ansprache eines internationalen Abnehmerkreises im Internet mit den Worten "neu, new, nouveau, nuevo, nuovo", also in den Welthandelssprachen deutsch, englisch, französisch, spanisch und italienisch (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., Rn. 375), beschrieben sind. Da generell mit einer nachhaltigen Ausweitung des internationalen Online-Handels, also auch des Handels mit Bekleidungsstücken und Schuhen zu rechnen ist, ist auch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis an dem angemeldeten Markenwort "NUEVO" zu bejahen.

Hinzu kommt, dass den Konkurrenten der Anmelderin vorbehalten sein muss, ihre jeweiligen Kollektionen - ungeachtet der Tatsache, dass diese bei zweimaligem Wechsel häufig mit "Frühjahr/Sommer-" bzw. "Herbst/Winter-Kollektion" bezeichnet werden - gegenüber internationalem Publikum mit dem Wort "nuevo" zu bewerben. Angesichts des schützenswerten Interesses Dritter, das angemeldete Markenwort auch für ihre Waren zu verwenden, erlaubt es die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, das angemeldete Zeichen durch seine Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten und es damit zu monopolisieren.

Die von der Anmelderin vorgetragene anderweitige Eintragung von Gemeinschaftsmarken mit dem Bestandteil "NUEVO" rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auf die Beantwortung der Frage, ob der Eintragung eines Zeichens ein absolutes Schutzhindernis entgegensteht, hat es im Allgemeinen keinen Einfluss, dass ein ähnliches Zeichen in einem anderen Mitgliedstaat eingetragen worden ist (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 Tz. 43 f. - Postkantoor). Besonderheiten, die vorliegend eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die von der Anmelderin vorgetragen anderweitigen Marken stellen zudem allesamt Wortverbindungen unter Verwendung des Begriffs "nuevo" dar, so dass es sich nicht um "ähnliche" Zeichen handelt, sondern um Gesamtbegriffe, die anderen Beurteilungskriterien unterliegen als das vorliegende Markenwort.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil vorliegend weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Entscheidung ist vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ergangen.

Dr. Albrecht Schwarz Prietzel-Funk WA






BPatG:
Beschluss v. 06.12.2005
Az: 27 W (pat) 26/05


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