Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. November 2008
Aktenzeichen: NotZ 18/08
(BGH: Beschluss v. 17.11.2008, Az.: NotZ 18/08)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. August 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstands: 50.000 €
Gründe
I.
Der Antragsteller bewarb sich mit sieben anderen Rechtsanwälten um eine im Justizministerialblatt für Hessen vom 1. Juli 2007 (JMBl. S. 454) ausgeschriebene Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk Bensheim. Das Auswahlverfahren wurde gemäß Abschnitt A II des durch Runderlass vom 10. August 2004 (JMBl. S. 323) geänderten Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung (AVNot) vom 25. Februar 1999 (JMBl. S. 222) durchgeführt.
Für den Antragsteller wurde eine Gesamtpunktzahl von 144,80 Punkten ermittelt. Der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 10. März 2008 mit, dass er beabsichtige, die Stelle dem mit 148,75 Punkten bewerteten Rechtsanwalt Dr. M. zu übertragen.
Dagegen hat der Antragsteller, der geltend macht, dass ihm für den Vertretungszeitraum vom 13. bis 31. August 2005 fehlerhaft nur 147 statt der tatsächlich vollzogenen 173 Urkundsgeschäfte angerechnet wurden, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren, ihm die ausgeschriebene Notarstelle zu übertragen, weiterverfolgt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, aber in der Sache unbegründet. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erweist sich als rechtsfehlerfrei.
1. Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Senats bestehen auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April (BVerfGE 110, 304) und 8. Oktober 2004 (NJW 2005, 50) keine Bedenken dagegen, dass der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main seine Auswahlentscheidung auf der Grundlage des in Abschnitt A II AVNot näher geregelten Punktesystems getroffen hat (siehe nur Senatsbeschluss vom 20. November 2006 - NotZ 15/06 - NJW 2007, 1283, 1284 ff Rn. 13 ff). Der Antragsteller erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist es nicht zu beanstanden, dass der Präsident des Oberlandesgerichts ihm für den Vertretungszeitraum vom 13. bis zum 31. August 2005 nur die von dem vertretenen Notar in der Bescheinigung vom 4. August 2007 bestätigten 147 Urkundsgeschäfte angerechnet hat. Dass der Antragsteller in diesem Zeitraum tatsächlich 173 Urkundsgeschäfte getätigt hatte, ist dagegen ohne Belang. Denn § 6b Abs. 4 Satz 1 BNotO verlangt nicht nur die fristgemäße Erbringung, sondern setzt auch den rechtzeitigen Nachweis der fachlichen Leistung voraus. Als ein solcher Nachweis kam, wie das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat, die vom Antragsteller mit Schreiben vom 7. August 2007 abgegebene "ergänzende Erklärung", aus der entnommen werden kann, dass in dem fraglichen Vertretungszeitraum mehr Urkunden gefertigt wurden, nicht in Betracht. Eine solche "Eigenbescheinigung" ist, wie sich aus A II Nr. 3 Buchst. d AVNot eindeutig ergibt, kein tauglicher Nachweis (vgl. nur Senatsbeschluss vom 20. November 2006 aaO Rn. 33). Im Übrigen war auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Erklärung des Antragstellers für die Justizverwaltung nicht ohne weiteres erkennbar, dass die Bescheinigung des Notars offensichtlich unrichtig war (offenkundiger Schreibfehler wie "Zahlendreher" oder ähnliches).
3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 6b Abs. 3 Satz 1 BNotO kam vorliegend von vornherein nicht in Frage. Der Antragsteller durfte, anders als bei der der Senatsentscheidung vom 20. November 2006 zugrunde liegenden Fallkonstellation, nicht darauf vertrauen, dass der Präsident des Oberlandesgerichts seine Eigenbescheinigung als ausreichenden Nachweis ansehen würde. Darüber hinaus ist weder ersichtlich noch dargetan, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Der Antragsteller war gehalten, bei Abgabe seiner Bewerbung die vorzulegenden Nachweise auf Vollständigkeit und, soweit möglich, auf inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Eine solche Nachprüfung war insbesondere hinsichtlich der Bestätigung des vertretenen Notars geboten, da in dieser Bescheinigung hinsichtlich der jeweiligen Vertretungszeiträume nur die absolute Zahl der berücksichtigungsfähigen Urkundsgeschäfte angegeben war, und somit durch jede unrichtige Zahlenangabe die Tauglichkeit des Nachweises in Frage gestellt war.
Bei einem Abgleich der in der Notarbescheinigung enthaltenen Urkundszahlen mit der vorgelegten "Eigenbescheinigung" hätte dem Antragsteller auffallen müssen, dass für den fraglichen Zeitraum deutlich weniger Urkundsgeschäfte bestätigt worden waren, als er tatsächlich vollzogen hatte. Er hätte sodann ohne weiteres veranlassen können, dass der Notar, mit dem er zusammen in einer Sozietät verbunden war und ist, seine Bestätigung rechtzeitig korrigiert.
4. Daraus, dass der Präsident des Oberlandesgerichts den Antragsteller lange nach Ablauf der Bewerbungsfrist mit Schreiben vom 21. Februar 2008 um "möglichst kurzfristige Aufklärung" des zwischen der Notarbescheinigung und seiner eigenen Erklärung bestehenden Widerspruchs gebeten hat, kann der Antragsteller nichts Günstiges für sich herleiten. Da sich der Widerspruch anhand der vorliegenden Unterlagen nicht evident aufklären ließ, sondern es hierzu eines zusätzlichen besonderen Nachweises bedurfte, hätte der Präsident des Oberlandesgerichts, da wie ausgeführt die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlagen, auch eine innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens vom 21. Februar 2008 vorgelegte "nachgebesserte" Notarbestätigung nicht - zum Nachteil der anderen Mitbewerber - berücksichtigen dürfen.
5. Selbst wenn man dies, wie es das Oberlandesgericht getan hat, anders sehen wollte, wäre jedenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 6b Abs. 3 Satz 2 BNotO zu versagen gewesen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Präsident des Oberlandesgerichts habe ihn durch seine nach Entdeckung der Unstimmigkeit zwischen Notarbestätigung und Eigenbescheinigung gewählte Verfahrensweise "bewusst davon abgehalten, einen Wiedereinsetzungsantrag überhaupt zu stellen", vermag der Senat nicht zu teilen.
Schlick Galke Herrmann Doye Eule Vorinstanz:
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 12.08.2008 - 1 Not 4/08 -
BGH:
Beschluss v. 17.11.2008
Az: NotZ 18/08
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