Landessozialgericht der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil vom 2. Mai 2007
Aktenzeichen: L 9 KR 74/04
(LSG der Länder Berlin und Brandenburg: Urteil v. 02.05.2007, Az.: L 9 KR 74/04)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil desSozialgerichts Berlin vom 22. März 2004 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. August 1998 in der Fassungder Änderungsbescheide vom 18. April und 22. Mai 2001 in derGestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2001 wirdaufgehoben, soweit hinsichtlich des Beigeladenen zu 13) Beiträgefür die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1996 sowie fürdie Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Dezember 1997 gefordertwerden und soweit die Beitragsforderung hinsichtlich desBeigeladenen zu 13) für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31.Juli 1997 auf einem Beschäftigungsentgelt des Beigeladenen zu 13)von mehr als 3.000,00 DM monatlich beruht.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtlicheKosten des gesamten Verfahrens hinsichtlich des Beigeladenen zu 13)in vollem Umfang zu erstatten.
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Betriebsprüfungsbescheid, durch den u. a. für den Beigeladenen zu 13) Beiträge zur Sozialversicherung nachgefordert wurden. Die Klägerin ist ein privates Radiounternehmen und betreibt seit Anfang der 90er Jahre in Berlin einen Hörfunksender, der im Wesentlichen aus Werbeeinnahmen finanziert wird und sich mit seinem Programm überwiegend an Jugendliche und junge Erwachsene als Zuhörerinnen und Zuhörer richtet. Insbesondere auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum der Jahre 1993 bis 1997 setzte die Klägerin zahlreiche Rundfunksprecher und Nachrichtenredakteure ein, die sie selbst als freie Mitarbeiter einstufte. Zu diesen gehörte auch der Beigeladene zu 13).
Der Beigeladene zu 13) moderierte aufgrund mündlicher Vereinbarung am 12. November 1991 als Rundfunksprecher seine erste Radiosendung für die Klägerin. Schriftliche Verträge über seine Tätigkeit als Moderator wurden zu keinem Zeitpunkt geschlossen, diese Tätigkeit blieb in der Zeit von November 1991 bis Juli 1997 im Wesentlichen gleich. Bei dem Beigeladenen handelte es sich um einen so genannten Springer, der keine so genannte feste Moderationsschiene besaß, sondern dann einsprang, wenn andere Moderatoren nicht eingesetzt werden konnten oder wollten. Er wurde vor jedem Einsatz von den zuständigen Programmkoordinatoren angerufen und sagte in der Regel auch keine Moderation ab. Er hätte nach eigenen Angaben jedoch folgenlos auch eine solche Absage aussprechen können. Die Intensität der Einsätze schwankte, es konnte aber auch vorkommen, dass an jedem Tag einer Woche ein solcher Einsatz stattfand.
In den Radiosendungen wurde überwiegend Musik ausgestrahlt. Die Auswahl der Musiktitel oblag der Musikredaktion, der Beigeladene konnte lediglich Vorschläge einreichen. Er sprach die Wortbeiträge nach eigenem Gutdünken, hierbei unterlag er weitgehend keinen Weisungen seitens der Klägerin. Er war jedoch gehalten, Hinweise insbesondere auf Sponsoren einzubringen. Die Serviceinformationen wie der Wetterbericht oder die Verkehrshinweise wurden ebenfalls von dem Beigeladenen selbst formuliert.
Es fanden in unregelmäßiger Folge Besprechungen der Klägerin u. a. mit dem Beigeladenen zu 13) und anderen Radiosprechern statt, an denen der Beigeladene überwiegend teilnahm. Bei einigen dieser Veranstaltungen wurden auch Ausschnitte aus Sendungen vorgespielt und kommentiert. Eine Pflicht zur Teilnahme an diesen Veranstaltungen bestand nicht, allerdings nahm der Beigeladene überwiegend hieran teil, um Interesse an der Arbeit zu dokumentieren. Gleiches galt für so genannte Airchecks, die der Beigeladene gemeinsam mit einem Programmkoordinator in den Studioräumlichkeiten der Klägerin durchführte.
Ab dem 1. Januar 1997 oblag dem Beigeladenen zu 13) vorrangig die Planung, Vorbereitung und Durchführung der sogenannten €On-Air-Promotion€. Dabei handelte es sich um Maßnahmen, die der Eigenwerbung der Klägerin dienen sollten, wie etwa Gewinn- oder Ratespielen. Hierzu schlossen der Beigeladene und die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1997 folgende schriftliche Vereinbarungen ab:
Vertrag über freie MitarbeitZwischen der Firma, vertreten durch den Geschäftsführer,,, (nachfolgend €die Firma€ genannt)und ..., wohnhaft ... (nachfolgend €der Vertragspartner€ genannt),wird folgender Vertrag geschlossen:§ 1 Vertragsgegenstand1. Der Vertragspartner wird während der Laufzeit dieses Vertrages als freier Mitarbeiter für die Firma Werkleistungen erbringen, die in diesem Vertrag vereinbart sind oder ihm von der Firma gemäß den Bedingungen dieses Vertrages gesondert in Auftrag gegeben werden. Dazu gehört insbesondereOn-Air-Promotion-Tätigkeiten2. Der Vertragspartner wird für die Erbringung der vorstehend genannten Werkleistungen die ihm geeignet erscheinenden Maßnahmen ergreifen.§ 2 InformationsmaterialDie Firma wird dem Vertragspartner das für die Erfüllung seiner Werkleistung nach diesem Vertrag erforderliche Informationsmaterial zur Verfügung stellen. Soweit der Vertragspartner diese Materialien und Unterlagen nicht im Rahmen seiner freien Mitarbeit verbraucht, wird er sie gegen Einsichtnahme Dritter geschützt aufbewahren und auf Anforderung der Firma jederzeit, jedoch spätestens bei Beendigung dieses Vertrages, zurückgeben.§ 3 Vertragsdauer1. Dieser Vertrag wird für eine Dauer vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 abgeschlossen und endet zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf.2. Während der Vertragsdauer kann dieser Vertrag von jeder Partei mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats schriftlich gekündigt werden.3. Sofern der Vertragspartner aufgrund von Krankheit oder Unfall oder sonstigen Fällen höherer Gewalt die Werkleistungen nach diesem Vertrag nicht erbringen kann, werden sich die Parteien schnellstmöglich um Abhilfe bemühen. Falls eine solche Abhilfe aufgrund des Fortbestehens der höheren Gewalt nicht innerhalb von 60 (sechzig) Tagen geschaffen werden kann, ist die Firma berechtigt, diesen Vertrag fristlos zu kündigen.§ 4 Honorar1. Als Entgelt für die von dem Vertragspartner gemäß diesem Vertrag erbrachten Werkleistungen gemäß § Ziffer 1. a) sowie die Rechtsübertragung gemäß § 8 dieses Vertrages zahlt die Firma an den Vertragspartner ein monatliches Pauschalhonorar vonDM 3.000,-- (in Worten DM dreitausend)das jeweils zum Ende eines Kalendermonats fällig wird. Soweit der Vertragspartner umsatzsteuerpflichtig ist, versteht sich dieser Betrag zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.2. Der Vertragspartner verpflichtet sich, einen aktuellen Nachweis über die Umsatzsteuerpflicht (Bescheinigung des Finanzamtes, Steuerbescheid) innerhalb von einer Woche nach Vertragsbeginn vorzulegen.§ 5 Versteuerung1. Zwischen dem Vertragspartner und der Firma besteht Einverständnis darüber, dass die nach diesem Vertrag zu erbringenden Werkleistungen kein Arbeitsverhältnis zu der Firma begründen. Der Vertragspartner wird demgemäß die Versteuerung sämtlicher aufgrund dieses Vertrages von der Firma an ihn geleisteten Zahlungen sowie alle sonstigen insoweit zu leistenden öffentlichen und sonstigen Abgaben und Beiträgen selbst übernehmen.2. Der Vertragspartner legt eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Veranlagung zu Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer innerhalb von einer Woche nach Vertragsbeginn vor.§ 6 GeheimhaltungDer Vertragspartner wird über alle geschäftlichen Absichten und Vorgänge der Firma, von denen er durch seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter gemäß diesem Vertrag Kenntnis erhält, allen Personen außerhalb der Firma gegenüber Verschwiegenheit bewahren. Sollte der Vertragspartner diese Verpflichtung verletzen, hat die Firma das Recht, diesen Vertrag fristlos zu kündigen, wobei es der Firma vorbehalten bleibt, den Vertragspartner für der Firma etwa entstandene Schäden in Anspruch zu nehmen.§ 7 WettbewerbsverbotDer Vertragspartner wird während der Dauer dieses Vertrages für keinen Dritten Tätigkeiten ausführen oder Leistungen erbringen, die den Vertragsgegenstand gemäß § 1 dieses Vertrages berühren.§ 8 RechtsübertragungDer Vertragspartner überträgt hiermit der Firma die in der Anlage zu diesem Vertrag genannten Nutzungs- und Verwertungsrechte. Die Anlage ist Bestandteil dieses Vertrages.§ 9 SchriftlichkeitMündliche Nebenabsprachen bestehen nicht. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.§ 10 Gerichtsstand Für alle Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung ist Gerichtsstand Berlin.§ 11. Salvatorische KlauselDie Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages berührt nicht die Wirksamkeit der übrigen Regelungen dieses Vertrages.Berlin, den 1. Januar 1997DW HH Für die...Anlage zum Vertrag über die freie Mitarbeitzu§ 8 Rechtseinräumung1. Mit dem Abschluss des Vertrages räumt der Vertragspartner der Firma die ausschließlichen, zeitlich, räumlichen und inhaltlich uneingeschränkten Rechte ein, die in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis erworbenen Urheberrechte und verwandten Schutzrechte im Sinn de Urhebergesetzes für Zwecke des Rundfunks ganz oder teilweise im In- und Ausland beliebig oft zu nutzen und die unter Benutzung seiner Leistung erfolgte Sendung oder hergestellte Produktion ganz oder teilweise im In- und Ausland beliebig oft zu verwerten.2. Von Ziff. 1 nicht erfasst und dem Vertragspartner vorbehalten bleiben dessen von urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften wahrgenommene Zweitwiedergaberechte und Vergütungsansprüche nach §§ 21, 22, 27, 54 sowie § 76 Abs. 2 und § 77 UrhG unter Ausnahme der der Firma eingeräumten Rechte zum Mitschnitt von Rundfunksendungen.3. Mit Abschluss des Vertrages versichert der Vertragspartner, dass die der Firma weder ganz noch teilweise einem Dritten übertragen, eingeräumt oder mit Rechten eines Dritten belastet sind und kein Dritter mit ihrer Wahrnehmung beauftragt ist.4. Die Firma ist berechtigt, die ihr vom Vertragspartner eingeräumten Rechte ganz oder teilweise an Dritte zu übertragen oder diesen Nutzungsrechte einzuräumen. Die Firma ist darüber hinaus berechtigt, diese Rechte in Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen einzubringen und die Rechte zur Auswertung auch dieser Produktionen auf Dritte zu übertragen.5. Die Einräumung sämtliche vorgenannter Rechte sind durch das vereinbarte Honorar abgegolten, soweit die Einzelvereinbarung nicht besonders gekennzeichnet ist.Berlin, den 1. Januar 1997DWHHDas vorstehende Vertragsverhältnis kündigte die Klägerin mit Wirkung zum 31. Juli 1997. Danach wurde der Beigeladene zu 13) wieder in größerem Umfang als Moderator für die Klägerin in der oben genannten Weise tätig. In der Zeit von November 1998 bis zum 31. Mai 2002 war der Beigeladene zu 13) als Rundfunksprecher bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Ein ähnliches Beschäftigungsverhältnis besteht inzwischen bei einem anderen Radiosender.
Im Jahre 1998 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Dabei gelangte sie zu der Einschätzung, u. a. der Beigeladene zu 13) sei jedenfalls in den Jahren 1993 bis 1997 bei der Klägerin abhängig beschäftigt worden. Mit Bescheid vom 20. August 1998 stellte die Beklagte hinsichtlich des Beigeladenen zu 13) Versicherungspflicht in der Sozialversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1997 fest und forderte u. a. für diesen Beigeladenen Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung in Höhe von umgerechnet 62.098,54 € nach. Nach Einlegung des Widerspruchs half die Beklagte mit Bescheiden vom 18. April und vom 22. Mai 2001 den Widersprüchen der Klägerin hinsichtlich anderer Rundfunksprecher teilweise ab und wies, auch soweit der Beigeladene zu 13) betroffen war, den Widerspruch im Übrigen durch Widerspruchsbescheid vom 16. August 2001 mit der Begründung zurück, u. a. der Beigeladene zu 13) sei im streitbefangenen Zeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 22. März 2004 die angefochtenen Bescheide u. a. hinsichtlich des Beigeladenen zu 13) aufgehoben: Der Beigeladene sei bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt worden. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen habe es sich um eine programmgestaltende Tätigkeit gehandelt, die sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch im Rahmen von freien Mitarbeiterverhältnissen erbracht werden könne. Der Beigeladene habe in den von ihm moderierten Sendungen jeweilige musikalische Fachkenntnisse eingebracht. In den Wortbeiträgen sei die verbale Ausdrucksfähigkeit zur Geltung gekommen. Es habe sich um schöpferische Leistungen gehandelt, die maßgeblich von der Person des Moderators geprägt wurden. Eine ständige Dienstbereitschaft habe nicht bestehen müssen, es seien auch keine Dienstpläne im Sinne der höchstrichterlichen Rechtssprechung begründet worden. Bestehende Organisationspläne stünden der Annahme eines freien Mitarbeiterverhältnisses nicht entgegen. Der Beigeladene sei auch rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen, Aufträge abzulehnen. Auch inhaltlich habe er weit reichende Gestaltungsfreiheit besessen.
Gegen dieses ihr am 8. April 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. April 2004 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie macht geltend, entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 13) gegenüber der Klägerin bestanden. Er habe keine wirkliche Befugnis zur Programmgestaltung besessen und sei auch ansonsten in die betriebliche Organisation der Klägerin umfassend eingebunden worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, die Sitzungsniederschriften zu den Terminen zur Erörterung des Sachverhalts mit dem Berichterstatter vom 24. November 2006 und vom 16. Februar 2007 sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war nur insoweit zu ändern, als es die Beitragsentrichtung für den Beigeladenen zu 13) in der Zeit von Januar bis Juli 1997 im Rahmen seiner Tätigkeit für die On-Air-Promotion mit einem monatlichen Entgelt von 3.000 DM betraf. In diesem Umfang hätte das Sozialgericht die Klage abweisen müssen, weil insoweit die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind.
1. Maßgeblich für die Beurteilung der hier streitigen Fragen sind § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches hinsichtlich der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie § 20 Abs. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches hinsichtlich der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Diese Vorschriften setzen jeweils ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches voraus. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Ein Beschäftigungsverhältnis im vorgenannten Sinne ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Diese persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Dieses Weisungsrecht kann zwar € vornehmlich bei Diensten höherer Art € eingeschränkt und zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein, darf aber nicht vollständig entfallen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben Letztere den Ausschlag (ständige Rechtssprechung; vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG SozR 3 € 2400 § 7 Nr. 13, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Senat auf der Grundlage der Gesamtumstände des Falles zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 13) lediglich in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Juli 1997 und auch nur hinsichtlich eines monatlichen Entgelts von 3.000 DM bei der Klägerin abhängig beschäftig gewesen ist.
Maßgeblich für diese Beurteilung ist insbesondere der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 13) vom 1. Januar 1997. Dieser Vertrag regelt € auch wenn er als €Vertrag über freie Mitarbeit€ übertitelt ist € der Sache nach eine abhängige Beschäftigung. Dies zeigt sich bereits an der Honorarregelung in § 4 Nr. 1 des Vertrages, in der dem Beigeladenen - unabhängig von den von ihm tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen € ein monatliches Pauschalhonorar von 3.000 DM zugestanden wird, wie es für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich, für selbständige Tätigkeiten hingegen in hohem Maße unüblich ist. Dieses Pauschalhonorar stellte sich hierdurch nicht als konkrete Gegenleistung für einzelne Tätigkeiten des Beigeladenen dar, sondern entsprach einem Monatsgehalt eines fest angestellten Arbeitnehmers.
Ebenfalls sehr deutlich für eine Arbeitnehmereigenschaft des Beigeladenen sprechen die Regelungen in § 3 Nr. 3. des Vertrages. Diese regelten € wenn auch in eher indirekt gewählten Formulierungen € eine für abhängige Beschäftigungen typische, für selbständige Tätigkeiten hingegen gänzlich untypische Entgeltzahlung im Krankheitsfall. Denn indirekt wird mit den dort gewählten Formulierungen zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin dem Beigeladenen im Krankheitsfalle zunächst für mindestens sechzig Tage eine Entgeltzahlung für den Krankheitsfall schuldete. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes war sie gegebenenfalls zur Vertragskündigung berechtigt. Die Formulierung, die Vertragsparteien würden sich auch vorher schon schnellstmöglich um Abhilfe bemühen, stellen bloße Absichtsbekundungen dar, die keine konkrete Rechtsfolge auslösen, insbesondere nicht den Entgeltfortzahlungsanspruch des Beigeladenen beeinträchtigen sollten. Derart weitgehende, typischerweise dem sozialen Schutz eines abhängig Beschäftigten dienenden Vertragsbestimmungen stehen nachhaltig der Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen entgegen.
Eine selbständige Tätigkeit war auch nicht dadurch begründet, dass in § 5 des Vertrages der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses verneint und dem Beigeladenen eine Pflicht zur eigenen Versteuerung seiner Einnahmen auferlegt wird, denn hierdurch wollten die Vertragsparteien lediglich arbeits- und steuerrechtliche Folgen eines Beschäftigungsverhältnisses ausschließen, ohne dass sie dem Vertragsinhalt selbst hierdurch ein anderes Gepräge als vorstehend festgestellt verleihen wollten. Ebenfalls fällt nicht nennenswert ins Gewicht, dass der Vertragstext nicht ausdrücklich ein Direktionsrecht der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen regelte, denn die Art der Tätigkeit des Beigeladenen brachte es ohnehin mit sich, dass dieser die ihm aufgegebene On-Air-Promotion weitreichend selbständig erarbeitete, das Direktionsrecht der Klägerin mithin bereits aufgrund des Inhalts der Tätigkeit weitgehend verfeinert war, ohne dass hierdurch ein Direktionsrecht an sich in Frage gestellt wurde.
Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass der Vertrag durch die Klägerin und den Beigeladenen auch tatsächlich umgesetzt wurde. Auch in den tatsächlichen Verhältnissen liegen keine Anhaltspunkte begründet, die die Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen im Rahmen der On-Air-Promotion als abhängige Beschäftigung erschüttern könnten.
2. Im Übrigen jedoch war die Berufung zurückzuweisen, denn insoweit hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Für die Zeiträume außerhalb der Monate Januar bis Juli 1997 sowie für die Entgelte oberhalb von 3.000 DM monatlich in den Monaten Januar bis Juli 1997 fehlt es zur Überzeugung des Senats an einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 13) bei der Klägerin.
Die hier zu beurteilende Tätigkeit des Beigeladenen als Moderator unterscheidet sich wesentlich von seiner Beschäftigung im Rahmen der On-Air-Promotion. Zunächst fehlt es für die gesamte Moderatorentätigkeit des Beigeladenen in sämtlichen hier streitbefangenen Zeiträumen an schriftlichen Vereinbarungen, aus denen sich Schlüsse für die Einstufung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ziehen lassen könnten. Auch der genaue Inhalt mündlicher oder schlüssiger Vereinbarungen hat sich insoweit nicht näher feststellen lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat seiner Bewertung der Tätigkeiten des Beigeladenen als Moderator ausschließlich aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse vornehmen können.
Diese haben zu der Einschätzung geführt, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Moderator nicht bei der Klägerin abhängig beschäftigt war. So war er zunächst bereits deswegen nicht in deren Betrieb eingegliedert, weil er stets als so genannter Springer eingesetzt wurde und nicht über feste Programmplätze verfügte. Dienstpläne im rechtserheblichen Sinne bestanden gleichfalls nicht, es wurden lediglich kurzfristige Organisationspläne erstellt, aus denen die Abfolge der verschiedenen Moderationen ersichtlich war. Es hat sich auch nicht feststellen lassen, dass der Beigeladene tatsächlich oder gar rechtlich an zeitliche Vorgaben für Moderationseinsätze zwingend gebunden war, denn er hat überzeugend und unwiderlegt vorgetragen, dass er Moderationseinsätze auch hätte ablehnen können und gelegentlich hiervon auch sank-tionslos Gebrauch gemacht habe. Auch in der programmatisch-inhaltlichen Gestaltung seiner Moderationen war der Beigeladene nicht einem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen. Zwar griff er absprachegemäß hinsichtlich der Musiktitel und der Nachrichten auf vorgefertigte bzw. vorab ausgewählte Sendetitel zurück, doch in der Gestaltung der eigentlichen Moderation war der Beigeladene gänzlich frei. Dabei spielt es € entgegen der Auffassung der Beklagten € keine Rolle, ob der Beigeladene anspruchsvolle journalistisch-publizistische Beiträge erstellte oder lediglich in unterhaltender Form moderierte, denn die inhaltliche Einordnung der Moderationsleistungen des Beigeladenen ist für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung seiner Tätigkeit nicht von wesentlicher Bedeutung.
Auch ansonsten lässt sich keine persönlich-soziale Abhängigkeit des Beigeladenen von der Klägerin feststellen, soweit seine Tätigkeit als Moderator betroffen ist. Er war nicht verpflichtet, an Besprechungen, Schulungen, Fortbildungen oder Ähnlichem teilzunehmen und unterlag auch sonst keinen feststellbaren Einbindungen in die betriebliche Organisation der Klägerin. Soweit er freiwillig an Besprechungen oder Air Checks teilgenommen hat, begründet sich hierauf keine betriebliche Einbindung des Beigeladenen. Dass der Beigeladene im Anschluss an seine freiberufliche Tätigkeit für die Klägerin ein Arbeitsverhältnis mit dieser begründet hat, lässt gleichfalls keine Rückschlüsse auf die davor liegende Tätigkeit als freier Mitarbeiter zu.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt im Wesentlichen dem Ergebnis in der Hauptsache; das vergleichsweise geringe Obsiegen der Beklagten hat der Senat für die Kostenentscheidung als nicht erheblich betrachtet.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
LSG der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil v. 02.05.2007
Az: L 9 KR 74/04
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