Landgericht Kleve:
Urteil vom 10. Juni 2008
Aktenzeichen: 3 O 202/08

(LG Kleve: Urteil v. 10.06.2008, Az.: 3 O 202/08)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 07.05.2008 zur Bestellung von Herrn Rechtsanwalt xx als neuen Vorstandsvor-sitzenden des Vereins yy und Herrn vv als Stellvertreter und Herr bb als Kassenwart nichtig bzw. hilfsweise unwirksam ist und daher auch nach der benannten Mitgliederversammlung weiterhin der alte Vorstand, bestehend aus Herrn hh, Herrn jjund Herrn aa gemäß § 7 Abs. 3 der Vereinssatzung im Amt blieb.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 b ZPO abgesehen.

Gründe

Infolge des erklärten Anerkenntnisses besteht eine nur eingeschränkte Prüfung des Gerichts, die sich darauf beschränkt, ob die unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen vorliegen, das Anerkenntnis wirksam erklärt wurde und der Streitgegenstand der Disposition der Parteien unterliegt (Zöller § 307 Rn 4 mwN).

Soweit das Gericht von Amts wegen gemäß § 56 ZPO zu prüfen hat, ob der "Altvorstand" bestehend aus dem Vorsitzenden hh, dem Stellvertreter jj und dem Kassenwart aa zur Vertretung des beklagten Vereins (vgl. hierzu auch LG Frankfurt a.M. NJW-RR 98, 396) berechtigt ist, ergibt sich die Vertretungsbefugnis aus § 7 Abs. 3 der Vereinssatzung i.V.m. dem Umstand, dass es ausweislich des Schreibens des AG zz vom 23.05.2008 in dem Verfahren VR 1330 bislang nicht zu einer Eintragung eines abweichenden Vorstands kam.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen und der Regelung gemäß § 88 Abs. 2 ZPO ist ein wirksam für den beklagten Verein erklärtes Anerkenntnis zugrunde zu legen.

Der Streitgegenstand unterliegt auch der Disposition der Parteien, so dass ein Anerkenntnis abgegeben werden kann: Zwar entfaltet nach zutreffender Meinung ein Urteil, das die Unwirksamkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung eines eingetragenen Vereins feststellt, aus Gründen der Rechtssicherheit eine über die Prozessparteien hinausreichende Rechtskraftwirkung innerhalb des Vereins (vgl. statt aller: BGH NJW-RR 92, 1209). Ob vor dem Hintergrund der über die Parteien hinausgehenden Rechtskraftwirkungen im kassatorischen Verfahren die Möglichkeit eines Anerkenntnisses besteht, ist von der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1254) und in der Literatur umstritten. Das Gericht schließt sich der wohl herrschenden Meinung innerhalb der Literatur (vgl. Nachweise bei BGH aaO, Zöller vor §§ 306, 307 Rn 11 und Hüffer AktienG, § 246 Rn 17) an, nach der die

Anerkenntnismöglichkeit besteht. Denn es ist darauf hinzuweisen, dass das Zivilverfahren auf Parteiherrschaft und Dispositionsmaxime aufbaut und daher bei Anwendbarkeit der ZPO auch im Grundsatz von der Disponibilität auszugehen ist. Gesetzliche Vorschriften, welche die Disponibilität einschränken (vgl. etwa §§ 617, 640 ZPO bzw. Ableitungen aus §§ 632 Abs. 4, 640 ZPO) bestehen für das vorliegende Verfahren gerade nicht. Sofern man in Abweichung vom Grundsatz allein im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung die Anerkenntnismöglichkeit verneint, würde eine effektive Umsetzung zugleich erfordern, dass weitere Grundsätze des Zivilprozesses - nämlich: dass bei Säumnis (§ 331 ZPO), prozessualen Geständnis (§ 288 ZPO) oder bei bloßen Nichtbestreiten (§ 138 Abs. 3 ZPO) allein der Klägervortrag zur Entscheidungsgrundlage gemacht wird - keine Anwendung finden dürften. Es kann aber nicht angehen, dass auf diese Weise die der ZPO wesensfremde Amtsermittlung Eingang in das Verfahren fände. Eine derartig einschneidende Entscheidung ist vielmehr dem Gesetzgeber durch eine entsprechende Normierung (denkbar etwa: Anwendbarkeit des FGG oder Sondervorschriften in der ZPO) vorbehalten. Dem beklagten Verein hingegen allein das Anerkenntnis bei Aufrechterhaltung der Möglichkeiten zur "Entscheidungsgestaltung" nach §§ 331, 288 und 138 Abs. 3 ZPO zu verwehren, wäre inkonsequent und würde ihm auch die Kostenvergünstigung durch ein Anerkenntnisurteil (VV GKG 1211 Nr. 2) nehmen. Die durch die Rechtskraftwirkung betroffenen weiteren Personen sind auf die Möglichkeit einer streitgenössischen Nebenintervention - auch wenn allerdings nicht zu verkennen ist, dass Betroffene ggf. keine Kenntnis von dem Verfahren haben, weil Mitteilungspflichten entsprechen § 246 Abs. 4 AktG nicht ausdrücklich normiert sind - bzw. auf etwaige Schadensersatzansprüche zu verweisen. Zusammenfassend besteht Disponibilität, so dass auf Grundlage und entsprechend dem erklärten Anerkenntnis zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. § 93 ZPO findet keine Anwendung, weil der beklagte Verein durch den Ablauf der Mitgliederversammlung vom 07.05.2008 Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

- Streitwert: 10.000 € -






LG Kleve:
Urteil v. 10.06.2008
Az: 3 O 202/08


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