Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juli 2010
Aktenzeichen: 26 W (pat) 110/09

(BPatG: Beschluss v. 14.07.2010, Az.: 26 W (pat) 110/09)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Februar 2009 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke 307 55 714 WER KENNT WEN für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28, 35, 38, 41 und 42 teilweise zurückgewiesen, und zwar unter anderem für folgende Waren und Dienstleistungen:

"Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art, Computer-Software, einschließlich Spiele-Software; Compact Discs (Ton, Bild); CD-ROMs; DVDs; elektronische Spiele, soweit in Klasse 9 enthalten; Videospiele, soweit in Klasse 9 enthalten Klasse 28: geldbetätigte Spielautomaten (Maschinen); Münzspielautomaten; Unterhaltungsgeräte, nämlich Spielautomaten; Spielkarten Klasse 35: Marketing, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich betriebswirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Nachrichtenübermittlung, Sammeln und Liefern von Nachrichten im Rahmen der Dienstleistungen einer Presseagentur, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Ausstrahlung von Fernsehund Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuellen Medien; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerspiele online oder mit Hilfe eines globalen Computernetzwerkes; Bereitstellung einer interaktiven Plattform zum Austausch von Informationen, insbesondere Kontaktinformationen aller Art; elektronisches Übermitteln von Nachrichten, Informationen, Bildern und Texten aller Art (Social Networking)

Klasse 41: Durchführung von Gewinnspielen; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten, Party-Planung (Unterhaltung); Veranstaltung von Events (Unterhaltung) und Unterhaltungsshows (Unterhaltung); Betrieb von Clubs Klasse 42: Erstellen und Vermietung von technischen Lösungen für die Informationstechnologie; technische Beratung, gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Fernsehund Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung beim Einsatz von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung im Zusammenhang mit Telekommunikation, Internet, Extranets, Intranets; Konzeption, Implementierung und Konfiguration von Hardware, Software und EDV-Netzen als Dienstleistung (soweit in Klasse 42 enthalten); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Implementierung und Konfiguration von individuellen Intra-, Extraund Internetlösungen, soweit in Klasse 42 enthalten; Dienstleistungen eines Programmierers, nämlich Aufbau von Internetplattformen".

Zur Begründung ist ausgeführt, der angemeldeten Marke ermangele es im Umfang ihrer Zurückweisung an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft. Beim Kennzeichen "WER KENNT WEN" handele es sich um eine sloganartige Wortfolge mit einer fragenden Sachaussage und mit einem in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in jeder Hinsicht schlagwortartigen und beschreibenden Charakter ohne herkunftshinweisende Funktion.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Die Markenstelle habe verkannt, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft im Anmeldeverfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Die Wortfolge "WER KENNT WEN" sei kurz und prägnant und damit für den Verkehr als Herkunftshinweis besonders eingängig. Ein sachbeschreibender Zusammenhang der angemeldeten Wortfolge zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei nicht erkennbar.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin ihr Warenund Dienstleistungsverzeichnis auf die vorstehend im Einzelnen aufgeführten, vom angegriffenen Teilzurückweisungsbeschluss der Markenstelle erfassten Waren und Dienstleistungen beschränkt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Februar 2009 im angefochtenen Umfang seiner Zurückweisung aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde erweist sich nach der Beschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses als begründet. Im Umfang der für die Beschwerdeentscheidung noch maßgeblichen Anmeldung steht der Marke "WER KENNT WEN" kein Schutzhindernis, insbesondere nicht mangelnde Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenoder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 809 -Philips; GRUR 2003, 604, 607 -Libertel). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 -BRAVO). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, 504 -Postkantoor; GRUR Int. 2004, 631, 633 -Dreidimensionale Tablettenform I). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 -URLAUB DIREKT).

Werbeslogans wie das Anmeldezeichen "WER KENNT WEN" sind hierbei wie andere Wortmarken zu behandeln, unterliegen also keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2000, 321, 322 -Radio von hier; GRUR 2000, 323 -Partner with the Best; GRUR 2000, 720, 721 -Unter Uns; GRUR 2002, 1070, 1071 -Bar jeder Vernunft). Der anpreisende Sinn einer Wortmarke schließt nicht aus, dass sie geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, dass, sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 -Vorsprung durch Technik).

Hiernach kann der Prüfmarke im Umfang der im Beschwerdeverfahren noch relevanten Waren und Dienstleistungen die für eine Eintragung erforderliche hinreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die angemeldete Marke vermittelt dem angesprochenen Verkehr im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen eine mehrdeutige, interpretationsbedürftige Aussage, die von einer beschreibenden Sachangabe wegführt und wie ein Herkunftshinweis wirkt. Die Wortfolge "WER KENNT WEN" erweist sich außerhalb des Bereichs der Anbahnung und Vermittlung von Kontakten als indirekte Frage des alltäglichen Lebens als originelle und prägnante Bezeichnung, durch die dem angesprochenen Verkehr eine sachbeschreibende Bedeutung nicht nahegelegt wird. Der Verbraucher wird hierin vielmehr einen Hinweis auf die Herkunft der solchermaßen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sehen.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Richter Lehner ist nach Beendigung seiner Abordnung an das OLG München zurückgekehrt und deshalb an der Unterschrift gehindert.

Dr. Fuchs-Wissemann Fa






BPatG:
Beschluss v. 14.07.2010
Az: 26 W (pat) 110/09


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