Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 14. Juni 2002
Aktenzeichen: 6 U 175/01

(OLG Köln: Urteil v. 14.06.2002, Az.: 6 U 175/01)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 02.08.2001 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 48/01 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen jeweils zu stellende Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die Revision wird nicht zugelassen. Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer übersteigt 20.000,00 EUR.

Tatbestand

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Die in Ö. ansässige Klägerin befasst sich mit der Herstellung von Brillen. Zu ihrer Produktpalette gehört ein unter der Bezeichnung "T.M.A." (im folgenden auch: "T.") in verschiedenen Ausführungen u.a. auch in Deutschland angebotenes Modell, welches sie ihrer Behauptung nach bereits im März 1999 als Korrektionsbrille in den Markt eingeführt hat. Hinsichtlich des näheren Erscheinungsbildes dieser rahmenlosen Brille, deren scharnierlose Fassung aus einem in Beta-Titan-Legierung gehaltenen Rahmen besteht, wird auf das als Anlage K 2 zu den Akten gereichte Originalprodukt sowie auf den Modellprospekt gemäß Anlage K 3 Bezug genommen.

Der Beklagte, ein Brillendesigner und Brillenhändler, präsentierte im Mai 2000 auf der in M. stattfindenden Messe "M. 2000" das aus der Anlage K 12 zur Klageschrift ersichtliche, ebenfalls aus Titan hergestellte scharnierlose Modell einer rahmenlosen Brille, das unter der Produktbezeichnung "C.TG 2" anschließend auch in Deutschland vertrieben wurde.

Die Klägerin sieht in der letztgenannten Brille des Beklagten eine nahezu identische Nachahmung ihrer T.-Korrektionsbrille, deren Inverkehrbringen sie sowohl unter dem Aspekt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung als auch unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung für im Sinne von § 1 UWG wettbewerblich unlauter hält.

Nachdem der Beklagte die Abgabe der mit vorprozessualem Abmahnschreiben vom 18.01.2001 geforderten Unterlassungsverpflichtungserklärung ablehnte, nimmt die Klägerin ihn im vorliegenden Verfahren klageweise auf Unterlassung in Anspruch, daneben verlangt sie Auskunft und Feststellung seiner Schadensersatzpflicht.

Das Gestell ihrer T.-Brille, so hat die Klägerin vertreten, sei schon von Hause aus von hoher wettbewerblicher Eigenart, was u.a. dadurch belegt werde, dass die Gestaltung dieser Brille - wie unstreitig ist - im Jahre 1999 und 2000 mit diversen Designpreisen ausgezeichnet worden sei. Die Außergewöhnlichkeit der Formgestaltung ihres Brillenmodells und deren herkunftshinweisende Funktion werde durch das auf das absolut Wesentliche und Notwendige reduzierte "minimalistische" Design begründet, wie es sich in der konkreten Verwendung drahtartiger Bügel ohne Gelenk und die gewählte Befestigung des Nasenteils nicht an einem Rahmen, sondern an den Gläsern selbst zum Ausdruck bringe. Die dieser Gestaltung ihres T.-Brillenmodells zukommende herkunftshinweisende Wirkung sei zusätzlich noch durch dessen erhebliche Bekanntheit - dokumentiert in den seit der Markteinführung der Brille erreichten Umsatzzahlen - gesteigert. Die von dem Beklagten in den Verkehr gebrachte "C.TG 2"-Brille übernehme die Merkmale ihrer T.-Brille, ohne hierzu einen ausreichenden Abstand herzustellen. Die angegriffene rahmenlose Brille des Beklagten zeige vielmehr mit den geschwungenen äußerst dünnen, drahtartigen, keinerlei Gelenk sowie auffällig seitlich auskragende Backen aufweisenden Bügeln eben die Elemente eines minimalistischen Designs, wie es ihre T.-Brille kennzeichne.

Die Klägerin hat beantragt,

I.

den Beklagten zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen,

die nachstehend abgebildeten Brillen anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu bewerben:

2.

ihr - der Klägerin - vollständig und richtig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang er seit dem 01.05.2000 Handlungen gemäß Ziffer I. 1. begangen hat, und zwar insbesondere unter Angabe der Anzahl der verkauften Brillen und des damit erzielten Umsatzes, unter Angabe des erzielten Gewinns unter Aufschlüsselung der Kostenfaktoren, unter Angabe von Name und Anschrift der gewerblichen Abnehmer und unter Angabe der betriebenen Werbung (Werbungsträger, Auflagenhöhe, Erscheinungszeiten und Verbreitungsgebiete);

II.

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer I.1. seit dem 01.05.2000 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das klägerische Brillenmodell, so hat der Beklagte eingewandt, verfüge bereits nicht über die für den begehrten Leistungsschutz vorauszusetzende wettbewerbliche Eigenart. Das Angebot an Brillen zeichne sich durch eine extreme Breite und Vielfalt gestalterischer Variationen aus; der angesprochene Kundenkreis werde in aller Regel nicht vom Design der Brille auf einen bestimmten Hersteller schließen, sondern sich in nahezu allen Fällen an einer Marke orientieren. Die Merkmale, welche die herkunftshinweisende Funktion der Gestaltung der "T.M.A."-Brille begründen sollten, seien überdies nichts Ungewöhnliches, sondern gehörten bereits seit Jahrzehnten zu dem für die Gestaltung von Brillengestellen herangezogenen und verbreiteten Formenschatz. Rahmenlose Brillen, bei denen Brillenbügel und Brillenstege direkt an den Brillengläsern befestigt seien, und bei denen das Design naturgemäß "schlank" und auf das Wesentliche reduziert sei, existierten schon seit Jahrzehnten auf dem Markt. Ebensowenig ungewöhnlich sei der Verzicht auf Scharniere in den Brillenbügeln, der durch flexible, gleichwohl formbeständige neue Materialentwicklungen bedingt sei und als solcher zum aktuellen Stand der Technik gehöre, dessen sich viele Brillendesigner und -hersteller bedienten. Schließlich bestünden im Design der von den Parteien vertriebenen rahmenlosen Brillen auch nicht zu übersehende Unterschiede, die den klägerseits erhobenen Vorwurf einer wettbewerblich unlauteren Nachahmung scheitern ließen.

Mit Urteil vom 02.08.2001, auf dessen Einzelheiten zum Zwecke der näheren Sachdarstellung verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die beiden Brillenmodelle der Parteien, so hat das Landgericht zur Begründung dieser Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, seien sich zwar ähnlich. Bei unmittelbarem Vergleich fielen jedoch Unterschiede auf, die ausreichten, um den Vorwurf einer mit den Maßstäben des § 1 UWG unvereinbaren Nachahmung zu entkräften. Denn die Ähnlichkeit der Brillen der Parteien bestehe in solchen Gestaltungsmerkmalen, auf welche die Klägerin eine wettbewerbliche Eigenart ihrer Brille nicht zu gründen vermöge oder deren Übernahme dem Beklagten jedenfalls nicht verwehrt werden könne. Die im übrigen zumutbaren Abweichungen habe der Beklagte bei der Gestaltung seiner "Conquistador"-Brille ausgeschöpft.

Ihre gegen dieses Urteil gerichtete, die erstinstanzlichen Klagebegehren weiterverfolgende Berufung stützt die Klägerin u.a. darauf, dass das Landgericht die wettbewerbliche Eigenart ihres T.-Brillenmodells bereits im Ansatz unzureichend gewürdigt und zu Unrecht verneint habe. Es gehe ihr, der Klägerin, entgegen der in dem angefochtenen Urteil zum Ausdruck gebrachten Wertung nicht um den Schutz der bloßen Idee, die Form einer Brille auf das Wesentliche, absolut Notwendige zu reduzieren, sondern um die sich in einer konkreten Gestaltung niederschlagende Leistung, wie sie sich in der für die Ausführung des rahmenlosen Brillenmodells gewählten Kombination der Form der drahtartigen Seitenbügel ohne Gelenk mit dem aus gleichem Material gefertigten U-förmigen Nasensteg und den seitlichen Befestigungen an den Gläsern selbst zum Ausdruck bringe. Die wettbewerbliche Eigenart sei dabei auch nicht durch Drittmodelle , insbesondere nicht die von dem Beklagten angebotenen, auf dem Markt offensichtlich völlig unbedeutend gebliebenen Drittmodelle rahmenloser Brillen beeinträchtigt. Verkannt habe das Landgericht ebenfalls, dass die Frage, ob die angegriffene Brille einen ausreichenden Gestaltungsabstand zum Klagemodell einhalte bzw. zumutbare und daher abzuverlangende Abweichungen aufweise, anhand eines strengen Maßstabes zu beantworten sei. Das Landgericht habe sich bei seiner Wertung zu stark von den für technische Erzeugnisse geltenden Maßstäben leiten lassen, bei denen die Annäherung an Gestaltungselemente oder sogar deren Übernahme in einem weiteren Umfang gewissen objektiven Notwendigkeiten folge und daher zugelassen werden könne, als bei nichttechnischen Produkten. Um ein solches nichttechnisches Produkt handele es sich aber bei Brillen, die ungeachtet ihres Zwecks, Fehlsichtigkeit zu korrigieren und/oder einen Augenschutz zu bieten, in hohem Maße dem "guten Aussehen" dienten und damit in einer Linie mit Bekleidung, Accessoires und sonstigen Image- und Statussymbolen stünden, bei denen die designerische Wirkung im Vordergrund stehe. Nichts zwinge den Beklagten, die Gestaltungsmerkmale nahezu identisch in der Gesamtkombination zu übernehmen, wie sie bei dem Klagemodell vorhanden sei. Bei Brillenbügeln, die unter Verzicht auf Scharniere oder Gelenke durch dünnes, drahtartiges Material gebildet seien, handele es sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht um ein technisches, sondern um ein rein ästhetisches, designerisches Merkmal. Dies gehe schon aus den vom Beklagten selbst beispielhaft angeführten Drittgestaltungen hervor. Dem Beklagen sei es daher zumutbar und abzuverlangen, für die Gestaltung scharnierloser Bügel und eines Nasenstegs sowie der Nasenauflage eine völlig andere als die tatsächlich gefundene Form zu wählen. Die bei der "C.TG 2"-Brille des Beklagten vorhandenen Abweichungen, die überdies viel weniger deutlich seien, als dies das Landgericht gewertet habe, reichten vor diesem Hintergrund nicht aus, um dem Vorwurf einer wettbewerbswidrigen Nachahmung zu entgehen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und den Beklagten nach den oben dargestellten erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, in welchem das Landgericht die wettbewerbliche Eigenart des klägerischen "T."-Brillenmodells zu Recht unter Einbezug des Umstandes gewürdigt habe, dass minimalistisch gestaltete Brillen schon seit Anfang der achtziger Jahre durch verschiedene Hersteller angeboten worden seien. Der Beklagte hält im übrigen an seinem bereits in erster Instanz vertretenen Standpunkt fest, dass dem klägerischen Modell einer Brille die wettbewerbliche Eigenart abzusprechen sei; dies gelte auch angesichts der für das Design verliehenen Auszeichnungen, die in Optiker- und Brillenherstellerkreisen teilweise unbekannt seien, teilweise sei die Integrität der Verleihungsgremien mit Nichtwissen zu bestreiten oder ihnen die Kompetenz abzusprechen, die Neuheit eines Designs zu beurteilen. Das Landgericht habe überdies zutreffend erkannt, dass die Ähnlichkeit der Brillenmodelle der Parteien auf der bloßen Idee beruhe, eine Brille auf ihre notwendigen Teile zurückzuführen und auf Scharniere und Schmuckelemente zu verzichten. Die im übrigen vorhandenen Gestaltungsunterschiede habe das Landgericht zu Recht ausreichen lassen, um den Vorwurf der wettbewerbswidrigen Nachahmung zu verneinen. Die sich allein hinsichtlich der durch den Verzicht auf Scharniere bedingten Form der Bügel ergebende Übereinstimmung trage diesen Vorwurf nicht. Dabei treffe es zwar zu, dass für die Gestaltung der Brillenbügel unterschiedliche Ausführungsformen zur Verfügung stünden, jedoch davon nur eine, die "wirklich reduziert" sei; alle anderen Bügelgestaltungen seien "Schnickschnack". Im Hinblick darauf, dass - was unstreitig ist - im Optikergeschäft auf den Brillengläsern deutlich sichtbare Aufkleber mit den jeweiligen Kennzeichen der Partein angebracht seien und sich eben solche Kennzeichnungen auch im Inneren der Brillenbügel befänden, bestehe schließlich auch jedenfalls nicht die Gefahr von Fehlvorstellungen in bezug auf die betriebliche Herkunft der Erzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts hält den mit der Berufung vorgebrachten Beanstandungen der Klägerin im Ergebnis stand. Die Klägerin kann vom Beklagten weder Unterlassung verlangen, die unter der Bezeichnung "C.TG 2" vertriebene Brille in den Verkehr zu bringen noch stehen ihr die daneben geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht zu. Diese Klagebegehren scheitern mangels des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen der als potentielle Anspruchsgrundlage geltend gemachten und nach dem Sachvortrag der Klägerin auch allein in Betracht zu ziehenden wettbewerbsrechtlichen Bestimmung des § 1 UWG. Das angegriffene Brillengestell "C.TG 2" stellt sich nicht als eine Nachahmung der Gestaltung des klägerischen "T.M.A."-Brillenmodells dar, deren Angebot, Vertrieb und/oder Bewerbung als mit den Maßstäben des § 1 UWG unlauteres, mithin wettbewerbswidriges Verhalten zu qualifizieren wäre.

Die Übernahme einer nicht oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz stehenden Gestaltungsform als solche ist nach den durch das Prinzip der Nachahmungsfreiheit geprägten Grundsätzen des Wettbewerbsrechts nicht zu beanstanden (vgl. für viele: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 1 UWG Rdn. 439 f mit weiteren Nachweisen). Sie kann allerdings dann als im Sinne von § 1 UWG wettbewerbswidrig einzuordnen sein, wenn das übernommene bzw. nachgeahmte Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die Nachahmung als unlauter erscheinen lassen (BGH WRP, 2002, 207/209 -"Noppenbahnen"-; ders. GRUR 2001, 443/444 -"Viennetta"-; ders GRUR 2001, 251/253 -"Messerkennzeichnung"- jeweils mit weiteren Nachweisen). Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise sowie der Intensität der Übernahme und den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht dabei eine Wechselwirkung dergestalt, dass die Anforderungen an die besonderen, die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umstände umso niedriger sind, je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme einzuordnen sind (BGH a.a.O -"Viennetta"-; ders. WRP 1999, 1031 -"Rollstuhlnachbau"-). Nach diesen Maßstäben lässt sich im Streitfall die Wettbewerbswidrigkeit des Inverkehrbringens der "C.TG 2"-Brillen nicht feststellen. Der von der Klägerin zur Begründung der vermeintlichen wettbewerblichen Sittenwidrigkeit des Inverkehrsbringens dieser Brillen angeführte Aspekt einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung trägt den Unlauterkeitsvorwurf ebensowenig wie der weiter geltend gemachte Gesichtspunkt der Rufausbeutung.

I.

Die Voraussetzungen einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung liegen im Streitfall nicht vor.

1.

Allerdings weist das streitbefangene T.-Brillenmodell, dessen unzulässige Nachahmung die Klägerin geltend macht, die für den begehrten wettbewerblichen Leistungsschutz vorauszusetzende wettbewerbliche Eigenart auf.

Entgegen der mit der Berufung zum Ausdruck gebrachten Ansicht der Klägerin hat das Landgericht diese Voraussetzung in dem angefochtenen Urteil auch nicht verneint. Es hat vielmehr lediglich ausgeführt, dass die wettbewerbliche Eigenart nicht in der "Rückführung des klägerischen Brillenmodells auf die unbedingt erforderlichen Teile" gesehen werden könne. Im unmittelbar folgenden Absatz hat das Landgericht sodann jedoch angegeben, dass sich das Modell der Klägerin durch "die Verwendung eines biegsamen, aber gleichwohl stabilen Materials für die Bügel und den hierdurch technisch möglich gewordenen Verzicht auf die Scharniere" vom wettbewerblichen Umfeld unterscheide und dass in der dadurch angeblich bedingten, weil angeblich nicht anders lösbaren gestalterischen Ausführung der Biegung der Seitenbügel die angegriffene "C."-Brille dem Klagemodell ähnlich und mit letzterem verwechslungsfähig sei. Soweit das Landgericht in der weiteren argumentativen Vorgehensweise die Wettbewerbswidrigkeit mit der Begründung abgelehnt hat, dass es dem Beklagten nicht verwehrt werden könne, die fraglichen Elemente, die auf einem Fortschritt in der technischen Entwicklung beruhten und diesen für eine bestimmte Formgebung verwendeten, für die Gestaltung seiner Brille zu übernehmen (S. 7/8 des Urteils), ist nicht die wettbewerbliche Eigenart, sondern die Vermeidbarkeit einer Verwechslungsgefahr verneint worden. Die mit den dargestellten Ausführungen in dem angefochtenen Urteil inzident bejahte wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Brillenmodells ist mit der gegebenen Begründung indessen nicht vollständig erfasst.

Wettbewerbliche Eigenart weist ein Erzeugnis auf, dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (BGH, a.a.O., -"Messerkennzeichnung"-; ders. WRP 2000, 493 -Modulgerüst"-; ders. GRUR 1995, 581/583 -"Silberdistel"-; ders. GRUR 1992, 523/524 f -"Betonsteinelemente"- jeweils mit weiteren Nachweisen). Dem klägerischen "T.M.A."-Brillengestell kommt in diesem Sinne wettbewerbliche Eigenart zu, denn es weist eine Kombination von Merkmalen auf, die in ihrer Gesamtwirkung dem Produkt gegenüber vergleichbaren Konkurrenzprodukten eine individuelle Erscheinung verleihen und herkunftshinweisend wirken.

Zutreffend hat das Landgericht diese Wirkung der äußeren Form des Klageprodukts zwar nicht allein aus dem für die Gestaltung erkennbar gewählten designerischen Stilmittel der "Rückführung auf die unbedingt erforderlichen Teile" hergeleitet. Dieses betrifft lediglich die gestalterische Vorgehensweise des Designers als solche bzw. die damit zum Ausdruck gebrachte abstrakte designerische "Idee", nicht aber die hier allein maßgebliche konkrete gestalterische Weise, wie diese designerische Vorgabe bei der Kreation des Aussehens der Brille der Klägerin im einzelnen individuell umgesetzt worden ist. Der "Reduktion auf das unbedingt Erforderliche" bzw. der durch dieses Stilmittel gekennzeichneten designerischen Linie des "Minimalismus" oder "Purismus" wird bei der klägerischen Brille durch folgende, das Erscheinungsbild maßgeblich prägende konkrete Formelemente gestalterisch Ausdruck verliehen: Die Befestigung sowohl der jeweils in schmalem Draht ausgeführten seitlichen Bügel als auch der in nämlichem Material gehaltenen mittleren Verbindung an den Gläsern wird durch schmale, weit in die Gläser hineinreichende Stege bewerkstelligt, welche die schraubenlose, durch kleine Stifte vorgenommene Verankerung und die für diese Zwecke angebrachten Lochungen im Glas vollständig verdecken Die beiden seitlichen, scharnierlosen Bügel schwingen sich aus dem Frontbereich mittels einer verhältnismäßig sanften Biegung in gerader Linienführung nach hinten bis in die für die Fixierung der Brille auf den Ohren angebrachte Krümmung aus. Das Gesamterscheinungsbild mitbeeinflussend ist weiter die Gestaltung des mittleren Frontbereichs der Brille, bei welchem für den auf die Nase aufzusetzenden Steg die Form eines leicht aufgebogenen "U" gewählt ist, das parallel hinter den eine konvexe Krümmung aufweisenden, die Brillengläser verbindenden Mittelsteg gesetzt und mit diesem unmittelbar verbunden ist. Optisch erzielt dies bei frontaler Sicht den Effekt von scheinbar aus einem Draht sich abspreizenden Stegen, an deren Enden jeweils die Brillengläser und die auf der Nase aufliegenden Polster befestigt sind. In ihrer Kombination rufen die aufgezeigten Gestaltungsmerkmale den Gesamteindruck einer schnörkelosen und "leichten" Form hervor, die den "technischen" Zweck der Brille durch ein zurückhaltendes, puristisches Design in den Vordergrund stellt und betont. Eine derartige Gestaltung eines Brillengestells ist zweifellos von Hause aus geeignet, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen.

Soweit das Landgericht die von ihm angenommene wettbewerbliche Eigenart in der Verwendung eines flexiblen, gleichwohl stabilen Materials für das rahmenlose Gestell sowie dem Verzicht auf Scharniere in den seitlichen Bügeln begründet sieht, handelt es sich bei den genannten Merkmalen indessen nicht um solche, die in Kombination mit den vorbezeichneten Elementen zur wettbewerblichen Eigenart des Brillenmodells beitragen. Denn ungeachtet der Frage, ob diese Merkmale bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Marktauftritts der Klägerin mit ihrem hier zu beurteilenden T.-Modell im Jahre 1999 sowie im Zeitpunkt der wettbewerblichen Kollision im Mai 2000 bei einer Vielzahl von Drittgestaltungen des wettbewerblichen Umfelds allgemein verbreitet waren und ob ihnen deshalb ihre Eignung, zur herkunftshinweisenden Wirkung der Gestaltungsform des Klagemodells beizutragen, abgesprochen werden muss, hat die Klägerin selbst hieran die Eignung der Gestaltungsform ihrer Brille, auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses hinzuweisen, nicht geknüpft, sondern eine solche Funktion ausschließlich mit der konkreten Art und Weise verbunden, wie das "biegsame, gleichwohl stabile Material" bzw. der Titandraht verwendet und die Biegung der aus diesem Material gefertigten scharnierlosen Bügel ausgeführt und nach hinten gezogen ist.

Die sich aus der konkreten Kombination der danach maßgeblichen Gestaltungsmerkmale ergebende Eignung des äußeren Erscheinungsbildes des klägerischen Brillenmodells, auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses hinzuweisen, ist als von Hause aus durchschnittlich einzuordnen.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang einwendet, es handele sich bei der von der Klägerin für die Gestaltung ihres Brillenmodells gewählten Formgebung um eine gewöhnliche, sich bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Marktzutritts in 1999, jedenfalls aber zum Zeitpunkt der wettbewerblichen Kollision im Mai 2000 und später kaum von gängigen Drittgestaltungen der betroffenen Designrichtung abhebende Gestaltung, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung.

Schon die für das Design der "T.M.A."-Brille in 1999 und 2000 (vgl. "Roter Punkt für höchste Designqualität" des Design Zentrums N.-W. gem. Anlage K 7 und "i.F. Product Design A. 2000" gem. Anlage K 8) vergebenen Auszeichnungen sprechen dafür, dass es sich bei der Gestaltung des Klageprodukts in seiner Gesamtwirkung um eine solche handelt, die sich von gewöhnlichen Formgebungen vergleichbarer Produkte spürbar abhebt und daher von Hause aus in jedenfalls durchschnittlichem Maße geeignet ist, im Verkehr betriebliche Herkunftsvorstellungen auszulösen. Denn in aller Regel werden derartige Preise nur für solche Produktgestaltungen vergeben, die über die bei der Gestaltung von Erzeugnissen der betroffenen Art gängige Formensprache und die damit erzielten gestalterischen Ergebnisse hinausragen und als qualitativ gelungen eingeordnet werden. Der argumentativen Verwertbarkeit und Aussagekraft der erwähnten Auszeichnungen steht es dabei nicht entgegen, dass der Beklagte die Integrität und Beurteilungskompetenz der diese Designpreise verleihenden Gremien in Zweifel zieht. Mangels Darlegung konkreter Anhaltspunkte, die solche Zweifel aus objektiver Sicht zu stützen geeignet sind, vermag er damit nicht durchzudringen. Allein der Umstand, dass diese Auszeichnungen in den Kreisen der Brillendesigner und -hersteller weitgehend unbekannt sein sollen, trägt solche Zweifel nicht. Denn auch solche Preise, die dem Fachpublikum einer bestimmten Branche nicht oder nur wenig bekannt sind, können durch integre, profunde Fachkenntnis aufweisende Personen verliehen werden. Spricht der Umstand der Auszeichnung der Formgestaltung der T.-Brille danach dafür, dass dieser von Hause aus die erforderliche wettbewerbliche Eigenart beizumessen ist, kann daraus allein indessen nicht auf eine als überdurchschnittlich anzusetzende Eignung geschlossen werden, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Angesichts des Umstandes, dass die Prämierung eines Designs zwar - wie aufgezeigt - indiziell für dessen Eignung spricht, als Herkunftshinweis zu dienen, diese Eignung indessen in aller Regel nicht das maßgebliche Kriterium für die Auszeichnung selbst darstellt, lässt sich daraus nicht auf das konkrete Maß schließen, in dem der gewöhnliche, verbreitete Gestaltungsstandard überragt wird bzw. darauf, dass die indizierte herkunftshinweisende Funktion der Gestaltung im Vergleich zu den sonstigen Formen vergleichbarer Produkte als überdurchschnittlich anzusetzen ist.

Der herkunftshinweisenden Eignung der durch das Zusammenwirken der eingangs beschriebenen Einzelmerkmale maßgeblich bestimmten Gestaltung der klägerischen "T.M.A."-Brille kann es weiter ebenfalls nicht entgegengehalten werden, dass diese Merkmale - wie der Beklagte das behauptet - als solche zu dem für das Design von Brillen angeblich vorbekannten, gängigen gestalterischen Allgemeingut gehörten und gehören. Dabei kann es unterstellt werden, dass die in Frage stehenden Gestaltungsmerkmale bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Marktauftritts der Klägerin mit ihrem T.-Brillenmodell für sich genommen "vorbekannt", d. h. als solche schon anderweitig für die Gestaltung von Brillen durch Wettbewerber Verwendung gefunden haben. Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts ist nicht anhand einer isolierten Betrachtung der zu seiner Gestaltung jeweils verwendeten Einzelmerkmale und deren Originalität, sondern danach zu entscheiden, ob diese in ihrer Kombination dem Erzeugnis ein Gesicht verleihen, die dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft ermöglicht. Dass gerade die für die Gestaltung der klägerischen "T.M.A."-Brille gewählte Zusammenstellung und Zuordnung der einzelnen Elemente allgemein üblich sei und von den Mitbewerbern in gleicher oder ähnlicher Form schon im Zeitpunkt des erstmaligen Marktauftritts der Klägerin mit ihrer T.-Brille benutzt worden sei und weiterhin benutzt werde, so dass hieraus auf eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Eigenart des Klagemodells oder gar deren Entstehung zu schließen wäre, lässt sich dem Vortrag des Beklagten nicht entnehmen.

Die von dem Beklagten angeführten Drittgestaltungen des wettbewerblichen Umfelds ergeben eine solche Wirkung nicht. Dabei kann es offen bleiben, ob diese Einwendungsbeispiele der maßgeblichen Gestaltung des Klagemodells überhaupt in einer Weise nahekommen, dass sie deren Eignung, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen, zu beeinflussen vermögen. Im Hinblick auf die in der Gestaltung der Befestigung des Gestells an den Gläsern und in der Ausführung des Nasenstegs deutlich von der klägerischen T.-Brille abweichenden Modelle "A.-B. 2. R." und "S." sowie der "C.G 1 - G 4"-Modelle gemäß den Abbildungen in den Anlage B 17 und B 13 bis B 15 erscheint dies zumindest zweifelhaft. Letztlich kann das jedoch dahinstehen, weil sämtliche der beklagtenseits angeführten Drittprodukte jedenfalls schon aus anderen Gründen nicht geeignet sind, die wettbewerbliche Eigenart der klägerischen Gestaltungsform einer Brille zu beeinträchtigen. Hinsichtlich der Drittprodukte, die in etwa zeitgleich mit dem beanstandeten "C.TG 2"-Modell des Beklagten auf dem inländischen Markt in den Verkehr gebracht wurden, gilt das schon aus Rechtsgründen. Denn solche Nachahmungen, die fast gleichzeitig mit der beanstandeten Übernahme erfolgten, haben bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart außer Betracht zu bleiben. Andernfalls würde dem Betroffenen die Möglichkeit zur rechtlichen Gegenwehr genommen, weil bei mehreren in etwa gleichzeitigen Nachahmungshandlungen jeder der Nachahmer auf die allgemeine Verbreitung der betreffenden Gestaltungsform durch die anderen Nachahmer verweisen könnte (vgl. BGH GRUR 1985, 876/878 -"Tchibo/Rolex I"-). Im übrigen lassen sich dem Vortrag des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten aber auch keinerlei konkrete Angaben zu Dauer und Umfang der Präsenz der angeführten Drittprodukte auf dem inländischen Markt entnehmen, so dass aus tatsächlichen Gründen nicht ersichtlich ist, inwiefern diese die Vorstellung des angesprochenen Verkehrs vom Aussehen einer Brille zu beeinflussen vermochten.

Lässt sich folglich nach dem Vortrag des Beklagten nicht auf eine Schwächung der als durchschnittlich einzuordnenden wettbewerblichen Eigenart der Gestaltung der klägerischen T.-Brille schließen, erfährt diese entgegen dem von der Klägerin vertretenen Standpunkt andererseits aber auch keine Steigerung. Soweit die Klägerin eine solche Steigerung aus der Bekanntheit ihres Klageprodukts herleiten will, lässt sich darauf eine Intensivierung der wettbewerblichen Eigenart nicht gründen. Zwar kann die hohe Bekanntheit eines Produkts im Verkehr dessen Gestaltung durchaus eine einprägsamere Hinweisfunktion in bezug auf die betriebliche Herkunft verleihen, mithin eine graduelle Steigerung der wettbewerblichen Eigenart herbeiführen. Die von der Klägerin dargelegten Zahlen lassen jedoch im Streitfall nicht auf eine derartige, die wettbewerbliche Eigenart ihres T.-Brillenmodells steigernde Bekanntheit schließen. Die von der Klägerin dargelegten konkreten Umsatz- und Verkaufszahlen (70.467 Stück), die sie ihrer Behauptung nach auf dem deutschen Markt seit der Markteinführung des verfahrengegenständlichen "T.M.A."-Modells als Korrekturbrille bis zum 30.11.2000 erreicht habe, beziehen sich auf die Gesamtheit der T.-Korrektionsbrillen (Bl. 8.d.A.). Entsprechendes gilt hinsichtlich der von ihr vorgelegten Aufstellung gemäß Anlage K 11 zur Klageschrift, in die das Klagemodell in der vorgelegten Ausführung 6054 überdies nicht eingestellt ist. Zu dem (u.a.) auf dieses Modell bezogenen Werbeaufwand in Deutschland hat die Klägerin nichts vorgetragen. Nach alledem liegen für die Annahme einer die Steigerung der wettbewerblichen Eigenart auf einen überdurchschnittlichen Grad rechtfertigenden Bekanntheit des Klageprodukts in Deutschland keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, zumal für das Erreichen eines hohen Umsatzniveaus in Deutschland bis zum Zeitpunkt der wettbewerblichen Kollision im Mai 2000 auch nach dem Vortrag der Klägerin ohnehin nur ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum von 14 Monaten zur Verfügung stand. Soweit die Klägerin eine Publikation vorlegt, wonach sie sich über den Absatz des Klagemodells aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten befreit und ihr Unternehmen in die Gewinnzone geführt habe, spricht das lediglich für einen hohen Umsatz im Vergleich zu anderen Brillenmodellen aus ihrem eigenen Hause und bezieht sich dies überdies auf den Ö.ischen Markt. Den Rückschluss darauf, dass sich die Situation auf dem deutschen Markt (und nicht etwa in den USA oder in einem anderen europäischen Land) dann ähnlich darstellt, lässt das nicht zu.

2.

Die weitere Frage, ob das klägerische T.-Brillenmodell in den maßgeblichen Verkehrskreisen eine solche Bekanntheit erreicht hat, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr von Herkunftstäuschungen ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (vgl. BGH WRP 2002, 207/210 -"Noppenbahnen"-), bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst bei Annahme einer im vorbezeichneten Sinne ausreichenden Verkehrsbekanntheit liegen im Streitfall jedenfalls die Voraussetzungen einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung im übrigen nicht vor.

3.

Die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen eines relevanten Teils des angesprochenen Verkehrs ist zwar nicht von vornherein von der Hand zu weisen.

Die Brille des Beklagten ist dem Klagemodell unverkennbar ähnlich, weist allerdings auch Abweichungen vor allen Dingen bei der Gestaltung des "Mittelteils" auf. Die beiden seitlichen Stege, an denen die auf der Nase aufliegenden "Polster" befestigt sind, haben nicht - wie bei dem Modell der Klägerin - die Form eines "U", sondern sind als parallel mit dem Rand des Glases abschließende Stege an den mittleren - die beiden Gläser verbindenden - Steg angesetzt. Vom optischen Effekt her ruft dies nicht, wie beim Modell der Klägerin, den Eindruck eines sich kontinuierlich öffnenden "U" hervor, sondern den von zwei verhältnismäßig steil abfallenden, an einen oberen Teil angesetzten Stegen. Auch die Art der Befestigung der Stege an den Brillengläsern selbst ist abweichend ausgeführt. Während diese Stege bei dem Klagemodell keinerlei "Befestigung" sichtbar machen, sondern diese verdecken, sind bei der Brille des Beklagten deutliche Bohröffnungen und dahinter gesetzte Schrauben zu erkennen, die den Eindruck erwecken, dass die Stege jeweils in "Punkten" auslaufen. Insgesamt wirkt das Modell des Beklagten nicht auf die gleiche Weise puristisch bzw. "reduziert" und elegant wie die Silhouette-Brille, sondern - wenngleich immer noch innerhalb der Designrichtung des "Minimalismus" liegend und dabei "leicht", modern und schnörkellos - in der Gesamtanmutung plumper und weniger "fein" in der Ausführung. Die aufgezeigten, sich im Gesamteindruck auswirkenden Unterschiede sind zwar nur bei genauer Betrachtung der Modelle der Parteien feststellbar. Eben diese Wahrnehmungslage entspricht jedoch der realistischen Situation, in welcher die Produkte der Parteien dem angesprochenen Verkehr ganz überwiegend begegnen und von ihm beurteilt werden, was die Mitglieder des erkennenden Senats aus eigener Lebenserfahrung und Sachkunde einzuschätzen vermögen, da sie dem Adressatenkreis angehören, an den die Parteien sich mit ihren streitbefangenen Produkten wenden. Namentlich bei Brillen des hier betroffenen gehobenen Preissegments handelt es sich um Objekte, mit denen sich das Publikum vor einer Kaufentscheidung intensiv befasst: Korrekturbrillen werden in aller Regel nicht nur für einen längeren Zeitraum erworben und schon deshalb vor der Kaufentscheidung einer sorgfältiger Auswahl und Prüfung unterzogen. Es handelt sich dabei vor allen Dingen auch um Gegenstände, die im Gesicht getragen werden und dieses maßgeblich und für lange Zeit mitprägen. Sie bestimmen damit insgesamt den optischen Auftritt der betroffenen Person und deren äußere Wirkung, die sie im sozialen Kontakt bei anderen Personen hervorruft und hinterlässt, mit. Vor diesem Hintergrund werden Korrekturbrillen in aller Regel erst nach designbewusster und genauer Begutachtung erworben, bei der auch geringfügige Gestaltungsunterschiede der jeweiligen Modelle wahrgenommen werden und die Kaufentscheidung beeinflussen. Allerdings wird der Verkehr dabei seine Vorstellung von der betrieblichen Herkunft der von ihm - sorgfältig - betrachteten Brillen nicht allein auf der Grundlage der äußeren Gestaltungsform treffen. Dem Verkehr begegnen - wie dies nicht zuletzt die von den Parteien zu den Akten gereichten Kataloge belegen - nicht nur bereits seit langem Brillenmodelle desselben Herstellers in deutlich verschiedenen Varianten, so dass er daran gewöhnt ist, unterschiedlich gestaltete Brillengestelle derselben betrieblichen Herkunft erwerben zu können, sondern er ist ebenfalls daran gewöhnt, innerhalb einer Designrichtung der jeweiligen gestalterischen Interpretation dieses Stils durch verschiedenen Hersteller von Brillengestellen zu begegnen. Sieht sich der Verkehr in dieser Situation zwar ähnlichen, gleichwohl aber in Details verschieden ausgeformten Brillenmodellen gegenüber, spricht alles dafür, dass er sich nicht allein an der äußeren Gestaltung orientieren wird, um die jeweiligen Produkte der betrieblichen Herkunft nach zuzuordnen, sondern dass er sein Augenmerk auch etwa vorhandenen Herstellerkennzeichen zuwendet.

Vor diesem Hintergrund scheiden die mittelbare Verwechslungsgefahr und eine solche im weiteren Sinne im Streitfall aus.

Unstreitig haben beide Parteien auf den Brillen selbst, und zwar dauerhaft in den Bügeln und für die Zeit der Warenpräsentation bis zum Erwerb auf den Gläsern, ihre jeweiligen Kennzeichen angebracht ("Silhouette"/"Conquistador"). Nur ein für die wettbewerbliche Beurteilung unbeachtlicher Teil kann danach die Vorstellung entwickeln, es mit verschiedenen Brillenmodellen desselben Herstellers zu tun zu haben; der ganz überwiegende Teil des angesprochenen Verkehrs wird vor dem dargestellten Hintergrund trotz der geschilderten Ähnlichkeit der nach situationsadäquater Betrachtung als verschieden erkannten Brillengestelle vielmehr zwei verschiedene Hersteller vermuten, so dass die Gefahr mittelbarer Verwechslungen ausscheidet. Auch sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein relevanter Teil des angesprochenen Publikums auf wirtschaftliche, organisatorische oder sonstige Verbindungen zwischen den verschiedenen, auf dem Markt konkurrierenden Herstellern der beiden unterschiedlichen Brillenmodelle schließen könnte; ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Unternehmen seinem Konkurrenten die nachschaffende Übernahme seiner Produkte gestattet, existiert nicht (vgl. BGH GRUR 2001,443/446 -"Viennetta"-).

Die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen kommt danach nur in der Erscheinungsform der unmittelbaren Verwechslungsgefahr, nämlich der Produktverwechslung in einer bestimmten, dem Regelfall der Wahrnehmungssituation der Produkte der Parteien allerdings nicht ohne weiteres entsprechenden Sachverhaltskonstellation realistischerweise in Betracht. Nach den obigen Ausführungen scheidet eine solche zwar bei dem Adressatenkreis aus, der beide Brillen mit jeweils gleicher, interessen- und situationskonform gesteigerter Aufmerksamkeit betrachten kann und betrachtet, und dem infolgedessen sowohl die vorhandenen Gestaltungsunterschiede auch die jeweiligen Kennzeichen der Parteien auffallen. Anders stellt sich die Situation bei dem Personenkreis dar, der das Brillenmodell der Klägerin "getragen" ( z.B. bei einem Passanten ) sieht und der sich für dieses - weil es ihm gefallen hat - interessiert. Dieser Teil des Publikums hat in aller Regel nicht die Möglichkeit oder Gelegenheit, das "getragene" Brillenmodell der Klägerin näher zu betrachten und wird insbesondere nicht die nur im Inneren des Bügels angebrachte Kennzeichnung bemerken, so dass er, wenn er auf das Brillenmodell des Beklagten stößt, dieses für das bei einer anderen Person gesehene Modell der Klägerin halten und daher der Gefahr unmittelbarer Verwechslungen erliegen kann. Da Brillengestelle aufgrund der vorbeschriebenen Umstände in aller Regel nicht allein aufgrund der flüchtigen Wahrnehmung bei anderen Personen erworben zu werden pflegen, wird die dargestellte unmittelbare Verwechslungsgefahr zwar nur in einem verhältnismäßig engen Lebensbereich bestehen. Dabei kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass hiervon ein als beachtlich zu qualifizierender erheblicher Teil des Publikums betroffen ist. Insgesamt kann die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen danach allerdings als nur gering eingeordnet werden.

4.

Vor diesem Hintergrund ist die in dem dargestellten Segment bestehende Verwechslungsgefahr als unvermeidbar zu erachten. Der Beklagte hat das nach den Umständen des Falls Erforderliche und Zumutbare getan, um der Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen entgegenzuwirken. Im Ausgangspunkt ist dabei zu beachten, dass sich die Parteien in einem designerischen Bereich bewegen, der durch die Reduktion der gestalterischen Ausdrucksformen auf schlichte, gerade und schnörkellose Linien geprägt ist. Diese engen den gestalterischen Spielraum bei einem Produkt, welches den Designern von seinen konstruktiven Notwendigkeiten her - wie hier - ohnehin nur bestimmte Bestandteile für gestalterische Ausdrucksvarianten anbietet, von vornherein ein. Dem Beklagten ist es dabei auch nicht etwa abzuverlangen, die gestalterische Linie bzw. den derzeit ohnehin aktuellen designerischen Trend des Minimalismus bzw. Purismus zu verlassen und bei der Gruppe der randlosen Brillen auf verschnörkelte(re) Formen auszuweichen. Je "reduzierter" bzw. schlichter und auf die Funktion beschränkter die vom Hersteller gewählte Form einer Brille daher ist bzw. je mehr sie sich gestalterisch auf die "Grundform" des für eine Brille Erforderlichen beschränkt, desto eher hat er die Gefahr geschaffen, dass Wettbewerber, die sich ebenfalls des designerischen Trends des "Minimalismus" bedienen, in seine Nähe geraten. Denn die Wettbewerber verlassen schon bei geringen gestalterischen "Zusätzen" den Bereich des "Minimalismus" und fügen - wie dies der Beklagte treffend formuliert hat - gestalterischen "Schnickschnack" bei. Dies bedeutet aber zugleich, dass die Wettbewerber, denen es nicht untersagt werden kann, sich innerhalb des designerischen Trends zu bewegen und sich dessen Formensprache zu bedienen, schon bei geringen Gestaltungsabweichungen das Erforderliche und ihnen Zumutbare erfüllt haben, um der Gefahr von Herkunftsverwechslungen entgegenzuwirken und dass eine gleichwohl noch bestehende Verwechslungsgefahr dann unvermeidbar ist. So liegt der Fall hier, da der Beklagte mit den aufgezeigten Gestaltungsabweichungen und der Anbringung seiner Marke alles getan hat, um sich - innerhalb des Trends des Minimalismus bzw. Purismus - vom Produkt der Klägerin abzusetzen. Dem steht es auch nicht entgegen, dass der Beklagte im Rahmen der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen eine Abwandlung seines "C.TG 2"-Modells vorgelegt hat, die sich seiner Ansicht nach noch weiter als die angegriffene Brille von der Gestaltung des klägerischen T.-Brillengestells entfernt. Denn auch diese Abwandlung bewirkt keine relevante Minderung der unmittelbaren Verwechslungsgefahr, wie sie nach den obigen Ausführungen in einem engen Segment bei situationsadäquat oberflächlicher Wahrnehmung besteht, und kann daher eine andere Beurteilung der Unzumutbarkeit, bei dem angegriffenen "C.TG 2"-Modell weitere Gestaltungsabweichungen vorzunehmen, nicht herbeiführen. Die vorliegenden Abweichungen reichen nach alledem vielmehr mit Blick auf die an der unteren Grenze der wettbewerblichen Beachtlichkeit anzusiedelnde Verwechslungsgefahr aus, um den Vorwurf eines unter dem Aspekt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung unlauteren Verhaltens zu verneinen.

II.

Gleiches gilt im Ergebnis, soweit die Klägerin den Vorwurf eines wettbewerblich sittenwidrigen Verhaltens aus dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung herzuleiten sucht. Denn hat der Beklagte das Zumutbare getan, um der Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen zu begegnen, so kann der Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht mit Erfolg unter Hinweis auf die Verwechslungsgefahr darauf gestützt werden, der Nachahmer nutze damit zugleich Gütevorstellungen aus, die der Verkehr mit dem nachgeahmten Erzeugnis verbinde. Umstände, die über die Übernahme der Merkmale der Gestaltungsform des klägerischen T.-Brillenmodells hinaus das Inverkehrbringen der "C.TG 2"-Brille durch den Beklagten als unlautere Rufausbeutung qualifizieren lassen, sind weder dem Vortrag der Klägerin noch dem Sachverhalt im übrigen zu entnehmen (vgl. BGH 50, 125/131= GRUR 1968, 591/593 -"Pulverbehälter"-).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlagen in den §§ 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat sah schließlich keinen Anlass für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO i.V. mit § 26 Nr. 7 EGZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebieten Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung. Die im Streitfall entscheidungserheblichen Fragen betreffen vielmehr Aspekte der Subsumtion eines individuellen Sachverhalts unter Rechtsgrundsätze, die ihren Voraussetzungen nach in höchstrichterlicher Rechtsprechung geklärt sind.

Die mit Blick auf die in § 26 Nr. 8 EGZPO getroffene Übergangsregelung festgesetzte Beschwer orientiert sich am Wert der Klagebegehren, mit denen die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterliegt.






OLG Köln:
Urteil v. 14.06.2002
Az: 6 U 175/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fbeb590e009a/OLG-Koeln_Urteil_vom_14-Juni-2002_Az_6-U-175-01




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