Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 11. November 2014
Aktenzeichen: 4b O 124/13
(LG Düsseldorf: Urteil v. 11.11.2014, Az.: 4b O 124/13)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents XXX (nachfolgend: Klagepatent) geltend.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 29.08.1996 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 01.09.1995 von Herrn A angemeldet wurde. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 09.08.2000. Seit dem 04.03.2013 ist die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents im Patentregister eingetragen. Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft. Auf einen Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents wurde dieses durch das Europäische Patentamt (EPA) im vollen Umfang aufrechterhalten. Über eine von der Beklagten erhobene, das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage wurde bislang noch nicht entschieden.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage und eine Windenergieanlage. Die von der Klägerin geltend gemachten Patentansprüche 1 und 4 lauten wörtlich:
Anspruch 1
"Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit Pitchregelung, wobei die Leistung der Windenergieanlage wie auch die Betriebsdrehzahl des Rotors ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungs gefährdenden Windgeschwindigkeit abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit komt:in which reduziert wird."
Anspruch 4
"Windenergieanlage mit Pitchregelung, gekennzeichnet durch eine Einrichtung zur automatischen Leistungs- und Rotorbetriebszahlminderung ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungs gefährdenden Windgeschwindigkeit abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bzw. der wahren oder relativen Windgeschwindigkeit."
Die nachfolgende Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt eine Leistungs- und Drehzahlkennlinie einer erfindungsgemäßen Windenergieanlage als Funktion der Windgeschwindigkeit.
Die Beklagte stellt her und vertreibt Windenergieanlagen. Unter anderem bewirbt sie in ihrem Internetauftritt Offshore-Windenergieanlagen auf Basis der so genannten G4-Plattform. Diese sind mit einem Feature namens "B" (angegriffenen Ausführungsform) ausgestattet, das von der Beklagten mittlerweile auch für Windenergieanlagen im Onshore-Einsatz angeboten wird. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Regelung zum Betrieb von Windenergieanlagen oberhalb der vormaligen Abschaltgeschwindigkeit einer Anlage, indem die Rotordrehzahl und die Leistung reduziert werden. Die B-Regelung kommt im Zuge einer Nachrüstung in bestehenden Windenergieanlagen, aber auch von vornherein in neu ausgelieferten Windenergieanlagen zum Einsatz.
Die B-Regelung setzt ab einer Windgeschwindigkeit von 23 m/s ein. Ab diesem Zeitpunkt wird die Leistung in Abhängigkeit vom Pitchwinkel der Rotorblätter geregelt. In den Algorithmus zur Regelung der Rotordrehzahl fließen als einzige Messwerte die Absolutwerte der Rotorbeschleunigung ein.
Die nachstehenden drei Abbildungen stammen aus Präsentationen der Beklagten und verdeutlichen die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform. Die erste Abbildung zeigt in einem Flussdiagramm die Signalverarbeitung. Die zweite Abbildung zeigt die Steuerungsstrategie in einem allgemeineren Zusammenhang.
Das nachstehende Diagramm stammt ebenfalls aus einer Präsentation der Beklagten und gibt die Ergebnisse einer Simulation mit der B-Regelung wieder. Zu sehen sind die Mittelwerte der Anlagenleistung (y-Achse) für die verschiedenen mittleren Windgeschwindigkeit (x-Achse)
Die Klägerin sieht in dem Angebot der angegriffenen Ausführungsformen eine mittelbare und eine unmittelbare Verletzung der Ansprüche 1 und 4 des Klagepatents.
Sie ist der Ansicht, die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit sei ein vom Fachmann auszuwählender Grenzwert, ab dem die Windenergieanlage schutzrechtsgemäß geregelt werde. Dieser Grenzwert hänge von der konkreten Anlage ab, von Sicherheitsmargen und den Umgebungsparametern des Aufstellungsortes der Anlage. Die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit sei kein fixer absoluter Wert, der in der Steuerung der Windenenergieanlage fest gespeichert sei. Schon gar nicht sei die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit mit der aus dem Stand der Technik bekannten Abschaltgeschwindigkeit gleichzusetzen. Das Klagepatent lehre vielmehr, dass zur Ermittlung der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit Durchschnittswerte über beliebige Zeiträume verwendet werden könnten. Das Klagepatent gebe aber keinen konkreten Zeitraum für die Mittelung vor und bestimme auch nicht, was genau gemittelt werden solle. Die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit könne nach dem Anspruch eine mittlere Windgeschwindigkeit sein. Darauf sei der Anspruch aber nicht begrenzt. Das Klagepatent schließe die Verwendung einer tatsächlichen überlastungsgefährdenden Wind- oder Anströmgeschwindigkeit oder eine auf andere Weise gemittelte Geschwindigkeit nicht aus. Im Ergebnis schreibe der Anspruch dem Fachmann nur vor, Sorge dafür zu tragen, dass tatsächliche Windgeschwindigkeiten die Windenergieanlage nicht überlasteten.
Wählte der Fachmann eine mittlere Windgeschwindigkeit müssten Leistung und Rotordrehzahl nicht streng im Verhältnis zum Anstieg der tatsächlichen Wind/Anströmgeschwindigkeit reduziert werden, sondern nur im Rahmen des gewählten Rasters, also der mittleren Windgeschwindigkeit. Eine tatsächliche Steigerung der Windgeschwindigkeit in dem Mittelungszeitraum müsse also keine Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl des Rotors nach sich ziehen. Das Klagepatent verlange nicht, dass einer mittleren Windgeschwindigkeit jeweils eine konkrete Drehzahl zuzuweisen sei. Das Klagepatent verlange nur eine tatsächliche Reduktion der Drehzahl in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit. Ebenso wenig sei erforderlich, dass Leistung und Betriebsdrehzahl in gleichem Maße und mit demselben Algorithmus von einem Anstieg der Windgeschwindigkeit abhängig sind.
Nach diesem Verständnis des Klagepatents mache die angegriffene Ausführungsform von der patentgemäßen Lehre Gebrauch. Denn tatsächlich werde die B-Regelung bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s aktiviert. Ab dieser Geschwindigkeit würden Leistung und Betriebsdrehzahl des Rotors von der B-Regelung geregelt und reduziert. Je nach den Windverhältnissen komme es ab diesem Aktivierungszeitpunkt auch zu einer Reduzierung der Rotorbetriebsdrehzahl. Dies sei ausreichend, da das Klagepatent keinen festen Algorithmus zur Regelung einer Windenergieanlage vorschreibe. Vielmehr werde mit dem Klagepatentanspruch 1 ein Verfahren zum Betrieb einer Windenergieanlage geschützt, also das konkrete Verhalten der Windenergieanlage unabhängig davon, welcher Regelungsalgorithmus gewählt werde. Gleiches gelte für den Klagepatentanspruch 4. Die angegriffene Ausführungsform sei in der Lage, ab einer Windgeschwindigkeit von genau 23 m/s Leistung und Rotordrehzahl zu mindern. Bereits das genüge für einen Benutzungstatbestand.
Dazu behauptet die Klägerin, bei den angegriffenen Windenergieanlagen der Beklagten mit der B-Regelung werde auch die Betriebsdrehzahl des Rotors ab einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s immer dann gesenkt, wenn es zu einem Anstieg der gemittelten Wind- oder Anströmgeschwindigkeit komme. Die angegriffene Ausführungsform zeige im Betrieb stets eine Reduzierung der Rotorbetriebsdrehzahl in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit. Die Beklagte - so die Auffassung der Klägerin - sei hingegen der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Vortrag der Beklagten, bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Rotordrehzahl nicht in Abhängigkeit vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit geregelt, stehe im Widerspruch zu den von ihr selbst getätigten Aussagen in Prospekten und Präsentationen. Tatsächlich seien in dem in den USA betriebenen Discovery-Verfahren Unterlagen offengelegt worden, die belegten, dass die Betriebsdrehzahl des Rotors in Abhängigkeit vom Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit reduziert werde. Im Übrigen stehe die Reduzierung der Rotordrehzahl auch im Zusammenhang mit dem Anstieg der Windgeschwindigkeit, weil für die Berechnung der Absolutwerte der Rotorbeschleunigung auf die Rotordrehzahlen zurückgegriffen werde, die von der jeweiligen Windgeschwindigkeit abhingen. Ausgehend von der jeweiligen Rotordrehzahl könne die ermittelte Rotorbeschleunigung durchaus eine Aussage über die mittlere Windgeschwindigkeit treffen.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem Vorstandsvorsitzenden zu vollziehen ist, zu unterlassen,
a) Windenergieanlagen mit Pitch-Regelung
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die gekennzeichnet sind durch eine Einrichtung zur automatischen Leistungs- und Rotorbetriebszahlminderung ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bzw. der wahren oder relativen Windgeschwindigkeit;
und/oder
b) Windenergieanlagen mit Pitch-Regelung,
in der Bundesrepublik Deutschland Dritten, die zur Nutzung der Lehre des EP XXX nicht berechtigt sind, anzubieten oder zu liefern,
die zur Anwendung eines Verfahrens zum Betreiben einer Windenergieanlagen geeignet sind, wobei die Leistung der Windenergieanlage wie auch die Betriebsdrehzahl des Rotors ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit kontinuierlich reduziert wird;
insbesondere wenn
die Betriebsdrehzahl des Rotors derart reduziert wird, dass das auf den Rotor der Windenergieanlage wirkende Belastungsniveau bei steigender Windgeschwindigkeit oberhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit annähernd konstant bleibt oder reduziert wird;
und/oder
die Betriebsdrehzahlreduzierung mit einer auf das Belastungsniveau abgestimmten Leistungsänderung verbunden ist;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 04.03.2013 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer;
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen bzw. der Aufstellplätze, für die die Erzeugnisse bestimmt waren;
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
und wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege in Form von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungspflichtige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 04.03.2013 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der IP-Adresse, der Schaltungszeiträume sowie der Zugriffszahlen;
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. a) beschriebenen Erzeugnisse auf ihre Wahl einem von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten auszuhändigen (etwa durch Entfernung des B-Features) oder sie auf ihre eigenen Kosten selbst entsprechend zu vernichten und der Klägerin einen Vernichtungsnachweis zukommen zu lassen;
5. die unter Ziffer 1. a) bezeichneten, seit dem 04.03.2013 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf festgestellten patentverletzenden Zustand und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe der Erzeugnisse verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen oder auf ihre Kosten dafür Sorge zu tragen, dass die Erzeugnisse vor Ort bei den Abnehmern vernichtet werden (etwa durch unwiederbringliche Entfernung des B-Features);
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen seit dem 04.03.2013 entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Verhandlung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Sie ist der Auffassung, die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit sei eine mittlere Windgeschwindigkeit und umschreibe einen festen Wert, nämlich die bisherige Abschaltgeschwindigkeit. Erst wenn und immer wenn dieser Wert erreicht werde, finde eine Reduktion von Leistung und Betriebsdrehzahl statt. Dabei hänge die Reduktion von Leistung und Drehzahl vom Anstieg der mittleren Wind- oder Anströmgeschwindigkeit ab. Das bedeute, dass einer mittleren Windgeschwindigkeit jeweils eine konkrete Rotordrehzahl zugewiesen sei. Eine Korrelation (statistische Abhängigkeit) reiche nicht. Jeder Anstieg der Windgeschwindigkeit führe zu einer weiteren Reduktion der Leistung und Drehzahl.
Bei der angegriffenen Ausführungsform werde hingegen die Leistung bereits vor der vormaligen Abschaltgeschwindigkeit von 25 m/s reduziert, nämlich ab einer mittleren Windgeschwindigkeit von 23 m/s. Zudem erfolge die Leistungsminderung in Abhängigkeit vom Pitch-Winkel und nicht unmittelbar in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit. Die Reduktion der Betriebsdrehzahl erfolge bei den angegriffenen Ausführungsformen hingegen ausschließlich in Abhängigkeit von den ermittelten positiven und negativen Rotorbeschleunigungen. Dabei handele es sich bei den Rotorbeschleunigungen um momentane Werte. In die Drehzahlregelung durch B gehe der Betrag der Beschleunigung der Rotorachse ein, d.h. es würden Beschleunigungen und Abbremsungen berücksichtigt. Die Reduktion sei unabhängig davon, welchen Wert die Windgeschwindigkeit zum jeweiligen Zeitpunkt habe. Die Betriebsdrehzahl werde bei großen Beschleunigungswerten auch bei konstanter mittlerer Windgeschwindigkeit reduziert und bleibe bei gleichbleibenden Beschleunigungswerten konstant, auch wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteige. Bei einer negativen Bö nehme die Windgeschwindigkeit ab, die Drehzahl steige aber nicht, sondern werde reduziert. Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei - insoweit unstreitig - nicht jedem Wert für die Windgeschwindigkeit ein bestimmter Wert für die Drehzahl eindeutig zugeordnet. Es bestehe weder eine Abhängigkeit der mittleren Windgeschwindigkeit mit der Ist-Drehzahl, noch mit der Soll-Drehzahl. B leite aus der Beschleunigung des Rotors auch weder Momentanwerte noch Mittelwerte der Windgeschwindigkeit her.
Das Klagepatent werde sich zudem als nicht rechtsbeständig erweisen. Die patentgemäße Lehre sei weder neu, noch beruhe sie auf erfinderischer Tätigkeit. Zudem sei der Schutzbereich der Ansprüche 1 und 4 unzulässig erweitert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf aus den Vertriebswegen sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG und §§ 242, 259 BGB.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer pitchgeregelten Windenergieanlage und eine zugehörige Windenergieanlage. Von einer pitchgeregelten Windenergieanlage spricht man, wenn die Rotorblätter in kürzester Zeit um ihre Längsachse verstellt werden können, um die Windangriffsfläche des Rotorflügels nach Maßgabe der herrschenden Windverhältnisse regulieren zu können. Im Stand der Technik erfolgte dies, um im Nennbetrieb einer Windenergieanlage die Drehzahl des Rotors und die Leistung der Turbine trotz sich ständig ändernder Windverhältnisse im Wesentlichen konstant halten zu können.
Die Klagepatentschrift erläutert einleitend die Abhängigkeit der auf die Rotorblätter einer Windenergieanlage wirkenden Kraft von verschiedenen Parametern. Die am Blattprofil wirkende Kraft FA hängt von dem auf das Rotorblatt wirkenden Staudruck q, der angeströmten Fläche A bzw. der Bezugsfläche des Rotors sowie der Profilpolaren c als Funktion des Anströmwinkels ab. Der Staudruck q wiederum hängt von den herrschenden Windverhältnissen, insbesondere von der Windgeschwindigkeit des herrschenden Windes ab, im Einzelnen: von der Luftdichte € und von der Anströmgeschwindigkeit v des Windes am Profil. Dabei setzt sich die Anströmgeschwindigkeit v vektoriell aus der tatsächlichen Windgeschwindigkeit vW und der örtlichen Umfangsgeschwindigkeit vU an einem bestimmten Punkt des Rotorblattes zusammen. Die Umfangsgeschwindigkeit vU hängt wiederum von der Rotordrehzahl n und dem betrachteten Rotorradius r ab. Steht die tatsächliche Windgeschwindigkeit nicht senkrecht zur Umfangsgeschwindigkeit, fließt in die Berechnung auch noch der Anströmwinkel € als Winkel zwischen der Anströmgeschwindigkeit v und der Umfangsgeschwindigkeit vU ein.
Die Klagepatentschrift führt in diesem Zusammenhang verschiedene Formeln zur Berechnung einzelner Größen an und erläutert dazu, dass auch unter Berücksichtigung verschiedener Annahmen und Vereinfachungen qualitative Abhängigkeiten der verschiedenen Parameter voneinander erkennbar seien (Abs. [0002] bis [0005]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1). So hänge insbesondere der den Rotor der Windenergieanlage belastende Staudruck q quadratisch von der Anströmgeschwindigkeit v ab (Abs. [0007]). Demzufolge könne die jeweilige Windenergieanlage ab einer bestimmten maximalen Anströmgeschwindigkeit vmax ihre Belastungsgrenze erreichen.
Im Stand der Technik sei es aus Beiträgen von Robert Gasch: "Windkraftanlagen", B. G. Teubner Stuttgart, 1933, S. 303 ff. und von Erich Hau: "Windkraftanlagen", Springer-Verlag, Berlin u.a., 1988, S. 323 f., S. 330 ff. bekannt, zur Begrenzung der Belastung einer Windenergieanlage diese bei Erreichen einer maximalen Windgeschwindigkeit vWmax abzuschalten. Dies wird in der Klagepatentschrift als nachteilig angesehen: Vor allem bei Windparks führe die nahezu zeitgleiche Abschaltung aller Windenergieanlagen bei Erreichen der Abschaltgeschwindigkeit bzw. das Wiederanschalten nach einer solchen Abschaltung bei nachlassendem Wind zu starken Leistungsgradienten. Diese machten sich durch eine plötzliche Spannungsänderung im elektrischen Netz bemerkbar, an dem die Windenergieanlagen angeschlossen seien (Abs. [0009]). Weiterhin reduziere sich durch die vollständige Stilllegung der Anlage bei Sturm außerdem die Energieausbeute und damit die Leistungseffizienz der Windenergieanlage (vgl. Abs. [0014]). Das Abschalten erfolge aus voller Betriebsdrehzahl, genauso wie das Wiederanfahren der Anlage bei nachlassendem Wind bei weiterhin relativ hohen Windgeschwindigkeiten aus dem Stillstand heraus vorgenommen werde. Beides belaste die Anlagenteile mechanisch erheblich (vgl. Absatz [0014]).
Aus der Patentanmeldung EP XXX sei es zur Sturmregelung weiterhin bekannt, bei steigender Windgeschwindigkeit die Drehzahl des Rotors konstant zu halten und die elektrische Leistung der Windenergieanlage zu verringern.
Vor dem Hintergrund bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, den Ertrag einer Windenergieanlage zu erhöhen und dennoch die Belastung der Anlage bei höheren Windgeschwindigkeiten zu begrenzen.
Zur Lösung dieses Problem schlägt das Klagepatent in den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 4 ein Verfahren und eine Windenergieanlage vor, deren Merkmale wie folgt gegliedert werden können:
Anspruch 1
1. Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit Pitchregelung.
2. Ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit wird kontinuierlich reduziert:
2.1 die Leistung der Windenergieanlage wie auch
2.2 die Betriebsdrehzahl des Rotors,
2.3 und zwar abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit.
Anspruch 4
1. Windenergieanlage mit Pitchregelung.
2. Die Windenergieanlage weist eine Einrichtung auf zur automatischen
2.1 Leistungsminderung und
2.2 Rotorbetriebszahlminderung.
3. Die Minderung erfolgt
3.1 ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit
3.2 abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bzw. der wahren oder relativen Windgeschwindigkeit.
II.
Die durch das Klagepatent geschützte Erfindung beruht - wie bereits der 2. Zivilsenat des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 13.02.2014 in dem diesem Rechtsstreit vorangehenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (nachfolgend: Urteil vom 13.02.2014) ausgeführt hat - auf der Erkenntnis, dass die auf die Rotorblätter wirkenden Kräfte teilweise von konstanten Größen, teilweise aber auch von veränderlichen Parametern abhängig sind und durch die Veränderung dieser Parameter beeinflusst werden können. Während einzelne veränderliche Größen wie die Windgeschwindigkeit oder die Windrichtung durch die Steuerung einer Windenergieanlage nicht beeinflusst werden können, gibt es andere Parameter wie beispielsweise die Drehzahl oder die Umfangsgeschwindigkeit des Rotors, die über die Steuerung - etwa mittels des Anstellwinkels der Rotorblätter - verändert werden können. Dies hat Auswirkungen auf den Anströmwinkel, die Anströmgeschwindigkeit und im Ergebnis auch auf den wirksamen Staudruck beziehungsweise die auf die Rotorblätter wirkenden Kräfte (vgl. (1) in Abs. [0002], (3) bis (5) in Abs. [0005] sowie (10) in Abs. [0006]).
Auch wenn die in der Klagepatentschrift wiedergegebenen Gleichungen teilweise auf Annahmen und Vereinfachungen beruhen (etwa (6) und (7) in Abs. [0006]), wird in der Beschreibung des Klagepatents auf die qualitativen Abhängigkeiten verschiedener Parameter ausdrücklich hingewiesen. Insbesondere hängt der den Rotor belastende wirksame Staudruck q quadratisch von der Anströmgeschwindigkeit v ab, so dass bei einer entsprechend hohen Anströmgeschwindigkeit vmax die Windenergieanlage ihre Belastungsgrenze erreicht (Abs. [0007] und [0008]). Wie sich den Gleichungen (3) und (4) entnehmen lässt, hängt die Anströmgeschwindigkeit maßgeblich von der tatsächlichen Windgeschwindigkeit vW, der Umfangsgeschwindigkeit vU des Rotors und dem Anströmwinkel € ab. Bei gleichbleibender Umfangsgeschwindigkeit vU kann die Belastungsgrenze bei vmax daher bei entsprechend steigender Windgeschwindigkeit vW oder bei einer Veränderung des Anströmwinkels € in Folge einer Veränderung der Windrichtung überschritten werden. Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Überschreiten der Belastungsgrenze durch eine von der Steuerung der Windenergieanlage veranlasste Verringerung der Rotordrehzahl n beziehungsweise Umfangsgeschwindigkeit vU des Rotors entgegengewirkt werden kann, weil eine solche Verringerung auch eine Verringerung der Anströmgeschwindigkeit v nach sich zieht (Abs. [0013]). Dementsprechend sehen die Klagepatentansprüche vor, die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors ab Erreichen einer die Windenergieanlage überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit zu reduzieren. Dies erlaubt es, eine Windenergieanlage auch bei Windgeschwindigkeiten zu betreiben, bei denen sie im Stand der Technik abgeschaltet worden wäre. Dadurch kann die Leistungskennlinie einer Windenergieanlage zu größeren Windgeschwindigkeiten verlängert und der Energieertrag und die Netzverträglichkeit der Windenergieanlage verbessert werden. Vor allem können durch die Reduzierung der Betriebsdrehzahl zu starke, wechselnde Belastungen der Rotorblätter und damit zu unsymmetrische, pulsierende Belastungen der ganzen Anlage, die mit steigender Windgeschwindigkeit zunehmen, vermieden oder zumindest reduziert werden (Abs. [0014]).
1.
Bei der in den Klagepatentansprüchen genannten überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit (Merkmal 2 bzw. Merkmal 3.1) handelt es sich um eine mittlere Windgeschwindigkeit, nach deren Überschreiten für eine bestimmte Windenergieanlage die Gefahr der Überlastung besteht. Ab welcher Windgeschwindigkeit eine Überlastungsgefahr besteht, ist das Ergebnis einer wertenden Abwägung unterschiedlicher, teilweise konkurrierender Umstände, die dem Fachmann einen Beurteilungsspielraum überlässt, so dass es für eine Windenergieanlage nicht die eine, allein entscheidende überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit gibt, sondern eine Bandbreite an Windgeschwindigkeiten, mit denen die Gefahr einer übermäßigen Belastung der Windenergieanlage verbunden ist. Die Kammer macht sich insofern die Ausführungen des 2. Zivilsenats des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 13.02.2014 zum Verständnis des Begriffs der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit zu eigen (Abschnitt II. 1. b) aa) und cc) des Anlage BSS 2).
2.
Dadurch, dass die Leistung und Rotorbetriebsdrehzahl erst "ab Erreichen" der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit reduziert werden sollen (Merkmal 2 bzw. 3.1), enthalten die Patentansprüche die Anordnung, dass der reduzierte Betrieb nicht mal ab der einen und mal ab der anderen Windgeschwindigkeit einsetzt. Bei der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit handelt es sich um eine bestimmte, zuvor festgelegte Grenzgeschwindigkeit. Auch in dieser Hinsicht verweist die Kammer zur näheren Begründung ihrer Auffassung auf die Ausführungen des 2. Zivilsenats des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 13.02.2014, die sie sich insoweit grundsätzlich zu eigen macht (Abschnitt II. 1. b) bb) der Anlage BSS 2). Es bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Entscheidung, ob die Klagepatentansprüche darüber hinaus auch dahingehend zu verstehen sind, dass der Sturmregelungsmodus immer dann verlassen wird, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit unter die überlastungsgefährdenden Grenze sinkt. Dies mag zur Erhöhung des Leistungsertrags einer Windenergieanlage angebracht sein. Tatsächlich äußern sich die Klagepatentansprüche jedoch nicht dazu, wann der reduzierte Betrieb wieder verlassen wird. Insofern ist es auch denkbar, dass der Nennbetrieb erst bei einer Windgeschwindigkeit wieder einsetzt, die deutlich unterhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit liegt, um zu vermeiden, dass der Sturmregelungsmodus in kurzen Zeitabständen wiederholt einsetzt und wieder verlassen wird, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit um den Wert der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit pendelt.
3.
Soweit die Klagepatentansprüche verlangen, dass die Reduzierung der Leistung der Windenergieanlage und der Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit erfolgen müssen, gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass damit eine Abhängigkeit von einer gemittelten und nicht von der momentanen Wind- oder Anströmgeschwindigkeit gemeint ist. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an (vgl. bereits: Kammer Urteil vom 01.10.2013, 4b O 53/13, S. 14 f). Unter der momentanen Windgeschwindigkeit versteht die Kammer dabei nach den Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung die einmalige Bestimmung der Windgeschwindigkeit über einen kurzen Zeitraum, während die mittlere Windgeschwindigkeit den Durchschnitt mehrere momentaner Windgeschwindigkeiten über einen längeren Zeitraum bildet, wobei sich die Länge des Mittelungszeitraum nach dem jeweiligen Verwendungszweck des ermittelten Wertes der mittleren Windgeschwindigkeit richtet und von einigen Sekunden bis zu 30 Minuten oder länger dauern kann.
Bereits im Nennbetrieb, also unterhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit, begegnet die Windenergieanlage den fortwährenden Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit durch das so genannte "pitchen". Dabei wird innerhalb von Sekundenbruchteilen der Anstellwinkel der Rotorblätter in Abhängigkeit von der Änderung der momentanen Windgeschwindigkeit geändert, um die Rotordrehzahl und damit die Leistung der Windenergieanlage in Höhe der Nenndrehzahl und Nennleistung weitgehend konstant zu halten. Nenndrehzahl und Nennleistung können als Regelziel aufgefasst werden, die die Steuerung über das "pitchen" der Rotorblätter bei verschiedenen Windgeschwindigkeiten zu erreichen sucht. Aufgrund der stetigen Änderung der momentanen Windgeschwindigkeit, der zeitlich (ggf. auch nur geringfügig) beabstandeten Geschwindigkeitsberechnungen und der Trägheit des Rotors werden Rotordrehzahl und Leistung nie völlig konstant sein, sondern in einem engen Bereich um die Nenndrehzahl und die Nennleistung schwanken. Das Regelziel ist jedoch konstant und daher im Mittel auch die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors.
Für Windgeschwindigkeiten oberhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit sehen die Klagepatentansprüche vor, dass die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors in Abhängigkeit vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit reduziert werden (Merkmal 2.3 bzw. 3.2). Je höher also die Windgeschwindigkeit ist, desto niedriger müssen Leistung und Rotordrehzahl sein. Wird diese Windgeschwindigkeit als momentane Geschwindigkeit aufgefasst, hätte dies zur Folge, dass bei jedem Aufkommen und Abflauen einer Bö die Leistung und die Rotorbetriebsdrehzahl anders als im Nennbetrieb nicht nur konstant gehalten, sondern sogar reduziert und kurz darauf wieder erhöht werden müssten. Eine solche Steuerung der Windenergieanlage wird mit enormen Belastungen des Rotors, des Antriebsstrangs und der gesamten Anlage einhergehen, die im Vergleich zu den Belastungen im Nennbetrieb ungleich höher sein werden. Denn Leistung und Drehzahl werden nicht mehr konstant gehalten, sondern müssen abhängig von der momentanen Windgeschwindigkeit reduziert und erhöht werden, wobei obendrein mit steigender mittlerer Windgeschwindigkeit im Mittel auch die Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit zunehmen. Das gilt selbst dann, wenn der Anstieg der momentanen Windgeschwindigkeit unterhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit bleibt, weil die mittlere Windgeschwindigkeit gleichwohl oberhalb der Grenzgeschwindigkeit liegen kann und sich die Belastungen für die Windenergieanlage gerade aus dem Wechsel der momentanen Windgeschwindigkeit ergeben (vgl. Sp. 3 Z. 46-50). Abgesehen davon wird es aufgrund der Trägheit des Rotors kaum möglich sein, eine Windenergieanlage so zu steuern, dass bei jedem Anstieg der momentanen Windgeschwindigkeit die Drehzahl weiter reduziert wird. Der Fachmann wird daher eine Auslegung der Klagepatentansprüche, bei der die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig vom Anstieg der momentanen Windgeschwindigkeit reduziert werden, ausschließen.
Ist die Reduzierung der Leistung und der Betriebsdrehzahl vom Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit abhängig, ähnelt der Betrieb einer Windenergieanlage oberhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit dem Nennbetrieb unterhalb dieser Windgeschwindigkeit. Der Unterschied besteht darin, dass im Nennbetrieb das Regelziel der Steuerung darin besteht, für jede mittlere Windgeschwindigkeit bis zur überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit Leistung und Betriebsdrehzahl konstant zu halten, während oberhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit das Regelziel für Leistung und Drehzahl umso niedriger ist, je höher die mittlere Windgeschwindigkeit ist. Zudem werden wie im Nennbetrieb die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors auch bei gleichbleibender mittlerer Windgeschwindigkeit aufgrund der zeitlichen Abstände für die Geschwindigkeitsberechnungen und der Trägheit der Rotoren in einem gewissen Umfang schwanken. Das Regelziel bleibt aber gleich. Es würde bei unveränderten Windbedingungen auch tatsächlich erreicht. Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit, die die Windenergieanlage durch das "Pitchen" der Rotorblätter auszugleichen versucht, führen jedoch regelmäßig dazu, dass die Drehzahl um die Zielgröße schwankt. Im Mittel wird sie erreicht. Ebenso kann ein Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit, aufgrund dessen die Leistung und die Rotordrehzahl reduziert werden müssen, dazu führen, dass das ursprüngliche Regelziel überholt ist und nicht mehr erreicht wird.
Dass die Reduzierung der Leistung und der Betriebsdrehzahl des Rotors patentgemäß von der mittleren Windgeschwindigkeit abhängig ist, ergibt sich auch aus der Beschreibung des Klagepatents, wonach durch die Erfindung zu starke, wechselnde Belastungen der Rotorblätter und damit zu unsymmetrische, pulsierende Belastungen der ganzen Anlage, die mit steigender Windgeschwindigkeit zunehmen, vermieden werden (Sp. 3 Z. 46-50). Das Klagepatent spricht hier den Umstand an, dass mit steigender mittlere Windgeschwindigkeit - jedenfalls statistisch betrachtet - auch die Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit, also die Böen und Turbulenzen zunehmen. Um diesen durch die Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit bedingten starken und wechselnden Belastungen zu begegnen, knüpft die Erfindung an der mittleren Windgeschwindigkeit an und reduziert in Abhängigkeit vom Anstieg dieser Windgeschwindigkeit die Leistung beziehungsweise die Betriebsdrehzahl des Rotors.
Im Ergebnis wird dieser Zusammenhang zwischen mittlerer Windgeschwindigkeit und Leistung beziehungsweise Betriebsdrehzahl auch in der Figur 1 der Klagepatentschrift wiedergegeben, die eine Leistungs- und Drehzahlkennlinie einer erfindungsgemäßen Windenergieanlage als Funktion der Windgeschwindigkeit zeigt. Die Kennlinie beschreibt das Verhalten einer Windenergieanlage für die jeweilige mittlere Windgeschwindigkeit, die auf der x-Achse aufgetragen. Jedenfalls die überlastungsgefährdende Windgeschwindigkeit ist als mittlere Windgeschwindigkeit aufzufassen, was dann konsequenterweise für die gesamte Darstellung der x-Achse gilt. Für jede mittlere Windgeschwindigkeit ist dann auf der y-Achse die Leistung beziehungsweise die Rotorbetriebsdrehzahl aufgetragen.
Über welchen Zeitraum die mittlere Windgeschwindigkeit ermittelt wird, von der die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors patentgemäß abhängen, ist dem Fachmann überlassen. Die Klagepatentansprüche enthalten in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Je kürzer die Zeitspanne ist, über die gemittelt wird, desto stärker fallen die Schwankungen der momentanen Windgeschwindigkeit ins Gewicht. Dies erlaubt es zum einen, zur Überlastung der Anlage führende Betriebszustände besser abzubilden und auf sie durch eine Reduktion von Leistung und Rotordrehzahl zu reagieren (vgl. auch Abschnitt II. 1. b) ee) der Anlage BSS 2). Zum anderen führt eine solche Reaktion, bei der die Leistung und die Betriebsdrehzahl nicht nur konstant gehalten, sondern sogar reduziert werden müssen, regelmäßig zu enormen Belastungen der Windenergieanlage. Umgekehrt gilt, je länger die Zeitspanne ist, über die die Windgeschwindigkeit gemittelt wird, desto weniger stark treten die Schwankungen der momentanen Windgeschwindigkeit hervor, was zugleich die Gefahr birgt, dass zur Überlastung führende Betriebszustände unterschätzt werden. Letzterem könnte dadurch begegnet werden, dass das Regelziel von vornherein so niedrig angesetzt wird, dass die Gefahr von Überlastungen durch starke Änderungen der momentanen Geschwindigkeit ganz oder nahezu ausgeschlossen ist. Ebenso ist denkbar, was die Parteien in der mündlichen Verhandlung erwähnt haben, einen weiteren Grenzwert festzulegen, der auf die momentane Windgeschwindigkeit bezogen ist und bei dessen ein- oder mehrmaligem Überschreiten die Windenergieanlage abgeschaltet wird. Der Umstand, dass die Bestimmung der mittleren Windgeschwindigkeit über eine gewisse Zeitspanne erfolgt und Geschwindigkeitswerte erst nach Ende der jeweiligen Zeitspanne vorliegen, kann dadurch relativiert werden, dass die Zeitfenster für die Bestimmung der mittleren Windgeschwindigkeit zeitversetzt beginnen und sich so teilweise überlappen. Entscheidend ist aber, dass - worauf auch das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom abgestellt hat - der Anstieg mittleren Windgeschwindigkeit überhaupt einen zeitnahen Einfluss auf die derzeitige Belastungssituation einer Windenergieanlage hat. Ausgeschlossen ist insofern, dass die Zeitspanne, über die die Windgeschwindigkeit gemittelt wird, keine Aussagekraft mehr über die Rotorbelastung hat.
4.
Nach der Lehre des Klagepatents ist weiter erforderlich, dass die Leistung und die Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit gemindert werden (Merkmal 2.3 bzw. 3.2). Die Klagepatentansprüche sind in dieser Hinsicht dahingehend auszulegen, dass in die Steuerung der Leistung und der Drehzahl die mittlere Wind- oder Anströmgeschwindigkeit selbst oder jedenfalls solche Parameter, aus denen sich die mittlere Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bestimmen lässt, unmittelbar einfließen. Der Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bedingt somit unmittelbar die Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl. Es genügt hingegen nicht, dass Leistung und Drehzahl bei jedem Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit faktisch verringert werden, wenn die Windgeschwindigkeiten oder auf diese zurückzuführende Parameter für den reduzierten Betrieb keine Bedeutung haben. Ebenso wenig genügt es, dass Parameter verwendet werden, die lediglich in einem statistischen Zusammenhang mit der mittleren Windgeschwindigkeit stehen, so dass im Mittel über einen längeren Zeitraum Leistung und Drehzahl mit steigender Windgeschwindigkeit reduziert werden, die Windenergieanlage im Einzelfall aber ein Verhalten zeigt, bei dem trotz steigender mittlerer Windgeschwindigkeit Leistung oder Drehzahl nicht reduziert werden. Denn die Klagepatentansprüche beschreiben nicht einfach, wie sich eine Windenergieanlage oberhalb der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit verhalten soll. Sie verkörpern vielmehr eine Lehre zum technischen Handeln, die dem Fachmann auch vorgibt, wie er das technische Problem löst, eine Windenergieanlage oberhalb der früheren Abschaltgeschwindigkeit zu betreiben, ohne dass die Belastungen für die Windenergieanlage und die angeschlossenen Netze zu hoch werden, indem nämlich der Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit als Maß für die Reduzierung der Leistung und Drehzahl verwendet wird. Die mittlere Windgeschwindigkeit muss unmittelbar in das Regelziel für die Leistung und die Betriebsdrehzahl einfließen.
a)
Vorstehende Auslegung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Klagepatentansprüche, nach dem die Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit abhängig ist. Der Begriff "abhängig" macht den unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Wind- oder Antrömgeschwindigkeit einerseits und der Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl andererseits deutlich. Auch der 2. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 13.02.2014 ausgeführt, dass mit dem Begriff der Abhängigkeit nicht gemeint ist, dass ein Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit irgendeine Minderung der Leistung und der Betriebsdrehzahl zur Folge hat, sondern der Zuwachs an Geschwindigkeit einerseits und die Verringerung der Leistung und der Betriebsdrehzahl andererseits in einer Korrelation zueinander stehen, so dass ein qualitativ anderer Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit auch eine qualitativ andere Reduktion von Leistung und Betriebsdrehzahl nach sich zieht (Abschnitt II. 1. b) dd) der Anlage BSS 2). Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn die Wind- oder Anströmgeschwindigkeit beziehungsweise Parameter, die rechnerisch auf diese zurückzuführen sind, in die Steuerung von Leistung und Betriebsdrehzahl einfließen.
b)
Dieser Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit einerseits und der Reduzierung der Leistung und der Betriebsdrehzahl andererseits ergibt sich auch aus der Beschreibung des Klagepatents. Diese geht davon aus, dass der Anstieg der Windgeschwindigkeit oder eine ungünstige Anströmrichtung, die jeweils zum ungünstigen Anwachsen der resultierenden Anströmgeschwindigkeit führen können, als Messgröße dienen. Dabei kann dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit durch eine Reduzierung der Drehzahl entgegengewirkt werden (Sp. 3 Z. 20-28). Damit greift das Klagepatent genau den Zusammenhang zwischen Wind- oder Anströmgeschwindigkeit einerseits und Rotordrehzahl andererseits auf, der in der Klagepatentschrift einleitend anhand der verschiedenen Formeln für den Staudruck beziehungsweise die auf den Rotor lastenden Kräfte mathematisch und physikalisch dargestellt wurde (Abs. [0002] bis [0007]). Auf diese einleitend genannten Gleichungen weist das Klagepatent an dieser Stelle ausdrücklich hin (vgl. Sp. 3 Z.14 ff)
Es mag sein, dass die dargestellten Formeln - wie bereits eingangs ausgeführt - Annahmen und Vereinfachungen enthalten. Gleichwohl lassen sie, wie auch die Klagepatentschrift betont, qualitative Abhängigkeiten (!) der verschiedenen Parameter voneinander erkennen (Sp. 2 Z. 33-35). Dem Fachmann lehrt das Klagepatent damit in mathematischphysikalischer Hinsicht, dass der die Windenergieanlage belastende Staudruck quadratisch von der Anströmgeschwindigkeit v abhängt, die wiederum (unter anderem) von der Windgeschwindigkeit vW und der Umfangsgeschwindigkeit vU und damit auch von der Rotordrehzahl n abhängt (Sp. 1 Z. 20-38) und dass dem Anwachsen des Staudrucks infolge des Anstiegs der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit durch eine Reduzierung der Rotordrehzahl entgegengewirkt werden kann (Sp. 3 Z. 20-28). Die Funktion, die Betriebsdrehzahl in Abhängigkeit vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit zu reduzieren, besteht vor dem Hintergrund darin, einem ungünstigen Anwachsen des Staudrucks zu begegnen. Das setzt aber voraus, dass es - wie es sich auch aus den einleitend in der Beschreibung des Klagepatents genannten Gleichungen ergibt - einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit und der Reduzierung der Betriebsdrehzahl in dem Sinne geben muss, dass die jeweilige Wind- oder Anströmgeschwindigkeit in die Steuerung von Leistung und Betriebsdrehzahl dergestalt einfließt, dass ihr Anstieg die Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl bedingt.
c)
Das Klagepatent bietet dem Fachmann keine andere technische Lösung dafür, wie Leistung und Betriebsdrehzahl zu reduzieren sind, wenn nicht der Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit in die Regelung dieser Parameter unmittelbar einfließt. Es ist - auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung - nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, wie der Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents die Betriebsdrehzahl des Rotors zugleich mit dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit reduzieren sollte, wenn letztere für die Steuerung der Betriebsdrehzahl nicht zu berücksichtigen sein sollte. Vor allem ist nicht ersichtlich, wie einem ungünstigen Anwachsen des Staudrucks bei steigender Windgeschwindigkeit wirksam begegnet werden soll, wenn es zwischen dem Anstieg der Windgeschwindigkeit und der Minderung der Betriebsdrehzahl keinen qualitativen Zusammenhang mehr gibt, sondern die Betriebsdrehzahl mal mehr und mal weniger stark reduziert wird. In einem solchen Fall ist die Windenergieanlage bei gleichen Windgeschwindigkeiten unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt. Das gilt erst recht, wenn zwischen den Parametern zur Steuerung der Betriebsdrehzahl einerseits und der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit andererseits nur ein statistischer Zusammenhang besteht und gemittelt über einen längeren Zeitraum der Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit zwar mit einer Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors einhergeht, nicht aber in jedem Einzelfall.
Eine Steuerung einer Windenergieanlage, bei der nicht jedes Mal dann, wenn die Wind- oder Anströmgeschwindigkeit steigt, auch die Leistung und die Betriebsdrehzahl reduziert werden, arbeitet nicht nach dem patentgemäßen Verfahren. Denn das Klagepatent verknüpft mit dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit den die Windenergieanlage gefährdenden Staudruck beziehungsweise die auf die Rotorblätter wirkenden Kräfte. Sollen die Belastungen der Windenergieanlage, wie in der Aufgabe des Klagepatents formuliert (Sp. 3 Z. 7-10), bei höheren Windgeschwindigkeiten begrenzt werden, kann bei einem Anstieg der Windgeschwindigkeit die Betriebsdrehzahl nicht einmal reduziert und ein anders Mal gleichbleiben oder erhöht werden. Denn im zweiten Fall erhöht sich durch den Anstieg der Windgeschwindigkeit die Überlastungsgefahr, der nach der Erfindung durch die Reduzierung der Betriebsdrehzahl gerade entgegengewirkt werden soll.
d)
Soweit nach der Lehre des Klagepatents zu verlangen ist, dass die Reduzierung von Leistung und Betriebsdrehzahl in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit stehen muss, so dass dieser Bedingung und Maß für den reduzierten Betrieb der Windenergieanlage ist, bedeutet dies nicht, dass die Wind- oder Anströmgeschwindigkeit selbst unmittelbar gemessen werden und in die Steuerung der Leistung und der Betriebsdrehzahl einfließen muss. Mit der Lehre des Klagepatents ist es ebenso vereinbar, wenn andere Parameter verwendet werden, mit denen die Wind- oder Anströmgeschwindigkeit berechnet werden kann, oder die jedenfalls in einem solchen mathematischphysikalischen Zusammenhang mit der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit stehen, dass letztlich, wenn sie in die Steuerung der Leistung und Betriebsdrehzahl einfließen, die Reduzierung von Leistung und Drehzahl im Sinne des Klagepatents abhängig ist vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit.
Das Klagepatent nennt als mögliche Messgrößen die Windgeschwindigkeit und die Anströmrichtung (Sp. 3 Z. 21-24). Unstreitig kann auch vom jeweiligen Pitchwinkel und der momentanen Rotordrehzahl auf die jeweilige Windgeschwindigkeit geschlossen werden. Weitere oder andere Parameter sind nicht ausgeschlossen, sofern der erforderliche Zusammenhang zwischen Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit und Reduzierung der Leistung und Betriebsdrehzahl besteht. Ob aus diesen Parametern zunächst der Anstieg der Wind - oder Anströmgeschwindigkeit berechnet wird, oder ob sie unmittelbar in einen Algorithmus zur Berechnung des Regelziels einfließen, ist vor dem Hintergrund unbeachtlich.
II.
Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte stellen keine Benutzung der patentgemäßen Lehre da. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene B-Regelung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG zur Anwendung des mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens objektiv geeignet ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit erfolgt (Merkmal 2.3). Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass die angegriffenen Windenergieanlagen mit B-Regelung sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 4 wortsinngemäß verwirklichen und jenseits der überlastungsgefährdenden Windgeschwindigkeit eine Rotorbetriebsdrehzahlminderung erfolgt, die abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit bzw. der wahren oder relativen Windgeschwindigkeit ist (Merkmal 3.2).
1.
In den Algorithmus der angegriffenen B-Regelung zur Berechnung eines Regelziels für die Steuerung der Betriebsdrehzahl des Rotors fließen jedenfalls die Absolutwerte der Rotorbeschleunigung ein. Die Beschleunigungswerte werden aus zwei im Abstand von 200 ms aufeinanderfolgenden Messungen der Rotordrehzahl ermittelt. Die Absolutbeträge der Beschleunigungswerte werden gefiltert, indem sie über einen gewissen Zeitraum gemittelt werden. Dabei findet nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zugleich eine Gewichtung der Beschleunigungswerte statt mit einer stärkeren Gewichtung der am Ende des Mittelungszeitraumes ermittelten Werte. Im Übrigen sind - so der Vortrag der Beklagten - alle übrigen Parameter des Filters konstante Größen, die während des Betriebs der Windenergieanlage nicht geändert werden. Weiterhin wird hinter dem Filter ein von verschiedenen Bedingungen abhängiger, dynamischer Schwellwert berücksichtigt (vgl. S. 10 der Anlage K 11/11a), so dass nicht jede Änderung der gemittelten Beschleunigungswerte zu einer Änderung des Regelziels für die Betriebsdrehzahl führt. Schließlich erfolgt noch eine Multiplikation mit einem (einstellbaren) Faktor. Diese Zusammenhänge lassen sich in allgemeiner Form auch der als Anlage K 11 vorgelegten Präsentation der Beklagten entnehmen (dort S. 6). Der sich ergebende Sollwert wird einem zentralen Controller zugeführt, dem darüber hinaus weitere Sollwerte anderer Einheiten der Windenergieanlage zugeführt werden. Dieser zentrale Controller entscheidet letztlich, ob und in welchem Maße und basierend auf welchem Sollwert die Einstellung der diversen Parameter der Windenergieanlage erfolgt.
Davon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform eine Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig vom Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit stattfindet. Zwar sind Ausgangspunkt für die Berechnung der Steuergröße für die Betriebsdrehzahl des Rotors die Rotorgeschwindigkeiten. Diese dienen aber zu Berechnung der jeweiligen Rotorbeschleunigung, von der letztlich die Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors abhängig ist. Damit fehlt es aber an einer erfindungsgemäßen Abhängigkeit der Reduzierung der Betriebsdrehzahl vom jeweiligen Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit. Denn die Rotorbeschleunigungen stehen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der jeweiligen Windgeschwindigkeit.
Die Rotorbeschleunigung hängt von den Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit ab. Dass diese Werte im Filter gemittelt werden, ändert nichts daran, dass dieser mittlere Beschleunigungswert auf den Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit beruht. Umfang und Häufigkeit dieser Änderungen entsprechen Umfang und Häufigkeit der Böen und Turbulenzen der herrschenden Windverhältnisse. Insofern ist zwischen den Parteien unstreitig, dass im statistischen Mittel die Böen und Turbulenzen mit dem Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit zunehmen, es aber auch möglich ist, dass trotz steigender mittlerer Windgeschwindigkeit die Böigkeit und die Turbulenzen gleichbleiben oder sogar geringer werden, wie die Beklagte mit dem als Anlage BSS 10 vorgelegten Bericht des Deutschen Wetterdienstes (Seewetterdienst) zusätzlich belegt hat. Dementsprechend bleiben auch Umfang und Häufigkeit der Änderungen der momentanen Windgeschwindigkeit gleich oder nehmen ab, so dass auch die Rotorbeschleunigungen trotz steigender Windgeschwindigkeit nicht zunehmen. Damit fehlt es aber an dem patentgemäß zu fordernden unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Wind- oder Anströmgeschwindigkeit und der Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors. Die gemittelten Rotorbeschleunigungswerte lassen für sich genommen keinen Rückschluss auf die jeweilige mittlere Windgeschwindigkeit oder deren Anstieg zu. Denn bei verschiedenen mittleren Windgeschwindigkeiten können identische Rotorbeschleunigungen auftreten.
Es mag zwar sein, dass - wie die Klägerin vorgetragen hat - aus den Beschleunigungswerten unter Berücksichtigung der jeweiligen Rotordrehzahl gewisse Rückschlüsse auf den Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit gezogen werden können. Es ist aber nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass die jeweilige Rotordrehzahl in den Algorithmus zur Steuerung der Betriebsdrehzahl des Rotors einfließt. Sie mag zwar als Grundlage zur Berechnung der Rotorbeschleunigung dienen. Der bloße Wert der Rotorbeschleunigung lässt aber keinen Rückschluss auf die der Berechnung dieses Wertes zugrundeliegenden Rotordrehzahlen oder -geschwindigkeiten zu. Dass dem zentralen Controller von anderer Seite auf der mittleren Windgeschwindigkeit beziehungsweise deren Anstieg basierende Sollwerte zugeführt werden, von der letztlich die Reduzierung der Drehzahl abhängig ist, lässt sich ohne nähere Kenntnis der Steuerung der angegriffenen Ausführungsform nicht feststellen.
Die Kammer verkennt nicht, dass eine Steuerung der Windenergieanlage und insbesondere der Betriebsdrehzahl des Rotors mittels der Werte der Rotorbeschleunigung ebenso geeignet sein kann, einem ungünstigen Anwachsen der auf den Rotor und die Windenergieanlage wirkenden Belastungen entgegenzuwirken, wie dies nach der Lehre des Klagepatents möglich sein soll. Denn die Belastungen für die Windenergieanlage haben ihre wesentliche Ursache in dem ständigen Wechsel der momentanen Windgeschwindigkeit, so dass die Belastungen umso höher sind, je häufiger und extremer die Schwankungen der momentanen Windgeschwindigkeit ausfallen. Dies hat auch das Klagepatent erkannt, gleichwohl besteht nach der Lehre des Klagepatents die Lösung des technischen Problems darin, die Reduzierung der Betriebsdrehzahl an den Anstieg der (mittleren) Windgeschwindigkeit anzuknüpfen (vgl. Sp. 3 Z. 46-50). Eine Steuerung der Betriebsdrehzahl, die die Absolutwerte der Rotorbeschleunigung zum Ausgangspunkt nimmt, ist davon zu unterscheiden und stellt einen qualitativ anderen Lösungsansatz dar.
2.
Selbst wenn man von dem Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem Anstieg der Windgeschwindigkeit und der Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors absehen wollte und es ausreichen ließe, dass jedenfalls ein tatsächlicher Zusammenhang dergestalt gegeben sein muss, dass immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteigt, auch die Betriebsdrehzahl des Rotors reduziert wird, lässt sich eine Verwirklichung des Merkmals 2.3 beziehungsweise 3.2 der Klagepatentansprüche nicht feststellen. Wie bereits ausgeführt, sind durchaus Windverhältnisse möglich, bei denen die Rotorbeschleunigung trotz steigender Windgeschwindigkeit gleich bleibt beziehungsweise sogar sinkt, weil auch die Böen und Turbulenzen nicht ansteigen. Dass die angegriffene Ausführungsform in solchen Fällen gleichwohl eine Reduzierung der Betriebsdrehzahl des Rotors vornimmt, hat die Klägerin nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
a)
Wie die Steuerung der Rotordrehzahl nach der Aktivierung der B-Regelung im Einzelnen erfolgt, insbesondere wie der Algorithmus zur Bestimmung der Regelgröße für die Rotordrehzahl im Einzelnen aussieht und wie diese im zentralen Controller Berücksichtigung findet, ist nicht bekannt. Ohne diese Kenntnis lässt sich jedoch anhand der vorhandenen Angaben über die Steuerung beziehungsweise den Algorithmus nicht beurteilen, ob immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteigt, auch die Betriebsdrehzahl des Rotors reduziert wird. Wie die Werte für die Rotorbeschleunigung verarbeitet werden und welche Auswirkungen der Filter und der dynamische Schwellwert haben, lässt sich nicht feststellen. Auch die Funktionsweise des zentralen Controllers und die Qualität der weiteren ihm zugeführten Sollwerte ist nicht näher bekannt. Eine belastbare Aussage über die Steuerung der angegriffenen Ausführungsform lässt sich so nicht treffen, geschweige denn über das Regelziel beim Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit.
Das gilt auch im Hinblick auf die als Anlage K 11/11a vorgelegte Präsentation der Beklagten. Dort wird zwar beschrieben, dass strukturelle Belastungen und Windgeschwindigkeiten durch die Rotorbeschleunigungen und den Pitch-Winkel vorhergesagt werden können (S. 5 der Anlage K 11/11a). Eine Seite weiter wird aber genauer dargestellt, wie Leistung und Rotordrehzahl gemindert werden, nämlich die Leistungsreduzierung in Abhängigkeit vom Pitch-Winkel und die Betriebsdrehzahlminderung in Abhängigkeit von der Rotorbeschleunigung (S. 6 der Anlage K 11/11a). Weitere Einzelheiten über die Regelung der Betriebsdrehzahl werden nicht mitgeteilt. Mit dieser Begründung bietet auch die als Anlage K 12 vorgelegte Präsentation keine weiteren Anhaltspunkte für eine patentgemäße Steuerung der angegriffenen Windenergieanlagen. Die Aussagen in dieser Präsentation (vgl. dort S. 4 f) unterscheiden sich im Gehalt nicht von den in der Anlage K 11/11a vorgelegten Präsentation.
Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht Aufgabe der Beklagten, ihre Aussagen in den vorgenannten Unterlagen zu widerlegen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die angegriffene Ausführungsform geeignet ist, sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 zu verwirklichen, oder dass sie sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 4 tatsächlich verwirklicht, liegt bei der Klägerin. Die von der Klägerin unter Verweis auf die vorgenannten Unterlagen aufgestellte Behauptung, dies sei bei der angegriffenen B-Regelung der Fall, hat die Beklagte unter Darlegung der eingangs geschilderten Funktionsweise der Steuerung der angegriffenen Ausführungsform in erheblicher Weise bestritten. Es war insofern nicht Aufgabe der Beklagten, den Algorithmus der Steuerung offenzulegen. Es genügte vielmehr zunächst die Darlegung der Werte, die in die Steuerung der Rotordrehzahl einfließen, die das Bestreiten der Beklagten plausibel machten. Da dieser Vortrag der Feststellung einer Patentverletzung entgegensteht und auch die Aussagen in den als Anlagen K 11 und K 12 vorgelegten Unterlagen nicht als Beleg für das tatsächliche Verhalten der Windenergieanlage im Fall der B-Regelung ausreichen, obliegt es der Klägerin, ihren Vortrag weiter zu substantiieren. Dies ist ihr nicht gelungen.
b)
Auch die weiteren von den Parteien vorgelegten Unterlagen, in denen das Verhalten der Windenergieanlage bei verschiedenen mittleren Windgeschwindigkeiten dargestellt ist, lassen nicht den Schluss zu, dass immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteigt, auch die Betriebsdrehzahl des Rotors reduziert wird.
So lassen auch die als Anlagen K 17/17a und K 18 bzw. BSS 12 überreichten und nachstehend wiedergegebenen Diagramme nicht die Feststellung zu, dass immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteigt, die Betriebsdrehzahl des Rotors sinkt. Das obere Diagramm zeigt die Leistung (x-Achse) für verschiedene mittlere Windgeschwindigkeiten (y-Achse), das mittlere Diagramm in gleicher Weise die Rotordrehzahl und das untere Diagramm den Pitch-Winkel.
Die Diagramme scheinen auf den ersten Blick zu zeigen, dass mit steigender mittlerer Windgeschwindigkeit die Rotordrehzahl reduziert wird. Die Beklagte hat dazu, belegt durch die Email, in der die Diagramme enthalten waren, jedoch unbestritten vorgetragen, dass es sich bei den Diagrammen nicht um eine für die tatsächlich im Einzelfall erfolgende Drehzahlregelung maßgebliche Kennlinie handele, sondern die für die jeweilige mittlere Windgeschwindigkeit ermittelten, über eine Vielzahl durchgeführter Simulationen gemittelten Werte durchschnittlicher Drehzahlen. Mit anderen Worten: In mehreren Simulationen wurde jeweils für jede mittlere Windgeschwindigkeit die mittlere Drehzahl ermittelt und anschließend der Durchschnitt der gemittelten Drehzahlen aus den mehreren Simulationen gebildet. Anhand dieser Werte kann nicht festgestellt werden, ob im Einzelfall bei jedem Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit auch die Betriebsdrehzahl reduziert wird. Mathematisch betrachtet kann man zwar von den Einzelwerten zu den gemittelten Werten gelangen. Umgekehrt lassen die gemittelten Werte aber keinen eindeutigen Rückschluss auf das Verhalten einer Windenergieanlage im Einzelfall zu.
Die Beklagte hat insofern in der mündlichen Verhandlung die Behauptung der Klägerin, bei den angegriffenen Windenergieanlagen mit B werde die Betriebsdrehzahl des Rotors immer dann gesenkt, wenn es zu einem Anstieg der gemittelten Windgeschwindigkeit oder Anströmgeschwindigkeit komme, bestritten und erklärt, es könne durchaus vorkommen, dass trotz steigender mittlerer Windgeschwindigkeit die Rotordrehzahl nicht reduziert werde. Anhand der weiteren von den Parteien vorgelegten Unterlagen wird auch plausibel, warum dies eintreten kann.
Die nachstehenden Abbildungen beruhen auf verschiedenen Simulationen mit denen ein Windfeld und davon ausgehend Werte für die Rotordrehzahl berechnet wurden. Der Einwand der Klägerin, die Simulationen sagten nichts über das tatsächliche Verhalten der angegriffenen Windenergieanlage aus, tatsächlich sinke die Betriebsdrehzahl immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit ansteigt, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Benutzung der patentgemäßen Lehre trägt, besteht die Aufgabe von Simulationen gerade darin zu zeigen, wie sich ein System unter bestimmten Bedingungen, wenn sie in der Realität auftreten, verhält. Insofern lassen sie durchaus eine Aussage über das tatsächliche Verhalten einer Windenergieanlage zu. Dagegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, Windverhältnisse, wie sie den Simulationen zugrunde liegen, träten tatsächlich so nicht auf. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, warum einer Simulation in der Wirklichkeit nicht vorkommende Windverhältnisse zugrunde gelegt werden sollten, ist es an der Klägerin darzulegen, dass in der Realität immer dann, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit steigt, die Betriebsdrehzahl des Rotors entsprechend reduziert wird. Dies lässt sich weder den Simulationen entnehmen, noch den Diagrammen, in denen die Messwerte aus Testreihen im Echtbetrieb, wiedergegeben sind. Insofern gilt Folgendes:
Die nachstehende Abbildung zeigt für ein Intervall von 10 Minuten sämtliche während dieses Zeitraums aus anhand des simulierten Windfeldes berechneten Rotorbeschleunigungen. Auf der x-Achse sind die momentanen Windgeschwindigkeiten im Bereich von 18 bis 37 m/s aufgetragen, auf der y-Achse die von der Steuerung berechnete Rotordrehzahl, die sich zwischen 10 und 17 rpm bewegt. Es handelt sich um eine Punktwolke, die einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Rotordrehzahl nicht erkennen lässt.
Die Werte aus dem 10-Minuten-Intervall können gemittelt werden, so dass sich für einen Zeitraum von 10 Minuten eine mittlere Drehzahl für eine mittlere Windgeschwindigkeit ergibt. Wird in einer Simulation eine Vielzahl von mittleren Drehzahlen für mittlere Windgeschwindigkeiten solcher 10-Minuten-Intervalle berechnet, ergeben diese Werte, eingetragen in einem Diagramm, wie es nachstehend abgebildet ist, die folgende Verteilung:
Grün sind die Mittelwerte der Drehzahlen für jede mittlere Windgeschwindigkeit wiedergegeben, rot und blau sind jeweils die maximalen und minimalen Drehzahlwerte dargestellt. Es ist zwar nicht erkennbar, welche Werte im Einzelfall zu den gemittelten Werten geführt haben und welche Mittelwerte in welchem zeitlichen Abstand aufeinanderfolgten. Es scheint aber nicht ausgeschlossen, dass es durchaus Windverhältnisse geben kann, bei denen die mittlere Windgeschwindigkeit über zwei 10-Minuten-Intervalle ansteigt, die mittlere Drehzahl in diesem Zeitraum aber nicht reduziert wird. Das ist gerade die Besonderheit der gemittelten Darstellung, dass nicht in jedem Fall ausgeschlossen ist, dass zwei der dargestellten Mittelwerte tatsächlich aufeinanderfolgend eintreten und die Drehzahl trotz steigender Windgeschwindigkeit nicht reduziert wird. Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich so eintreten kann, hat die Beklagte jedenfalls in der mündlichen Verhandlung erklärt.
Auf ein solches Verhalten der angegriffenen Windenergieanlagen deuten auch die weiteren Unterlagen hin, die von der Beklagten vorgelegt worden sind. So ergibt sich aus einer vor Einleitung dieses Rechtsstreits geführten Email-Korrespondenz zwischen Personen, die mit der Entwicklung der angegriffenen Ausführungsform betraut waren, dass man auch intern davon ausging, dass die Reduzierung der Rotordrehzahl anders als die Leistungsreduzierung nicht vorhersehbar sei, weil sie auf den Rotorbeschleunigungen beruhe (vgl. Anlage BSS 14). Das gleiche Bild ergibt sich aus einem internen Bericht der Beklagten aus dem Jahr 2012 über einen Testbetrieb von B (Anlage K 19). Auch hier schätzt die Beklagte selbst die Leistungsreduzierung als linear und wiederholbar ein, die Reduzierung der Rotordrehzahl hingegen nicht. Die Unterschiede in den beiden Diagrammen sind unmittelbar ersichtlich, da die Mittelwerte für die Rotordrehzahl viel stärker streuen als für die Leistung.
Nichts anderes ergibt sich aus den weiteren als Anlage K 20a bis K 20c sowie K 26 vorgelegten Diagrammen. Auch wenn keines dieser Diagramme zuverlässig die Aussage zulässt, dass es Situationen gibt, bei denen trotz eines Anstiegs der mittleren Windgeschwindigkeit die Rotordrehzahl nicht steigt, lassen sie jedenfalls auch nicht die Feststellung zu, dass sich die Windenergieanlage in jedem Einzelfall im Sinne des Klagepatents verhält. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen aus den vorgelegten Unterlagen die patentgemäßen Zusammenhänge unmittelbar erkennbar seien, vermag die Kammer dem aus den vorstehenden Gründen nicht zu folgen. Die Klägerin hat auch auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht, wie - und sei es mit Hilfe eines gerichtlichen Sachverständigen - anhand der vorgelegten Unterlagen festgestellt werden soll, dass bei der angegriffenen Ausführungsform in jedem Einzelfall die Betriebsdrehzahl des Rotors reduziert wird, wenn die mittlere Windgeschwindigkeit steigt.
Insofern kann auch nicht auf die bereits eingangs dieses Abschnitts erwähnten Diagramme der Anlagen K 17/17a und K 18 bzw. BSS 12 abgestellt werden. Da in diesen Diagrammen nur der Durchschnitt der mittleren Drehzahlen für eine Vielzahl von 10-Minuten-Intervallen für jede Windgeschwindigkeit aufgetragen ist, lassen sie - wie bereits ausgeführt - noch weniger einen Rückschluss auf das Verhalten der angegriffen Windenergieanlage im Einzelfall zu. Von diesen Diagrammen ausgehend lassen sich aber auch die weiteren, von der Klägerin als Beleg für ihren Tatsachenvortrag angeführten Aussagen der Beklagten in Prospekten und Präsentationen der angegriffenen Ausführungsform einordnen. Soweit es dort heißt, dass der Betriebsbereich der angegriffenen Windenergieanlagen durch intelligentes Drehen der Rotorblätter aus dem Wind bei Erreichen des Nennleistungsoutput sowie durch Begrenzen der Rotationsgeschwindigkeit im Verhältnis zum Anstieg der Windgeschwindigkeit und der Intensität der Turbulenzen erweitert wird (re Sp auf S. 1 der Anlage K 10/10a), kann damit auch nur das über einen längeren Zeitraum aus einer Vielzahl von Einzelwerten gemittelte Verhalten der angegriffenen Windenergieanlage beschrieben sein. Der Aussage lässt sich nicht entnehmen, dass bei jedem Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit auch die Rotordrehzahl reduziert wird. Abgesehen davon, dass es sich um eine Werbeaussage handelt, die allenfalls plakativ das Verhalten der Windenergieanlage beschreibt, ohne sich mit den Einzelheiten der Steuerung und des dieser zugrundeliegenden Algorithmus auseinanderzusetzen, wird die Aussage auch dadurch relativiert, dass die Begrenzung der Rotationsgeschwindigkeit ebenso von der Intensität der Turbulenzen und damit von den Rotorbeschleunigungen abhängt. Das gilt erst Recht für die in den Anlagen K 9a bis K 9c enthaltenen Werbeaussagen zu B. In gleicher Weise können die Aussagen von Det Norske Veritas (Anlage K 23) eingeordnet werden. Auch sie lassen nicht erkennen, dass damit gerade ein patentgemäßes Verhalten der angegriffenen Windenergieanlagen beschrieben wird.
Die weiteren, von der Klägerin angeführten Unterlagen vermögen die Feststellung einer Benutzung der Lehre des Klagepatents ebenfalls nicht zu tragen (Anlagen K 21 und K 22). Soweit darin von Windgeschwindigkeiten, Turbulenzlevel und Filterextensionen die Rede ist, hat die Beklagte dargelegt, dass es sich um Parameter für die Programmierung der Simulation handelt (Windgeschwindigkeit, Turbulenzlevel) oder den im Algorithmus zur Berechnung des Regelziels verwendeten Filter. Dass sich deswegen die angegriffenen Windenergieanlagen im Fall der B-Regelung patentgemäß verhalten, ergibt sich daraus nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 1.000.000,00 EUR
LG Düsseldorf:
Urteil v. 11.11.2014
Az: 4b O 124/13
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fc012e44b888/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_11-November-2014_Az_4b-O-124-13