Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. April 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 73/05

(BPatG: Beschluss v. 19.04.2007, Az.: 25 W (pat) 73/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2004 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 94 970 für die Waren "Therapeutische Heissluftapparate, Heissluftvibrationsgeräte für medizinische Zwecke, elektrische Heizkissen für medizinische Zwecke, Wärmekompressen für chirurgische Zwecke, Thermokissen für erste Hilfe" zurückgewiesen worden ist.

Für diese Waren ist die Marke 302 03 541 zu löschen.

Gründe

Die am 23. Januar 2002 angemeldete Marke WALAND ist am 21. Januar 2003 u. a. für die Waren

"Therapeutische Heissluftapparate, Heissluftvibrationsgeräte für medizinische Zwecke, elektrische Heizkissen für medizinische Zwecke, Wärmekompressen für chirurgische Zwecke, Thermokissen für erste Hilfe"

unter der Nummer 302 03 541.9 in das Markenregister eingetragen worden.

Die Inhaberin der am 18. Februar 1907 u. a. für die Waren

"Beleuchtungs-, Heizungs-, Koch-, Kühl-, Trocken- und Ventillationsapparate und -geräte, Wasserleitungs-, Bade-, Klosettenanlagen; physikalische, chemische, optische, elektrotechnische Wä- ge-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Uhren und Uhrteile"

eingetragenen Marke Nr. 94 970 hat dagegen Widerspruch erhoben, der sich nunmehr nur noch gegen die oben genannten Waren der angegriffenen Marke richtet.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 3. Dezember 2004 durch eine Prüferin des höheren Dienstes den Widerspruch zurückgewiesen.

Die Waren seien unähnlich, denn zwischen den Waren der jüngeren Marke und den Waren der Widerspruchsmarke bestünden unter Berücksichtigung der für die Warenähnlichkeit bestimmenden Faktoren, wie z. B. der Beschaffenheit, der regelmäßigen betrieblichen Herkunft und Vertriebsart, des Verwendungszwecks und der Nutzung, der wirtschaftlichen Bedeutung sowie der Eigenart als konkurrierende oder ergänzende Produkte keine ausreichend engen Berührungspunkte. Bei den Waren der jüngeren Marke handele es sich nicht um Heizungsgeräte und -vorrichtungen schlechthin, sondern um Spezialwaren für medizinische und chirurgische Zwecke. Wegen der ganz speziellen Anforderungen an das Material, die Hygiene, die Abmaße usw., die sich aus dem Einsatzzweck ergäben, unterschieden sie sich wesentlich in der Beschaffenheit, der regelmäßigen betrieblichen Herkunft und Vertriebsart, dem Verwendungszweck und in der Nutzung sowie der wirtschaftlichen Bedeutung. Eine solche Beurteilung entspreche auch der bisherigen Rechtsprechung. Auch wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstelle, dass es sich um eine langjährig gut benutzte Bezeichnung handele, so könne dies nur für Heizungsanlagen gelten. Eine Ausstrahlung über den Bereich der Warenähnlichkeit hinaus erscheine jedoch ausgeschlossen.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2004 aufzuheben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Waren "Therapeutische Heissluftapparate, Heissluftvibrationsgeräte für medizinische Zwecke, elektrische Heizkissen für medizinische Zwecke, Wärmekompressen für chirurgische Zwecke, Thermokissen für erste Hilfe" zurückgewiesen worden ist und die Marke 302 03 541 für diese Waren zu löschen.

Bei der Widerspruchsmarke handle es sich um eine bekannte Marke. Unter dieser Marke würden elektrische, gasbetriebene, ölbetriebene und umweltwärmequellenbetriebene Heiz-, Belüftungs- und Klimatisierungsgeräte vertrieben. In einer Umfrage aus dem Jahr 2003 zur Bekanntheit von Heizungs-Wärmetechnik-Marken befragt, hätten 67 % der Befragten die Marke "Vaillant" gekannt. In einer Umfrage aus dem Jahr 2004 (1000 befragte Personen), hätten bei gleicher Fragestellung 76 % der Befragten die Marke gekannt. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin zusätzlich noch eine Zusammenstellung von Umfrageergebnissen aus den Jahren 2000 und 2006 vorgelegt. Die beiden Marken seien hochgradig phonetisch ähnlich, da "V" von "Vaillant" als "W" ausgesprochen werde. Diesem ersten Buchstabe folge in beiden Fällen ein "A". Die Endungen "LAND" und "LANT" klängen gleich. "VAILLANT" und "WALAND" seien auch schriftbildlich hochgradig ähnlich. Bei den Waren, gegen die sich der Widerspruch richte, handele es sich allesamt um Heizungsapparate und -geräte. Die Widerspruchsmarke beanspruche Heizungsapparate und -geräte und somit den Oberbegriff der genannten Waren der Widerspruchsmarke. Auch wenn sich die Waren der Widerspruchsmarke nicht gezielt an den medizinischen Sektor richteten, bestünde zumindest eine Ähnlichkeit zu den Waren der angegriffenen Marke.

Die Inhaber der angegriffenen Marke haben keinen Antrag gestellt und sich in der Sache zur Beschwerde nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg, da hinsichtlich der nunmehr noch angegriffenen Waren der Angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Da Benutzungsfragen nicht angesprochen sind, ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr vom jeweiligen Registerstand auszugehen. Die streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke "Therapeutische Heissluftapparate, Heissluftvibrationsgeräte für medizinische Zwecke, elektrische Heizkissen für medizinische Zwecke, Wärmekompressen für chirurgische Zwecke, Thermokissen für erste Hilfe" weisen zu den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten "Heizungs-, Trocken- und Ventillationsapparate und -geräte" eine erhebliche Ähnlichkeit auf, da sich von diesen lediglich durch die Bestimmung für den medizinischen Bereich unterscheiden können, jedoch in der Gestaltung und Funktionsweise sowie in dem Zweck, Wärme zu erzeugen, sehr nahe kommen können. Hinzu kommt, dass die in der Widerspruchsmarke aufgeführten Waren Oberbegriffe darstellen, unter die auch speziellere "Heizungs-, Trocken- und Ventillationsapparate und -geräte" zu subsumieren sind, die etwa im Forschungsbereich eingesetzt werden könnten, und daher gleichermaßen sorgfältig und hygienisch arbeiten müssen, wie die entsprechenden Geräte und Apparate, die im medizinischen Bereich eingesetzt werden sollen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die Oberbegriffe in dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke auch die entsprechenden Geräte im medizinischen Bereich umfassen, oder ob diese wegen der unterschiedlichen Klassenzugehörigkeit nicht darunter fallen, denn auch wenn eine Warenidentität nicht vorliegt, besteht jedenfalls eine nicht geringe Warenähnlichkeit. Soweit die Markenstelle zusätzlich auf die in Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl. S. 174 (nunmehr 13. Aufl. S. 138) aufgeführte "Gleichartigkeitsrechtsprechung" hingewiesen hat, ist zu berücksichtigen, dass sich in den erwähnten Fällen nicht allgemein "Heizungsgeräte" und speziell "Heizungsgeräte für medizinische Zwecke" gegenüberstanden, sondern "Heizungsgeräte" einerseits und "ärztliche und gesundheitliche Geräte und Instrumente" bzw. spezielle medizinische Apparate andererseits. Darüber hinaus wurden "medizinische Geräte, nämlich elektrische Heiz- und Strahlungsgeräte, Infrarotstrahler, elektrisch betriebene, keramische Heiz- und Strahlungskörper" als ähnlich mit "physikalischen Geräten" erachtet (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl. S. 196).

Die Widerspruchsmarke weist von Hause aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren vorgelegten Befragungsergebnisse über die Bekanntheit der Widerspruchsmarke insbesondere in den Jahren 2000 und 2006 es bereits rechtfertigen, eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anzunehmen, wenngleich einiges dafür spricht. Denn selbst wenn trotz der wohl intensiven langjährigen Benutzung lediglich eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zugrunde gelegt wird, besteht hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren eine Verwechslungsgefahr.

Die Marken kommen sich in klanglicher Hinsicht zu nahe, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, auch wenn man berücksichtigt, dass auf Seiten der Waren der angegriffenen Marke weitgehend der Fachverkehr als beteiligter Verkehrskreis eingeschaltet ist. Abzustellen ist auch insoweit auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 113 der jeweiligen Waren.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken kommt es maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 111). Es ist damit zu rechnen, dass erhebliche Verkehrskreise in Deutschland die Widerspruchsmarke wie "Wailant" aussprechen. Dies gilt umso mehr, als die Widersprechende in ihrer Werbung diese Aussprache verwendet. Klanglich unterscheiden sich die beiden Marken insoweit lediglich durch den zusätzlichen Laut "i" in der Widerspruchsmarke, da die Buchstaben "d" und "t" am Zeichenende häufig identisch klingen. Zeichenanfang, Zeichenende, Konsonantengerüst, Sprech- und Betonungsrhythmus stimmen daher überein. Durch den einzigen lautlichen Unterschied, der sich zudem im Zeicheninnern befindet, lässt sich eine Verwechslungsgefahr selbst für den Fachverkehr zumindest aus der Erinnerung heraus nicht hinreichend ausschließen, da das Gesamtklangbild dadurch nicht erheblich genug verändert wird. Es ist zudem damit zu rechnen, dass die Waren telefonisch bestellt oder mündlich weiterempfohlen werden können. Daher reicht bereits die erhebliche Ähnlichkeit im Gesamtklangbild aus, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Ob die Marken auch schriftbildlich verwechselbar ähnlich sind, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.






BPatG:
Beschluss v. 19.04.2007
Az: 25 W (pat) 73/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fc067289d6b2/BPatG_Beschluss_vom_19-April-2007_Az_25-W-pat-73-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share