Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 80/03

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2006, Az.: 7 W (pat) 80/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. August 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Befestigung eines Stellorgans an einem Ventil.

Anmeldetag: 6. November 1997.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung Seiten 1 bis 5 sowie Figuren 1 bis 7, jeweils eingegangen am 22. Februar 2006.

Folgende redaktionelle Änderungen sind in den Unterlagen vorgenommen worden:

Im Anspruch 1, Zeile 3 wurde nach dem Wort "ist" ein Komma eingefügt.

Der dritte Spiegelstrich im Anspruch 1 wurde gestrichen.

In der Beschreibung, Seite 1, Absatz 2 von unten wurde in der 2. Zeile die Wortfolge "bzw. sie" gestrichen.

Gründe

I Die Patentanmeldung 197 48 973.7 ist am 6. November 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen.

In einem Bescheid vom 11. Dezember 2002 hat die Prüfungsstelle für Klasse F 16 K des Deutschen Patent- und Markenamts sinngemäß festgestellt, dass die Erteilung eines Patents nicht in Aussicht gestellt werden könne, da dem Gegenstand der Patentanmeldung die Patentfähigkeit fehle, ihm insbesondere keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liege.

Zum Stand der Technik hat die Prüfungsstelle die Patentdokumente 1. DE 31 40 472 C2 2. DE 195 45 226 C1 3. DE 295 19 838 U1 4. EP 0 116 667 B1 und 5. FR 2 099 751 genannt.

Der Anmelder hat der Auffassung der Prüfungsstelle mit Schriftsatz vom 28. Februar 2003 widersprochen und die Auffassung vertreten, dass der aufgezeigte Stand der Technik dem Anmeldungsgegenstand nicht patenthindernd entgegenstehe.

Mit Beschluss vom 12. August 2003 hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach DE 31 40 472 C2 und DE 195 45 226 C1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Der Anmelder reicht mit Schriftsatz vom 21. Februar 2006 neue, vollständige Unterlagen mit Patentansprüchen 1 bis 4, Beschreibung Seiten 1 bis 5 sowie Figuren 1 bis 7 ein.

Er stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Unterlagen vom 21. Februar 2006 zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Befestigung eines Stellorgans an einem Ventil, welches in einem Ventilkörper einen in seiner Achsrichtung verstellbaren Stößel aufweist, der durch eine Rückstellfeder beaufschlagt ist, und welches mit einem Halter zur Festlegung des Stellorgans ausgerüstet ist, bei welchem ein Stellorgan verwendet wird, das einen in einem Gehäuse untergebrachten, mit einem Arbeitskolben ausgerüsteten, temperaturabhängigen Dehnkörper aufweist, der von einer Druckfeder mit gegenüber der Rückstellfeder des Ventils größerer Federkraft umgeben ist und an dem ein mit einer Spannungsquelle verbindbarer elektrischer Heizwiderstand angebracht ist, bei welchem die Druckfeder bei Erwärmung des Dehnkörpers durch den Heizwiderstand zusammengedrückt wird und bei welchem das Ventil bei an demselben mittels des Gehäuses befestigtem Stellorgan und nicht mit der Spannungsquelle verbundenem Heizwiderstand in der Schließposition gehalten wird, dadurch gekennzeichnet,

- dass die Druckfeder vor der Montage des Stellorgans mittels eines Werkzeugs um eine Strecke zusammengedrückt wird, die kleiner als der maximale Hub des Arbeitskolbens ist,

- dass die Druckfeder danach in der zusammengedrückten Position lösbar fixiert wird,

- dass daraufhin das Stellorgan über sein Gehäuse fest mit dem Halter des Ventils verbunden wird und - dass abschließend die Fixierung der Druckfeder gelöst wird."

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 betreffen Weiterbildungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1.

II Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg.

Der Anmeldungsgegenstand stellt in der Fassung der geltenden Patentansprüche eine patentfähige Erfindung i.S.d. § 1 bis § 5 PatG dar.

1. Die geltenden Unterlagen sind zulässig. Die Merkmale der neuen Patentansprüche 1 bis 4 sind ursprünglich offenbart. Die Änderung des Begriffs "Gehäuse des Ventils" in "Ventilkörper des Ventils" in der Beschreibung zur Abgrenzung gegenüber dem "Gehäuse des Stellorgans" hält sich im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung und führt zu keiner unzulässigen Erweiterung.

2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu. Keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart ein Verfahren zur Befestigung eines Stellorgans an einem Ventil mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als hier zuständiger Fachmann ist ein Ingenieur des Maschinenbaus anzusehen, der mit der Konstruktion von motorisch verstellbaren Ventilen für hydraulische Systeme, insbesondere für Anlagen der Heizungs- und Lüftungstechnik, befasst ist und mehrjährige Berufserfahrung besitzt.

Der Anspruch 1 geht gemäß Beschreibung von einem Stand der Technik aus, der aus der Patentschrift DE 31 40 472 C2 bekannt ist. Das dort beschriebene Ventil (vgl. Fig. 1 und zugehörige Beschreibungsteile) ist mit einem Stellantrieb gehäuseseitig (Ventilgehäuse 4, Stellantriebgehäuse 14) fest verbindbar. Der Stellantrieb umfasst einen Arbeitskolben 11 mit einem temperaturabhängigen Dehnkörper 9 und eine diese umgebende Druckfeder 8. Die Federkraft der Druckfeder ist größer gewählt als die Federkraft der Rückstellfeder 5 für den in Achsrichtung 2 verstellbaren Ventilstößel 1. An dem Dehnkörper 9 ist ein mit einer Spannungsquelle verbindbarer elektrischer Heizwiderstand 17 derart angeordnet, dass bei Erwärmung des Dehnkörpers durch den Heizwiderstand die Druckfeder 8 zusammengedrückt wird. Bei montiertem Stellantrieb und nicht eingeschalteter Spannungsquelle befindet sich das Ventil in Schließstellung.

Nach der Beschreibung kann es aufgrund der relativ kräftigen Druckfeder bei der Montage des Stellorgans am Ventil zu Problemen kommen (S. 1 Z. 6 u 5 von unten). Gemeint ist, dass bei noch nicht angeschlossener Stromversorgung das Stellorgan gegen den relativ hohen Druck der Druckfeder an das Ventil montiert werden muss, was eine schnelle Montage vor Ort durch einen Monteur erschwert.

Es ist daher Aufgabe der Anmeldung, das Verfahren zur Montage des Stellorgans an einem Ventil so zu gestalten, dass die Montage einfach und problemlos erfolgen kann (S. 2 Abs. 1).

Der Anspruch 1 lehrt zur Lösung dieser Aufgabe im Kern, vor der Montage des Stellorgans die Druckfeder mittels eines Werkzeugs um eine Strecke zusammenzudrücken, die kleiner als der maximale Hub des Arbeitskolbens ist, sodann die Druckfeder in dieser Position lösbar zu fixieren und das Stellorgan derart präpariert an dem Ventilgehäuse zu befestigen. Für den funktionsgerechten Einsatz des montierten Stellorgans ist schließlich erforderlich, die Fixierung der Druckfeder wieder aufzuheben.

Der entgegengehaltene Stand der Technik gibt hierzu weder Vorbild noch Anregung.

Die DE 31 40 472 C2 befasst sich nicht näher mit dem Verfahren zur Montage des Stellantriebs an einem Ventil. Der Fachmann entnimmt dieser Druckschrift insbesondere nicht, die Druckfeder des Stellantriebs vor der Montage in einer vorkomprimierten Position zu fixieren.

In der DE 195 45 226 C1 ist ein Sperrspannwerk für einen federbetätigten Abtrieb beschrieben. Der Abtrieb wirkt z. B. auf einen nicht dargestellten Kolben in einem Zylinder (Sp. 3 Z. 22 bis 26), in welchem ein Hochdruck z. B. für Zerstäubungszwecke erzeugt werden soll (Sp. 1 Z. 20 bis 33). Es handelt sich bei dem Spannwerk somit um einen Federmotor, bei dem durch zwei in gleich bleibender axialer Position gehaltene aber gegeneinander verdrehbare Gehäuseteile eine in diesen Gehäuseteilen liegende Druckfeder zusammengedrückt und in dieser Position mittels eines federelastischen Sperrglieds fixiert wird. Die Fixierung der Feder kann durch Betätigen einer Auslösetaste aufgehoben und damit die Federstreckung bzw. die Kolbenbetätigung bewirkt werden. Wenn der Druck im Zerstäuber nicht mehr ausreicht, kann der Federmotor durch Drehen seiner Gehäuseteile erneut gespannt und die zusammengedrückte Federlage bis zur erneuten Freigabe selbsttätig fixiert werden.

Da weder aus DE 31 40 472 C2 noch aus DE 195 45 226 C1 irgendwelche Hinweise auf ein Verfahren zur Montage eines Stellorgans an einem Ventil zu entnehmen sind und somit auch die Aufgabenstellung sich aus diesen Entgegenhaltungen dem Fachmann nicht erschließt, konnte nach Überzeugung des Senats die Zusammenschau der beiden Druckschriften den Fachmann nicht ohne Kenntnis der vorliegenden Erfindung in rückschauender Betrachtung zum Verfahren gemäß der Lehre des Patentanspruchs 1 führen. Es waren nach Auffassung des Senats weitere, nicht auf der Hand liegende Überlegungen erforderlich, um aus den beiden völlig unterschiedlichen bekannten Gegenständen das beanspruchte spezielle Verfahren für die Montage eines Stellorgans an ein Ventil herzuleiten.

Näher zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelangt der Fachmann auch nicht durch zusätzliche Berücksichtigung der weiteren Entgegenhaltungen (3 bis 5), die von der Prüfungsstelle nur allgemein zum Stand der Technik genannt worden waren. Die in DE 295 19 838 U1 und EP 0 116 667 B1 aufgezeigten Stellantriebe mit elektrisch beheizbaren Dehnkörpern umfassen Rückstellfedern, die aber nicht zum Zwecke der Montage des Stellantriebs am Ventil zusammengedrückt und in dieser Lage fixiert werden. Die FR 2 099 751 befasst sich mit einer Federkraftvoreinstellung einer Federaufhängung, nicht mit einer Federfixierung zum Zwecke der Montage eines Stellantriebes an einem Ventil.

Der geltende Patentanspruch 1 ist somit gewährbar.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 sind auf weitere Ausgestaltungen des Montageverfahrens nach Patentanspruch 1 gerichtet. Die Patentfähigkeit ihrer Gegenstände wird daher von der Patentfähigkeit des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 mitgetragen.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 sind ebenfalls gewährbar.






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2006
Az: 7 W (pat) 80/03


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