Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 200/00

(BPatG: Beschluss v. 07.02.2001, Az.: 28 W (pat) 200/00)

Tenor

1.) Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 14 vom 20. Juni 2000 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der Marke 398 43 483 wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 38 559 angeordnet worden ist.

Der Widerspruch wird auch insoweit zurückgewiesen.

2.) Die Beschwerde der Widersprechenden aus der Marke IR 653 069 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 2. November 1998 eingetragene Wortmarke Verona'sfür die Waren 03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Warten, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente; 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitätenist Widerspruch erhoben worden aus der IR-Marke 653 069 ST.VERENA, die seit 1998 nur noch Schutz genießt für 32 Eaux minerales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres preparations pour faire des boissonssowie aus der Marke 396 38 559 Cava Ferondaeingetragen seit dem 6. Dezember 1996 für

"alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)".

Die Markenstelle für Klasse 14 hat den Widerspruch aus der IR-Marke mangels Markenähnlichkeit zurückgewiesen, wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 38 559 indes die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" angeordnet und nur den weitergehenden Widerspruch mangels Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß haben sowohl die Inhaberin der angegriffenen Marke wie die Widersprechende zu 1 (IR 653 069) Beschwerde eingelegt.

1. Beschwerde der Markeninhaberin:

Die Markeninhaberin hält den Abstand zur Widerspruchsmarke "Cava Feronda" im Gesamteindruck der Marken für ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen, zumal hier eine Einwortmarke einer Mehrwortmarke gegenüberstände, die aus gleichwertig prägenden Bestandteilen zusammengesetzt sei. Damit verbiete es sich, eines dieser Elemente (hier: Feronda) isoliert kollisionsbegründend der angegriffenen Marke gegenüber zu stellen.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß im Umfang der angeordneten Löschung aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende zu 2 (396 38 559) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Ansicht kommen sich vor dem Hintergrund partiell identischer Waren die beiden Marken zu nahe, um beim angesprochenen Verkehr (Endverbraucher) die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können, zumal diesem die glatt beschreibende Bedeutung von "cava" iSv "Weinkellerei" ohne weiteres bekannt sei, so daß beim Markenvergleich sehr wohl von den Wörtern "Feronda" und "Verona's" auszugehen sei, die sowohl im grafischen wie klanglichen Erscheinungsbild (vor allem in der identischen Vokalfolge) dominante Übereinstimmungen aufwiesen.

2. Beschwerde der Widersprechenden zu 1)

Nach Ansicht der Widersprechenden zu 1) hat die Markenstelle im angefochtenen Beschluß nicht ausreichend gewürdigt, daß der Bestandteil "St." als Abkürzung für "heilig" lediglich ein personenbezogener Eigenschaftshinweis sei, der auf den vorliegend relevanten Warengebieten häufig vorkomme und vom Verkehr deshalb nicht kennzeichnend gewertet werde und damit den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke auch nicht mitprägen könne. Beim Markenvergleich ständen sich daher die Wörter "Verena" und "Verona's" gegenüber, deren kollisionsbegründende Ähnlichkeit auf der Hand liege.

Die Widersprechende zu 1) beantragt, den Beschluß der Markenstelle insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der IR-Marke 653 069 zurückgewiesen worden ist und die angegriffene Marke für alle gleichen und ähnlichen Waren und/oder Dienstleistungen zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, wobei sie sich den Ausführungen des angefochtenen Beschlußes anschließt.

II.

Die Beschwerden der Markeninhaberin wie der Widersprechenden zu 1) sind zuläßig, jedoch nur hinsichtlich der Beschwerde der Markeninhaberin begründet.

A. Beschwerde der Markeninhaberin

(Widerspruch aus der Marke 396 38 559 Cava Feronda)

1. Soweit die Beschwerde von der jetzigen Markeninhaberin und nicht von den bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens vor dem DPMA ausschließlich beteiligten Rechtsvorgängern eingelegt worden ist, bestehen keine Bedenken gegen eine zulässige Beschwerdeeinlegung und wirksame Verfahrensübernahme. Das Beschwerderecht des Rechtsnachfolgers, welches nicht von einer unter Umständen nach § 265 Abs 2 ZPO erforderlichen Zustimmung des Rechtsvorgängers und insbesondere des Beschwerdegegners - hier der Widersprechenden - abhängt, ist unmittelbar aus den Spezialvorschriften des § 28 Abs 2 und Abs 3 MarkenG herzuleiten (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 66 Rdn 24). Die Beschwerdeführerin konnte deshalb, nachdem aufgrund Verfügung des DPMA vom 27. Juni 2000 bereits die Umschreibung der angegriffenen Marke erfolgt war, selbst Beschwerde einlegen.

Weiterhin ist hier davon auszugehen, daß die nunmehrige Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdeführerin auch Beteiligte des laufenden Widerspruchsbeschwerdeverfahrens geworden ist, da die Widersprechende einer solchen Verfahrensübernahme im Sinne des § 265 Abs 2 Satz 2 ZPO zugestimmt hat, wobei auch eine stillschweigende Zustimmung durch konkludentes Prozeßverhalten ausreichend ist (vgl BGH GRUR 1999, 245 - LIBERO; BPatG MarkenR 2000, 228, 230 - turfa - mit weiteren Nachweisen). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde ausdrücklich als Rechtsnachfolgerin in eigenem Namen eingelegt und ist auch von den Widersprechenden unbeanstandet als nunmehrige Markeninhaberin bzw Beschwerdeführerin genannt worden.

2. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht indes entgegen der Auffassung der Markenstelle keine Verwechslungsgefahr in rechtserheblichem Umfang nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND).

Die bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Waren, sind nach der vorliegend maßgeblichen Registerlage identisch, nämlich jeweils "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)". Der von der jüngeren Marke einzuhaltende Abstand muß daher sehr deutlich sein und es sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen, zumal auch von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden kann.

Beim Vergleich der Zeichen auf ihre Markenähnlichkeit gilt der Grundsatz, daß auf den Gesamteindruck der jeweiligen Marke abzustellen ist (stg. Rspr des BGH, vgl MarkenR 1999, 57, 60 - Lions; GRUR 1998, 815, 816 - Nitrangin; GRUR 1997, 897, 898 - IONOFIL; GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep; GRUR 1996, 406, 407 - Juwel), der unabhängig davon anzuwenden ist, ob es sich um die Beurteilung der jüngeren Marke oder der älteren Widerspruchsmarke handelt (BGH GRUR 1996, 977 -DRANO/P3-drano). Daß die hier einander gegenüberstehenden Marken in ihrer Gesamtheit nicht verwechselbar ähnlich sind, ist auch für die Beteiligte offensichtlich.

Allerdings schließt der angeführte Grundsatz nicht aus, daß einem einzelnen Bestandteil einer Kombinationsmarke - wie hier der Widerspruchsmarke - ausnahmsweise eine unter Umständen besondere, das Gesamtzeichen allein prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann und deshalb bei einer Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen durchaus eine Verwechslungsgefahr in Betracht kommen kann, auch wenn der Verkehr die Marke nicht auf diesen Teil verkürzt; vielmehr treten die anderen Markenteile für den Verkehr in einer Weise zurück, daß sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl zB BGH GRUR 1999, 583, 584 - LORA DI RECOARO; MarkenR 1999, 297, 300 - HONKA; 2000, 20, 21 - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Widerspruchsmarke setzt sich aus einem Phantasiebegriff "Feronda" (möglicherweise ein Eigenname aus einer romanischen Sprache) und einem weiteren romanischen Wort "cava" zusammen, dessen Sinn sich dem inländischen Verkehr ebenfalls nicht unmittelbar und sofort erschließt. Der von der Widersprechenden vorgetragene Sinngehalt als "Weinkellerei" oder "Sekt" ist nur bedingt richtig, da unter "Cava" im Zusammenhang mit den hier relevanten Waren Schaumweine zu verstehen sind, die nach der Champagnermethode mit zweiter Gärung in der Flasche hergestellt werden (M. Würmli, Alle Weine Spaniens u. Portugals, S. 89). Auch wenn "cava" in diesem Sinne auf spanischen Produkten im beschreibenden Sinne häufig Verwendung findet, kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem inländischen Verkehr dieses Wort in seiner exakten Bedeutung geläufig und bekannt ist. So ist es weder im Fremdwörterbuch des Duden zu finden, noch findet es sich in der deutschen Werbung auf dem hier beanspruchten Warengebiet, wie Recherchen des Senats ergaben. Es kann also nicht als derart üblich oder häufig gebraucht angesehen werden, daß sich hieraus für den Verkehr bereits das angeführte Sprachverständnis und demzufolge ein unmittelbarer beschreibender Warenbezug ergibt, der es als nicht kennzeichnungskräftiges Wort im Gesamteindruck des Zeichens völlig zurücktreten läßt. Darüber hinaus bildet es aber auch aufgrund seines Sprachcharakters als Kombination zweier romanischer Wörter, deren Begriffsinhalt sich wie ausgeführt nicht unmittelbar dem inländischen Verkehr erschließt, eine Einheit. Daraus folgt für den Senat, daß es bei der Ähnlichkeitsprüfung der Marken auf eine mögliche Verwechslungsgefahr hin bei dem Grundsatz der Betrachtung nach dem Gesamteindruck bleibt und kein Ausnahmefall der sog. Prägetheorie des BGH vorliegt.

Die Beschwerde der Markeninhaberin mußte daher mangels Ähnlichkeit der zu vergleichenden Marken Erfolg haben, so daß der angefochtene Beschluß aufzuheben und der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen war.

B. Beschwerde der Widersprechenden zu 1)

(Widerspruch aus der IR-Marke 653 069 "St. VERENA)"

Die Beschwerde ist auch nach Auffassung des Senats nicht begründet. Zwar kann bei den sich gegenüberstehenden Waren "alkoholische Getränke" und "Mineralwässer" durchaus von durchschnittlicher Ähnlichkeit ausgegangen werden, was vor dem Hintergrund der von den Waren angesprochenen weiten Verkehrskreise und einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke letztlich dazu führt, daß die Marken zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr nur noch einen durchschnittlichen Abstand zueinander aufweisen müßen, der vorliegend eingehalten wird.

Die sich gegenüberstehenden Marken sind jeweils in ihrer Grundstruktur aus einem Frauennamen gebildet, nämlich Verena und Verona, wobei letzterer zum einen abgeleitet ist von Veronika und zum anderen gleichzeitig der Name der bekannten oberitalienischen Stadt ist. Beiden Zeichen ist ein Bestandteil hinzugefügt, nämlich die Abkürzung "ST" zur Bezeichnung der weiblichen Person als Heilige bei der Widerspruchsmarke und das Genitiv -S für die Indikation eines Besitzverhältnisses bei der jüngeren Marke. Hinsichtlich der unmittelbaren Markenähnlichkeit unterscheiden sich die beiden Zeichen daher sowohl in klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht nicht nur in dem Vokal "e" und "o" mittig im Namen, sowie in der unterschiedlichen Anzahl der Buchstaben, sondern vor allem in ihrer äußeren Gestaltung sowie ihres Begriffsinhalts, der sich aus dem Unterschied ergibt. Die vorangestellte Abkürzung "ST" ist einem Titel gleich Bestandteil des Namens "Verena", der apostrophierte Genitiv deutet hingegen eine Besitzzuweisung an. Dies sind vom Verständnis der Verkehrskreise her markante und deutliche Unterschiede, die nicht übersehen werden. Dabei bleibt die Abkürzung "ST" nicht unbeachtet, denn insbesondere auf dem von der Widerspruchsmarke betroffenen Warengebiet spielen derartige Heraushebungen mit Bezug zu einer Heiligen eine besondere Rolle (vgl BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH). Dieser Umstand führt dazu, daß angesichts des nur geringfügigen klanglichen Unterschieds durch einen Vokal im Namen, die sehr ausgeprägte schriftbildliche Unterscheidbarkeit in Zusammenhang mit der sich daraus ergebenden begrifflichen Unterschiedlichkeit nach Ansicht des Senats der Markenabstand ausreichend ist, um eine Verwechslungsgefahr in rechtserheblichem Ausmaß auszuschließen. Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr fehlt es aufgrund des unterschiedlichen Gesamteindrucks sowohl am Wortanfang wie am Wortende, an relevanten Anhaltspunkten.

Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gem § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

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BPatG:
Beschluss v. 07.02.2001
Az: 28 W (pat) 200/00


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