Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juli 2008
Aktenzeichen: 28 W (pat) 194/07

(BPatG: Beschluss v. 23.07.2008, Az.: 28 W (pat) 194/07)

Tenor

1.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der seit dem 5. März 2004 für die Waren "Frische und konservierte Pilze und Beeren" eingetragenen Wortmarke 304 03 545 Waldschatz Die Antragstellerin hat die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie betreibe in Polen eine Firma, die mit Pilzen im Rohwie im verarbeiteten Zustand handle, und zwar unter ihrer am 9. September 2000 in Polen als Marke eingetragenen Bezeichnung "LESNE SKARBY", was in der deutschen Sprache "Waldschatz" bedeute. Zusätzlich habe die Antragstellerin im August 2003 dann auch noch die Bezeichnung "Waldschatz" in Polen als Marke angemeldet, die 2004 eingetragen worden sei. Alle diese Umstände seien der Antragsgegnerin bekannt gewesen, denn die Verfahrensbeteiligten hätten bis zum Jahr 2002 in einer jahrelangen Geschäftsbeziehung gestanden, in der die Antragstellerin der Antragsgegnerin Pilzrohwaren geliefert habe. Nach Abbruch der gemeinsamen Geschäftsbeziehungen habe die Antragstellerin im Frühjahr 2003 begonnen, Pilzkonserven unter der Bezeichnung "Waldschatz" direkt an die Firma E... in Deutschland zu liefern. Diese Waren seien im Auftrag der Antragsgegnerin von einem deutschen Labor für Lebensmittel auf ihre Produktqualität untersucht worden. In dem der Antragsgegnerin vom Labor übermittelten Prüfbericht vom 30. August 2003 sei die maßgebliche Probe mit dem Hinweis "Pfifferlinge unsortiert, Premium Qualität, Marke: Waldschatz" bezeichnet gewesen. Als Datum des von der Antragsgegnerin erteilten Auftrags sei dort der 24. Juli 2003 vermerkt gewesen. Mit Schreiben vom 25. Juli 2003 habe die Antragsgegnerin zusätzlich eine Anwaltskanzlei mit der Prüfung beauftragt, ob das Markenzeichen "Waldschatz" für den Verkauf von Pfifferlingen in Dosen geschützt sei. Diesem Auftrag habe die Antragsgegnerin als Verwendungsbeispiel ein von der Antragstellerin für ihre Waren benutztes Etikett beigefügt. Nachdem sie also spätestens ab diesem Zeitpunkt von der Verwendung der Markenbezeichnung "Waldschatz" auf dem polnischen und deutschen Markt durch die Antragstellerin gewusst hätte, habe die Antragsgegnerin dann am 22. Januar 2004 die angegriffene Marke angemeldet. Diese Anmeldung sei dabei nur in dem Bewusstsein und der Absicht erfolgt, die Antragstellerin daran zu hindern, weiter mit ihren Produkten auf dem deutschen Markt aufzutreten. Damit sei eine Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 zu bejahen.

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen und bestritten, zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke Kenntnis vonder Benutzung der Bezeichnung "Waldschatz" durch die Antragstellerin gehabt zu haben. Die Geschäftsbeziehungen der Beteiligten hätten sich auf die Lieferung markenund namenloser Rohwaren beschränkt. Über darüber hinaus gehende geschäftliche Aktivitäten der Antragstellerin habe sie ebenso wenig Kenntnis gehabt, wie von der polnischen Marke "LESNE SKARBY". Deren Bedeutung "Waldschatz" wäre für sie ohnehin mangels polnischer Sprachkenntnisse unverständlich gewesen. Sie habe auch keinen Auftrag zur Prüfung von Waren gegeben, die mit der streitgegenständlichen Marke gekennzeichnet gewesen seien. Vielmehr habe sie einer ihrer Kunden auf die überprüfte Lieferung an die Firma E... aufmerksam gemacht. Das in diesem Zusammenhang erstellte Gutachten sei dann an ihre Abteilung für Qualitätskontrolle zur Kenntnisnahme übersandt worden, die jedoch firmenintern keinerlei Beziehung mit der Markenabteilung habe, die wiederum für die Entwicklung von Markennamen zuständig sei. Bei dieser Sachlage könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie Kenntnis von der Benutzung der Bezeichnung "Waldschatz" durch die Antragstellerin gehabt habe. Vielmehr sei diese Bezeichnung, für die sie dann selbst Markenschutz beantragt habe, von der Antragsgegnerin in Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur eigenständig kreiert worden. Eine Bösgläubigkeit bei der Anmeldung der angegriffenen Marke liege nicht vor.

Der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss vom 13. April 2007 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Der Antragsgegnerin sei es im Zeitpunkt der Markenanmeldung ausschließlich darum gegangen, den Zugang der Antragstellerin zum deutschen Markt zu behindern. An die Feststellung einer Behinderungsabsicht seien nach der Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Ein rechtsmissbräuchlicher Markeneinsatz sei im Hinblick auf ausländische Tatbestände dann anzunehmen, wenn mit der Marke die Einführung eines ausländischen Kennzeichens auf den inländischen Markt behindert werden solle. Dies sei vorliegend zu bejahen. Die Antragsgegnerin habe spätestens im Sommer 2003 davon erfahren, dass die Antragstellerin an die Firma E... Pilzkonserven mit der Bezeichnung "Waldschatz" geliefert habe. Dies belege der Prüfungsbericht des Laborinstituts Nehring vom 30. August 2003. Ob die lebensmittelrechtliche Qualitätsprüfung dabei von ihr selbst oder von Dritten in Auftrag gegeben worden sei, bleibe unerheblich. Entscheidend sei nur, dass sie spätestens ab Erhalt des Prüfberichts positiv von der Verwendung der markenmäßigen Bezeichnung "Waldschatz" durch die Antragstellerin wusste. Die vorgetragenen Gesamtumstände belegten ein bösgläubiges Vorgehen der Antragsgegnerin bei der Markenanmeldung, so dass die Löschung der angegriffenen Marke nach § 50 Abs. 1 MarkenG anzuordnen sei. Zudem habe die Antragsgegnerin wegen der erwiesenen Bösgläubigkeit die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin und Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie mitgeteilt, dass keine Begründung erfolgen werde und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

Von Seiten der Löschungsantragstellerin ist keine Stellungnahme auf die Beschwerde erfolgt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht ist die Markenabteilung davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig war. Da die Antragsgegnerin ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist für den Senat nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht sie die Entscheidung der Markenabteilung für angreifbar hält. Die Ausführungen der Markenabteilung sind weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht zu beanstanden.

Bösgläubigkeit i. S. v. §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist immer dann zu bejahen, wenn eine Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 50 Rdn. 10 m. w. N.). Zwar handelt ein Markenanmelder nicht schon deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Kennzeichen für gleiche oder ähnliche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Die Schwelle zur Bösgläubigkeit i. S. v. §§ 50 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist aber überschritten, wenn besondere Umstände vorliegen, welche das Erwirken der Markeneintragung als wettbewerbswidrig erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2001, 744, 746 -S100). Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn mit einer Markenanmeldung in Deutschland der Inhaber eines ausländischen Kennzeichens bei dessen Einführung auf dem inländischen Markt behindert werden soll (vgl. Ströbele in Ströbele / Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 442). Die Sittenwidrigkeit eines solchen Vorgehens besteht darin, dass hier die mit der Markeneintragung entstehende und an sich wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Monopolwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 1034, 1037 -Makalu). Die Anforderungen an die Feststellung einer Behinderungsabsicht dürfen dabei nicht überspannt werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich unter Würdigung der maßgeblichen Feststellungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine Behinderungsabsicht aufdrängt. Die Kenntnis des Anmelders von der Vorbenutzung durch den Dritten stellt insoweit ein wichtiges Indiz für die Behinderungsund Sperrabsicht dar (vgl. BGH GRUR 1986, 74, 77 Shamrock III).

Nach Abbruch der gemeinsamen Geschäftsbeziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten, war es der Beschwerdeführerin gerade nicht entgangen -wie dies von ihr im patentamtlichen Verfahren mehrfach behauptet wurde -, dass die Antragstellerin ab dem hier maßgeblichen Jahr 2003 begonnen hatte, ihre mit der Bezeichnung "Waldschatz" gekennzeichneten, verzehrfertigen Produkte nach Deutschland zu importieren. Dies belegen die zur Löschungsakte gelangten und von der Markenabteilung zutreffend gewürdigten Unterlagen. So veranlasste die Beschwerdeführerin für die von der Antragstellerin an die Firma E... gelieferten und von dieser dann vertriebenen Waren eine lebensmitteltechnische Prüfung. Dies ergibt sich eindeutig aus dem daraufhin erstellten Prüfungsbericht des Instituts N... vom 30. August 2003. Dieser Bericht ist an die Beschwerdeführerin adressiert und enthält den unzweideutigen Hinweis "Ihr Auftrag vom 24 .Juli 2003". Die untersuchte Probe selbst wird mit der Bezeichnung "Pfifferlinge unsortiert, Premium Qualität, Marke: Waldschatz" benannt. Der Vortrag der Markeninhaberin, nicht sie habe die fragliche Produktprüfung in Auftrag gegeben, sondern einer ihrer Kunden habe sie auf die Überprüfung aufmerksam gemacht, ist damit als widerlegt anzusehen.

Außerdem hatte die Beschwerdeführerin mit dem ebenfalls in Kopie zur Akte gelangten Schreiben vom 25. Juli 2003 eine Anwaltskanzlei mit der Recherche betraut, ob die Marke "Waldschatz" für den Verkauf von Pfifferlingen in Dosen bereits geschützt sei und in dem fraglichen Schreiben Bezug auf ein konkretes Verwendungsbeispiel genommen. Dabei handelte es sich um ein von der Antragstellerin für ihre Waren benutztes Etikett, auf dem unter anderem das Zeichen "Waldschatz" mit angefügten ¨-Symbol sowie die Firmenbezeichnung der Antragstellerin aufgeführt war. Wenige Monate nach dem Auftrag zu dieser Recherche hat sie dann selbst die verfahrensgegenständliche Marke beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet.

Vor dem Hintergrund dieser offenkundigen Zusammenhänge ist von einer Behinderungsabsicht als Motiv für die Anmeldung der angegriffenen Marke auszugehen. Soweit die Markeninhaberin im Laufe des patentamtlichen Verfahrens sinngemäß vorgetragen hat, allenfalls ihre Abteilung für Qualitätskontrolle habe den Prüfungsbericht des Instituts N... gekannt, nicht jedoch die Geschäftsleitung oder die firmeninterne Markenabteilung, erscheint dies lebensfremd und nicht geeignet, die Kenntnis der Antragsgegnerin hinsichtlich der Vorbenutzung der Bezeichnung "Waldschatz" durch die Antragstellerin in Frage zu stellen.

Da die Markeninhaberin somit bei der Anmeldung der angegriffenen Marke rechtsmissbräuchlich und damit bösgläubig gehandelt hat, entspricht es der Billigkeit, ihr sowohl die Kosten des patentamtlichen Verfahrens als auch die des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).

Stoppel Werner Schell Me






BPatG:
Beschluss v. 23.07.2008
Az: 28 W (pat) 194/07


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