Verwaltungsgericht Würzburg:
Urteil vom 19. März 2015
Aktenzeichen: W 2 K 14.381
(VG Würzburg: Urteil v. 19.03.2015, Az.: W 2 K 14.381)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
...
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Bewertung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Termin 2010/2, an deren schriftlichen Teil die Klägerin zum zweiten Mal (erster erfolgloser Versuch: Termin 2009/2) teilnahm.
Mit Bescheid vom 8. April 2011, zugestellt am 12. April 2011, teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz € Landesjustizprüfungsamt (im Folgenden: Justizprüfungsamt) der Klägerin mit, sie habe die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden. Die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung betrage 3,00 Punkte (mangelhaft), während mindestens 3,72 Punkte erforderlich seien (§ 64 Abs. 2 und 3 JAPO).
Im Rahmen eines von der Klägerin beantragten Nachprüfungsverfahrens holte das Justizprüfungsamt Stellungnahmen der beteiligten Prüfer ein, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Mit Bescheid vom 15. September 2011 teilte das Justizprüfungsamt der Klägerin mit, dass der Zweitkorrektor der Aufgabe 4 von seinem Beurteilungsspielraum dahingehend Gebrauch gemacht hat, dass er seine Bewertung um einen Punkt angehoben habe, ansonsten verbleibe es bei den mit Bescheid vom 8. April 2011 mitgeteilten Bewertungen. In der Aufgabe 4 habe die Klägerin nunmehr 2,5 Punkte erzielt. Das geänderte Gesamtergebnis des schriftlichen Teils betrage nun 3,04 Punkte (mangelhaft).
Damit stellt sich das Prüfungsergebnis nach dem Ergebnis des Nachkorrekturverfahrens wie folgt dar:
Klausur 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11Punktzahl6,00,54,52,53,03,01,03,04,03,03,0II.
Mit ihrer Klage vom 9. Mai 2011, eingegangen bei Gericht am selben Tag, greift die Klägerin die Bewertungen der Klausuren Nr. 2, 3, 4, 6 und 7 an. Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2012 erstreckt sie die Klage auch auf die Beurteilung der Klausur Nr. 8.
Hinsichtlich der Klausur Nr. 2, einer Arbeit aus dem Zivilrecht, hätten die Korrektoren zu Unrecht bemängelt, dass die Klägerin die Rechtsfolgen des § 841 ZPO verkenne und von ihr keine Ausführungen dahingehend gemacht worden seien, dass § 841 ZPO die Mitwirkungsmöglichkeit des Schuldners am Rechtsstreit zwischen Gläubiger und Drittschuldner sicherstellen wolle. Die Klägerin habe allerdings nicht die Rechtsfolge des § 841 ZPO verkannt, da sie ausgeführt habe, dass eine mangelnde Streitverkündung zu Schadensersatzansprüchen führen könne, keinesfalls aber eine Unzulässigkeit der Klage zur Folge habe. Da tatsächlich als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche möglich seien, sei es nicht notwendig auszuführen, dass die Streitverkündung die Mitwirkungsmöglichkeit des Schuldners sicherstellen wolle. Weiter sei der Klägerin vom Zweitkorrektor bei den Ausführungen zur Verjährung €grundsätzliche Unfähigkeit€ attestiert worden, obwohl sie die Verjährungsproblematik €in weiten Teilen zutreffend gelöst€ und lediglich einen Flüchtigkeitsfehler begangen habe. Auch im Nachprüfungsverfahren sei diese Aussage nicht relativiert worden. Dies sei bewertungsfehlerhaft, da das Gebot der Sachlichkeit verlange, dass die Prüfungsleistungen unvoreingenommen zu bewerten seien. Der Zweitkorrektor bewerte hier nicht eine Einzelleistung, sondern habe ein Urteil über die grundsätzliche Leistungsfähigkeit getroffen.
Die Bewertung der Klausur 3 (Zivilrecht) sei beurteilungsfehlerhaft. Von den Korrektoren sei bemängelt worden, dass im Rubrum des anzufertigenden Schriftsatzes die Prozessbevollmächtigten von der Klägerin nicht genannt worden seien. Im Nachprüfungsverfahren habe der Erstkorrektor seine Kritik aufrechterhalten und der Zweitkorrektor ausgeführt, dass die Kritik keinen Einfluss auf seine Bewertung gehabt habe. Die Nennung der Prozessbevollmächtigten sei aber nicht zwingend erforderlich, insbesondere weil hierzu keine bindenden rechtlichen Vorgaben bestünden. Daneben sei die Aufgabenstellung der dritten Klausur selbst fehlerhaft, da im Sachverhalt das Teilversäumnisurteil zunächst auf den 12. November 2010 datiert worden sei, während es im weiteren Verlauf jedoch als €Versäumnisurteil vom 12. November 2009€ bezeichnet worden sei. Die Klärung dieses Widerspruchs durch telefonisches Nachfragen beim Prüfungsamt habe erhebliche Zeit in Anspruch genommen, die der Klägerin bei der Ausarbeitung gefehlt habe. Dieser Umstand sei von den Korrektoren auch im Nachprüfungsverfahren nicht berücksichtigt worden.
Bei der Korrektur der Klausur Nr. 4 (Erbrecht) sei auch die im Nachprüfungsverfahren vergebene Punktzahl von 2,5 beurteilungsfehlerhaft. Von den Korrektoren sei bemängelt worden, dass die Klägerin keine Ausführungen zum Pflichtteilsergänzungsanspruch gemacht habe. Durch die Klägerin sei aber ausgeführt worden, dass €M von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen€ worden sei. Damit habe sie den Sinn und Zweck des Pflichtteilsergänzungsanspruchs € die Vereitelung der garantierten Mindestbeteiligung naher Angehöriger durch eine schenkweise Verringerung des Vermögens des Erblassers € erkannt. Sie habe lediglich versäumt, die richtigen Stichworte zu nennen. Daher sei vom Zweitkorrektor auch im Nachprüfungsverfahren die Bewertung um einen Punkt angehoben worden, weil von der Klägerin die €ratio legis€ des § 2325 Abs. 1 BGB erkannt worden sei. Der Erstkorrektor sei aber bei seiner Kritik geblieben, was beurteilungsfehlerhaft sei.
Die strafrechtliche Klausur Nr. 6 sei ebenfalls beurteilungsfehlerhaft bewertet worden. Die Ausführungen der Klägerin zur Ticketfälschung (§ 267 StGB) seien von den Korrektoren lediglich mit €im Ansatz erkannt€ bewertet worden, obwohl die Klägerin zutreffend ausgeführt habe, dass die Beschuldigte sich nicht dazu geäußert habe, wer die Veränderung des Flugtickets vorgenommen habe, keine weiteren Beweismittel zur Verfügung stünden und auch auf den Inhalt und die Aussagekraft des erstellten Gutachtens zutreffend eingegangen sei.
Bei der Klausur Nr. 7 (Strafrecht) sei fehlerhaft bemängelt worden, die Klägerin habe zu §§ 223 und 230 StGB €mandantenfeindliche Ausführungen€ gemacht, indem sie die Tatbestandserfüllung zugestanden habe. Eine Verteidigungsstrategie sei hier, entgegen den Einschätzungen der Korrektoren, deshalb gegeben, weil die Klägerin nach Bejahung des Tatbestandes des § 230 StGB auf die Erforderlichkeit des Strafantrages verwiesen habe. Die Bejahung eines Tatbestandes sei schon deshalb nicht fehlerhaft, weil der Rechtsanwalt nach §§ 1 und 43a BRAO in seiner Berufsausübung unabhängig sei und er nicht zu einer bestimmten Rechtsauffassung gezwungen werden könne. Die Maßstäbe an ein juristisches Gutachten könnten hier nicht angelegt werden.
Die Klausur Nr. 8 (Verwaltungsrecht) sei fehlerhaft bewertet worden. Entgegen der Meinung der Korrektoren sei es nach der Kommentierung in Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 80 Rn. 205, vertretbar, auch bei rechtsgestaltenden Beschlüssen einen vollstreckbaren Inhalt anzunehmen, da Beschwerden nach § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausnahmsweise aufschiebende Wirkung haben könnten. Daher sei die Tenorierung der Klägerin nicht gänzlich falsch. Des Weiteren hätten die Korrektoren verkannt, dass es vertretbar sei, die behördliche Aussetzung der Vollziehbarkeit als selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt zu qualifizieren. Außerdem habe die Klägerin nicht, wie von den Korrektoren kritisiert, bei der Baugenehmigung die Aspekte des Drittschutzes verkannt, da sie bei der Prüfung des § 4 BImSchG nach einer €erheblichen Belästigung des Beigeladenen durch Lärm€ gefragt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Prüfungsbescheid des Beklagten vom 8. April 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Bewertungen der schriftlichen Arbeiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Das Landesjustizprüfungsamt beantragt für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Es trat den Beurteilungsrügen im Einzelnen entgegen. Die Klausuren seien zutreffend und frei von Bewertungsfehlern benotet worden. Auf die Bemerkungen der Korrektoren werde verwiesen. Die Bewertungen von Prüfungsleistungen stellten höchstpersönliche Werturteile dar, die gerichtlich nur begrenzt nachprüfbar seien.
Bei der Klausur Nr. 2 sei bei den Ausführungen der Klägerin zu § 841 ZPO zutreffend bemängelt worden, dass die breiten Ausführungen zur Nebenintervention angesichts des Vorprozesses neben der Sache lägen und lediglich mit einem Satz festgestellt worden sei, dass bei Fehlen der Streitverkündung ein Schadensersatzanspruch des Vollstreckungsschuldners möglich werden könne. Die Ausführungen der Klägerin seien vom Erstkorrektor aber durchaus gewürdigt worden. Die Anmerkung des Erstkorrektors zur €grundsätzlichen Unfähigkeit€ der Klägerin sei ausschließlich auf die Klausurbearbeitung bezogen. Eine Aussage zur grundsätzlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin sei damit nicht getroffen worden.
Die Bewertung der Klausur Nr. 3 sei ebenfalls frei von Beurteilungsfehlern. Die Nennung der Prozessparteien sei eine übliche Gepflogenheit, daher sei das Fehlen zu vermerken. Ein Einfluss auf die Gesamtbewertung sei bei einer Gesamtbetrachtung der Bewertung aber nahezu ausgeschlossen. Im Aufgabentext sei lediglich ein Tippfehler aufgetreten. Dieser Fehler sei auch leicht im weiteren Verlauf des Aufgabentextes erkennbar gewesen. Ein Verfahrensfehler sei dadurch nicht gegeben.
Bei der Klausur Nr. 4 sei von der Klägerin nicht erkannt worden, dass nicht der Pflichtteilsanspruch, sondern der Pflichtteilsergänzungsanspruch einschlägig gewesen sei. Eine Prüfung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs habe die Klägerin nicht durchgeführt.
In der Bearbeitung zu Klausur Nr. 6 sei von der Klägerin nicht berücksichtigt worden, dass die Ausführungen zur Ticketfälschung in Vermerkform hätten erfolgen müssen. Sie habe nicht erkannt, in welchem Verhältnis die Ticketfälschung zu den zur Anklage gebrachten Taten stehe.
Auch die Beurteilung der Klausur Nr. 7 sei frei von Fehlern. Es sei die Verpflichtung jeden Verteidigers im Interesse des Mandanten tätig zu werden. Dass die Klägerin das Vorliegen einer vorsätzlichen Körperverletzung ihres Mandanten angenommen habe, widerspreche aber dessen Interessen. Hier könne von strategischen Zugeständnissen, angesichts des fehlenden Strafantrags, keine Rede sein.
Bei der Klausur Nr. 8 hätten die Korrektoren die Tenorierung zu Recht als fehlerhaft beurteilt, da die Klägerin diese ausschließlich mit § 167 VwGO begründet habe. Daneben habe die Klägerin die Verwaltungsaktqualität der €Aussetzung€ der sofortigen Vollziehbarkeit nicht als Problem erkannt. Die Korrektoren hätten zu Recht moniert, dass die Klägerin bei der Prüfung der Baugenehmigung nicht auf den Drittschutz eingegangen sei, weil hier keine problemorientierte Lösung vorgestellt worden sei.
Mit Schriftsätzen vom 10. und vom 11. März 2015 verzichteten die Beteiligen auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Im Übrigen wird auf das weitere schriftliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte und der einschlägigen Verwaltungsakte des Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
Gründe
Da alle Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben, kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 8. April 2011 in der Form des Änderungsbescheides vom 15. September 2011 und die Bewertungen der Aufgaben 2, 3, 4, 6, 7 und 8 der Klägerin aus dem Prüfungstermin 2010/2 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung sind rechtmäßig und verletzen (schon deswegen) die Klägerin nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf Neubewertung dieser Aufgaben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur gerichtlichen Kontrolle von Prüfungsentscheidungen bei berufsbezogenen Prüfungen - wie der Zweiten Juristischen Staatsprüfung - muss diese für einen wirkungsvollen Schutz der Berufsfreiheit zweckgerichtet, geeignet und angemessen sein (vgl. insbesondere BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81 u. 213/83 - BVerfGE 84, 34). Zweck der Prüfung ist es, denjenigen Bewerbern Zugang zum angestrebten Beruf zu verwehren, die fachlichen Mindestanforderungen nicht genügen. Der Zweck der Prüfung ist nicht nur für den Umfang der Qualifikationsnachweise, sondern auch für deren Bewertung maßgebend. Daraus folgt, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch beurteilt werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfragen nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, andererseits muss aber auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Eine gerichtliche Korrektur kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn sich ein Beurteilungsfehler auf die Notengebung ausgewirkt hat.
Bei prüfungsspezifischen Wertungen verbleibt der Prüfungsbehörde ein Entscheidungsspielraum, dessen gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt ist, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob der Prüfer von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat.
Dabei ist das Ausmaß der gerichtlichen Prüfung trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes im Verwaltungsprozessrecht auf konkrete substantiierte Einwendungen des Klägers beschränkt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage 2010, Rn. 853/855 S. 316 ff.). Die Behauptung, eine als falsch bewertete Lösung sei in Wirklichkeit fachlich vertretbar, muss hinreichend substantiiert sein, d.h. plausibel mit konkreten Hinweisen darlegen, dass die Beurteilung des Prüfers einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss. Die Darlegungslast ist nicht schon dann erfüllt, wenn der Kläger die Vorzüge seiner Lösung aufzeigt, sondern die fachwissenschaftliche Richtigkeit seiner Lösung muss mit objektiven Kriterien belegt werden.
Gemessen an diesen Vorgaben kann bei den angegriffenen Klausuren kein Beurteilungs- bzw. Bewertungsfehler festgestellt werden.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Die Beurteilung der Prüfungsleistung der Klägerin bei der Klausur Nr. 2 ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
1.1
Der Rüge der Klägerin, dass sie die Rechtsfolge des § 841 ZPO nicht verkannt habe, da sie erwähnt habe, dass Schadenersatzansprüche bei einer fehlenden Streitverkündung möglich seien, vermag keinen Beurteilungsfehler zu begründen.
Die Prüfer haben die Ausführungen der Klägerin zu § 841 ZPO zutreffend bemängelt. Die ausführlichen Erörterungen der Klägerin zur Nebenintervention sind in Anbetracht des Vorprozesses, in dem die C... GmbH zur Zahlung der Provision an den Kläger verpflichtet wurde, überflüssig. Die Ausführungen der Klägerin, dass eine fehlende Streitverkündung zu Schadensersatzansprüchen führen kann, wurden von den Korrektoren gewürdigt. Zu Recht wurde bemängelt, dass der Sinn und Zweck des § 841 ZPO, nämlich die Sicherung der Mitwirkungsmöglichkeit des Schuldners am Rechtsstreit Gläubiger € Schuldner, nicht erkannt wurde.
1.2
Auch die Rüge, dass ein Korrektor bei den Ausführungen zur Verjährung der Klägerin €grundsätzliche Unfähigkeit€ attestiert habe und damit nicht sachlich und unvoreingenommen beurteilt habe, begründet keinen Rechtsfehler.
Eine Prüfung wird rechtsstaatlichen Anforderungen nur dann gerecht, wenn der Prüfer sich dem Gebot der Sachlichkeit unterwirft. An den Prüfer muss die Forderung gestellt werden, sich bei der Bewertung einer Prüfungsleistung stets zur Sachlichkeit verpflichtet zu wissen. Hierzu gehört, dass der Prüfer die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt. Auch kann von ihm erwartet werden, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner dass er gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufbringt (vgl. BVerwG, U.v. 20.9.1984 - 7 C 57/83 - BVerwGE 70, 143). In der Person des Prüfers dürfen auch keine Anhaltspunkte vorliegen, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten. Gemäß Art. 21 Abs. 1 BayVwVfG ist die Besorgnis der Befangenheit gegen einen Prüfer begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, das Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 642, 656). Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit setzt nicht voraus, dass der Prüfer tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Maßgebend ist, ob vom Standpunkt des betreffenden Beteiligten aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Betrachters geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu erregen (vgl. z.B. BVerfG, U.v. 15.9.1998 - 2 BvE 2/93 - BVerfGE 99, 51). Das ist der Fall, wenn objektiv feststellbare, konkrete Tatsachen bei verständiger Würdigung aller Umstände einen Verfahrensbeteiligten befürchten lassen können, der Prüfer werde in der Sache nicht unparteilich, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden ( VGH Mannheim, U.v. 15.5.2000 - 3 S 1036/00 - juris). So können Randbemerkungen eines Prüfers, die nach ihrem Wortlaut polemisch oder beleidigend sind, die Feststellung mangelnder Sachlichkeit in der Verfahrensweise des Prüfers begründen, ohne dass nachzuweisen ist, dass die Bewertung maßgeblich auf Gesichtspunkte gestützt wird, die mit dem Prüfungsgegenstand keinen inhaltlichen Bezug haben (Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 642). Allerdings ist die Bewertung erst dann zu beanstanden, wenn sie aufgrund ihrer Wortwahl den Verdacht begründet, dass die Bewertung nicht objektiv erfolgt und damit als willkürlich anzusehen ist. So muss es dem Prüfer möglich sein, auf schlechte schriftliche Leistungen auch mit härteren Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff €Unsinn€ oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung €Phrasen€ zu kennzeichnen. Anders als bei einer mündlichen Prüfung können solche Reaktionen des Prüfers, von denen der Prüfling erst nach der Prüfung Kenntnis erlangen kann, nicht zu einer leistungsvermindernden Einschüchterung des Prüflings führen. Auch Grobheiten, die bei einer mündlichen Prüfung unzulässig wären, können als schriftliche Äußerung unschädlich sein. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise des Prüfers wird man deshalb regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können (VG München, U.v. 28.4.2009 € M 4 K 08.4763 € juris).
Die Bemerkung €grundsätzlichen Unfähigkeit der Klägerin€ findet sich € entgegen der Angabe der Klägerseite € auf dem Begründungsblatt des Erstkorrektors. Dies wird mit den völlig widersprüchlichen Ausführungen der Klägerin zu der Verjährungsproblematik begründet.
Dies verstößt € gemessen an den oben dargestellten Grundsätzen € nicht gegen das Gebot der Sachlichkeit oder der Unvoreingenommenheit. Zwar sollte eine solche polemische Bemerkung grundsätzlich weder als Randbemerkung noch auf dem Beurteilungsbogen erfolgen. Allerdings bezieht sie sich nach dem Textzusammenhang nur auf die Leistung der Klägerin in dieser Klausur Nr. 2 insbesondere bei der Verjährungsproblematik und begründet die Bewertung mit null Punkten. Diese Äußerung kann nicht als persönliches Werturteil für die individuelle Leistungsfähigkeit der Klägerin als Person verstanden werden. Sie hat nach objektiver Beurteilung keinen für die Klägerin beleidigenden Inhalt. Sie betrifft die Ausführung der Klägerin insbesondere zur Verjährung. Diese waren aber tatsächlich widersprüchlich, denn im Rubrum wird die Beklagte zur Zahlung verpflichtet, auf Seite 9 wird das Eintreten der Verjährung festgestellt und auf Seite 13 die Nichtverjährung. Die Klägerin hat dabei für den Beginn der Verjährungsfrist fälschlicherweise auf die Forderungsentstehung und nicht auf die Fälligkeit der Forderung abgestellt. Anschließend hat sie widersprüchlich und inkonsequent versucht, das Dilemma zu lösen und die Klausur zu €retten€. Dies mag in Anbetracht des Prüfungsstresses verständlich sein, kann aber keine bessere Beurteilung rechtfertigen. Die Prüferbemerkung €grundsätzliche Unfähigkeit€ mag letztlich unangebracht, weil überflüssig, erscheinen, doch sie begründet nicht den Verdacht einer nicht objektiven, willkürlichen Bewertung. Der Prüfer fasste mit diesem Ausdruck zusammen, dass die Klägerin insgesamt in der Klausur gezeigt hat, dass sie über keine hinreichenden Grundkenntnisse in der Darstellung und Aufarbeitung eines Urteils verfügt, Normen nicht systematisch nach Tatbestandsmerkmalen prüfen kann, widersprüchlich den Verjährungseintritt beurteilt, die Frage der 12 % Verzinsung als Verzugsschaden völlig falsch sieht (Beginn: analog § 187 Abs. 1 BGB) und das Rubrum völlig unzureichend herausgearbeitet hat.
1.3
Im Übrigen ist die Bewertung dieser Arbeit mit null Punkten durch den Erstkorrektor und mit einem Punkt durch den Zweitkorrektor insbesondere unter Berücksichtigung der Ausführungen im Überdenkungsverfahren schlüssig und widerspruchsfrei. Das Begründungsblatt weist so gut wie keine positiven Bemerkungen über die Ausführungen der Klägerin auf. Keiner der durchzuführenden Prüfungsschritte wurde fehlerfrei gelöst. Vielmehr werden etliche erhebliche Widersprüchlichkeiten aufgezeigt.
2.
Auch die Beurteilung der Prüfungsleistung der Klägerin bei der Klausur Nr. 3 kann nicht beanstandet werden.
Die Klägerin erhielt bei dieser Klausur als Bewertung vom Erstkorrektor fünf Punkte und vom Zweitkorrektor vier Punkte. Diese Bewertungen gründen auf zutreffenden Beurteilungen der Prüfer.
2.1.
Nach Ansicht der Klägerin liege ein Beurteilungsfehler darin, dass die Nichtnennung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im zu fertigenden Schriftsatz negativ kritisiert worden sei, obwohl dies eine nicht zwingende Formalie darstelle.
Dies ist nicht der Fall, da der Erstkorrektor zu Recht die fehlende Nennung des Prozessbevollmächtigten bemängelt hat. Die Nennung von Prozessbevollmächtigten der Gegenseite in Schriftsätzen an das Gericht ist allgemein üblich und kann von Teilnehmern der Zweiten Juristischen Staatsprüfung erwartet werden, auch wenn diese Angabe nicht Bestandteil des notwendigen Inhalts der Klageschrift nach § 253 Abs. 2 ZPO ist (vgl. Knöringer, Die Assessorklausur im Zivilrecht, 14. Auflage 2013, Rn. 1.08). Dafür spricht, dass die Prüfungsteilnehmer für die Fertigung von Schriftsätzen über einen Formulierungsvorschlag in der als Hilfsmittel zugelassenen Formularsammlung Kroiß/Neurauter verfügen, die ebenfalls die Angabe der Prozessbevollmächtigten vorsieht. Außerdem hat das Gericht nach § 172 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO an die Prozessbevollmächtigten zuzustellen, so dass deren Angabe im Schriftsatz die Arbeit des Gerichts erleichtert. Die Tatsache, dass keine zwingenden rechtlichen Vorgaben zur Angabe der Prozessbevollmächtigten bestehen, kann auch auf die Rechtsausführungen des Schriftsatzes übertragen werden, da auch diese nach § 253 Abs. 4 i.V.m § 130 ZPO nicht notwendigerweise Inhalt des Schriftsatzes sind. Ein Schriftsatz, der sich nur nach dem gesetzlich vorgegebenen Inhalt richtet, kann kaum eine durchschnittliche Klausurbenotung erwarten. Daher ist hier nicht der gesetzliche Mindestinhalt der Maßstab, sondern was nach allgemein anerkannter Klausurpraxis zu erwarten ist. Im Übrigen wird von der Klägerin auch nicht hilfsweise erörtert, weshalb sie vom üblichen Inhalt abgewichen ist.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Übrigen die Rüge der fehlenden Nennung des Prozessbevollmächtigten nicht kausal für die Bewertung war. In der Begründung der Erstbewertung des Erstkorrektors findet sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Punktevergabe auf dem fehlerhaften Rubrum beruht. Lediglich als Randbemerkung in der Klausur und in der Gliederungsübersicht wird das Rubrum als €unvollständig€ bezeichnet. In der nachfolgenden schriftlichen Begründung bezieht sich die Kritik auf die wesentlichen Schwerpunkte der Klausur, die von der Klägerin auch nicht angegriffen wird. Der Zweitkorrektor hat im Nachprüfungsverfahren angegeben, dass seine Kritik keinen Einfluss auf die Bewertung gehabt habe. Eine gerichtliche Korrektur kommt nur dann in Betracht, wenn sich ein Beurteilungsfehler auf die Bewertung ausgewirkt haben kann. Diese Kausalität wäre hier € unabhängig davon, dass kein Beurteilungsfehler angenommen werden kann € nicht gegeben.
2.2.
Auch die Rüge der Klägerin, dass die Aufgabenstellung fehlerhaft erfolgt sei, da darin das Versäumnisurteil mit Datum vom 12. November 2009 benannt wurde, während im übrigen Sachverhalt der Klausur nur ein Versäumnisurteil vom 12. November 2010 vorkommt, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
Ein Sachverhaltsfehler ist nur dann relevant, wenn er geeignet ist, durch seinen Aussagegehalt einen €Durchschnittsprüfling€ in seinen bisherigen Überlegungen zur Lösung des Falles zu irritieren (BerlVerfGH, B.v. 28.5.2004 € VerfGH 188/03 € NVwZ 2004, 1351; VG Berlin, U.v. 4.7.2008 € 15 A 221.05 € juris). Bejaht wird ein erheblicher Fehler dagegen, wenn er sich im Bearbeitungsvermerk befindet und nach der Sachverhaltskonstellation das falsche Datum zumindest möglich gewesen wäre.
Der hier in Rede stehende Fehler hat € objektiv € keinen Anlass zu Irritation gegeben. Das falsche Datum konnte nicht als möglich in Betracht gezogen werden. In der Aufgabenstellung ist das Versäumnisurteil zwar tatsächlich falsch mit Datum vom 12. November 2009 und nicht richtigerweise von 2010 bezeichnet worden. Es war nach dem Klausurzusammenhang aber eindeutig, dass dies nur einen Schreibfehler darstellen kann und nur ein Versäumnisurteil vom 12. November 2010 gemeint sein kann. Im Sachverhalt war im Rahmen des Mandantengespräches die Rede von einem €Urteil vom 12. November 2010€ (Seiten 1 und 2). Schließlich wurde auf Seite 5 des Klausurtextes noch das €Teilversäumnisurteil vom 12. November 2010€ abgedruckt. Nach dem Klausursachverhalt war ab März 2009 eine Mieterin beim Mandanten eingezogen, die in der Folgezeit keine Mietzahlungen leistete und der daher vom Mandanten gekündigt wurde. Die Mieterin bestellte Heizöl im November 2009. Gefragt war, ob der Mandant für die Heizölkosten einstehen muss. Die Zahlung der Heizölkosten ist erkennbar der einzige Streitgegenstand des Falles. Diese wurden mit Anwaltsschriftsatz der Gegenpartei am 1. Oktober 2010 geltend gemacht (Seite 2). Darauf erging das oben genannte Versäumnisurteil gegen den Vermieter. Es war daher ein Versäumnisurteil vom 12. November 2009 schon zeitlich gesehen nicht möglich, da nach dem Sachverhalt offensichtlich nur die Heizölrechnung Streitgegenstand war, die erstmals mit dem Schriftsatz vom 1. Oktober 2010 auf Seite 2 geltend gemacht wurde. Damit lässt die Falschbezeichnung auf Seite 5 des Sachverhaltes nur den Schluss zu, dass das vorher abgedruckte Versäumnisurteil vom 12. November 2010 gemeint ist. Dies hätte ein durchschnittlicher Klausurteilnehmer ohne nennenswerten Zeitverlust erkennen müssen.
3.
Bei der Klausur Nr. 4 aus dem Erbrecht können ebenfalls keine Beurteilungsfehler der Prüfer festgestellt werden.
Die Klägerin erhielt bei dieser Klausur als Bewertung vom Erstkorrektor drei Punkte und vom Zweitkorrektor zunächst einen Punkt. Im Nachprüfungsverfahren erhöhte der Zweitkorrektor seine Bewertung auf zwei Punkte.
Gerügt wird von der Klägerin, dass sie im Teil I der Prüfungsklausur entgegen der Beurteilungen der Prüfer durch den Satz €M von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen€ hinreichende Ausführungen zum Pflichtteilsergänzungsanspruch gemacht habe.
Dies ist nicht zutreffend. Bei der Prüfung der Ansprüche des Sohns/Bruders M gegen seine Schwester S sieht die Klägerin den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht. Sie erwähnt nur den Ausschluss Ms von der gesetzlichen Erbfolge. M wird aber tatsächlich nicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, da die Mutter J keine dementsprechende testamentarische Verfügung vorgenommen hat. Daher durften die Ausführungen der Klägerin zu Recht als nicht zutreffend beurteilt werden.
Bei der Frage 2, bei der ein möglicher Verzicht von M auf Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche zu prüfen war, hat die Klägerin auf Seite 5 auf einer halben Seite den Pflichtteilsergänzungsanspruch geprüft. Gewürdigt wurde von den Prüfern, dass die Klägerin die Möglichkeit des Pflichtteilsverzichts erkannt hat, wobei sie aber fälschlicherweise eine Genehmigungsbedürftigkeit durch das Familiengericht feststellt. Nicht gesehen hat die Klägerin die Möglichkeit eines gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts, eines Erbvertrages (§ 311b Abs. 4 BGB) mit seiner nur schuldrechtlichen Wirkung und eines möglichen antizipierten Erlassvertrages über den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Zu prüfen waren (künftige) Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB zwischen den beiden voraussichtlichen Mitgliedern einer künftigen Miterbengemeinschaft. Die Klägerin ging darauf nicht ein, sondern nimmt lediglich einen Pflichtteilsanspruch an (Seite 4). Dies ist zu Recht als unzureichend beurteilt worden. Daher ist die Beurteilung der Prüfer, dass diese zweite Frage nur rudimentär behandelt wurde, zutreffend.
Zu beachten ist darüber hinaus, dass die Gewichtung eines Fehlers sich im Bewertungsspielraum des Korrektors bewegt (BVerwG, B.v. 2.6.1998 € 6 B 78/97 € juris). Ob die Klägerin die €ratio legis€ des § 2325 Abs. 1 BGB erkannt hat und inwieweit der Korrektor diese Erkenntnis bei seiner Bewertung beachten musste, ist damit gerichtlich nicht überprüfbar, da es schon an einem Beurteilungsfehler mangelt.
Insoweit ist der Erstkorrektor auch nicht an die Neubewertung des Zweitkorrektors gebunden, der im Nachprüfungsverfahren seine Bewertung von einem auf zwei Notenpunkte angehoben hat. Der Erstkorrektor hatte die Arbeit schon bei der Erstbewertung mit drei Notenpunkten bewertet und damit schon vor dem Nachprüfverfahren einen anderen Eindruck von der Leistung der Klägerin.
4.
Auch bei der Klausur Nr. 6 aus dem Strafrecht ist den Korrektoren kein Beurteilungsfehler unterlaufen.
4.1
Bezüglich des Teils I des Sachverhalts (falsche Angaben und Täuschungen des Z im Verfahren gegen seinen Bruder A wegen Hehlerei, Verabredung zum Meineid, Falschaussage, Kalender, Ticket, falsche Verdächtigung) haben die Korrektoren entgegen der Ansicht der Klägerin ihre Ausführungen zur Ticketfälschung (§ 267 StGB) mit der Anmerkung €im Ansatz erkannt€ hinreichend gewürdigt.
Die Korrektoren erkannten auch die richtigen Darlegungen der Klägerin zur Nichtnachweisbarkeit der Urkundenfälschung an. Die Klägerin hat aber nicht gesehen, dass das Anfertigen und das Gebrauchmachen von einer gefälschten Urkunde eine Tat darstellt. Dies entwertet die zum Teil richtigen Ausführungen zur €Anfertigung€ einer Urkunde bezüglich der Nichtnachweisbarkeit, die daher zwingend in Vermerkform hätten erfolgen müssen. Sie waren in der staatsanwaltlichen Abschlussverfügung fehl am Platz, da wegen der Tateinheit dieser Delikte keine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO in Betracht kam. Die Ausführungen der Klägerin zur €Urkundeneigenschaft€ sind unzulänglich, da sie bezüglich der Fotokopie des Tickets den entscheidenden Gesichtspunkt verkennen, dass die Fotokopie als eine Falschurkunde gebraucht wurde.
Auch hat die Klägerin das Verhältnis zu den anderen in Frage kommenden Delikten nicht erörtert. Daher rechtfertigt sich die Randbemerkung auf der Übersichtsskizze, die eben auf die fehlende Einordnung und den Verweis auf die in Frage kommende €Kalender€-Fälschung nach § 267 StGB hinweist.
4.2
Auch die weitere Rüge der Klägerin bezüglich ihrer Ausführungen zur Verwertbarkeit des Geständnisses in Teil II dieser Klausur, begründet keinen Beurteilungsfehler.
Die Ausführungen der Klägerin zur Möglichkeit eines Verwertungsverbots bei einem Verstoß gegen §§ 163a Abs. 4 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 4 StPO sind tatsächlich vertretbar. Dies haben die Korrektoren durch ihre Anmerkung €Teilaspekt angeführt€ auch berücksichtigt. Dagegen hat die Klägerin aber die maßgebliche Regelung in § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO für die Belehrung eines Zeugen bei einer polizeilichen Vernehmung nicht gesehen und die Abgrenzung zu §§ 252 und 254 StPO nicht vorgenommen. Daher haben die Korrektoren die diesbezüglichen Ausführungen zu Recht mit €nicht näher herausgearbeitet€ kommentiert.
4.3
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch die Bewertung der Klausur mit drei Punkten sowohl durch den Erst- als auch durch den Zweitkorrektor gerichtlich nicht zu beanstanden wäre. Die Arbeit leidet an etlichen Mängeln. Ein besonders grober Fehler liegt darin, sehr ausführlich die Strafbarkeit wegen eines Versuchs der Untreue zu prüfen, obwohl ein entsprechender Straftatbestand nicht existiert. Nicht behandelt wurde ein versuchter Betrug zulasten des F, die Kalenderfälschung, versuchter Meineid, versuchte Strafvereitelung zugunsten Angehöriger, Meineidsverabredung gegebenenfalls in Tateinheit mit § 153 StPO, falsche Verdächtigung inklusive der Absichtsproblematik und Überschreitung der straflosen Selbstbegünstigung, vermeidbarer Verbotsirrtum bei Falschaussage hinsichtlich des Angehörigenprivilegs. Zudem wurde vieles fehlerhaft oder ungenau behandelt, so zum Beispiel die Flugticketvorlage, die versuchte Untreue, das zuständige Gericht, die Anträge und Beweismittel sowie die Verwertbarkeit des Geständnisses.
5.
Die Klausur Nr. 7 aus dem Strafrecht haben die Korrektoren rechtmäßig beurteilt.
5.1
Die Rüge der Klägerin, dass ihr zu Unrecht mandantenfeindliche Ausführungen zu Last gelegt werden, ist unbegründet. Die Prüferkritik bezüglich des bejahten Tatbestandes der Körperverletzung ist gerechtfertigt. Die Randbemerkung des Korrektors auf Seite 13 €mandantenfeindliche Ausführungen€ ist somit nicht zu beanstanden. Auf Seite 13 und 14 der Ausarbeitung des Verteidigerplädoyers gesteht die Klägerin die Tatbestandserfüllung des § 223 StGB voll zu. Dies verwundert, da der Klausursachverhalt lediglich im Rahmen der Anklageschrift (Seite 1) einen Sachverhalt schildert, der eine Körperverletzung annehmen ließe. Auf Seite 3 und 4 des Sachverhalts folgt die Schilderung des Angeklagten, die sich mit der Aussage des Verletzten (Seite 5) dahingehend deckt, dass nur ein leichter Stoß mit der Hand gegen die Brust geführt wurde, der für den Verletzten €keine Schmerzen€ verursachte. Der Sachverhalt lieferte daher in aller Deutlichkeit Argumente dafür, dass eben keine Körperverletzung vorliegt.
In der Anerkennung der verwirklichten Körperverletzung konnten die Prüfer zu Recht keine Verteidigungsstrategie sehen. Auch wenn der zuerst gestellte Strafantrag zurückgenommen wurde und damit die Verfolgung nach § 223 StGB ausscheidet, ergeben sich aus dem Eingeständnis im Verteidigerplädoyer keine positiven Folgen für den Angeklagten. Auch der Argumentation der Klägerin, wonach der Rechtsanwalt nach §§ 1 und 43a BRAO in seiner Berufsausübung unabhängig sei und deswegen frei seine Rechtsauffassung vertreten dürfe, geht hier fehl. Sinn und Zweck der Verteidigerstellung und der hier gestellten Klausur ist die Wahrung der Interessen des Mandanten im Strafverfahren. Der Klausursachverhalt gab dafür auch zahlreiche Hinweise (s.o.), die die Klägerin bei ihrer Ausarbeitung nicht beachtet hat. Die Unabhängigkeit des Verteidigers ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er den Sachverhalt zu Lasten seines Mandanten auslegen kann, wenn dies nicht angezeigt ist. Damit ist die Herangehensweise der Klägerin als nicht vertretbares Ergebnis zu werten, da nach der Eigenart der Prüfung zumindest die Erörterung der Frage der Tatbestandsmäßigkeit hätte stattfinden müssen.
Ebenso wäre es bei der Prüfung von § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) zur Wahrung der Mandanteninteressen erforderlich gewesen, im Plädoyer zumindest die andere, für den Mandanten günstige Ansicht eines Oberlandesgerichts darzustellen, auch wenn diese von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht. Dazu waren im Sachverhalt auch genügend Hinweise enthalten. Mandantenfeindliche Ausführungen sind in einem Plädoyer besonders negativ zu bewerten.
5.2
Auch die weitere Rüge der Klägerin, dass ihr zu Unrecht €ein langatmiger Einstieg, eine zu breite Sachverhaltsdarstellung, eine insgesamt wenig überzeugende Anrede, mangelhafter Obersatz etc.€ vorgeworfen werde, geht fehl.
Die Klägerin hat es in ihrer Ausarbeitung des Plädoyers versäumt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Sachverhalt nimmt fünf von 17 Seiten ein. Zum Beispiel wird der Aspekt der fehlenden Sperren auf Seite 1 gleich zweimal erwähnt. Der Einleitungssatz des Plädoyers €Der Sachverhalt stellt sich anders dar.€ ist nicht gelungen, da er für die Zuhörer aufgrund mangelnder Vergleichsmöglichkeit nicht verständlich ist. Außerdem hat die Klägerin keine wörtliche Rede oder sonstiges rhetorisches Stilmittel für ihre Verteidigungsrede benutzt, obwohl dies nach der Aufgabe angezeigt gewesen wäre.
5.3
Auch die dritte Rüge hinsichtlich der Anmerkung von prozessualen Mängeln bei der Prüfung von §§ 252, 251 StPO begründet keinen Beurteilungsfehler.
Die Klägerin hat widersprüchlich argumentiert: Auf Seite 6 lässt sie die Verlesung der Aussage zu, während sie dies auf Seite 11 ablehnt. Die Klägerin kommt bei § 252 StPO zwar zum richtigen Ergebnis, liefert aber weder eine hinreichende Begründung noch eine argumentative Problemaufarbeitung (vgl. Seite 12 des Plädoyers). Die Klägerin verkennt die Schutzwirkung der Norm auch zugunsten des Angeklagten. Die Voraussetzungen des § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO werden von der Klägerin nicht sauber herausgearbeitet und die Beschlussbedürftigkeit nach § 251 Abs. 4 StPO nicht gesehen.
5.4
Die Ausführungen der Klägerin zur Strafzumessung wurden zu Recht bemängelt, da sie keine hinreichenden Begründungen enthalten. Die Ausführungen zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung sind fehlerhaft, da eine solche offensichtlich ausschied.
Im Übrigen wurden die tatsächlich zutreffend erörterten Probleme gewürdigt.
6.
Nach dem Vortrag der Klägerin beruht die Bewertung der Klausur Nr. 8, einer Arbeit aus dem öffentlichen Recht, auf mehreren Beurteilungsfehlern. Allerdings kann keine dieser Rügen einen Beurteilungsfehler begründen.
6.1
Die Klägerin ist der Ansicht, dass entgegen der Auffassung der Korrektoren auch eine andere Meinung bezüglich der Tenorierung vertretbar sei. Die Klägerin hat in der Klausurlösung im Tenor der gerichtlichen Entscheidung in der Ziffer II die sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmigung und in der Ziffer IV die vorläufige Vollstreckbarkeit des Beschlusses angeordnet. Dies sei zumindest nicht gänzlich falsch.
Der Erstkorrektor hat auf seiner Übersichtsskizze zu Recht ausgeführt, dass Ziffer II des von der Klägerin verfassten Tenors €entbehrlich€ sei. Da die Klägerin in der Ziffer I ihres Tenors die mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 angeordnete Aussetzung der Vollziehung aufgehoben hat, tritt die Rechtslage ein, die ohne dieses Schreiben bestanden hatte. Daher entfaltet ein Widerspruch oder eine Klage gegen die Baugenehmigung vom 8. September 2010 kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung. Die sofortige Vollziehbarkeit dieser Baugenehmigung dennoch zu tenorieren, war daher zumindest überflüssig. Nur dies haben die Korrektoren in der Beurteilung festgestellt, wobei sie auch betont haben, dass sie dies nicht als Fehler eingestuft haben.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses in der Ziffer IV der Entscheidung ist dagegen fehlerhaft.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG darf eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch beurteilt werden (BVerfG, B.v. 17.4.1991 € 1 BvR 419/81 u. 213/83 € BVerfGE 84, 34). Die Ansicht der Klägerin ist aber nicht vertretbar. Die Klägerin führt aus, dass es nach einer Kommentierung in Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 80 Rn. 205, vertretbar sei, auch bei rechtsgestaltenden Beschlüssen einen vollstreckbaren Inhalt anzunehmen, da Beschwerden nach § 149 Abs. 1 VwGO ausnahmsweise aufschiebende Wirkung haben könnten. Die Klägerin stützt dabei die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO. Diese Rechtsgrundlage ist aber nicht einschlägig. Die angeführte Kommentierung in Kopp, a.a.O., ist nicht anwendbar, da diese die Frage betrifft, ob Beschlüsse nach § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO überhaupt einen Vollstreckungstitel darstellen können. Da die Beschwerde nach § 149 Abs. 1 S. 1 VwGO, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen, keine aufschiebende Wirkung hat, stellt sich die Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht. Die Ausführungen der Klägerin deuten darauf hin, dass sie die Systematik nicht verstanden hat. Die Korrektoren haben die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit zu Recht als falsch beurteilt.
6.2
Daneben führt die Klägerin an, dass es vertretbar sei, die behördliche Aussetzung der Vollziehbarkeit als selbstständig (mit einer Klage) anfechtbaren Verwaltungsakt zu qualifizieren.
Dies wird von keiner Literaturmeinung vertreten, denn dazu gibt es das besondere Verfahren nach § 80a Abs. 3 VwGO. Nach Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 107, 78, ist es vertretbar, die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit als einen Verwaltungsakt zu qualifizieren. Allerdings wird dies von der Klägerin mit keinem Argument näher ausgeführt oder problematisiert (vgl. Seite 2 f. Klausurbearbeitung). In diesem Fall hätte die Klägerin eine noch zu erhebende Klage gegen die Aussetzung der Vollziehung als Hauptsache für erforderlich ansehen müssen und auf die Erfolgsaussichten dieser Hauptsache, d.h. auf die Zulässigkeit und Begründetheit der Nachbarklage, abstellen müssen. Dies ist nicht erfolgt. Damit kann diese nicht weiter begründete Abweichung von der Rechtsprechungspraxis auch als Fehler beurteilt werden. Allein die Tatsache, dass eine abweichende Meinung existiert, macht eine dahingehende Begründung nicht entbehrlich.
6.3
Nach Ansicht der Klägerin habe sie € entgegen der Beurteilung der Korrektoren € die Aspekte des Drittschutzes nicht verkannt, sondern nach einer €erheblichen Belastung des Beigeladenen durch Lärm€ (Seite 5 der Klausurbearbeitung) gefragt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie das Problem erkannt habe.
Dagegen geht der Erstkorrektor berechtigterweise von einer unterlassenen Prüfung des Drittschutzes aus. Die Klägerin prüft auf Seite 5 ihrer Bearbeitung lediglich die materielle Rechtmäßigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes nach Maßgabe des Tatbestandes des § 4 Abs. 1 BImSchG, der auch folgende Formulierung enthält: €Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die (...) geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, (...)€. Die Klägerin erwähnt die Klausel €erhebliche Belastung des Beigeladenen durch Lärm€ also nur im Zusammenhang mit der Prüfung der richtigen Genehmigungsform bzw. der Frage nach dem richtigen Verfahren. Dabei kommt es auf eine drittschützende Funktion nicht an. Den Drittschutz hätte die Klägerin beim Anspruch auf Wahrung der Gebietsart prüfen müssen.
6.4
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Bewertung der Prüfungsleistung der Klägerin in der Klausur Nr. 8 nicht zu beanstanden ist. Die Klägerin hat insgesamt viel zu breit €Banales€, z.B. ob die Limonadenfabrik ein Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB darstellt, erörtert und ist auf wesentliche rechtliche Probleme nicht oder viel zu oberflächlich eingegangen. Daneben hat sie verkannt, dass die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts aus § 52 Nr. 1 VwGO folgt, eine falsche Folgerung aus der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans gezogen, die bauplanungsrechtlichen Probleme unsystematisch gelöst, das Maß und die Art der baulichen Nutzung vertauscht, die Anhörung der Nachbarn mit der Nachbarbeteiligung nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO verwechselt und keine verwertbaren Ausführungen zum Drittschutz gemacht. Damit bleibt die Bewertung mit drei Punkten durch den Erst- und durch den Zweitkorrektor innerhalb des Bewertungsspielraums der Prüfer.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dieser Kostenentscheidung auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
VG Würzburg:
Urteil v. 19.03.2015
Az: W 2 K 14.381
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