Landgericht München I:
Urteil vom 14. Mai 2009
Aktenzeichen: 7 O 5535/09

(LG München I: Urteil v. 14.05.2009, Az.: 7 O 5535/09)

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 25.3.2009 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und folgenden

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird bis zur teilweisen Antragsrücknahme im Termin vom 16.4.2009 auf Euro 20.000,€ für die Zeit danach auf Euro 10.000,€ festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen die rechtswidrige Verbreitung von Tonaufnahmen im Internet über sogenannte Tauschbörsen.

Die ... ist Inhaberin der Rechte des Tonträgerherstellers an der Aufnahme ... Die Antragstellerin hat von diesem Unternehmen das Recht erworben, diese Aufnahme in dezentralen Computernetzwerken auszuwerten. Die Rahmeneckwertevereinbarung vom November 2008 (Anlage ASt 2) enthält hierzu folgende Bestimmungen:

"...

1. Vorbemerkungen

Die Parteien haben am 8.4.2008 eine Rahmeneckwertevereinbarung miteinander abgeschlossen. Durch zusätzliche Vertragsanlagen wurden diese Rahmeneckwertevereinbarung um weitere Produkte ergänzt. Für die zukünftige Zusammenarbeit gilt nur noch diese neue Vereinbarung, die Vertragsanhänge zur Rahmeneckwertevereinbarung gelten auch als Vertragsanhänge zu dieser neuen Vereinbarung fort.

2. Vertragsgegenstand

LIZENZGEBER ist Tonträgerhersteller und Inhaber ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechten an Tonaufnahmen. Durch die illegale Verwertung der Tonaufnahmen in sog. Peer-2-Peer Netzwerken entsteht Lizenzgeber ein wirtschaftlicher Schaden. Gegenstand dieses Vertrages ist die Beauftragung von ... durch Lizenzgerber geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die wirtschaftlichen Nachteile, die Lizenzgeber erleidet, zu verhindern.

3. Rechteeinräumung

Zur Erreichung des in Ziffer 1 genannten Zwecks räumt LIZENZGEBER ... für die Dauer des Vertrages ausschließliche Rechte an den in Anlage 1 oder weiteren Anlagen zu diesem Vertrag aufgeführten Aufnahmen ein mit Bezug auf Filesharing in Peer-2-Peer Netzwerken ("Tauschbörsen"), bei denen jeder Teilnehmer Nutzer und Anbieter zugleich sein kann und die Aufnahmen dezentral öffentlich zugänglich macht. Die Rechteeinräumung gilt, insbesondere für Netzwerke wie Bit-Torrent, eDonkey, Gnutella, Fast Track und Kademila u. a. Tauschbörsen; des Weiteren für eine öffentliche Zugänglichmachung der Aufnahmen bei sog. One-Klick-Hostern (auch Sharehoster genannt), bei denen die Aufnahmen über die zur Verfügungstellung von Downloadlinks öffentlich zugänglich gemacht werden (z. B. Rapidshare). ... ist verpflichtet vor Einstellung von AUFNAHMEN in NETZWERKE die gesonderte schriftliche Zustimmung von LIZENZGEBER für jedes einzelne Netzwerk einzuholen. ...

5. Wirtschaftliches Risiko

... trägt das wirtschaftliche Risiko bei der Auswertung der eingeräumten Rechte, insbesondere auch solche, die durch die Rechtsverfolgung entstehen..."

Die Anlage 1 zu der Vereinbarung vom November 2008 betrifft ... Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage Ast 2 Bezug genommen.

Zur Feststellung derartiger Rechtsverletzungen entwickelte das von der Antragstellerin beauftragte Unternehmen ... die Software ... die eingesetzt wird, um im Auftrag von Rechteinhabern die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Dateien über Tauschbörsen im Internet zu beobachten und zu protokollieren. Mit dem Einsatz der Software auf eigenen Rechnern werden einschlägige Internettauschbörsen über einen längeren Zeitraum überwacht. Hierbei werden Internet-Protokolle-Adressen (IP-Adressen) von Anbietenden festgestellt, erfasst und nebst Datum und sekundengenauer Zeit gespeichert.

Die Antragsgegnerin bietet u. a. als Internet-Accessprovider den Zugang zum Internet an, den der Kunde gegen Zahlung einer pauschalen Vergütung (Flatrate-Tarif) erhält. Hierfür erhält der Kunde für den bereit gestellten physikalischen technischen Kabelanschluss einen Benutzernamen und ein Passwort.

Am 11.2.2009 stellte die Antragstellerin beim Landgericht München I einen Antrag auf Gestattung der Auskunftserteilung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG (Az.: 7 O 2520/09). Am 13.2.2009 erging eine einstweilige Anordnung, mit der der Antragsgegnerin "aufgegeben wurde, diejenigen IP-Adressen und Verbindungszeitpunkte (Verkehrsdaten), die auf der nachfolgend wiedergegebenen Aufstellung (...) enthalten sind, zu sichern, bis über den Antrag der Antragstellerin vom 11.2.2009 auf Gestattung der Auskunftserteilung bestandskräftig entschieden ist." Am 5.3.2009 erließ die Kammer einen Beschluss, mit dem der Antragsgegnerin gestattet wurde, der Antragstellerin darüber Auskunft zu erteilen, wem zu den in den benannten Zeitpunkten die benannten IP-Adressen zugewiesen waren, unter Angabe von Namen und Anschriften. Der Antrag betraf das Werk ... und bezog sich auf 430 IP-Adressen im Zeitraum vom 18.1.2009, 18:07:51 Uhr bis zum 8.2.2009, 10:15:21 Uhr. Der Beschluss wurde der Antragstellerin und der Antragsgegnerin jeweils am 12.3.2009 zugestellt. Auf die Aufforderung der Antragstellerin zur Auskunftserteilung vom 13.3.2009 (Anlage Ast 6) hin teilte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 19.3.2009 (Anlage Ast 7) mit, den Anspruch aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht erfüllen zu können:

Sehr geehrter Herr ... hier wie soeben telefonisch besprochen unsere rechtliche Einschätzung:

Zu Ihrer Bitte um Auskunftserteilung vom 13. März 2009 teilen wir Ihnen mit, dass wir diese aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht erfüllen können.

Die IP-Adressen werden von uns nur in der Vorratsspeicherung vorgehalten, im Übrigen werden diese unverzüglich nach Verbindungsende gelöscht, da wir sie wegen der Flatrate-Tarife nicht für interne Zwecke benötigen. Im Hinblick auf die hier fehlende Entgeltermittlung kommt eine Speicherung von dynamischen IP-Adressen auf der Grundlage des § 97 TKG von vornherein nicht in Betracht. Die Daten aus der Vorratsspeicherung dürfen ihrerseits aber nicht für Auskünfte an Privatpersonen genutzt werden. Deshalb sind die angefragten Daten in den relevanten Datenbanken gelöscht, bevor eine Gestattung erfolgen kann. Eine Pflicht, hier länger Daten zu speichern, ist nicht ersichtlich. Insofern sind Anträge auf Gestattung der Auskunft in unserem Fall in der Tat zweckwidrig, da sie ins Leere gehen.

Aber auch ein gesetzliches Schuldverhältnis, das ohne weiteres zwischen Provider und Rechteinhaber bestünde und zu einer Datenspeicherungspflicht zu Zwecken der urheberrechtlichen Anspruchsverfolgung führt, können wir nicht erkennen. Nach zutreffender Auffassung führt erst die Gestattung nach § 101 IX UrhG dazu, dass der Provider nicht mehr sanktionslos die Daten löschen kann.

Wir sehen insofern keine Grundlage für eine Pflicht unsererseits, ein Verfahren zum Datenabruf mit Ihnen zu vereinbaren. Da das Verfahren nach § 101 IX UrhG auch die Interessen des am Verfahren unbeteiligten Kunden schützen soll, halten wir den Richtervorbehalt nicht für dispositiv. Da schließlich in der Literatur nach wie vor auch bei einer richterlichen Gestattung datenschutzrechtliche Bedenken geäußert werden, ist auch der Umfang der Bindungswirkung fraglich.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen, ... Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Rechtsanwältin

In dieser Handhabung sieht die Antragstellerin eine Vereitelung des ihr aus § 101 Abs. 2 und 3 UrhG zustehenden Auskunftsanspruchs. Von der Antragsgegnerin werde keine generelle Speicherung von Verkehrsdaten gefordert, sie solle es lediglich unterlassen, die im Zeitpunkt der Inkenntnissetzung noch vorhandenen konkreten Verkehrsdaten zu löschen, damit die zeitnah folgende Geltendmachung des Auskunftsanspruchs unter Vorlage der richterlichen Gestattung nicht ins Leere laufe. Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruches lägen vor, wie bereits in dem Verfahren 7 O 2520/09 ausgeführt worden sei. Die Antragsgegnerin verletze durch die bewusste Löschung der für die Erfüllung des Auskunftsanspruches benötigten Verkehrsdaten ihre Pflichten aus dem sich aus § 101 Abs. 2 UrhG ergebenden gesetzlichen Schuldverhältnis. Ab Kenntnisverschaffung bestehe zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Aus diesem ergebe sich die Nebenpflicht, die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen nicht unmöglich zu machen. Dieselbe Rechtsfolge ergebe sich aus dem Umstand, dass es sich bei § 101 Abs. 2 UrhG um ein Schutzgesetz zugunsten der Antragstellerin handele. Zudem hafte die Antragsgegnerin als Störer. Ihr aus § 8 TMG folgendes Haftungsprivileg als Accessprovider schließe nicht aus, dass sie nach Kenntniserlangung nach den allgemeinen Grundsätzen in Anspruch genommen werde (Antragsschrift, S. 10/17). Die Verurteilung eines Störers zur Durchführung einer konkreten Maßnahme € Speicherung von Verkehrsdaten zu konkret mitgeteilten IP-Adressen und Tatzeitpunkten € sei dann möglich und geboten, wenn nur hierdurch Störungen beseitigt oder künftig verhindert werden könnten und weitere Maßnahmen zwar theoretisch möglich aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden könnten. Die Aufbewahrung der Verkehrsdaten solange bis der Antragsgegnerin eine Auskunftsanordnung mitgeteilt worden sei, sei die einzige Möglichkeit, die Antragstellerin zur Rechtsverfolgung in die Lage zu versetzen.

Unzutreffend sei die von der Antragsgegnerin vertretene Auffassung, eine Nichtlöschung der Daten sei ihr aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus unmöglich. Es gehe um die Beauskunftung von Bestandsdaten nicht von Verkehrsdaten. Die Verkehrsdaten, die von § 96 Abs. 2 TKG geschützt werden sollten, seien bekannt. Folglich sei die Antragsgegnerin berechtigt, die streitgegenständlichen Daten gemäß § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG aufzubewahren, da die Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 Satz 1 TKG vorlägen. Die Daten würden zum Aufdecken und Unterbinden von "sonstigen rechtswidrigen Inanspruchnahmen der Telekommunikationsnetze und €dienste" benötigt. Das Recht zur Aufbewahrung ergebe sich auch aufgrund der Regelung des § 101 Abs. 2 UrhG als einer anderen gesetzlichen Vorschrift im Sinne von § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG. Schließlich ergebe sich die datenschutzrechtliche Berechtigung aus § 101 Abs. 9 UrhG, wie die Gesetzesbegründung verdeutliche.

Der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Vorratsdatenspeicherung gehe ins Leere, da ihr nicht angesonnen werde, Verkehrsdaten "auf Vorrat" zu speichern. Sie solle es lediglich unterlassen, einzelne, konkrete Rechtsverletzungen betreffende Verbindungsdaten zu löschen, die im Zeitpunkt der Mitteilung ohnehin noch vorhanden seien.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr (Protokoll vom 16.4.2009, S. 3 = Bl. 52):

Der Antragsgegnerin wird (bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel) untersagt, die erforderlichen Datensätze zur Feststellung von Bestandsdaten bestimmbarer Kunden der Antragsgegnerin, denen die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin mitgeteilten dynamischen IP-Adressen zu einem von der Antragstellerin der Antragsgegnerin mitgeteilten bestimmten Zeitpunkte zugeordnet waren, dann bis zur Beauskunftung der Antragstellerin über Namen und Anschrift des jeweiligen Kunden oder bis zur rechtskräftigen Abweisung eines diesbezüglichen Auskunftsantrages gemäß § 101 Abs. 9 UrhG zu löschen, wenn die Antragsgegnerin vor der Löschung der betreffenden Verkehrsdaten davon in Kenntnis gesetzt wird, dass über die betreffenden Internetanschlüsse von Kunden der Antragsgegnerin Tonaufnahmen unter Verletzung der Rechte der Antragstellerin öffentlich zugänglich gemacht werden und die Antragstellerin diesbezüglich Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Auskunftsanordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG stellt, dies mit Bezug auf die Tonaufnahme ... des Künstlers ...

Die Antragsgegnerin beantragt:

I. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung der Antragstellerin vom 25.3.2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Für den Fall des Unterliegens der Antragsgegnerin in vorliegendem Einstweiligen Verfügungsverfahren wird die Berufung gegen das Urteil des LG München zugelassen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, sie stelle nicht fest, welche Daten durch die Kunden übertragen oder welche Webseiten von den Kunden aufgerufen würden. Sie verfüge weder über die technischen Mittel, um dies zu überprüfen, noch sei sie hierzu rechtlich befugt. Die Antragsgegnerin speichere seit dem 1.1.2009 zu jeder Online-Session ihrer Kunden ausschließlich zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Vorratsdatenspeicherungspflicht als Accessprovider gemäß § 113 a Abs. 1, 4 TKG diesbezüglich Verkehrsdaten und damit namentlich die jeweils dynamische IP-Adresse, Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Online-Session sowie die Kundenkennung. Eine Speicherung von Verkehrsdaten für andere als die in § 113 b TKG genannten Zwecke nehme die Antragsgegnerin mangels einer diesbezüglich bestehenden gesetzlichen oder anderweitigen Verpflichtung nicht vor. Folglich könne ihr schon rein tatsächlich nicht die Löschung von Verkehrsdaten mit dem alleinigen Ziel der Ermöglichung der Verwendung dieser Daten zur Erteilung von Auskünften zwecks Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche untersagt werden.

Anders als bei sog. DSL-Providern erfolge die Kommunikation der Kunden der Antragsgegnerin mit dem Internet über ein Modem, das dem Kunden zur Verfügung gestellt werde. Der Verbindungsvorgang über das Modem setze keine Anmeldung voraus, sondern das Modem lasse sich direkt eine IP-Adresse zuweisen. Die Dauer der Zuweisung der IP-Adresse an ein Modem werde nicht im Sinne einer konstanten Sitzung festgehalten; festgehalten werde nur die letzte Verlängerung der IP-Adresse (Zeitfenster von 90 Minuten), um etwaige Datenpakete an diese IP-Adresse zuordnen zu können. Es sei daher nur feststellbar, wann das letzte Mal eine Verlängerung dieser IP-Adresse erfolgt ist. Bei der Antragsgegnerin gebe es derzeit zwölf sogenannte DHCP-Server, die über Deutschland verteilt seien. Deren Anzahl werde sich zukünftig erhöhen. Bei der Antragsgegnerin gebe es derzeit im Falle einer Meldung einer angeblichen Rechtsverletzung keine automatische Suche (Protokoll, S. 2 = Bl. 51).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin könne die Antragsgegnerin nicht als Störer und damit als Mitverantwortliche für angebliche Urheberrechtsverletzungen in Bezug auf Tauschbörsenangebote in Anspruch genommen werden, da sie keinerlei effiziente Möglichkeit habe, selbst angebliche Rechtsverletzungen zu verhindern.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass der Antrag nicht dem Bestimmtheitsgebot genüge, da er allgemeine rechtliche Formulierungen enthalte (Bl. 29).

Darüber hinaus fehle dem Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da das Begehren objektiv sinnlos sei. Eine Unterlassung der Löschung der Verkehrsdaten könne nicht verlangt werden, weil die Antragsgegnerin insofern überhaupt keine Datenerhebung und -speicherung vornehme und hierzu auch keinerlei gesetzliche oder sonstige Verpflichtung bestehe. Soweit sie Verkehrsdaten in Ausübung ihrer Vorratsdatenspeicherungspflicht gemäß § 113 a TKG erhebe und speichere, sei ein Rechtsschutzbedürfnis auf Unterlassung der Löschung von Verkehrsdaten ebenfalls nicht anzunehmen. Insofern gebe es keinerlei Anhaltspunkte für eine gesetzwidrig vorgenommene oder bevorstehende Löschung von Verkehrsdaten, auf die Antragstellerin zur Verfolgung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche aber ohnehin nicht zurückgreifen könne.

Weiter fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil für das von der Antragstellerin erstrebte Ziel nach der Gesetzessystematik nur das Anordnungsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG zur Verfügung stehe. Insoweit sei der Vorrang des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gegenüber dem Verfahren der einstweiligen Verfügung zu beachten. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung sei sowohl nach geltendem Recht als auch nach der ab dem 1.9.2009 maßgeblichen Rechtslage möglich.

Die Antragstellerin sei nicht aktivlegitimiert, weil sich die als Anlage Ast 2 vorgelegte Rahmeneckwertevereinbarung nur auf die Verfolgung von Rechtsverletzungen und damit auf eine Rechtsdienstleistung i. S. v. § 2 Abs. 1 RDG beziehe. Dies habe mangels Registrierung der Antragstellerin die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge.

Der Antragstellerin stehe kein Verfügungsanspruch zu, weil es an dem von der Antragstellerin behaupteten gesetzlichen Schuldverhältnis fehle. Eine wie auch immer geartete Verpflichtung in Bezug auf eine Auskunftserteilung einschließlich zur Unterlassung der Löschung von Verkehrsdaten im Sinne eines gesetzlichen Schuldverhältnisses könne nur angenommen werden, wenn zuvor über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 9 UrhG entschieden worden sei. Die Bestimmung des § 96 Abs. 2 Satz 2 TKG stehe ebenfalls der Auffassung der Antragstellerin entgegen.

Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass es rechtlich auch zweifelhaft erscheine, im Rahmen des Anordnungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG eine einstweilige Anordnung auf Unterlassung der Löschung von Verkehrsdaten bzw. auf Speicherung solcher Daten zuzulassen.

Ein Verfügungsanspruch bestehe aus denselben Gründen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Insbesondere könne die Rechtsprechung zur Störerhaftung des Hostproviders nicht auf den Accessprovider übertragen werden.

Ein Auskunftsanspruch in Bezug auf die behaupteten Verletzungen von Rechten an dem Musikstück ... bestehe nicht. Es bestünden bereits Zweifel daran, ob die von der Antragstellerin beauftragte GmbH durch einen Hörvergleich die Rechtsverletzung festgestellt habe. Aus den hierzu vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergebe sich, dass das Stück unter einer Vielzahl von Hashwerten angeboten worden sein solle. Zum Hashwert des Originals werde nichts vorgetragen. Eine Darlegung und ein Nachweis einer offensichtlichen Rechtsverletzung lägen somit nicht vor. Es fehle auch an einer Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß.

Dem geltend gemachten Anspruch stünden auch datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen. § 101 Abs. 9 UrhG enthalte keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Auskunftserteilung und könne einen notwendigen gesetzlichen datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestand nicht ersetzen. Eine solche Regelung fehle im TKG, da § 14 Abs. 2 TMG nur Hostprovider erfasse. Dem Begehren der Antragstellerin stehe auch § 96 Abs. 2 TKG entgegen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gehe es nicht lediglich um die Beauskunftung von Bestandsdaten (Namen und Anschriften), sondern auch um Verkehrsdaten. Denn die Auskunft könne nur unter Verwendung von Verkehrsdaten, nämlich den dynamischen IP-Adressen, Daten und Uhrzeiten sowie der Kundenkennung erteilt werden. Bei dynamischen IP-Adressen handele es sich um Verkehrsdaten im Sinne von § 96 TKG, wie sich auch aus § 113 a Abs. 1 Satz 1 TKG ergebe. Hiervon gehe auch die Gesetzesbegründung aus. Auch auf § 96 Abs. 2 Satz 2 TKG könne sich die Antragstellerin nicht stützen. § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG komme als Erlaubnistatbestand nicht in Betracht. Dies gelte auch für § 101 Abs. 9 UrhG, zumal es an einer für den konkreten Fall erforderlichen Anordnung fehle. Für eine von der Antragstellerin letztlich erstrebte Vorratsdatenspeicherung für die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche gebe es keine gesetzliche Grundlage. Hiergegen habe sich der Gesetzgeber in den Bestimmungen der §§ 113 a, b TKGK ausgesprochen. Diese Sichtweise stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG. Die von der Antragstellerin vertretene gegenteilige Auffassung lasse sich auch nicht mit der Bestimmung des § 100 Abs. 3 Satz 1 TKG begründen, denn diese Regelung erfasse nicht die vermeintlich rechtswidrige Inanspruchnahme urheberrechtlich geschützter Leistungen.

Die Antragstellerin bestreitet die technischen Ausführungen der Antragsgegnerin im Termin mit Nichtwissen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 16.4.2009 Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung reichte die Antragstellerin die Schriftsätze vom 24. und 28.4.2009 und die Antragsgegnerin den Schriftsatz vom 6.5.2009 ein.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig; er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Selbst wenn zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen wird, dass der Anspruch aus § 101 Abs. 2 UrhG gegen die Antragsgegnerin als sog. Accessproviderin auch die Verpflichtung beinhaltet, die Durchsetzung dieses Anspruchs in Gestalt des in § 101 Abs. 9 UrhG vorgesehenen Gestattungsverfahrens und der damit einhergehenden zeitlichen Abfolge nicht zu vereiteln, sondern die Antragsgegnerin eine aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis sich ergebende Mitwirkungspflicht als Nebenpflicht trifft, steht der Antragstellerin ein solcher Anspruch auf Unterlassung der Löschung, respektive ein Anspruch auf Speicherung aufgrund des der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachengrundlage nicht zu.

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

1. Der Einwand der Antragsgegnerin (u. a. unter Bezugnahme auf den als Anlage AG 5 vorgelegten Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg vom 24.3.2009), das Verfahren der einstweiligen Verfügung sei für das erstrebte Ziel bereits nicht statthaft, da ein Vorrang des Anordnungsverfahrens nach den Grundsätzen des FGG-Verfahrens € dessen Zulässigkeit die Antragsgegnerin aber wiederum in Abrede stellt € bestehe, greift nicht durch.

49Zutreffend ist, dass nach der auch von der Kammer geteilten Auffassung (im Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Köln (GRUR-RR 2009, 9 = ZUM 2008, 978) im Rahmen eines Anordnungsverfahrens eine einstweilige Anordnung ergehen kann, auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erst mit Wirkung ab dem 1.9.2009 in § 49 des FGG-Reformgesetzes vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) enthalten ist. Insoweit kann auf die Ausführungen des OLG Köln (a. a. O.) Bezug genommen werden. Der Antragsgegnerin kann jedoch nicht darin gefolgt werden, dass es sich bei dem Verfahren der einstweiligen Anordnung um eine dem vorliegenden Verfahren der einstweiligen Verfügung vorrangiges Verfahren handelt. Denn diesem Grundsatz der Spezialität steht vorliegend entgegen, dass das von der Antragstellerin verfolgte Rechtsschutzziel (vgl. hierzu nachfolgend unter I.2) mit einer einstweiligen Anordnung nicht zu erreichen wäre. Denn nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin zu der Speicherung bzw. Nichtspeicherung der fraglichen Daten (siehe hierzu unter II. 2. b. cc. (1)) wäre es für die Antragstellerin bereits aus zeitlichen Gründen nicht möglich, zeitgleich mit einem Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG oder auch isoliert einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, mit der der Antragsgegnerin, entsprechend dem Beschluss der Kammer vom 13.2.2009, aufgegeben wird, die Daten zu sichern. Vielmehr ist aus dem Gebot, insbesondere auch in Form des einstweiligen Rechtsschutzes einen effektiven Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen (vgl. Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 245 f m. w. N.), zu folgern, dass die Antragstellerin zur Sicherung des aus § 101 Abs. 2 UrhG hergeleiteten Auskunftsanspruchs, zu dessen Durchsetzung das in § 101 Abs. 9 UrhG vorgesehene Gestattungsverfahren lediglich vorgeschaltet ist, auch um einstweiligen Rechtsschutz in Form eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nachsuchen kann.

Der Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg betrifft demgegenüber einen anderen Sachverhalt, nämlich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Erteilung einer Auskunft gemäß § 102 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 UrhG, nachdem zuvor bereits ein Antrag gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gestellt worden war. Bei dieser Sachlage wird die dortige Antragstellerin zu Recht darauf verwiesen, in dem Gestattungsverfahren um einstweiligen Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung nachzusuchen.

2. Der (nunmehr) auf die Tonaufnahme ... des Künstlers ... beschränkte Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a. Die Bestimmung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO findet auch im Verfahren der einstweiligen Verfügung Anwendung. Bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der ein Unterlassungsanspruch gesichert werden soll, ist der Antragsteller durch die Regelung in § 938 ZPO nicht davon entbunden, einen hinreichend bestimmten Antrag (§ 936 Abs. 1, § 920 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) zu stellen, der das Begehren des Antragstellers und die Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 ZPO) festlegt (st. Rspr. der Kammer in Übereinstimmung mit der h. M. vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 54 Rdn. 38; Berneke, Die Einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdn. 157; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 49 Rdn. 2; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, Vor § 935 Rdn. 10; Harte/Henning, § 12 Rdn. 367 f; jeweils m. w. N. aus Rspr. und Lit.). Den Antrag des Antragstellers abweichend von dem (klaren) Wortlaut abweichend auszulegen, besteht insbesondere dann keine Veranlassung, wenn € wie hier € über den Antrag aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird, und der Antragsteller nach Erörterung der Antragsfassung (Protokoll, S. 3 = Bl. 52 im Hinblick auf die Hinweispflicht des Gerichts (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO), keine Veranlassung sieht, den Antrag zu ändern. Ob für den vorliegenden Unterlassungsanspruch zur Sicherung eines Auskunftsanspruchs abweichende Grundsätze gelten (vgl. hierzu auch unten), kann offenbleiben.

b. Nach der Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht so undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Antragsgegner deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bliebe (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 607, 608 m. w. N. € Telefonwerbung für Individualverträge). Diesen Anforderungen wird der Antrag trotz der Verwendung der von der Antragstellerin beanstandeten Begriffe gerecht, da zur Bestimmung des Inhalts und der Reichweite des Antrags auch die hierzu vorgetragene Begründung mit heranzuziehen ist (BGH GRUR 2008, 254 Tz. 21 € THE HOME STORE). Insoweit hat auch die eingehende Erörterung im Termin gezeigt, dass über die verwendeten Begriffe keine Unklarheit herrscht.

aa. Der Antrag zielt auf ein Verbot, "die erforderlichen Datensätze zur Feststellung von Bestandsdaten bestimmbarer Kunden" zu löschen. Wie sich aus dem Wortlaut ("zur Feststellung ..."; "... bis zur Beauskunftung über Namen und Anschrift des jeweiligen Kunden ...") und der Begründung ergibt, bezieht sich Verbot auf diejenigen Datensätze, die erforderlich sind, um die Namen und Anschrift (= "Bestandsdaten"; vgl. hierzu auch unten) desjenigen Kunden zu ermitteln, dem die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu einem "mitgeteilten" (genauer "mitzuteilenden", siehe unten) dynamischen IP-Adressen zu einem "mitgeteilten" (genauer "mitzuteilenden") Zeitpunkt zugeordnet waren. D. h. es geht um die erforderlichen Daten, um die Verknüpfung zwischen den dynamischen IP-Adressen nebst "Nutzungszeitpunkten" mit den bei der Antragsgegnerin (unstreitig) vorhandenen Bestandsdaten ihrer Kunden. Der Inhalt des Begehrens ist somit nicht unklar im obigen Sinne.

bb. Das beantragte Verbot der Löschung der Datensätze soll nur dann eingreifen ("... untersagt, ..., dann bis zur Beauskunftung ... oder ..."), "wenn die Antragsgegnerin von der Antragstellerin vor Löschung der betreffenden Verkehrsdaten davon in Kenntnis gesetzt wird, dass über die betreffenden Internetanschlüsse von Kunden der Antragsgegnerin Tonaufnahmen unter Verletzung der Rechte der Antragstellerin öffentlich zugänglich gemacht werden und die Antragstellerin diesbezüglich Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Auskunftsanordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG stellt...".

Die zeitliche Beschränkung ".. vor Löschung ..." ist nach der maßgeblichen Erläuterung der Antragstellerin im Termin dahingehend zu verstehen, dass die Mitteilung, an die das beantragte Verbot anknüpft, "vor Beendigung der Verbindung" des nach dem Vortrag der Antragstellerin ihre Rechte verletzenden Kunden der Antragsgegnerin erfolgt.

Neben dieser Mitteilung der (behaupteten) Rechtsverletzung stellt der Antrag auf die weitere Mitteilung ab, dass wegen dieser behaupteten Rechtsverletzungen ein Antrag auf gerichtliche Gestattung der Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 9 UrhG gestellt werden wird. Anders kann der Antrag ("und die Antragstellerin diesbezüglich Antrag ... stellt...") nicht verstanden werden, denn das beantragte Verbot kann nicht € im Sinne einer Bedingung € an die der Mitteilung nachfolgende tatsächliche Antragstellung bei Gericht anknüpfen, denn in diesem Falle wäre für die Antragsgegnerin bei Zugang der Mitteilung, die ihre Unterlassungspflicht auslösen soll, nicht zu beurteilen, ob das Verbot eingreift oder nicht.

cc. Mit dem vorstehend dargestellten Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber argumentiert, sie könne einem solchen Begehren aus tatsächlichen Gründen nicht entsprechen, betrifft dies nicht die Frage der Bestimmtheit des Antrags.

II. In der Sache bleibt der Antrag ohne Erfolg.

1. Zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs

a. Nach der mit Wirkung zum 1.9.2009 mit Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 (BGBl I S. 1191) erfolgten gesetzlichen Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann derjenige, der in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft in Anspruch genommen werden, wobei sich das gewerbliche Ausmaß auch aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als aus der Schwere der Rechtsverletzungen ergeben kann (§ 101 Abs. 1 Satz 2 UrhG). Diese Voraussetzung ist nach den Ausführungen in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 16/8783, S. 50) dann zu bejahen, "wenn eine besonderes umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird." (vgl. hierzu OLG Köln a. a. O. € Ganz anders). Dem abweichenden Verständnis der Antragsgegnerin (Antragserwiderung, S. 18 f = Bl. 40 f) ist nicht zu folgen.

b. Nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 UrhG können in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen, d. h. wenn sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht eine fehlerhafte Würdigung weitgehend ausgeschlossen erscheint (vgl. BT-Drucks. 16/5048, S. 39; OLG Köln a. a. O.; vgl. weiter die Rspr. zu § 101 a Abs. 3 UrhG a. F. bzw. zu den mit dem ProdPirG eingeführten inhaltsgleichen Vorschriften in anderen Gesetzen OLG Hamburg WRP 1997, 103 und 106; GRUR-RR 2005, 209, 213; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2002, 278; jeweils unter Hinweis auf die amtliche "Definition" in BT-Drucks. 11/4792, S. 32; Dreier/Schulze, § 101 Rdn. 28) auch Dritte auf Auskunft (zum Umfang siehe Abs. 3) in Anspruch genommen werden. Dies setzt auf Seiten des Dritten (neben der Tätigkeit des nach § 101 Abs. 1 UrhG verantwortlichen Verletzers, so die Auffassung der Kammer in Übereinstimmung mit der hierzu überwiegend vertretenen Auffassung, vgl. z. B. LG Frankfurt ZUM-RD 2009, 130 f; Dreier/Schulze, § 101 Rdn. 12) ein Handeln im gewerblichen Ausmaß voraus. Eine solche Auskunftsverpflichtung für einen Dritten besteht u. a. für denjenigen, der für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbringt (§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG; vgl. auch Art. 8 Abs. 1 lit. d der Durchsetzungs-RiLi).

Nach § 101 Abs. 2 Satz 3 kann der zur Auskunft verpflichtete Dritte von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.

c. Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist (§ 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG). Dieses Verfahren ist als FGG-Verfahren ausgestaltet (Abs. 9 Sätze 2 bis 7). Die Entscheidung über die Gestattung kann wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache nicht im Wege der einstweiligen Verfügung bzw. der einstweiligen Anordnung ergehen (zwischenzeitlich allgemeine Meinung im Anschluss an OLG Köln a. a. O. € Ganz anders). Im Rahmen des Verfahrens gemäß § 101 Abs. 9 UrhG kann nach der vom OLG Köln (aaO) vertretenen und auch von der Kammer geteilten Auffassung eine einstweilige Anordnung ergehen. Bei dem Erlass derartiger Anordnungen ist die Kammer € so auch bei der einstweiligen Anordnung gegen die jetzige Antragsgegnerin vom 13.2.2009 in dem Verfahren 7 O 2520/09 € davon ausgegangen, dass zu diesem Zeitpunkt die Daten noch vorhanden und die einstweilige Anordnung der Sicherung der Daten bis zum Abschluss des Gestattungsverfahrens auch noch geeignet war. Da es sich bei der in § 101 Abs. 2 UrhG geregelten Auskunftserteilung des Dritten (die Gestattung gemäß Abs. 9 für sich allein begründet keine Auskunftsverpflichtung, vgl. OLG Düsseldorf CR 2009, 182, 183 li. Sp. = ZUM 2009, 229), wie jede Auskunftserteilung um eine Wissensmitteilung handelt (vgl. BGH GRUR 1994, 630, 631 f € Cartier-Armreif), beschränkt sie sich, von der gegebenenfalls bestehenden Verpflichtung zur Beschaffung von (weiteren) Informationen von Seiten Dritter (vgl. BGH GRUR 2003, 433 € Cartier-Ring; GRUR 1995, 338, 341 f € Kleiderbügel) abgesehen, auf die Mitteilung der (noch) vorhandenen Informationen.

Der Anspruch nach Abs. 2 gegen einen Dritten kann erst nach (bestandskräftiger) richterlicher Gestattung geltend gemacht bzw. ggfls. gerichtlich durchgesetzt werden. Vorher besteht für den nach § 101 Abs. 2 UrhG zur Auskunft Verpflichteten eine rechtliche "Unmöglichkeit", wenn die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten erteilt werden kann. Diese Voraussetzung für das Eingreifen des Richtervorbehalts ist auch dann gegeben, wenn die Auskunft nur bei einer Verknüpfung von Bestandsdaten im Sinne von § 3 Nr. 3 TKG (Name und Anschrift der Kunden eines Providers) mit Verkehrsdaten erfolgen kann (Czychowski, in Fromm/Nordemann, § 101 Rdn. 66; Czychowski/J. B. Nordemann, NJW 2008, 3095, 3096). Dass es sich bei sog. dynamischen IP-Adressen, d. h. nicht dauerhaft bestimmten Nutzern zugeteilte, sondern zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlichen Nutzern automatisch zugeteilte Adressen sowie bei den jeweiligen Nutzungszeitpunkten um Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG (Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden können) handelt, wird von beiden Parteien zu Recht nicht in Zweifel gezogen (vgl. BT-Drucks. 16/5048, S. 39; Spindler, ZUM 2008, 640, 645 m. w. N.; Czychowski, in Fromm/Nordemann, § 101 Rdn. 66; Czychowski/J. B. Nordemann, NJW 2008, 3095, 3096 m. w. N. in Fußn. 8; vgl. weiter Dreier/Schulze, § 101 Rdn. 35, 37).

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze gilt Folgendes:

a. Die Antragstellerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers (§ 31 Abs. 1, Abs. 3, § 85 Abs. 1 UrhG) in Bezug auf die allein noch streitgegenständliche Aufnahme ... als Verletzte im Sinne von § 101 Abs. 1 und 2 UrhG zur Geltendmachung des Auskunftsanspruchs aktivlegitimiert. Der Abschluss und der Inhalt des als Anlage ASt 2 (auszugsweise) vorgelegten Vertrages vom November 2008 wird von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen.

aa. Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, die Regelung in Nr. 3 der Rahmeneckwertevereinbarung sei nicht geeignet, der Antragstellerin die Stellung einer Inhaberin von ausschließlichen Nutzungsrechten zu verschaffen, weil es sich bei dem Recht zur Auswertung in dezentralen Computernetzwerken nicht um eine eigenständige Nutzungsart handele, weil diese nicht hinreichend klar abgegrenzt und wirtschaftlich-technisch nicht als einheitlich und selbständig erscheine, wie dies von der Rechtsprechung gefordert werde (vgl. BGH GRUR 2001, 153, 154 € OEM-Version; GRUR 2003, 416, 418 € CPU-Klausel; Dreier/Schulze, § 31 Rdn. 28 ff m. w. N.), kann dem nicht gefolgt werden. Wie das Landgericht Hamburg in dem Urteil vom 21.1.2009, S. 9/11 (Anlage Ast 13) mit eingehender Begründung ausgeführt hat, erschöpft sich das der Antragstellerin vertraglich eingeräumte Recht nicht in der Befugnis zur öffentliche Wiedergabe der Tonaufnahme im Sinne des § 19 a UrhG. Hierauf wird Bezug genommen. Die von der Antragsgegnerin vermisste kommerzielle Auswertung der Aufnahmen durch Einstellen in Netzwerke, steht dieser Beurteilung nicht entgegen (OLG Köln und LG Hamburg jeweils a. a. O.).

bb. Die Antragsgegnerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin ohne die erforderliche Registrierung Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 1, Abs. 2 RDG erbringt, da nicht substantiiert dargetan und glaubhaft gemacht wurde, dass sich die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen von Seiten der Antragstellerin als Tätigkeit in fremden Angelegenheiten darstellt, wogegen die Regelung in Nr. 5 der Rahmeneckwertevereinbarung, wonach die Antragstellerin das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit trägt, spricht (OLG Köln a. a. O.).

b. Bei der Antragsgegnerin, die, wenn auch neben ihrem hauptsächlichen Tätigkeitsbereich, ihren Kunden den Zugang zum Internet vermittelt, handelt es sich um ein Unternehmen, dass als Accessprovider in gewerbliche Ausmaß im Sinne von § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG tätig wird (vgl. BT-Drucks. 16/5048, S. 49; Czychowski a. a. O. § 101 Rdn. 50 m. w. N.). Nach den obigen Ausführungen unter II. 1. a sind die Handlungen, die Gegenstand des Anordnungsverfahrens (7 O 2520/09) waren, von der Kammer zu Recht als offensichtliche (§ 101 Abs. 2 Satz 1 UrhG), im gewerblichen Ausmaß (§ 101 Abs. 1 UrhG) begangene Rechtsverletzungen von Seiten der Kunden der Antragsgegnerin qualifiziert worden.

aa. Für vorliegendes Verfahren ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Antrag nicht auf die Rechtsverletzungen im Zeitraum vom 18.1. bis 8.2.2009, sondern dem Wesen des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrags nach auf zukünftige Rechtsverletzung bezieht, die jedoch im Hinblick auf die unstreitigen zahlreichen Handlungen in der Vergangenheit auch in Zukunft von Seiten von Kunden der Antragsgegnerin zu erwarten sind. Es bedarf daher nicht, wie die Antragsgegnerin meint, der Darlegung von konkreten Verletzungen, vielmehr kann sich die Antragstellerin, wie bei dem "eigentlichen" Unterlassungsanspruch in ständiger Rechtsprechung bejaht, auch für vorliegendes Verfahren, in dem der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bei künftigen Rechtsverletzungen ermöglichen soll, auf die durch die in der Vergangenheit begangenen Rechtsverletzungen begründete Vermutung stützen, dass es auch in der Zukunft von Seiten der Kunden der Antragsgegnerin zu "kerngleichen" Verletzungen kommen wird.

72bb. Folglich ist die Antragsgegnerin auch bei diesen zukünftig zu erwartenden offensichtlichen Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß einem Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 UrhG ausgesetzt, zu dessen Realisierung allerdings eine vorherige richterliche Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG erforderlich ist. Entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung kommt ein gesetzliches Schuldverhältnis € Auskunftsverpflichtung aus § 101 Abs. 2 UrhG einschließlich der hieraus resultierenden Nebenpflichten € nicht erst mit Erlass einer Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG zustande. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Antragsgegnerin herangezogenen Ausführungen des OLG Köln (a. a. O. unter II. 1. b. aa). Bei anderem Verständnis könnte ihnen nicht gefolgt werden. Vielmehr treffen die Antragsgegnerin auch bereits vor Ergehen einer solchen Entscheidung im Rahmen des rechtlich Zulässigen und des Zumutbaren Rücksichtnahme und Mitwirkungspflichten, um die Rechtsdurchsetzung von Seiten des Berechtigten nicht zu vereiteln oder ohne sachlichen Grund zu erschweren. Dies gilt jedenfalls ab dem Zeitpunkt, wenn sie davon Kenntnis hat, dass gegen sie ein Auskunftsanspruch geltend gemacht werden soll. Ist die Antragsgegnerin zu dem Zeitpunkt, in dem ihr entsprechende Rechtsverletzungen ihrer Kunden (siehe oben) mitgeteilt werden, noch im Besitz der erforderlichen Daten, ist es ihr möglich und im Rahmen des rechtlich Zulässigen zumutbar, die Dateien weiterhin vorzuhalten. Dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung nach § 101 Abs. 9 UrhG vorliegt, ist für die Bejahung eines gesetzlichen Schuldverhältnis nicht entscheidend (so auch LG Hamburg a. a. O. S. 14 unter 3. a).

73c. Datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG stehen dem nicht entgegen, auch wenn Verkehrsdaten grundsätzlich nach § 96 Abs. 2 Satz 2 TKG nach Beendigung der Verbindung zu löschen sind.

aa. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt die Befugnis zur weiteren Speicherung der Daten jedoch nicht aus § 96 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 100 Abs. 3 TKG. Nach dieser Bestimmung (in der seit 24.2.2007 geltenden Fassung) dürfen die gespeicherten Verkehrsdaten über das Ende der Verbindung hinaus nur verwendet werden, soweit sie zum Aufbau weiterer Verbindungen oder für die in den §§ 97, 99, 100 und 101 genannten oder für andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecke erforderlich sind.

Nach § 100 Abs. 3 Satz 1 TKG darf der Diensteanbieter bei Vorliegen zu dokumentierender tatsächlicher Anhaltspunkte die Bestandsdaten und Verkehrsdaten erheben und verwenden, die zum Aufdecken sowie Unterbinden von Leistungserschleichungen und sonstigen rechtswidrigen Inanspruchnahmen der Telekommunikationsnetze und -dienste erforderlich sind. Als neben dem Tatbestand der Leistungserschleichung (vgl. § 265 a StGB) genannten sonstigen rechtswidrigen Inanspruchnahmen sind jedoch die hier in Streit stehenden Urheberrechtsverletzungen durch das Zugänglichmachung der Tonaufnahmen in Tauschbörsen im Internet nicht zu verstehen, vielmehr sollen damit im Verhältnis zum Diensteanbieter vertragswidrige Verhaltensweisen erfasst werden.

bb. Hinsichtlich der übrigen als Erlaubnistatbestände erörterten Normen werden unterschiedliche Ansätze vertreten:

Die Erwägung des BVerfG in der Entscheidung vom 11.3.2008 € 1 BvR 256/08 Tz. 173 (zitiert nach Juris) zur Vorratsdatenspeicherung (§ 113 a TKG), wonach die Strafverfolgungsbehörden weiterhin auf die von den Telekommunikations-Diensteanbietern im eigenen Interesse, etwa zur Entgeltabrechnung, gespeicherten Telekommunikations-Verkehrsdaten zugreifen können, ist für die Frage der hier allein interessierenden zivilrechtlichen Durchsetzung, insbesondere, wenn € wie auch vorliegend (siehe unten) € eine solche Speicherung in eigenem Interesse des Diensteanbieters nicht stattfindet (vgl. Czychowski a. a. O. Rdn. 70 m. w. N.), nicht weiterführend.

Das OLG Köln (aaO) sieht in der Regelung des § 101 Abs. 9 UrhG eine datenschutzrechtliche Erlaubnis im Sinne von § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG mit der Begründung, dass sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, dass die einschlägigen Datenschutzregelungen nur außerhalb dieses Anwendungsbereiches uneingeschränkt gelten (§ 101 Abs. 9 Satz 9 UrhG).

Dass LG Hamburg (a. a. O. S. 15 unter cc.) sieht in der Auskunftserteilung gemäß § 101 Abs. 2 i. V. m. Abs. 9 UrhG einen solchen durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zweck, wobei es nicht darauf ankomme, dass § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG dem Wortlaut nach nur bereits nach § 96 Abs. 1 TKG für eigene Zwecke gespeicherte Verkehrsdaten erfasse (a. a. O. S. 15 f unter cc; Czychowski a. a. O. § 101 Rdn. 67 hält den Wortlaut demgegenüber für nicht eindeutig).

In der Literatur ist das Verhältnis der urheberrechtlichen Bestimmungen zu den Regelungen des Datenschutzes, die nach Art. 8 Abs. 3 lit. e der Durchsetzungsrichtlinie unberührt bleiben, auch nach der Entscheidung des EuGH GRUR 2008, 241 € Promusicae € die Entscheidung vom 19.2.2009 € Rs. C-557/07 € LSG-Gesellschaft, auf die die Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 28.4.2009 abstellt, bringt ebenfalls keine weitergehenden Erkenntnisse; dies gilt auch für die Entscheidung vom 10.2.2009 € Rs. C-301/06, CR 2009, 152 € Gegenstand eingehender Erörterung, (vgl. z. B. Dreier/Schulze, § 101 Rdn. 37; eingehend Czychowski a. a. O. § 101 Rdn. 64 ff; Spindler, ZUM 2008, 640, 645 ff; jeweils m. w. N.). Hierbei wird € wie auch im Termin erörtert € zutreffend darauf hingewiesen, dass das hier allein anwendbare TKG € für die Antragsgegnerin als reine Zugangsvermittlerin findet das TMG keine Anwendung (vgl. § 1 Abs. 1 TMG) € anders als das TMG in § 14 Abs. 2 € keine ausdrückliche Ermächtigung zur Auskunftserteilung über Bestandsdaten auch zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum enthält (Czychowski a. a. O. Rdn. 69 m. w. N.; Spindler a. a. O. S. 645). Ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung in § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG € in einer Entscheidung zu § 101 a UrhG a. F. vom OLG München GRUR 2007, 419, 424 abgelehnt € wird in der Literatur teilweise für möglich gehalten (Nachweise zum Meinungsstand bei Czychowski aaO § 101 Rdn. 70; vgl. weiter Hoeren, NJW 2008, 3099, 3101).

cc. Auch wenn man den unzulänglichen Abgleich der Bestimmungen des TKG mit den Neuregelungen gemäß Gesetz vom 7.7.2008 im Hinblick auf die mit dem Gesetzeszweck verfolgte Verbesserung der Stellung der Urheber und Leistungsschutzberechtigten nicht für durchgreifend erachtet und der Auffassung des LG Hamburg beitritt (vgl. auch Spindler a. a. O. S. 646 f, der bei Flatrates im Hinblick auf die fehlende Entgeltermittlung eine Erhebung und Speicherung von Verkehrsdaten auf der Grundlage von § 97 TKG nicht für zulässig ansieht, jedoch im Rahmen der dem nationalen Gesetzgeber bzw. den Gerichten überantworteten Aufgabe des Interessenausgleichs zwischen dem Schutz des geistigen Eigentums und dem Datenschutz eine kurzfristige Speicherung der Daten bis zu sieben Tagen auf der Grundlage des § 100 TKG zum Erkennen, Eingrenzen und Beseitigen von Störungen für zulässig ansieht), kann der Antrag keinen Erfolg haben. Denn nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Antragsgegnerin geht es vorliegend nicht um die Frage der Zumutbarkeit/Verhältnismäßigkeit einer fortdauernden Speicherung erfasster Verkehrsdaten, sondern, wie im Termin bereits eingehend erörtert, darum, ob der Antragstellerin ein (im Wege der einstweiligen Verfügung) durchsetzbarer Anspruch dahin zusteht, dass die Antragsgegnerin eine bisher nicht durchgeführte Speicherung einrichtet.

(1) Die Antragsgegnerin hat ihre schriftsätzlichen Ausführungen zur "Nichtspeicherung" der relevanten Daten im Termin (durch den zuständigen sachkundigen Mitarbeiter) ergänzt und erläutert (zusammenfassend im Protokoll, S. 2 und oben im Tatbestand wiedergegeben). Von den geschilderten Abläufen ist für vorliegendes Verfahren auszugehen. Das Bestreiten der Antragstellerin mit Nichtwissen greift nicht durch, da sie für die tatbestandlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Verfügungsanspruchs nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig ist. Folglich greift auch der Einwand, das Vorbringen der Antragsgegnerin sei nicht glaubhaft gemacht worden, nicht durch. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausführungen des zuständigen Mitarbeiters der Antragsgegnerin im Termin unzutreffend sind, sind für die Kammer nicht ersichtlich geworden.

(2) Die Antragsgegnerin nimmt nach ihrem Vortrag keine Speicherung von Verkehrsdaten zu Zwecken der Entgeltermittlung und Abrechnung im Sinne von § 96 Abs. 1, § 97 TKG vor. Dies wird auch von der Antragstellerin offensichtlich nicht in Zweifel gezogen.

(3) Zu Recht wird auch nicht in Zweifel gezogen wird, dass die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, die von ihr im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung ab 1.1.2009 gemäß § 113 a TKG gespeicherten Daten nicht für Zwecke der Erfüllung von zivilrechtlichen Auskunftsverpflichtungen zu verwenden. Die Erfüllung von derartigen zivilrechtlichen Ansprüchen wird unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens (1 BvR 256/08; vgl. hierzu die einstweiligen Anordnungen vom 11.3.2008 und vom 28.10.2008) von § 113 b TKG nicht erfasst (vgl. hierzu auch Hoeren, NJW 2009, 3099).

(4) Mit dem begehrten Verbot der Löschung der erforderlichen Datensätze kann die erstrebte Sicherung der Antragstellerin nicht erreicht werden.

Auch wenn der Antrag der Antragstellerin in zeitlicher Hinsicht darauf abstellt, dass bei Mitteilung der (behaupteten) Rechtsverletzung die Verbindung des Kunden der Antragsgegnerin zum Internet noch andauert, kann nach dem maßgeblichen Vorbringen der Antragsgegnerin (siehe vorstehend) nicht davon ausgegangen werden, dass durch eine Speicherung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindungsdaten (entsprechend dem beantragten Unterlassen der Löschung), die relevanten Daten (Namen und Anschrift) desjenigen zuverlässig festgestellt/gesichert werden können, der zu dem von der Antragstellerin mitgeteilten Zeitpunkt unter der mitgeteilten IP-Adresse mit dem Internet verbunden war. Denn der Dienst der Antragsgegnerin unterscheidet sich von einem sog. DSL-Provider, bei dessen Dienst mit Hilfe eines ppp-Protokolls für die Dauer der Internetverbindung, höchstens für 24 Stunden, eine konstante Verbindung festgehalten wird (so auch offensichtlich die Fallgestaltung, die Gegenstand der Entscheidung des LG Hamburg war). Demgegenüber wird bei der von der Antragsgegnerin dargestellten Verbindung nach dem DHCP-Protokoll keine konstante Sitzung über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden festgehalten. Vielmehr kann aufgrund des Umstandes, dass nur der Zeitpunkt der letzten Verlängerung festgehalten wird, eine Feststellung nur für einen Nutzungszeitraum von maximal 90 Minuten getroffen werden. Die Kammer kann mangels Vortrags zu den zeitlichen Abläufen bei der Ermittlung von Rechtsverletzungen auf Seiten der Antragstellerin bzw. der damit beauftragten Personen und der Mitteilung gegenüber der Antragsgegnerin nicht beurteilen, in welchem zeitlichen Abstand zu der (behaupteten) Rechtsverletzung (Zugänglichmachung über das Internet) eine solche Mitteilung erfolgen wird, d. h. ob die Meldung innerhalb des Zeitfensters erfolgt und zwar auch noch so rechtzeitig, dass € wie von dem Mitarbeiter der Antragsgegnerin im Termin erläutert € rechtzeitig "händisch", da derzeit eine automatische Suche nicht möglich ist, der maßgebliche der derzeit zwölf DHCP-Server rechtzeitig festgestellt werden kann.

Bei dieser Sachlage kann nicht mit der für das Verfügungsverfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass das von der Antragstellerin beantragte Verbot der Löschung zur Sicherung des Auskunftsanspruchs bei zukünftigen weiteren offensichtlichen Rechtsverletzungen von Seiten von Kunden der Antragsgegnerin dienen kann.

88(5) Eine solche taugliche Sicherung könnte € wie bereits im Termin erörtert € nur durch weitergehende Erfassungs- und Speichereinrichtungen auf Seiten der Antragsgegnerin erfolgen, nämlich dergestalt, dass eine generelle Erfassung und Speicherung in einer neben der Vorratsdatenbank einzurichtenden Datenbank zum Zwecke der zivilrechtlichen Auskunftserteilung von der Antragsgegnerin vorzuhalten wäre. Ob eine solche positive Handlungspflicht von dem gestellten Antrag erfasst wird, da anderenfalls dem Unterlassungsanspruch (Sicherungsbegehren) nicht entsprochen werden kann, (vgl. hierzu BGH GRUR GRUR 1993, 415, 416 m. w. N. € Straßenverengung; Beschl. v. 25.1.2007 € I ZB 58/06) bzw. ob die Kammer gemäß § 938 ZPO befugt wäre, den Antrag dahingehend zu modifizieren, kann dahinstehen. Denn selbst wenn man dies bejahen wollte, und der Antragstellerin weiterhin dahin folgen wollte, dass damit nicht die Begründung einer vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen zivilrechtlichen Vorratsdatenspeicherung (diese Problematik war im Gesetzgebungsverfahren vom Bundesrat ausdrücklich vorgetragen worden) verbunden wäre, wäre eine dahingehende Verpflichtung, mit der Ausgaben in sechsstelliger Höhe verbunden wären (so die Antragsgegnerin im Termin bezüglich der Kosten einer entsprechenden Einrichtung, die in einer Endlosschleife die Daten abfrägt und in einer zentralen Datenbank abspeichert), als unverhältnismäßig im Sinne von § 109 Abs. 4 UrhG zu qualifizieren. Denn entgegen der Auffassung der Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 24.4.2009 geht es nicht lediglich um die Begründung einer Handlungspflicht im Einzelfall ("auf Zuruf"), da, wie vorstehend ausgeführt, auch diese Verpflichtung im Einzelfall durch die derzeitige Handhabung bei der Antragsgegnerin nicht erfüllt werden kann, sondern nur durch die Änderung dieser Handhabung, die auch nicht lediglich in einer längeren Vorhaltung der Daten, sondern in einer grundlegenden Änderung der Erfassung und Vorhaltung der Daten bestehen müsste.

Dieser Beurteilung kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Antragstellerin derartige Maßnahmen deshalb zumutbar seien, weil sie durch ein entsprechendes Geschäftsmodell (Zugang zum Internet zu Flatrate-Tarifen) durch die damit einhergehende Anonymität Rechtsverletzungen durch ihre Kunden Vorschub leiste. Unabhängig davon, dass die zur Stützung dieser Argumentation herangezogene Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit von Hostprovidern (insbesondere das Urteil des OLG Hamburg zu dem Dienst "Rapidshare" ZUM-RD 2008, 527 ff) auf die Verantwortlichkeit von reinen Zugangsvermittlern nicht ohne weiteres übertragbar ist (vgl. zum Wettbewerbsrecht OLG Frankfurt GRUR-RR 2008, 93), vermag das Gericht in dem ständig zunehmenden Angebot von Flatrate-Tarifen und der damit unterbleibenden Erhebung entsprechender Abrechnungsdaten nicht zu beurteilen, inwiefern hierdurch eine relevante Gefahrerhöhung für die Verletzung von Immaterialgüterrechten gesehen werden kann.

Dass die Abwägung der Interessen im Rahmen des vorliegenden Verfügungsverfahrens (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit EuGH a. a. O. € Promusicae und LSG-Gesellschaft) deshalb zugunsten der Antragstellerin ausfallen muss, weil der Antragsgegnerin gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 UrhG ein Aufwendungsersatz zusteht, kann nicht angenommen werden, da durchgreifende Zweifel bestehen, dass die hier in Rede stehenden Investitionen von der Antragstellerin und/oder anderen Anspruchstellern aufgrund dieser Bestimmung erstattet verlangt werden können.

Für die von der Antragstellerin geforderte richtlinienkonforme Rechtsfortbildung besteht € jedenfalls im Verfahren der einstweiligen Verfügung € keine hinreichende Grundlage.

3. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze gaben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 Abs. 1 ZPO).

III. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Nr. 6, § 711 Satz 1 ZPO.

2. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt, wobei das Interesse der Antragstellerin vor der Beschränkung des Antrags im Termin mit Euro 20.000,€ bewertet wurde. Dies steht im Einklang mit der Wertfestsetzung des LG Hamburg auf Euro 10.000,€ (Anlage Ast 9 unter II), in dem, wie vorliegend nach der Einschränkung des Antrags nur eine Tonaufnahme Gegenstand des Verfahrens war.






LG München I:
Urteil v. 14.05.2009
Az: 7 O 5535/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fd23e2175043/LG-Muenchen-I_Urteil_vom_14-Mai-2009_Az_7-O-5535-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share