Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Dezember 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 392/02

(BPatG: Beschluss v. 10.12.2003, Az.: 32 W (pat) 392/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 4. Oktober 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarkerotbestimmt für die Waren und Dienstleistungenfeine Back-, Konditor-, Schokolade- und Zuckerwaren; Verpflegung von Gästenhat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 4. Oktober 2002 teilweise, nämlich fürfeine Back-, Konditor-, Schokolade- und Zuckerwarenwegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat in der mündlichen Verhandlung das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

Schokoladewaren, ausgenommen Erzeugnisse in roter Farbe, mit roter Füllung und mit rotem Überzug.

Wegen sonstiger Einzelheiten, insbesondere der in der mündlichen Verhandlung erörterten Internet-Belege, wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und auf der Grundlage des nunmehr geltenden eingeschränkten Warenverzeichnisses auch begründet. Für die jetzt noch streitgegenständlichen Waren stehen der Eintragung der angemeldeten Marke keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.

1. Für Schokoladewaren, bei denen weder die Schokoladenmasse selbst, noch die Füllung oder der Überzug (Glasur) eine rote Färbung aufweisen, stellt die Farbbezeichnung "rot" ersichtlich keine Angabe dar, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ob zu den Eigenschaften von Waren, die - wie hier - regelmäßig in verpackter Form dem Kunden begegnen, auch die Farbe der Verpackung zählt (verneinend für Zigarettenverpackungen BPatG, Beschluss vom 9. 7. 2001, 26 W (pat) 57/99 - rot), kann dahinstehen; jedenfalls ist bei einer Schutzgewährung kein Mitbewerber der Anmelderin daran gehindert, seine Waren rot zu verpacken und auf diesen Umstand, z.B. in der Werbung, in beschreibender Form hinzuweisen. Im übrigen ist es auf dem vorliegenden Warengebiet nicht üblich, mit der Farbe der Verpackung auf die Beschaffenheit des Inhalts hinzuweisen.

2. Der angemeldeten Wortmarke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Zwar ist rot ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache. Wenn es aber in markenmäßiger Form für Waren verwendet wird, die gerade nicht diese Farbe aufweisen, so kann ihm für einen noch relevanten Teil des Verkehrs durchaus die Funktion zukommen, auf die Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb hinzuweisen. Dieser Teil des Publikums wird den Gebrauch des Wortes als so ungewöhnlich (gleichsam paradox) empfinden, dass für ihn die Annahme, es handele sich um einen Markennamen, nicht völlig fern liegt. Ob ein weiterer Teil des Verkehrs sich (vor allem bei akustischer Aufnahme) auch an den häufigen Eigennamen "Roth" erinnert fühlt und deshalb in "rot" eine Marke sieht, kann dahinstehen.

3. Einer Registrierung steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG (Täuschungsgefahr) entgegen. Zwar mag es an sich problematisch sein, auf einer Verpackung das Wort "rot" anzubringen, wenn der Inhalt ausschließlich Waren enthält, welche diesen Farbton gerade nicht aufweisen. Eine Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ist aber nur zulässig, wenn die Eignung zur Täuschung ersichtlich ist (§ 37 Abs. 3 MarkenG). An einer derartigen Ersichtlichkeit der Täuschungseignung einer Bezeichnung fehlt es bereits dann, wenn zumindest irgendeine (auch nur theoretische) Möglichkeit einer rechtmäßigen Markenbenutzung besteht. Ein derartiger nichttäuschender Gebrauch der Marke ist nicht völlig ausgeschlossen; wie die Anmelderin diesen - im eigenen Interesse - bewirken will, muss ihr überlassen bleiben.

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BPatG:
Beschluss v. 10.12.2003
Az: 32 W (pat) 392/02


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