Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 248/99

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2000, Az.: 29 W (pat) 248/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Angemeldet ist die Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endezur farbigen Eintragung (rotweiß) für die Waren

"Papieralben; Rahmen; Lederwaren, soweit in Klasse 18 enthalten, Reise- und Handkoffer"

in das Markenregister.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, daß die angemeldete Gesamtmarke in ihrer Aussage von "Design + einem zusätzlichen Produktvorteil" eine rein warenbeschreibende Sachangabe darstelle. Die gewählte Schriftform sei werbeüblich und könne die Unterscheidungskraft nicht begründen. Auch bestehe ein Freihaltebedürfnis im Hinblick auf die heutzutage weitverbreitete Verwendung des Bestandteils "& more" auf den verschiedensten Warengebieten. Hierzu hat die Markenstelle auf die mit dem angefochtenen Beschluß übersandten Werbebeispiele "English & More" und "Fashion & More" hingewiesen, auf die Bezug genommen wird.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Die Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH (GRUR 1991, 136, 137 - "NEW MAN") und die Literatur (Fezer Markenrecht, 1997, § 8 Rdn 26 f.) restriktiv auszulegen. Sie schließe nur solche Marken aus, denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke kennzeichne die Waren der Antragstellerin in prägnanter und werbewirksamer Art und Weise, wobei auch die Werbestrategie der Anmelderin zu berücksichtigen sei. Außerdem bewirke die graphische Gestaltung des Schriftbildes eine konkrete Unterscheidungskraft, da sie sich durch eine ungewöhnliche, nicht der einfachen Schreibschrift entsprechende Gestaltung auszeichne. Es bestehe für die Begriffskombination "Design & more" weder ein aktuelles noch ein künftiges Freihaltebedürfnis. Hierzu verweist die Anmelderin auf die Beschlüsse des Bundespatentgerichts "FLEUR charme" (GRUR 1992, 607); "SERAPHARM" (Mitt. 1988, 50), "MOD'elle" (Mitt. 1996, 215), "BauMineral" (GRUR 1998, 625, 633) sowie des BGH (GRUR 1998, 813 - "Change").

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, daß der angesprochene Verkehr die angemeldete Bildmarke in ihrer Gesamtheit als einen rein beschreibenden Sachhinweis im Sinne von "Design + zusätzlichem Produktvorteil" in bezug auf die beanspruchten Waren auffaßt und der angemeldeten Marke daher die Unterscheidungskraft abgesprochen.

Die Eignung, als kennzeichnendes Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren zu dienen, kann einer Markenanmeldung im Regelfall nur abgesprochen werden, wenn für den Verkehr im Hinblick auf die beanspruchten Waren in erster Linie der beschreibende Aussagegehalt im Vordergrund steht und zwar in einer Weise, daß die beschreibenden Hinweise nicht nur nach Art einer sprechenden Marke angedeutet werden oder aufgrund der Art der Zeichenbildung bzw Gestaltung zurücktreten, sondern sie und damit die angemeldete Marke insgesamt allein als reine Beschreibung von Wareneigenschaften verstanden werden. Die allgemeinen Anforderungen an die Unterscheidungskraft dürfen nach dem Willen des Gesetzgebers und der höchstrichterlichen Rechtsprechung dabei nicht zu hoch angesetzt werden (vgl BGH I ZB 33/97 - WRP 2000, 1140, MarkenR 2000, 330 - "Bücher für eine bessere Welt" m.w.N; Begr. zum Reg. Entwurf BT-Drucksache 12(6581, S 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S 64).

Zwar hebt die Anmelderin vom Grundsatz zutreffend hervor, daß die Unterscheidungskraft zu bejahen ist, solange dem Zeichen nicht jede, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. BGH zuletzt aaO "Bücher für eine bessere Welt" a.E.). Doch auch bei Anlegen eines solchen großzügigen Maßstabes kommt der angemeldeten Bildmarke wegen ihres ausschließlich beschreibenden Gehalts für die in Rede stehenden Waren von Haus aus keine Unterscheidungskraft zu.

Das im englischen wie im deutschen Sprachgebrauch gleichermaßen geläufige Wort "Design" stellt einen zentralen Begriff der Formgebung von Waren dar, mit dem die ästhetische Gestaltung eines Produkts im Sinne einer gelungenen Verbindung von Funktion und Form bezeichnet wird (vgl Heider/Zey Lexikon Internationales Design, S 5 f; Design heute, Formgebung zwischen Industrie und Kunst-Stück, Verlag Prestel; DUDEN in zehn Bänden, 3. Aufl., Bd. 2, 792; Gabler Lexikon Werbung, S 70; Pflaum/Bäuerle Lexikon der Werbung 6. Aufl., S 78/80; The New Encyclopaedia Britannica, 15. Ausg., Bd 4, S 33).

Der weitere Bestandteil "& more" wird in seiner Bedeutung "und mehr" im Inland ohne weiteres verstanden. Nach den Feststellungen des Senats handelt es sich - wie auch die von der Markenstelle genannten Beispiele zeigen - um einen beliebten, aktuell und häufig auf nahezu allen Gebieten anzuteffenden und einsetzbaren Sachhinweis. Mit ihm wird in sinnfälliger Weise auf zusätzliche Eigenschaften oder Leistungen der angebotenen Waren oder Dienstleistungen bzw auf ein erweitertes Angebotspektrum hingewiesen, das von dem vorangestellten Sachbegriff ausgeht (vgl zB BPatG 33 W (pat) 119/98 - "kaffee & mehr"; "Mode & mehr", "Outdoor & More"; Trekking & Mehr" sowie "Fashion & More" der Fa. C & A; "English & More" für einen Sprachkurs mit zusätzlichem Praktika oder parallelen Kursangeboten - SZ v. 18. Mai 1999; "Miles & More", "Handy & More", "Time & More" - SZ v. 25. Januar 1999, S 24 Rks.; 29 W (pat) 189/99 - "Hotels and more" mit weiteren Beispielen "Beauty and more", "Jobs and more", "Logos and more" etc). In gleicher Weise bringt die angemeldete Bildmarke in der Wortfolge "Design & more" in zeitgemäßer Form zum Ausdruck, daß die "Papieralben, Rahmen, Lederwaren der Klasse 18 sowie Reise- und Handkoffer" über die gelungene ästhetische Gestaltung hinaus zusätzliche Produktvorteile bieten, sei es in Richtung qualitativ hochwertiger Funktionen oder sonstiger besonderer Eigenschaften der Waren. Die Anmelderin strebt eben dieses Verständnis der Produktbeschreibung mit der Wendung "Design & more" an. Die Berücksichtigung der Werbestrategie führt wegen der rein beschreibenden Gesamtaussage daher entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft. Entsprechendes gilt für den Hinweis auf die zitierte Kommentierung bei Fezer. Denn auch Fezer geht von dem Erfordernis einer produktidentifizierenden Funktion der Marke aus, die bei produktbeschreibenden Angaben nicht gegeben ist (vgl Fezer MarkenR 2. Aufl, 1999, § 8 Rdn 19, 97 h).

Die beschreibende Aussage der Wendung "Design und mehr im Sinne von zusätzlichen Produktvorteilen" ist eindeutig und unmißverständlich. Ob der angesprochene Verkehr weiß, welche Produktvorteile im einzelnen gemeint sind, beeinträchtigt die Eindeutigkeit der Aussage nämlich ebensowenig wie der Umstand, daß darunter verschiedenste Produktvorteile fallen können. Entscheidend ist, daß die potentiellen Abnehmer mit der Wendung "Design & more" die Vorstellung verbinden, jeweils nur auf zusätzliche produktbezogene Eigenschaften, Vorteile oder sonstige Zusatzmerkmale hingewiesen zu werden (vgl insoweit Beschluß des BGH aaO "Bücher für eine bessere Welt", wonach die begriffliche Unbestimmtheit einer allgemein gehaltenen Aussage der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegensteht).

Der Senat vermag der Anmelderin nicht darin zu folgen, daß sich die angemeldete Bildmarke durch eine die Unterscheidungskraft begründende, ungewöhnliche graphische Gestaltung auszeichnet. Das Schriftbild entspricht einer normalen, allenfalls als schwungvoll zu bezeichnenden Handschrift, bei der die Buchstaben dem Verkehr weder insgesamt noch einzeln in einer eigenwilligen oder auffallenden Schriftweise entgegentreten. Auch die dezente, einheitliche Farbgebung sticht nicht hervor. Die verwendete Schreibschrift führt daher nicht von der beschreibenden Aussage der Wendung weg noch drängt sie diese in den Hintergrund. Da die angemeldete Bildmarke sich weder durch die Art der Zeichenbildung noch der graphischen Gestaltung von der im Vordergrund stehenden reinen Beschreibung löst, fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Bei dieser Sachlage kam es nicht mehr auf die Frage an, ob der angemeldeten Marke auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht. Die von der Anmelderin zitierten Entscheidungen sind im übrigen mit der vorliegenden beschreibenden Sachangabe nicht vergleichbar. Zudem ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand vergleichbarer oder sogar identischer Voreintragungen zu beurteilen. Eine Bindung des Gerichts besteht selbst bei einer abweichenden Eintragungspraxis nicht (st. Rspr vgl BGH GRUR 1989, 420, 421 - "KSüD", zuletzt BlPMZ 1998, 248, 249 - "Today").

Meinhardt Pagenberg Guth Cl Abs. 1 http://agora/bpatg2/docs/D2835.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 11.10.2000
Az: 29 W (pat) 248/99


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