Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 68/03

(BPatG: Beschluss v. 14.10.2003, Az.: 24 W (pat) 68/03)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 1999 und vom 3. Januar 2003 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Die angemeldete Wortmarke Kompakt-Spülrohrsoll nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung noch für die Waren

"Montageträger (nicht mit integrierten Spülrohren und nicht geeignet zur Aufnahme von Spülrohren) zur Wandbefestigung von Toilettenschüsseln und Urinalen"

in das Register eingetragen werden.

Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die entsprechend einer Vielzahl vergleichbarer technischer Begriffe mit dem Wortbestandteil "Kompakt-" (zB Kompaktblitz, Kompaktklasse für KFZ, Kompaktgehäuse) sprachüblich gebildete Wortkombination "Kompakt-Spülrohr" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als allgemeiner technischer Sachhinweis auf kompakte Spülrohre gewertet, der Aufschluß darüber gebe, daß es sich um Befestigungsvorrichtungen für Spülrohre handle, die aufgrund ihrer Abmessungen auf kleinstem Raum einsetzbar seien. Der unvoreingenommene, technisch ungebildete Verbraucher könne und werde nicht erkennen, daß die Kombination "Kompakt-Spülrohr" technisch keinen Sinn mache, abgesehen davon sei nicht auszuschließen, daß in Zukunft Spülrohre in kompakten Abmessungen auf den Markt kämen. Auch wenn die Anmelderin nicht Schutz für "Spülrohre" begehre, werde der Verkehr gleichwohl annehmen, daß der Begriff "Kompakt-Spülrohr" auf Montageträgern zur Wandbefestigung von Toiletten und Urinalen lediglich als Sachangabe über deren Beschaffenheit oder Bestimmung diene. Selbst wenn die angemeldete Wortkombination lexikalisch nicht belegbar oder ihre Verwendung anderweitig nachweisbar sei, fehle ihr daher jegliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, daß der angemeldeten Marke nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Ohne entsprechende Analysierung, die erfahrungsgemäß nicht üblich sei, stelle der Begriff "Kompakt-Spülrohr", bei dem es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einen gebräuchlichen Fachbegriff handle, für das Publikum eine fantasievolle Wortschöpfung dar, unter welcher es sich im Zusammenhang mit den beanspruchten "Montageträgern" nichts konkretes vorstellen könne. Weiterhin wiesen Spülrohre, wie aus den einschlägigen DIN-Normen hervorgehe, eine Standardgröße sowie einen Standarddurchmesser auf und könnten daher per se nicht kompakt ausgebildet sein. Angesichts dessen sei nicht ersichtlich, welchen konkret beschreibenden Inhalt die Gesamtmarke im Hinblick auf die beanspruchten Waren, insbesondere nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Beschränkung des Warenverzeichnisses, haben solle. Daher unterliege die Marke auch keinem Freihaltebedürfnis.

Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die nach der vorgenommenen Einschränkung konkret noch beanspruchten Waren keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl ua BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; GRUR 2003, 342 "Winnetou", jeweils mwNachw). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere kann im Zusammenhang mit den verbleibenden Waren nicht angenommen werden, daß die beteiligten Verkehrskreise der angemeldeten Marke einen eindeutigen, im Vordergrund stehenden, unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt entnehmen werden.

Zwar handelt es sich bei der Wortkombination "Kompakt-Spülrohr", auch wenn diese weder lexikalisch noch als ein im Geschäftsverkehr gebräuchlicher Fachausdruck nachweisbar ist, um einen sprachregelgerecht gebildeten Begriff, den das maßgebliche Publikum, ohne weitere analysierende Überlegungen anstellen zu müssen, zwanglos im Sinn eines kompakten, dh wenig Raum beanspruchenden Spülrohrs verstehen wird. Das Wort "Spülrohr" bezeichnet dabei allgemein verständlich ein Rohr zum Spülen, wobei speziell im hier interessierenden Sanitärbereich Spülrohre dazu dienen, das Spülwasser von einem Wasserbehälter in die Toilettenschüssel oder das Urinalbecken zu leiten. Ferner ist das Substantiv "Spülrohr" in der angemeldeten Marke, entsprechend geläufiger sprachlicher Vorbilder, wie zB "Kompaktbauweise", "Kompaktauto" oder "Kompaktanlage", mit dem Wortbildungselement "Kompakt-" verbunden, dem die Bedeutung "wenig Raum beanspruchend" zukommt (vgl Duden, Das große Fremdwörterbuch, 1994, S 745). Die Begriffsbildung "Kompakt-Spülrohr" wird daher in ihrer dargelegten Bedeutung vom Verkehr möglicherweise für Toiletten- und Urinal-Spülrohre als eine unmittelbar die Beschaffenheit beschreibende Angabe aufgefaßt werden. Dem steht nicht ohne weiteres entgegen, daß nach dem Vortrag der Anmelderin Spülrohre gemäß den einschlägigen DIN-Normen bestimmte Maße aufweisen müssen. Zum einen werden die hier angesprochenen Verkehrskreise, zu denen neben dem Fachverkehr auch interessierte Laien (insbesondere Heimwerker) zählen, häufig die einschlägigen DIN-Normen gar nicht kennen. Zum anderen erscheint es nicht ausgeschlossen, daß auch im Rahmen der von den DIN-Normen vorgegebenen Maße noch Spielraum für eine kompakte, dh platzsparende Produktgestaltung von Spülrohren verbleibt. Dem braucht vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden.

Denn jedenfalls ergibt sich zu den mit der Markenanmeldung konkret beanspruchten Waren "Montageträger zur Wandbefestigung von Toilettenschüsseln und Urinalen" kein direkter beschreibender Bezug, nachdem die Anmelderin hiervon ausdrücklich solche Montageträger ausgenommen hat, die Spülrohre als integriertes - vorinstalliertes - Bauteil enthalten oder zur Aufnahme von Spülrohren geeignet sind. Bei diesen Waren ist damit ausgeschlossen, daß die Begriffsbildung "Kompakt-Spülrohr" ein Beschaffenheitsmerkmal oder eine spezielle bestimmungsgemäße Verwendungsmöglichkeit bezeichnet und folglich als beschreibender Sachhinweis verstanden werden kann (vgl BGH GRUR 2001, 1042, 1043 "REICH UND SCHOEN"; GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft").

Mangels eines die konkret beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Aussagegehalts kann die angemeldete Marke des weiteren im Verkehr nicht zur Bezeichnung ihrer Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale dienen und ist daher auch nicht nach der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

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Beschluss v. 14.10.2003
Az: 24 W (pat) 68/03


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