Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2003
Aktenzeichen: 17 W (pat) 40/02
(BPatG: Beschluss v. 13.03.2003, Az.: 17 W (pat) 40/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung:
"Verfahren zur Erfassung und/oder Auswertung von benutzerspezifischen Datensätzen und computergesteuerte Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens"
eingereicht worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 2. Mai 2002 aus den Gründen des Bescheids vom 4. September 2001 zurückgewiesen. Dort war ausgeführt worden, dass mit dem Patentanspruch 1 Schutz für ein nicht patentfähiges Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches begehrt werde und die Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 12 nicht neu sei, da sie nur die bei Datenverarbeitungsanlagen üblichen Merkmale aufweise.
Die Anmelder haben Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit den ursprünglichen Unterlagen zu erteilen.
Der Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zur Erfassung und/oder Auswertung von benutzerspezifischen Datensätzen durch eine computergesteuerte Einrichtung,
- bei dem Benutzer über in einer Eingabeeinrichtung gespeicherte Eingabemasken die Datensätze in die Einrichtung eingeben,
- bei dem in einer Datenhaltungseinrichtung jeder neu eingegebene Datensatz so standardisiert wird, dass die Vergleichbarkeit mit bereits erfassten Datensätzen durchführbar ist,
- bei dem die standardisierten Datensätze in einer Speichereinrichtung angeordneten Datenbank zusammengefasst werden, die mit jedem neu eingegebenen Datensatz aktualisiert wird,
- bei dem in einer Auswerteeinrichtung entsprechend vom Benutzer gestellter Eingabedaten aus den standardisierten Datensätzen Vergleichswerte erzeugt werden, die zum Auswerteergebnis zusammengestellt werden,
- bei dem über eine Ausgabeeinrichtung das Auswerteergebnis an den Benutzer ausgegeben wird."
Der dem Anspruch 1 nebengeordnete Patentanspruch 12 lautet:
"Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorgehenden Ansprüchen,
- bei der eine Eingabeeinrichtung vorgesehen ist, in der mindestens eine von einem Benutzer ausfüllbare Eingabemaske zur Erfassung der Datensätze gespeichert ist,
- bei der eine Datenhaltungseinrichtung vorgesehen ist, die jeden neu eingegebenen Datensatz so standardisiert, dass die Vergleichbarkeit mit bereits erfassten Datensätzen möglich ist,
- bei der eine Speichereinrichtung vorgesehen ist, in der in einer ständig aktualisierten Datenbank die standardisierten Datensätze zusammengeführt sind,
- bei der eine Auswerteeinrichtung vorgesehen ist, die aus den standardisierten Datensätzen in Abhängigkeit von vom Benutzer gestellter Eingabedaten Vergleichswerte erzeugt und zu einem Auswerteergebnis zusammenstellt,
- bei der eine Ausgabeeinrichtung vorgesehen ist, die das Auswerteergebnis an den Benutzer ausgibt."
Die Anmelder führen aus, dass sich die Anmeldung mit dem Problem befasse, verschiedene benutzerspezifische Datensätze so zu gestalten, dass ein Vergleich untereinander möglich sei. Beispielsweise würden von Kunden von verschiedenen Banken Daten über die Kundenzufriedenheit erhoben. Jede Bank erfrage aber unterschiedliche Parameter, so dass eine Vergleichbarkeit der Aussagen nicht gewährleistet sei. Deshalb sei eine Aussage, wie zufrieden Kunden einer bestimmten Bank im Vergleich mit Kunden anderer Banken derselben Größe in bestimmter Hinsicht seien, nicht möglich. Hier schaffe das vorgeschlagene Verfahren Abhilfe, indem es eine Standardisierung der Datensätze und eine gemeinsame Datenhaltung und Auswertung vorsehe.
Dem vorgeschlagenen Verfahren komme technischer Charakter zu. Denn zur Umsetzung des vorgeschlagenen Konzepts werde eine Software benötigt, deren Erstellung dem Fachmann eine große technische Leistung abverlange, die das übliche Können weit überrage.
II.
Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG ist.
Nach den Erläuterungen der Anmelder und den Angaben auf S 2, Abs 2 der Beschreibung liegt der Anmeldung das Problem zugrunde, die Erfassung bzw Auswertung benutzerspezifischer Datensätze so zu standardisieren und automatisieren, dass die ermittelten Werte auf einfache Weise und für einen unbeschränkten Zeitraum mit den Werten einer Vielzahl von weiteren Benutzern verglichen werden können.
Gemäß dem Patentanspruch 1 sollen zur Lösung dieser Problemstellung die Benutzer ihre Datensätze mit Hilfe von gespeicherten Eingabemasken in eine computergesteuerte Einrichtung eingeben, worauf die Einrichtung die Datensätze so standardisiert, dass eine Vergleichbarkeit mit bereits erfassten Datensätzen gewährleistet ist. Die standardisierten Datensätze werden in einer auf aktuellem Stand gehaltenen Datenbank gespeichert. Eine Auswertung der gespeicherten Datensätze soll in der Weise erfolgen, dass entsprechend den vom Benutzer gestellten Eingabedaten, also der gewünschten Fragestellung, Vergleichswerte erzeugt werden, die über eine Ausgabeeinrichtung ausgegeben werden.
Zur Durchführung der Standardisierung und Auswertung soll ein Datenverarbeitungssystem mit Eingabeeinrichtung, Speichereinrichtung und Ausgabeeinrichtung verwendet werden. Einzelheiten hinsichtlich der Art der vorgenommenen Standardisierung oder der Auswertung oder auch des weiteren hardwaremäßigen Aufbaus des Datenverarbeitungssystems enthält der Anspruch 1 nicht, so dass davon auszugehen ist, dass das wesentliche Lösungselement für die von den Anmeldern aufgegriffene Problemstellung in der Herstellung der Vergleichbarkeit der Datensätze, also der Verwendung eines einheitlichen Standards für die Datensätze liegt.
Das mit dem Patentanspruch 1 vorgeschlagene Verfahren liegt nicht auf technischem Gebiet.
Der Bundesgerichtshof führt in der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" aus, dass das Patentierungsverbot für Computerprogramme als solche verbiete, jedwede in computergerechte Anweisungen gekleidete Lehre als patentierbar zu erachten und setzt für die Patentierbarkeit voraus, dass die prägenden Anweisungen der beanspruchten Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen müssen (vgl GRUR 2002, 143, Leitsatz 1).
Schon diese Voraussetzung wird von dem beanspruchten Verfahren nicht erfüllt. Denn die in der Beschreibung angegebene und auch objektiv zutreffende Problemstellung, benutzerspezifische Datensätze vergleichbar zu machen, stellt weder ein konkretes, dh auf einen bestimmten Einsatzfall bezogenes, noch ein technisches, dh sich mit der Gestaltung von Hilfsmitteln für menschliche Tätigkeiten auseinandersetzendes, Problem dar.
Daneben ist auch der im Patentanspruch 1 angegebene Lösungsansatz selbst nicht dem Kreis patentierbarer Erfindungen zuzurechnen. Denn die einen Vergleich der zunächst unterschiedlichen Datensätze ermöglichende Standardisierung bzw Vereinheitlichung verlangt vor allem die Schaffung eines einheitlichen Ordnungsschemas, mit dem die Datensätze der unterschiedlichen Benutzer so strukturiert werden, dass sie verglichen werden können. Die Schaffung eines solchen Schemas, mit dem bspw Datensätze für die Kundenzufriedenheit von verschiedenen Benutzern vereinheitlicht werden, liegt aber nicht auf herkömmlichem technischem Gebiet im Sinne der obigen Rechtsprechung.
Die mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre ist daher dem Patentschutz nicht zugänglich. Dies trifft auch dann zu, wenn die angegebenen Verfahrensschritte als Computerprogramm oder in einer sonstigen Erscheinungsform geschützt werden sollen, die eine Datenverarbeitungsanlage nutzt (vgl BGH "Suche fehlerhafter Zeichenketten" aaO, 144, rechte Spalte).
Darüber hinaus ist in dem beanspruchten Verfahren auch keine Eigenheit erkennbar, die - abgesehen von den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bisher abgehandelten Fallgruppen - unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielsetzung patentrechtlichen Schutzes, nämlich Problemlösungen auf dem Gebiet der Technik zu fördern, eine Patentierbarkeit rechtfertigen würde (vgl BGH "Suche fehlerhafter Zeichenketten" aaO, 144, rechte Spalte).
Hiergegen machen die Anmelder geltend, dass die Umsetzung des mit dem Anspruch 1 vorgeschlagenen Konzepts eine technische Leistung erfordere, die das übliche Können eines Programmierers weit überrage.
Dieses Argument kann schon deshalb nicht greifen, weil der Patentanspruch 1 lediglich allgemeine Hinweise auf die Standardisierung, Speicherung und Auswertung von Datensätzen enthält, aber keine Angaben darüber, wie die vorgeschlagenen Verfahrensschritte konkret und in technischer Hinsicht unter Umständen auf besondere Weise auf einer Datenverarbeitungsanlage implementiert werden. Dies gilt auch für die im Anspruch enthaltene Angabe, dass die Benutzer für die Eingabe der Datensätze Eingabemasken, also Programme, die nur bestimmte Formate zulassen, benutzen. Auch hier fehlt es erkennbar an einer konkreten technischen Gestaltung.
Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist sonach nicht patentierbar.
Dem Antrag der Anmelder auf Erteilung eines Patents mit den ursprünglichen Unterlagen konnte schon deshalb nicht gefolgt werden.
Im übrigen lässt der zum Anspruch 1 nebengeordnete, auf eine Einrichtung zur Durchführung des erläuterten Verfahrens gerichtete Patentanspruch 12 keine erfinderische Ausgestaltung erkennen. Die dort genannten Einrichtungsmerkmale sind dem Datenverarbeitungsfachmann als übliche Bestandteile einer Datenverarbeitungsanlage geläufig. Das von der Einrichtung durchgeführte Verfahren kann, wie ausgeführt, die Patentfähigkeit dieses Anspruchs nicht stützen.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelder gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückzuweisen.
Grimm Dr. Schmitt Bertl Prasch Bb
BPatG:
Beschluss v. 13.03.2003
Az: 17 W (pat) 40/02
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