Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 179/03

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2005, Az.: 32 W (pat) 179/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 29. Oktober 1999 angemeldete und am 3. März 2000 für die Waren Speiseeis und Speiseeisproduktein das Markenregister eingetragene deutsche Wortmarke 399 67 821 Popping Shotsist aus der Wortmarke IR 715 908 (Priorität aus Benelux vom 12. Februar 1999)

SOLERO SHOTS Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für 30 Glaces comestibles Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, eine unmittelbare (klangliche) Verwechslungsgefahr sei wegen der unterschiedlichen ersten Wortbestandteile nicht gegeben. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheitere daran, dass sich aus dem Vortrag der Widersprechenden nicht ergebe, der Verkehr habe sich durch die Benutzung mehrerer entsprechender Serienmarken an das Markenwort "Shots" als Stammbestandteil gewöhnt. Die in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung angegebenen Umsatzzahlen zu einer einzigen Marke mit dem Bestandteil "Shots" reiche für die Annahme eines entsprechenden Stammbestandteils nicht aus.

Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei gegeben, da auch ein erstmalig verwendetes Zeichen als ein Stammzeichen angesehen werden könne. Die jüngere Marke weise keinen von der Verwechslungsgefahr wegführenden Sinngehalt auf.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse vom 28. Juni 2001 und vom 11. Februar 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffenen Beschlüsse. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke komme es auf den Zeitpunkt der Eintragung der jüngeren Marke im Oktober 1999 an. "Shots" präge weder die jüngere Marke noch die Widerspruchsmarke. Zumindest Teile des Verkehrs würden der jüngeren Marke einen Sinngehalt im Sinne von "poppige Schüsse bzw. Kugeln" entnehmen. Soweit dies nicht der Fall sei, wirke der Wortbestandteil "Popping" unterscheidungskräftiger, so dass "Shots" die Gesamtmarke nicht präge.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die sich gegenüber stehenden Marken auch nach der Auffassung des Senats keiner Verwechslungsgefahr unterliegen.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 107, § 116 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer in Deutschland Schutz genießenden international registrierten Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe besteht im vorliegenden Fall für das Publikum keine Gefahr von Verwechslungen.

1. Die jeweiligen Waren der Vergleichsmarken sind identisch.

2. Es ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Aus den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 7. Dezember 2001 zum Umsatz kann nicht auf eine Steigerung des Schutzumfangs durch umfangreiche Benutzung geschlossen werden. Die Zahlen beziehen sich auf die Zeit von 1999 bis Oktober 2001, und damit im Wesentlichen auf die Zeit nach der Eintragung der jüngeren Marke im Oktober 1999. Die Voraussetzungen einer erhöhten Kennzeichnungskraft müssen aber bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke vorgelegen haben (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn 304). Dies hat die Widersprechende nicht ausreichend glaubhaft gemacht.

3. Eine unmittelbare (klangliche) Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Die am Zeichenbeginn stehenden Bestandteile "SOLERO" und "Popping" haben ein völlig unterschiedliches Klangbild. Der gemeinsame Bestandteil "Shots" ist weder in der jüngeren Marke noch in der älteren Marke geeignet, den Gesamteindruck der Marken allein zu prägen. Die weiteren Bestandteile "SOLERO" bzw. "Popping" sind dem gemeinsamen Bestandteil zumindest gleichgewichtig und prägen die jeweilige Gesamtmarke mit. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die unterschiedlichen Bestandteile der Vergleichsmarken für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurückträten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten.

Ebenso wie eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht eine solche auch nicht in Folge gedanklichen In-Verbindung-Bringens (sog. assoziative Verwechslungsgefahr). In einem solchen Fall erkennt der Verkehr zwar, dass es sich um zwei unterschiedliche Marken handelt, ordnet diese aber aufgrund von Übereinstimmungen in (prägenden) Zeichenteilen ein und derselben betrieblichen Herkunft zu bzw. schließt auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern. Gegen eine mittelbare Verwechslungsgefahr spricht bereits, dass das Wort "Shots" nicht geeignet ist, als Stamm einer Zeichenserie aufgefasst zu werden. Als Shot wird nämlich u.a. ein Getränk bezeichnet - es gibt spezielle Shotgläser -, so dass dieses Wort auf dem Lebensmittelsektor einen beschreibenden Anklang hat und von daher eher kennzeichnungsschwach ist. Hinzu kommt, dass der am Zeichenende stehende gemeinsame Bestandteil "Shots" in den Marken nicht eigenständig in Erscheinung tritt, sondern insbesondere bei der jüngeren Marke auf die angesprochenen deutschen Verkehrskreise wie der Bestandteil eines Gesamtbegriffs wirkt i.S.v. von "Poppige Schüsse" oder "Poppige Kugeln". Ein halbwegs aufmerksamer Verbraucher, auf den bei der Frage der mittelbaren Verwechslungsgefahr abzustellen ist (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdn 470), hat deshalb keine Veranlassung, in dem am Zeichenende stehenden Bestandteil "Shots" einen Hinweis auf die Widersprechende zu sehen.

4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Viereck Die Richter Dr. Albrecht und Kruppa sind wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.07.2005
Az: 32 W (pat) 179/03


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