Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 266/02

(BPatG: Beschluss v. 13.01.2004, Az.: 33 W (pat) 266/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 2002 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 20. Dezember 2000 die Wortmarke Haus Mendelssohnfür folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Erwerb, Verwaltung, Vermittlung, Bewirtschaftung, Vermietung und Verkauf von Immobilien; Bauwesen, insbesondere Sanierung von Immobilien.

Mit Beschluss vom 4. Juni 2002 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Patent- und Markenamts durch ein Mitglied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um die Bezeichnung eines größeren historischen Hauses, das sich zentral und in prominenter Lage in der Stadtmitte Berlins befinde. In Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen stelle das angemeldete Zeichen eine Angabe dahingehend dar, dass die Dienstleistungen von dort stammten oder sich mit einzelnen Objekten dieses Hauses befassten. Angesichts der repräsentativen Lage des Hauses stelle dies auch eine wichtige Aussage über die Dienstleistungen dar. Denn das Zeichen vermittle den angesprochenen Verkehrskreisen, dass es sich um hochwertige Dienstleistungen handele. Damit sei das Zeichen eine Angabe der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der geografischen Herkunft der Dienstleistungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Zeichen sei auch freihaltungsbedürftig, da es sich bei dem Haus Mendelssohn um einen größeren Büro- und Wohnkomplex handele, so dass nicht auszuschließen sei, dass neben der Anmelderin noch weitere Personen mit Sitz in diesem Gebäude die Bezeichnung benötigten. Daneben bestehe ein Freihaltebedürfnis zu Gunsten der Personen, die derzeit oder zukünftig als Immobilienvermittler in diesem Haus anböten. Schließlich sei das Zeichen zur Unterscheidung der Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Immobilienvermittler ungeeignet, da die angesprochenen Verkehrskreise zu der Auffassung gelangen würden, dass die Dienstleistungen mit dem Haus Mendelssohn zusammenhängen, das Zeichen jedoch nicht als individuelles Kennzeichen der Anmelderin auffassten, so dass ihm auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung für sie aus, dass ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vorliege, da den Verkehrskreisen bis auf wenige Ausnahmen das Haus Mendelssohn in Berlin nicht bekannt sei und sie folglich die Herkunft oder die Bestimmung der Dienstleistungen nicht auf dieses Haus beziehen könnten. Eine geografische Herkunftsangabe liege somit nicht vor. Im Widerspruch zu den im Beschluss enthaltenen Ausführungen sei die Markenstelle noch im Beanstandungsbescheid davon ausgegangen, dass noch ein weiteres Haus dieses Namens existiere, so dass der Verkehr die Dienstleistungen nicht mit einem hinreichend genau bestimmbaren Ort in Verbindung bringe könne. Weiterhin stelle das angemeldete Zeichen auch keine Bestimmungs- oder Beschaffenheitsangabe dar. Der Verkehr fasse das Zeichen herkunftshinweisend auf, da er an die betriebherkunftshinweisende Verwendung von Bezeichnungen, die aus dem Wort "Haus" und einem Namen zusammengesetzt sind, gewöhnt sei. Auch das von der Markenstelle angeführte Freihaltebedürfnis zu Gunsten anderer Personen bestehe nicht, da die Anmelderin Eigentümerin des Hauses Mendelssohn sei, so dass sie für die Verwendung der Bezeichnung ein Monopolrecht besitze. Das Gebäude sei der alte Stammsitz des Bankhauses Mendelssohn. Die Anmelderin habe das Haus von den Erben R... erworben und sich im Kaufvertrag verpflichtet, den Namen "Mendelssohn" weiterzuführen, so dass eine Berechtigung zur Führung des Namens vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

So sind keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Zunächst kann in der angemeldeten Bezeichnung keine Angabe über die Bestimmung bzw. der Spezialisierung der beanspruchten Dienstleistungen gesehen werden. Zwar wird die Angabe "Haus Mendelssohn" nach den übereinstimmenden Feststellungen der Markenstelle und des Senats in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Immobilienwesens zur Bezeichnung eines bestimmten Immobilienprojekts verwendet. Es handelt sich dabei um das teilweise wieder aufgebaute Stadtpalais des Bankhauses Mendelssohn in der J... straße in B..., das von der Anmelderin saniert und gewerblich vermietet wird. Daher wird die angemeldete Bezeichnung vom Verkehr auch als Bezeichnung einer konkreten, insbesondere aus der Werbung der Anmelderin bekannten Immobilie verstanden, mit der sich die beanspruchten Dienstleistungen befassen. Die Anmeldemarke ist damit jedoch nicht etwa eine freihaltungsbedürftige Beschreibung von Merkmalen, wie etwa der Bestimmung oder Spezialisierung der Dienstleistungen, sondern stellt den vom Immobilienunternehmer gewählten Namen seines Projekts, quasi einen "Produktnamen" dar.

Weder handelt es sich bei der Wortfolge "Haus Mendelssohn" um eine Fachbezeichnung auf dem Gebiet des Immobilienwesens, wie etwa "Bürohochhaus", "Einkaufspassage", "Gewerbekomplex" o. Ä., noch entspricht sie nach der Reihenfolge ihrer Kombinationsbestandteile den üblichen Bezeichnungen von Gebäuden, die als Geburtshäuser, ehemalige Wohnhäuser und/oder Museen dem Gedenken bekannter Persönlichkeiten gewidmet sind. Denn bei diesen wird üblicherweise der Namen der Persönlichkeit vorangestellt. So führt insbesondere die letzte Privatadresse (... Straße in L...; zugleich Sterbehaus) des Komponisten Felix Mendels- sohn-Bartholdy die Bezeichnung "Mendelssohn-Haus" (vgl. www.leipziginfo.net/Info/museummendel.html). Eine Bezeichnung, die aus dem einleitenden Wort "Haus" und dem nachfolgenden Nachnamen einer historischen Person der klassischen Musik gebildet wird, entspricht frei gebildeten Fantasiebezeichnungen wie zum Beispiel "Haus Beethoven", "Hotel Mozart", "Pension Brahms", "Residenz Bach" o.Ä. Dies sind üblicherweise vom Erbauer bzw. Betreiber einer Immobilie gewählte und auf seinen Betrieb hinweisende Fantasienamen. Dies gilt umso mehr, als die Namen von historischen Persönlichkeiten aus dem Bereich von Kunst und Musik in Zusammenhang mit den hier beanspruchten Dienstleistungen des Immobilienwesen gerade nicht sachlich sondern fantasievoll wirken.

Zwar kommt es auch in Betracht, dass die angemeldete Bezeichnung von einem beachtlichen Teil der Verkehrskreise nicht als Anspielung auf die Person des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy sondern als Hinweis auf eine Unternehmerfamilie und ihren Stammsitz oder Stammbetrieb verstanden wird. Dies ist bei der Bezeichnung "Haus Mendelssohn" auch deshalb keineswegs ausgeschlossen, weil es sich um eine bekannte Bankierfamilie handelt, aus der der o. g. Komponist entstammt, und die bzw. deren Abkömmlinge heute ohne weiteres im Immobiliengeschäft tätig sein können. Aber auch unter diesem Aspekt stellt die angemeldete Bezeichnung keine freihaltungsbedürftige Sachangabe sondern einen Hinweis auf die Person bzw. die Unternehmerfamilie dar, die die beanspruchten Dienstleistungen erbringt. Insoweit würde es sich ebenfalls nicht um eine Merkmalsbeschreibung sondern um einen klassischen betrieblichen Herkunftshinweis handeln. Nach alledem handelt es sich bei der angemeldeten Marke um keine rein beschreibende Angabe über die Bestimmung bzw. Spezialisierung der Dienstleistungen auf eine bestimmte Immobilie oder Art von Immobilien.

Im Gegensatz zur Auffassung der Markenstelle bezeichnet sie auch nicht die Qualität der Dienstleistungen. Aus der (angeblich) repräsentativen Lage des Objekts in der ...straße in B... lässt sich nicht der Schluss auf die Qualität bzw. Hochwertigkeit der Dienstleistungen ziehen. Im Übrigen sind mittelbare, erst durch gedankliche Schlussfolgerungen erkennbare Beschreibungen nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 293).

Schließlich bestehen für den Senat auch keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung unter dem Gesichtspunkt einer geografischen Herkunftsangabe von den Mitbewerbern der Anmelderin benötigt werden kann. Zwar ist es selbstverständlich, dass nicht nur die korrekte Anschrift, sondern auch eine sonstige Ortsbezeichnung für die Mitbewerber als Angabe über die Ansässigkeit ihres Betriebes oder den Ort der Erbringung ihrer Dienstleistungen freigehalten werden muss. Dies gilt besonders für die Namen von Gewerbeimmobilien, in denen bestimmungsgemäß verschiedene Gewerbebetriebe ansässig sind, und zwar auch dann, wenn deren Erbauer bzw. Betreiber dieser Immobilie selbstgewählt einen bestimmten Namen gegeben hat (zum Beispiel "Europa Center", "City Tower", Rockefeller-Center", "Frankfurter Messeturm", usw.). Die angemeldete Marke, die nach den Feststellungen des Senats eine solche Gewerbeimmobilie bezeichnen soll, wäre daher für eine Vielzahl von Dienstleistungen, die üblicherweise in Gewerbeimmobilien erbracht werden, als geografische Herkunftsangabe von der Eintragung ausgeschlossen, z.B. für Rechtsberatung, Versicherungswesen, medizinische Dienstleistungen, Büroarbeiten usw. Hier liegt jedoch insofern eine Besonderheit vor, als die Marke gerade für rein immobilienbezogene Dienstleistungen beansprucht wird. Für solche Dienstleistungen wird die Bezeichnung "Haus Mendelssohn" in Alleinstellung, also ohne Zusätze wie "im", "bei" o.Ä., in erster Linie als Name des konkreten Immobilienprojekts des Dienstleistungserbringers und nicht als Anschrift (irgend-) eines Immobilienunternehmens aufgefasst (s.o.).

Sollte die angemeldete Bezeichnung dennoch von einem (kleinen) Teil des Verkehrs auch als Kennzeichnung der angemeldeten Immobiliendienstleistungen im Sinne einer reinen geografische Ortsbezeichnung verstanden werden, so wird die Anmelderin nach § 23 Nr. 1 und 2 MarkenG jedenfalls keine Verbietungsansprüche gegenüber Dritten haben, die "Haus Mendelssohn" in beschreibenden Sinne als Adress- und Ortsangabe verwenden.

Es soll dahinstehen, ob ein (u.U. zukünftiges) Freihaltungsbedürfnis auch dann verneint werden kann, wenn die angemeldete Bezeichnung erkennbar zur Bezeichnung einer Gewerbeimmobilie dienen soll, die eine derartige Größe aufweist, dass sie ohne Weiteres von mehreren miteinander konkurrierenden Immobilienunternehmen erbaut bzw. saniert und verwertet werden kann. Dies kann bei besonders großen, insbesondere mehrere Gebäude umfassenden Gewerbekomplexen nicht ausgeschlossen werden. Nach den Feststellungen des Senats verfügt das "Haus Mendelssohn" in der J...straße in B... mit einer Bürofläche von 4650 m (vgl. www.stadtentwicklung.berlin.de/cgibin/drucken.cgi€/bauen/bueroflachen/de/f...) jedoch nicht über einen solchen Zuschnitt (zum Vergleich: Bürofläche des S...- Centers am P... Platz: 132.500 m, a.a.O.).

Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 413, 414 - SWATCH, m.w.N.; GRUR 2001, 240, 241 - SWISS ARMY; MarkenR 2001, 407 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE m.w.N.).

Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen wird die angemeldete Bezeichnung gerecht. Wie oben dargelegt konnte ihr kein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden. Auch waren keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird. Vielmehr wird sie vom Verkehr zwar als Hinweis auf den Zusammenhang der Dienstleistungen mit einem individuellen Gebäude, damit jedoch zugleich als Kennzeichnung des konkreten "Produkts" des Erbringers zur Unterscheidung von Dienstleistungen anderer Unternehmen verstanden.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






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Az: 33 W (pat) 266/02


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