Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Januar 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 205/01
(BPatG: Beschluss v. 28.01.2003, Az.: 24 W (pat) 205/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke
"STRESS BALANCE"
soll für die Waren
"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil der Kennzeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die angemeldete Wortmarke bestehe aus den auch breiten deutschen Verkehrskreisen verständlichen englischen Wörtern "STRESS" und "BALANCE". Der Begriff "STRESS" (Spannung) sei Bestandteil des deutschen Sprachgebrauchs geworden und der Sinngehalt von "BALANCE" (Ausgleich, ausgleichen) lasse sich leicht aus der deutschen Bedeutung dieses Wortes ableiten. Außerdem seien diese englischen Wörter den Kunden aus der Werbung bekannt. Die angemeldete Wortfolge werde daher ohne weiteres als werbeüblich anpreisender Hinweis darauf verstanden, daß es sich bei den entsprechenden Waren um Mittel handele, die dazu geeignet und bestimmt seien, Stress auszugleichen und durch Entspannung einen Erholungseffekt zu bewirken. Für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung sei es unerheblich, daß sich die angemeldete Wortkombination lexikalisch nicht nachweisen lasse und der Verkehr auf andere Wortverbindungen zurückgreifen könne, denn es handele sich um eine ohne weiteres verständliche Begriffsbildung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird vorgetragen, bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um eine reine Fantasiebezeichnung, die lexikalisch nicht nachgewiesen werden könne und deren Bedeutung den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen nicht ohne weiteres geläufig sei. Die angemeldete Wortkombination sei nicht geeignet, die beanspruchten Waren zu beschreiben. Die Wörter "STRESS" und "BALANCE" hätten jeweils zahlreiche verschiedene Bedeutungen, so daß die Wortkombination in ihrer Gesamtheit vielfältig und unterschiedlich interpretiert werden könne, wobei einige nicht beschreibende Interpretationen näher lägen als die von der Markenstelle angenommene sachbezogene Bedeutung. Der angemeldeten Wortkombination könne darum kein ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuhebenund für den Fall, daß bei der derzeitigen Fassung des Warenverzeichnisses Schutzhindernisse bestehen sollten, hilfsweise, im Warenverzeichnis die Angabe "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" mit dem Zusatz "mit Ausnahme solcher, die eine ein Druckgleichgewicht herstellende Wirkung auf den Körper oder die Haut und Haare haben" zu versehen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung, auf den Inhalt der Akten und das Ergebnis einer Recherche des Senats Bezug genommen, das der Anmelderin übersandt worden ist.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die Waren der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"; BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH MarkenR 2002, 338 "Bar jeder Vernunft").
Bei der hier angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich um eine Wortfolge, die ausschließlich als werbeübliche Sachangabe für die von der Anmeldung betroffenen Waren anzusehen ist. Die Wörter "STRESS" und "BALANCE" gehören zum englischen Grundwortschatz (vgl. Klett Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 1990, Stichwörter "stress" und "balance"). Sie sind auch im deutschen Sprachgebrauch üblich und in größeren Wörterbüchern bzw Lexika, zB. in DUDEN, Deutsches Universal Wörterbuch, 3. Aufl., Wahrig, Deutschs Wörterbuch, 7. Aufl. und DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 2. Auflage (Stichwort "Stress"= Druck, Anspannung, erhöhte Beanspruchung, Belastung; Stichwort "Balance" = Gleichgewicht) oder Pogarell, Schröder, Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, 4. Aufl. (Stichwörter "stress" und "balance") aufgeführt. Außerdem werden die Wörter "Stress" und "Balance" in Verbindung mit Mitteln zur Körper-, Schönheits- und Gesundheitspflege im weitesten Sinne und Parfümerien in der Werbung sehr häufig als sachbezogene Angaben verwendet. Eine Internetrecherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, ergab zahlreiche Nachweise etwa im Zusammenhang mit Haarshampoo und anderen Haarpflegeprodukten, Cremes, Waschlotionen, Gesichtsölen und Hautpflegeprodukten, denen Vitamine, Pflanzenextrakte und ätherische Öle beigemischt sind, Duftstoffen und Parfümerien, die Stress ausgleichen und die natürliche Balance wiederherstellen sollen. Es gibt zahlreiche Fundstellen auf Webseiten von Herstellern von Kosmetika und Parfümerien, Drogerien, Parfümerien, Kosmetikinstituten etc., die mit dieser Wirkung der von ihnen produzierten bzw. vertriebenen Waren werben. Auch ist bekannt, dass Düfte und Duftkompositionen ausgleichende, Stress abbauende Wirkung haben können und etwa in der Aromatherapie - oft auch in "Wellness-Programmen", die Körper und Psyche umfassen - zusammen mit Kosmetika und kosmetischer Behandlung eingesetzt werden. Nachweisbar ist etwa die Verwendung: "... besänftigt die Haut und stellt ihre natürliche Balance wieder her; Die Balance für Ihre nikotinbelastete Haut! ... Das ätherische Öl von Lavendel wirkt harmonisierend und beruhigend auf gestresste Haut; Shampoo Natural Balance .... Natürliche Erholung für gestresste Haare; .... Eigenschaften der Aloe Vera beruhigen gestresste Haut. ... Für die natürliche Balance nach dem Sonnenbad ...; Beruhigende Pflegebehandlung für strapazierte Haut und gestresste Gemüter ... Feuchtigkeits-Balance; ... besänftigt die Haut und stellt ihre natürliche Balance wieder her ... revitalisiert so müde und gestresste Haut; Anti Stress Konzentrat zur Beruhigung und Normalisierung empfindlicher, irritierter, gestresster und nervöser Haut ... Die gestresste und irritierte Haut wird besänftigt, beruhigt und normalisiert. Das Hautbild wirkt wieder entspannt und ausgeglichen". Auf der Website der LAMBERTUS APOTHEKE findet sich unter der Überschrift "Stress Balance" ein Artikel über ein kosmetisches Produkt, in dem u.a. ausgeführt wird "Die Hydrobalance wird verbessert. .... Die reichhaltige Hautberuhigungscreme lipidreich beruhigt gestresste Haut und bringt sie wieder ins Gleichgewicht". Weiterhin werden neben einem Anti-Stress-Konzentrat der Firma Janssen im Handel auch Anti-Stress-Pflegecremes, Anti-Stress-Augencremes, Anti-Stress-Kapseln, Anti-Stress-Gesichtsöl angeboten, wobei die Verwendung dieser Bezeichnungen rein beschreibend erfolgt.
Bei den von der Anmeldung betroffenen Waren ist somit eine Werbung für die stressausgleichende, beruhigende Wirkung nachgewiesen oder liegt eine solche Wirkung wegen der Zugehörigkeit zum gleichen Warenbereich jedenfalls nahe. Die angesprochenen Verkehrskreise, die hier hauptsächlich aus dem breiten Publikum bestehen, werden in dem angemeldeten Zeichen dementsprechend nur einen schlagwortartigen Hinweis darauf sehen, daß die Waren den Stress etwa von Haut und Haaren ausgleichen und die durch Stress entstandenen physischen und/oder psychischen Ungleichgewichte ausbalancieren. Jedes andere Verständnis der angemeldeten Kennzeichnung liegt in Verbindung mit den Waren der Anmeldung angesichts deren üblicher Zweckbestimmung und Wirkungsweise sowie der oben aufgeführten Werbegepflogenheiten fern. Daher wird der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den abzustellen ist (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 "Lloyd"; WRP 2000, 289, 292 Tz. 27 "Lifting-Creme"; GRUR Int. 1998, 795, 797 "Gut Springenheide"; BGH, GRUR 2000, 506 "ATTACHÉ/TISSERAND"), die angemeldete Wortfolge "STRESS BALANCE" in Verbindung mit den beanspruchten Waren nicht als betrieblichen Herkunftsnachweis auffassen (vgl. auch BPatG 24 W (pat) 22/95 "Hydro-Balance-System", Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS CD-ROM). Gerade die rein anpreisende, sachbezogene Verwendung der Zeichenwörter durch zahlreiche unterschiedliche Anbieter für verschiedene Waren auf dem Sektor der Körper-, Schönheits- und Gesundheitspflege ist ein deutlicher Beleg dafür, daß die angemeldete Wortfolge nicht als Hinweis auf einen bestimmten Ursprungsbetrieb der so beworbenen Angebote verstanden wird und daß sich in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, die ebenfalls diesen Warenbereichen zuzuordnen sind, ein rein sachbezogenes Verständnis der angemeldeten Wortzusammensetzung aufdrängt. Es handelt sich daher um eine Verbindung der beiden allgemein verständlichen Wörter "STRESS" und "BALANCE" ohne jede inhaltliche Änderung, die keinerlei zusätzliches Merkmal aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Waren der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 58, 59 f. "Companyline" Tz. 21, 23).
Auch die von der Anmelderin hilfsweise beantragte Einschränkung des Warenverzeichnisses führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Auf Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, die keine ein Druckgleichgewicht herstellende Wirkung auf den Körper oder die Haut und Haare haben, treffen die oben ausgeführten Erwägungen des Senats ebenfalls in vollem Umfang zu.
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BPatG:
Beschluss v. 28.01.2003
Az: 24 W (pat) 205/01
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