Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 2. November 2005
Aktenzeichen: 5 U 143/04
(OLG Hamburg: Urteil v. 02.11.2005, Az.: 5 U 143/04)
1. Für die Beurteilung der Frage, ob die Dringlichkeitsvermutung auf Grund des eigenen vorprozessualen und prozessualen Verhaltens des Antragstellers als widerlegt anzusehen ist, bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. In diese sind auch solche Verzögerungsumstände mit einzubeziehen, die für sich genommen nicht notwendigerweise dringlichkeitsschädlich gewesen wären. Eine isolierte Betrachtung einzelner Verfahrensabschnitte ohne Rücksicht auf vorangegangenes und nachfolgendes - zeitverzögerndes - Verhalten verfehlt die dem § 12 Abs. 2 UWG zu Grunde liegende gesetzliche Intention.
2. Sind in einem früheren Verfahrensstadium bereits Verzögerungen eingetreten, die sich als potenziell dringlichkeitsschädlich erweisen, so hat der Antragstellerin in aller Regel besondere Veranlassung darauf hinzuwirken, dass im Verlauf des weiteren Verfahrens keine zusätzlichen Verzögerungen eintreten. Diese Obliegenheit beeinflusst auch die Art und Weise der von dem Antragsteller zu verlangenden Maßnahmen, um nach Kräften ein verzögerungsfreies Handeln solcher Einrichtungen zu fördern bzw. nach Möglichkeit sicherzustellen, auf deren Arbeitsabläufe er in der Regel keinen bestimmenden Einfluss hat und deren Nachlässigkeit als solche ihm nicht entgegen gehalten werden kann.
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 16.07.2004 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 12.03.04 wird zu den Ziffern 1.a (aa. + bb.) und 1.b. (in der Fassung der Antragstellung in der Kammersitzung vom 02.07.04) unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufgehoben.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie des erstinstanzlichen Widerspruchsverfahrens. Die Kosten des Erlassverfahrens tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
Gründe
I.
Die Parteien sind Wettbewerber im Angebot von Dienstleistungen als Internet-Service-Provider, u.a. im Bereich Webhosting sowie bei DSL-Zugängen.
Im Herbst 2003 bewarb die Antragsgegnerin ihr Produkt "skyDSL" mit der auf Seite 4 der Antragsschrift eingeblendeten Werbeanzeige u.a. in der Zeitschrift PC-direkt. Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin insbesondere im Hinblick auf die darin enthaltenen Versprechen zu Zeitdauer ("bis zu 150 freie Surfzeit pro Monat inklusive") und Preisangabe ("ab EUR 9,90") als wettbewerbswidrig.
Das Landgericht Hamburg hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 12.03.03 unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel verboten,
1. im geschäftlichen Verkehr das Produkt skyDSL wörtlich oder sinngemäß mit den Aussagen
a. "bis zu 150 Stunden freie Surfzeit pro Monat inklusive"
b. "durchgehend online ohne Tarif-Stress!"
c. "Datenempfang unlimited"
d. "1.- EUR pro ca. 10 Stunden Surfzeit"
zu bewerben;
2. im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern, das Produkt "skyDSL" mit Preissenkungen zu bewerben, ohne im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang den tatsächlich anfallenden Endpreis anzugeben, insbesondere wenn dies durch Verwendung der Aussage
"Hardwarepreis jetzt bis zu 50 EUR gesenkt"
geschieht;
3. im geschäftlichen Verkehr das Produkt "skyDSL" wörtlich oder sinngemäß mit der Aussage:
"Upstream (bei ISDN und Kanalbündelung): Gleiche Geschwindigkeit möglich wie bei Telefondraht-DSL"
zu bewerben.
Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin zu (nur) Ziffern 1.a., 1.b. und 2. Widerspruch erhoben.
Die Antragstellerin hat bei Schluss der ersten Instanz zu den noch streitgegenständlichen Anträgen zum Teil in Abänderung ihres ursprünglichen Verfügungsantrags beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,
1. im geschäftlichen Verkehr das Produkt skyDSL wörtlich oder sinngemäß mit den Aussagen zu bewerben
a. "bis zu 150 Stunden freie Surfzeit pro Monat inklusive"
aa. ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um eine fiktive Zeitangabe handelt, die vom jeweiligen Nutzungsverhalten der Internetnutzer abhängig ist und die angegebene Zeit nicht der tatsächlichen Online-Verbindungszeit entspricht;
bb. im Zusammenhang mit einer Ab-Preisangabe zu werben, so lange das Leistungsmerkmal nicht zu dem angegebenen Ab-Preis erhältlich ist.
b. "durchgehend online ohne Tarif-Stress!"
2. im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern, das Produkt "skyDSL" mit Preissenkungen zu bewerben, ohne im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang den tatsächlich anfallenden Endpreis anzugeben, insbesondere wenn dies durch Verwendung der Aussage
"Hardwarepreis jetzt bis zu 50 EUR gesenkt"
geschieht;
Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.07.04 die einstweilige Verfügung zu Ziff. 2 unter Abweisung des zu Grunde liegenden Antrags aufgehoben und nach den übrigen Anträgen (in der geänderten Fassung) aufrechterhalten.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Abweisungsbegehren weiter. Sie ist u.a. der Auffassung, der Antragstellerin stehe schon kein Verfügungsgrund zur Seite. Die Dringlichkeitsvermutung sei auf Grund des eigenen Verhaltens der Antragstellerin als widerlegt anzusehen. Die Antragstellerin verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die einstweilige Verfügung vom 12.03.04 ist auf den Widerspruch der Antragsgegnerin aufzuheben, soweit sie widerspruchsbefangen und nicht bereits vom Landgericht aufgehoben worden ist. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes liegen nicht vor. Der Antragstellerin steht der in § 12 Abs. 2 UWG vorausgesetzte Verfügungsgrund nicht zu Seite. Die Antragstellerin hat durch ihr eigenes Verhalten gezeigt, dass ihr die Rechtsverfolgung des streitgegenständlichen Verstoßes nicht dringlich ist. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.
1. Im Rahmen von § 12 Abs. 2 UWG wird die Dringlichkeit und damit der für die Verfahrensart vorausgesetzte Verfügungsgrund in Wettbewerbssachen vermutet. Der Antragsgegnerin ist es indes gelungen, diese Vermutung zu widerlegen.
a. Zwar weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass ihr z.B. Versäumnisse des Gerichts grundsätzlich nicht als dringlichkeitsschädliche Handlungen zuzurechnen sind. Andererseits bestehen auch insoweit Grenzen für eine Untätigkeit, jenseits derer das Verhalten des Antragstellers eine dringlichkeitsschädliche Untätigkeit erkennen lässt. Die zu vermutende Dringlichkeit geht verloren, wenn der Antragsteller mit der Rechtsverfolgung ohne sachlichen Grund zu lange zuwartet, da er in diesen Fällen selbst zu erkennen gibt, dass er nicht derart eilig auf das begehrte Verbot angewiesen ist, dass es ihm nicht zugemutet werden könne, sein Rechtsschutzziel in einem Hauptsacheverfahren durchzusetzen (Harte/Henning/Retzer, UWG, § 12 Rdn. 305). Diese Grenze ist - wie nachfolgend darzulegen sein wird - durch das Verhalten der Antragstellerin überschritten.
b. Dabei mag es sein, dass jede einzelne der eingetretenen Zeitverzögerungen bei der Verfahrensdurchführung (noch) durch sachliche Gründe erklärbar ist. Für die Frage einer etwaigen Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist jedoch eine Gesamtbetrachtung des vorprozessualen und prozessualen Verhaltens der Antragstellerin geboten. Eine isolierte Betrachtung einzelner Verfahrensabschnitte ohne Rücksicht auf vorangegangenes und nachfolgendes - zeitverzögerndes - Verhalten verfehlt die dem § 12 Abs. 2 UWG zu Grunde liegende gesetzliche Intention. Jedenfalls im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ergibt sich nach Auffassung des Senats ohne weiteres, dass die Antragstellerin das Verfahren noch nicht einmal in Ansätzen mit dem gebotenen Nachdruck betrieben hat. Dieser Umstand wirkt sich zu ihren Lasten mit der Folge aus, dass die einstweilige Verfügung wieder aufzuheben ist.
2. Der zur Entscheidung stehende Fall ist dadurch geprägt, dass die Antragstellerin in Anbetracht der gewählten Verfahrensart praktisch in allen Verfahrensstadien unangemessen lange Zeiträume hat verstreichen lassen, die letztlich zu einer - ihr zuzurechnenden - dringlichkeitsschädlichen Verzögerung geführt haben.
a. So hatte die Antragstellerin die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 02.10.2003 (Anlage ASt8) abgemahnt und darin eine kurz bemessene Frist bis zum 10.10.2003 für die Abgabe einer Unterwerfungserklärung gesetzt. Nachdem die Antragsgegnerin hierauf offenbar nicht reagiert hatte, hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 06.11.2003 erinnert. Dies ergibt sich aus dem Erwiderungsschreiben der Antragsgegnerin vom 07.11.2003 (Anlage ASt9). Bereits ein Abwarten von knapp vier Wochen nach Ablauf der gesetzten Äußerungsfrist mit einem Erinnerungsschreiben lässt erste Zweifel an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit aufkommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die ursprüngliche Erklärungsfrist nur mit einer Länge von 7 Tagen gesetzt worden ist.
b. Nach der endgültigen Weigerung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.11.2003 hat die Antragstellerin sodann am 21.11.2003 ihre Antragsschrift verfasst. Auch dieser Zeitraum von weiteren zwei Wochen ist von nicht nur unerheblicher Länge. Die Antragsschrift ist zudem erst fünf Tage später am 26.11.2003 bei Gericht eingegangen. Zwar weist der Schriftsatz aus, dass eine Vorabversendung per Telefax erfolgt sein soll. Dieses Telefax befindet sich allerdings nicht bei der Akte.
c. In der Folgezeit sind sodann keine weiteren Aktivitäten der Antragstellerin erkennbar, aus denen sich ergeben könnte, dass sie ein eiliges Interesse an einer Sachentscheidung hatte. Die Antragsgegnerin trägt vor, es befinde sich ein Erinnerungsschreiben der Antragstellerin vom 23.01.2004 bei der Akte. Dieses Schreiben ist für den Senat nicht auffindbar. Setzt man die Richtigkeit des Vortrags der Antragsgegnerin voraus, so hat sich die Antragstellerin ca. zwei Monate Zeit gelassen, bevor sie nach dem Schicksal ihres einstweiligen Verfügungsantrags nachgefragt hatte. Ein derartiges Verhalten ist ausgesprochen ungewöhnlich, denn es entspricht allgemeiner Praxis, dass jedenfalls einstweilige Verfügungen auch bei im Allgemeinen überlasteten Zivilkammern relativ kurzfristig erlassen werden bzw. zumindest mit der Antragstellerin Rücksprache genommen wird, falls weitere Erklärungsnotwendigkeiten bestehen. Nach Sachlage wäre es deshalb zu erwarten gewesen, dass die Antragstellerin von sich aus konkret und schriftlich bei Gericht nachgefragt hätte, aus welchen Gründen ihr Verfügungsantrag bislang nicht entschieden worden ist. Auch diese Untätigkeit bestätigt die bereits zuvor zu Tage getretenen Zweifel an der Dringlichkeit, selbst wenn die Zeitverzögerung des Gerichts als solche der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden kann.
d. Allerdings will die Antragstellerin mehrfach erfolglos bei Gericht telefonisch nach dem Bearbeitungsstand nachgefragt haben. Hierzu liegen indes keine konkreten Angaben (z.B. zu Datum, konkretem Verlangen, Gesprächspartner) vor, so dass dieser Sachvortrag - selbst wenn er Berücksichtigung finden kann - nicht geeignet ist, das Eilinteresse der Antragstellerin zu belegen. Nachdem die Antragstellerin dann am 23.01.2004 (schriftlich) bei Gericht nachgefragt hatte, ist erneut nichts geschehen, ohne dass die Antragstellerin dies zum Anlass genommen hat, weiter nachzuhaken.
e. Die Antragstellerin hat sodann - wiederum einen Monat später - mit Schriftsatz vom 24.02.2004 ihren Verfügungsantrag vom 20.11.2003 um einen weiteren Antrag ergänzt. Zu diesem Zeitpunkt waren seit der Abmahnung bereits mehr als 4 ½ Monate verstrichen.
aa. Auch dieses Vorgehen ist zwar dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Antragstellerin hierdurch wiederum sehenden Auges in Kauf genommen, dass zusätzliche Zeitverluste bei der Bearbeitung einer bereits vielfach verzögerten Eilsache eintreten können. Denn es war - jedenfalls aus Sicht der Antragstellerin - nicht auszuschließen, dass der ursprüngliche Antrag bereits entschieden war und sich nunmehr in der Gerichtskanzlei zum Schreiben befand. Im Übrigen musste der ergänzende Antrag auch inhaltlich gesondert beraten werden, was zu weiteren Verzögerungen führen konnte. Auch dieses Verhalten der Antragstellerin zeigt nachhaltig, dass ihr die Durchsetzung ihrer geltend gemachten Ansprüche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht wirklich dringlich war.
bb. Soweit das Landgericht gemeint hat, diese Verzögerung könne der Antragstellerin schon deshalb nicht entgegengehalten werden, weil gegen (die nachgeschobene) Ziffer 3 der einstweiligen Verfügung kein Widerspruch eingelegt worden ist, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Für die Beurteilung der Eilbedürftigkeit nach dem eigenen Verhalten der Antragstellerin ist es ohne Bedeutung, welches weitere prozessuale Schicksal dieser Antrag nimmt. Bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung am 12.03.2004 sind sodann nochmals zweieinhalb Wochen vergangen, ohne dass die Antragstellerin sich erkennbar um den Verfahrensfortgang gekümmert bzw. eine Beschleunigung herbeizuführen versucht hat.
f. Die erlassene Verfügung ist der Antragstellerinnen sodann am 15.03. 2004 zugestellt worden. Auch nach Erhalt der einstweiligen Verfügung hat sich die Antragstellerin wiederum ca. 1 bis 2 Wochen Zeit gelassen, bevor sie dem Gerichtsvollzieher Vollstreckungsauftrag erteilt hat, wobei nicht ganz eindeutig ist, ob dies am 24.03. oder an 29.03.04 geschehen ist. Die einstweilige Verfügung ist der Antragsgegnerin schließlich am 01.04.2004 zugestellt worden. Von der vorgerichtlichen Abmahnung der Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Zustellung sind damit sechs Monate vergangen.
3. Zwar muss selbst ein Zeitraum von sechs Monaten auf der Grundlage der Rechtsprechung der Senate für Gewerblichen Rechtsschutz des Hanseatischen Oberlandesgerichts nicht notwendigerweise dringlichkeitsschädlich sein. Der Verfahrensverlauf in dem konkret zur Entscheidung stehenden Fall bewirkt angesichts des Verhaltens der Antragstellerin jedoch eine Selbstwiderlegung der gesetzlichen Regel, so dass die Dringlichkeitsvermutung bei einer derartigen Sachlage nicht mehr für die Antragstellerin streiten kann.
a. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die einzelnen Verzögerungsumstände - jeder für sich genommen - möglicherweise nicht geeignet gewesen wären, isoliert betrachtet die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zu widerlegen. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn eine sachgerechte, am Gesetzeszweck des § 12 Abs. 2 UWG ausgerichtete Anwendung dieser Vorschrift erfordert nach Auffassung des Senats in jedem Fall darüber hinaus eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtbetrachtung. Hieran sind auch die an das Verhalten des Antragstellers zu stellenden Anforderungen zu messen. Sind in einem früheren Verfahrensstadium bereits Verzögerungen eingetreten, die sich als potenziell dringlichkeitsschädlich erweisen, so hat der Antragsteller in aller Regel besondere Veranlassung darauf hinzuwirken, dass im Verlauf des Verfahrens zumindest keine zusätzlichen Verzögerungen eintreten, die der zügigen Zustellung der Eilentscheidung an den Prozessgegner entgegen stehen. Diese Obliegenheit beeinflusst darüber hinaus auch Art und Umfang der von dem Antragsteller zu verlangenden Maßnahmen (z.B. Nachfragen/Erinnerungen bei Gericht, Erteilung von Vollstreckungsaufträgen), um nach Kräften ein verzögerungsfreies Handeln solcher Einrichtungen zu fördern bzw. nach Möglichkeit sicherzustellen, auf deren Arbeitsabläufe er in der Regel keinen bestimmenden Einfluss hat und deren Nachlässigkeit als solche ihm nicht entgegen gehalten werden kann.
b. Auch insoweit ist die Antragstellerin den an sie zu stellenden Anforderungen nicht gerecht geworden. Jedenfalls angesichts der im konkreten Fall bereits eingetretenen Verzögerung durfte sie sich nicht damit begnügen, nur allgemein in einer nicht näher dargelegten Weise bei Gericht - offenbar bei der Geschäftsstelle - nachzufragen. Erforderlich wären zumindest konkrete schriftliche Erinnerungen unter Hinweis auf die ihr drohenden Folgen im Rahmen von § 12 Abs. 2 UWG an den zur Entscheidung berufenen Spruchkörper des Gerichts selbst gewesen. Der Senat hat allerdings keine Veranlassung, aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits dazu Stellung zu nehmen, welche Folgen es für die Frage einer Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung gehabt hätte, wenn die Antragstellerin entsprechend vorgegangen wäre. Eine derartige Sachlage steht hier nicht zur Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
OLG Hamburg:
Urteil v. 02.11.2005
Az: 5 U 143/04
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