Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 167/01

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2003, Az.: 26 W (pat) 167/01)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. August 2001 und vom 23. Juni 1998 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 37 hat die angemeldete Marke 397 47 673.6 Coolhouseteilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Beleuchtungs-, Dampferzeugungs-, Trocken-, Klima-, Lüftungs-, Wasserleitungs- und Kühlgeräte, einschließlich Kühlschränke; Service und Wartung von Beleuchtungs-, Dampferzeugungs-, Trocken-, Klima-, Lüftungs-, Wasserleitungs- und Kühlgeräten, einschließlich Kühlschränken"

zurückgewiesen, weil sie ausschließlich aus einer Angabe bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Wirkungsweise, der Einsatzmöglichkeit oder der Bestimmung dieser Waren und Dienstleistungen dienen könne und deshalb insoweit freizuhalten sei. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung stamme aus dem Englischen und bedeute "Kühlhaus". Es möge zwar sein, dass das Wort "coolhouse" im englischsprachigen Raum veraltet sei. Da es sich bei ihm aber um die wortgenaue Übersetzung des deutschen Wortes "Kühlhaus" handele, bleibe die angemeldete Bezeichnung für den inländischen Verkehr verständlich. Sie beschreibe die besondere Eignung und Bestimmung der Waren und Dienstleistungen für eine Verwendung in einem Kühlhaus. An der insoweit beschreibenden Angabe bestehe ein Freihaltungsbedürfnis, auch wenn ihre tatsächliche Verwendung nicht festgestellt werden könne; denn es handle sich um einen leicht verständlichen Begriff der englischen Sprache und es sei ein zunehmender Einfluss der englischen Sprache gerade im technischen Bereich zu beobachten.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung versagt wurde, und macht geltend, dass diese Bezeichnung in der englischen Sprache kein geläufiger und kein korrekter Begriff für ein Kühlhaus sei. Soweit das Wort "Coolhouse" im Internet vereinzelt verwendet werde, handele es sich um unzutreffende Rückübersetzungen des deutschen Begriffs "Kühlhaus" in die englische Sprache, die ein Freihaltungsbedürfnis nicht begründen könnten. Da die angemeldete Bezeichnung keine beschreibende Angabe und auch kein gängiger Begriff der Umgangssprache sei, fehle ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen auch für die Waren und Dienstleistungen, für die die Markenstelle die Zurückweisung der Anmeldung ausgesprochen und im Erinnerungsverfahren bestätigt hat, die in § 8 MarkenG aufgeführten Schutzhindernisse nicht entgegen.

Bei dem Wort "Coolhouse" handelt es sich insbesondere nicht um eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der fraglichen Waren und Dienstleistungen dienen kann und für diesen Zweck freizuhalten ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die angemeldete Marke ist als Begriff der englischen Sprache - abgesehen von einem von der Markenstelle angeführten älteren Werk - in keinem aktuellen englischen Wörterbuch mehr aufgeführt. Auch eine vom Senat durchgeführte Internetrecherche hat zu dem Ergebnis geführt, dass dieser Begriff ein heute zur Bezeichnung eines Kühlhauses nicht mehr gebräuchliches Wort ist. Kühlhäuser werden vielmehr heutzutage im Englischen als "cold store", "cold storage" oder "coldstorage depot" bezeichnet. Die allein feststellbaren tatsächlichen Verwendungsformen der angemeldeten Bezeichnung betreffen zum einen Seiten deutscher Unternehmen, in denen das Wort "Coolhouse" im übertragenen Sinne für Lkw-Sattelzugauflieger benutzt wird, und die zugleich Übertragungen deutschsprachiger Seiten ins Englische darstellen, deren korrekte Übersetzung unter Berücksichtigung der im übrigen nicht (mehr) feststellbaren Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für Kühlhäuser in hohem Maße als fraglich erscheint. Die weiteren feststellbaren Verwendungen beziehen sich nicht auf zur Lagerung von Waren bestimmte Kühlhäuser, sondern auf ein gleichnamiges Projekt der Europäischen Kommission, das die Entwicklung und den Bau von Niedrigenergiehäusern zum Gegenstand hat, die u.a. aufgrund ihrer Bausubstanz im Sommer kühle Innentemperaturen aufweisen. Insoweit handelt es sich jedoch um eine markenmäßige Verwendung als Projektname. Eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe für solche Häuser ist dagegen bisher offensichtlich nicht üblich, weshalb auch aus diesem Blickwinkel die erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sie als Bestimmungsangabe für die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen dienen und von den Mitbewerbern des Anmelders als solche aktuell oder zukünftig benötigt werden könnte, nicht feststellbar sind.

Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei reicht nach der Formulierung des Gesetzes jede wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Einer Marke kann dann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn ihr kein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen seiner beschreibenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).

Die Bezeichnung "Coolhouse" stellt, wie die obigen tatsächlichen Feststellungen belegen, kein gebräuchliches Wort der deutschen oder der englischen Sprache für ein Kühlhaus oder ein aufgrund der Bauweise in seinem Inneren kühles Wohn- oder Geschäftshaus dar. Es weist für die im vorliegenden Verfahren beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf. Von den maßgeblichen deutschen Abnehmern dieser Waren und Dienstleistungen wird es bereits deshalb nicht ausschließlich als Sachangabe verstanden werden, weil die Marke nicht für Kühlhäuser oder kühle Häuser selbst bestimmt ist, sondern für Waren und Dienstleistungen, die allenfalls in solchen Häusern, aber ebenso auch in jedem anderen Haus Verwendung finden können. Der Verkehr, der erfahrungsgemäß bei einem als Marke verwendeten Zeichen nicht zu einer analysierenden Betrachtungsweise neigt (BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION), wird insbesondere den erforderlichen weiteren gedanklichen Schritt, dass es sich bei den maßgeblichen Waren und Dienstleistungen um solche handeln könnte, die in einem kühlen oder gekühlten Haus einsetzbar sind, auch deshalb regelmäßig nicht vollziehen, weil die angemeldete Marke mit ihren Verständnismöglichkeiten als "Kühlhaus" oder "kühles Haus" in ihrem Bedeutungsgehalt nicht eindeutig ist, sich insoweit als mögliche Bestimmungsangabe also gerade nicht anbietet oder gar aufdrängt. Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender beschreibender Aussagegehalt einer Marke muss aber so deutlich und unmissverständlich sein, dass er für den unbefangenen Durchschnittsverbraucher unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist (EuG GRUR Int. 2001, 756, 758 - EASYBANK; 2001, 973, 975 - Universaltelefonbuch). Die im vorliegenden Fall bestehende bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachangabe durch die Marke vermittelt werden könnte, reicht dagegen für die Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus.

Albert Kraft Reker Fa






BPatG:
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Az: 26 W (pat) 167/01


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