Verwaltungsgericht Ansbach:
Urteil vom 8. Juli 2014
Aktenzeichen: AN 4 K 13.01638

(VG Ansbach: Urteil v. 08.07.2014, Az.: AN 4 K 13.01638)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten vorläufig vollstreckbar.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein gelernter Versicherungskaufmann, ist seit Jahren als Mitarbeiter, Geschäftsführer, aber auch als Organ und Gesellschafter verschiedener Unternehmen tätig, die insbesondere auf dem Gebiet der Beratung von Ärzten und Zahnärzten in Versicherungs- und Finanzfragen sowie der Vermittlung von Versicherungen agieren. Er war bereits vor dem Jahr 2004 Außendienstmitarbeiter, Geschäftsführer, Leiter Vertrieb und Buchhaltung sowie Vorstand verschiedener Gesellschaften der ...Unternehmensgruppe (H-Gruppe).

Mit Bescheid vom 17. August 2004 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 50 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG), neben Steuerberatern Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft zu werden. Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung erfolgte unter dem Vorbehalt, dass die betreffende Steuerberatungsgesellschaft sich auf die Beratung von Ärzten spezialisiert und die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft vorliegen. Ausdrücklich wurde im Bescheid hinsichtlich der besonderen Befähigung des Klägers i.S.d. § 50 Abs. 3 StBerG auf die Erfahrungen aus den Tätigkeiten in den gewerblichen Unternehmungen der €...€ abgestellt. Mit Urkunde vom 7. März 2005 wurde die GmbH als Steuerberatungsgesellschaft von der Steuerberaterkammer zugelassen.

Der Kläger ist unter anderem seit dem 26. Juli 2005 Prokurist der ... Steuerberatungsgesellschaft. Mit Schreiben vom 3. November 2005 beantragte er bei der Beklagten die Zulassung seines Eintritts als Geschäftsführer in diese Gesellschaft sowie den Erwerb von Anteilen an dieser mit der Maßgabe, dass eine Vertretung in Steuersachen durch ihn durch Bestimmungen in der Satzung, der Geschäftsordnung und/oder des Geschäftsführeranstellungsvertrages ausgeschlossen wird. Nachdem die Beklagte dies ablehnte, erhob der Kläger unter dem Az. ... Klage zum Finanzgericht... auf Verpflichtung der Beklagten, eine verbindliche Auskunft des Inhalts zu erlassen, sie werde die Anerkennung der ... Steuerberatungs ... als Steuerberatungsgesellschaft sowie die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung nicht für den Fall widerrufen, dass der Kläger als Geschäftsführer in die genannte Steuerberatungsgesellschaft eintreten oder Anteile an ihr erwerben werde, sofern dessen Vertretung in Steuersachen ausgeschlossen werde. Das Finanzgericht ... wies diese Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 7. Februar 2008 ab.

Am 22. April 2008 beantragte der Kläger unter anderem bei der Beklagten die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit. Diese sei ihm zu erteilen, weil durch seine gewerbliche Tätigkeit eine Verletzung der Berufspflicht nicht zu erwarten sei. Er beabsichtigte nicht, steuerberatend tätig zu werden. Seine Tätigkeitsgebiete entsprächen nach wie vor denjenigen, die er bereits als Prokurist ausgeübt habe. Diese stünden mit der Steuerberatung durch die GmbH gegenüber Dritten in keiner Verbindung, sondern beschränkten sich ausschließlich auf kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten. Es sei beabsichtigt, die Vertretung der GmbH in Steuersachen durch den Kläger auf Grund von Bestimmungen in der Satzung, der Geschäftsordnung der Geschäftsführung und/oder des Geschäftsführeranstellungsvertrages auszuschließen. Der Kläger wolle auch nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer Geschäftsanteile der GmbH erwerben und halten. Daneben wolle er weiterhin Organ und Gesellschafter der aufgeführten gewerblich tätigen Gesellschaften der €H-Gruppe€ bleiben. In allen Fällen sei die allgemeine Verantwortlichkeit eines Steuerberaters gegenüber den jeweiligen Mandanten gewährleistet und damit deren Interessen und Belange ausreichend geschützt. Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung mit der Begründung ab, dass der Kläger mangels Mitgliedschaft bei ihr keinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung stellen könne. Gleichzeitig führte sie aus, dass auch in der Sache die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit für den Kläger nicht in Betracht komme. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen.

Die Beklagte widerrief daneben mit Bescheid vom 25. Juni 2008 die dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung vom 17. August 2004. Über die hiergegen unter dem Az. ... erhobene Klage beim Finanzgericht ... ist bislang noch nicht entschieden worden; mit Beschluss vom 14. August 2009 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Der Kläger erhob zudem mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2009 Klage zum Finanzgericht ... (Az. ...), die unter anderem darauf zielte, die Beklagte unter Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den Kläger vom Verbot einer anderen gewerblichen Tätigkeit zu befreien. Das Finanzgericht ... hat diesen Teil der Klage vom restlichen Klagebegehren abgetrennt und mit Beschluss vom 11. Oktober 2010 an das Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen.

Zur Begründung macht der Kläger geltend, ihm müsse jedenfalls die Möglichkeit geboten werden, vor der Aufnahme der beabsichtigten Geschäftsführertätigkeit klären zu lassen, ob ihm die Ausnahmegenehmigung erteilt werde oder nicht. Das gelte umso mehr, als sonst die Steuerberatungsgesellschaft mit einem Widerruf zu rechnen habe. Auf Grund der am 12. April 2008 in Kraft getretenen Gesetzesänderung stehe das grundsätzliche Verbot einer gewerblichen Tätigkeit der beabsichtigten Geschäftsführertätigkeit des Klägers und dem beabsichtigten Erwerb von Geschäftsanteilen an der ...Steuerberatungsgesellschaft neben der Fortsetzung seiner gewerblichen Tätigkeit für diese als Prokurist nicht mehr entgegen, da die Vorschrift des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG nunmehr die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung vorsehe, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Eine solche Verletzung sei nicht zu erwarten, weil durch entsprechende Bestimmungen der Satzung, der Geschäftsordnung und/oder des Geschäftsführeranstellungsvertrages ausgeschlossen werden solle, dass die ...Steuerberatungsgesellschaft in Steuersachen von dem Kläger vertreten werde. Damit werde stets die alleinige Verantwortlichkeit eines Steuerberaters gegenüber dem jeweiligen Mandanten gewährleistet. Deren schützenswerte Interessen und Belange seien ausreichend geschützt, eine Verletzung von Berufspflichten sei deshalb nicht zu erwarten. Auch stehe die persönliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht in Frage, nachdem dieser gerade bemüht sei, schon vor Bestellung zum Geschäftsführer für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu erlangen und sich gerade nicht gesetzeswidrig zu verhalten. Vorliegend sei von einem gebundenen Ermessen der Beklagten auszugehen, da keine zwingenden und konkreten Gründe gegen die Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung sprechen würden. Die Vorschrift stelle nicht auf eine abstrakte Gefahr ab, vielmehr müssten konkrete Anhaltspunkte für eine zu erwartende Verletzung von Berufspflichten vorliegen; davon sei hier nicht auszugehen. Ein rechtliches Interesse des Klägers sei vorliegend schon im Hinblick auf den bereits erfolgten Widerruf seiner Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG gegeben.

Die Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Auch nach der Gesetzesänderung würden hohe Anforderungen an die Gewährung einer Ausnahme vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit gestellt werden. Eine solche sei nur dann zuzulassen, wenn der Anschein einer Gefährdung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bereits von vornherein unter jedem Gesichtspunkt ausgeschlossen werden könne. Es reiche bereits die mit einer unvereinbaren Tätigkeit verbundene abstrakte Gefährdung in das Vertrauen und die Integrität des Berufsstandes für den mit dem Verbot einer gewerblichen Tätigkeit verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit aus. Es sei unerheblich, ob es tatsächlich zu einer Interessenskollision komme, ebenso die innere Bereitschaft des Berufsangehörigen, sich im Falle einer von ihm erkannten Kollision berufstreu zu verhalten und die gewerblichen Interessen zurückzustellen. Der Kläger sei Geschäftsführer bzw. Angestellter verschiedener gewerblicher Firmen, deren Klientel vorrangig auch Gegenstand der Beratungen der ...Steuerberatungsgesellschaft sei. Er beabsichtige auch nicht, seine Tätigkeiten insoweit aufzugeben. Darin liege jedoch das Gefahrenpotential, dass wirtschaftliche Kenntnisse und Informationen aus dem Mandantenkreis der Steuerberatungsgesellschaft in unzulässiger Weise auch gewerblich genutzt werden könnten. Nach dem von der Bundessteuerberaterkammer aufgestellten Kriterienkatalog komme eine Ausnahme bei nur geringfügigen gewerblichen Tätigkeiten, vorübergehendem Betrieb von gewerblichen Unternehmen auf Grund Erbfolge bzw. nahen Angehörigenverhältnisses oder bei Übernahme von Notgeschäftsführungen in Betracht. Die Tätigkeiten des Klägers gingen jedoch weit über den vorgenannten Rahmen hinaus.

Die Kammer hatte den Rechtsstreit zunächst auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2011 wies die Einzelrichterin die Klage mit Urteil vom 2. März 2011 ab (AN 4 K 10.02119). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Hauptantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, da dem Kläger weder ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung noch die Verpflichtung der Beklagten auf erneute Verbescheidung seines entsprechenden Antrags zustehe. Auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage bleibe ohne Erfolg, ohne dass es darauf ankomme, ob insoweit die gewerbliche Tätigkeit des Klägers konkret zu benennen wäre oder nicht. Zwar sei ein Feststellungsinteresse zu bejahen, die Beklagte sei aber nicht verpflichtet, dem Kläger für die beabsichtigte künftige Tätigkeit als Geschäftsführer der ... Steuerberatungsgesellschaft eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG zu erteilen. Im Hinblick auf die gewerblichen Tätigkeiten des Klägers sei bei der maßgeblichen abstrakten Betrachtungsweise eine Gefährdung der Unabhängigkeit als Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, die Gefahr einer Interessenkollision oder die Gefahr, dass der Einräumung des Erwerbs wirtschaftlichen Strebens Vorrang vor den Pflichten eines Freiberuflers eingeräumt werden könnte, gegeben. Dies gelte auch angesichts der vom Kläger vorgetragenen beabsichtigten Regelungen, wonach er auch als Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft von jeglicher steuerberatenden Tätigkeit ausgeschlossen sein solle. Denn es könne nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass der Kläger wirtschaftliche Kenntnisse und Informationen aus dem Mandantenkreis in unzulässiger Weise auch gewerblich nutzen könnte. Solche Kenntnisse könne er auch als Geschäftsführer der Gesellschaft erlangen, ohne an der Steuerberatungstätigkeit selbst teilzunehmen, die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision sei damit zu bejahen, auch wenn dem Kläger nicht konkret die fehlende Bereitschaft unterstellt werden könne, in einem solchen Fall gewerbliche Interessen zurückzustellen. Auch falle der Kläger ersichtlich nicht unter den von der Bundessteuerberaterkammer aufgestellten Kriterienkatalog, welcher für die Erteilung einer Ausnahme vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit aufgestellt worden sei. Auch die zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Berufsordnung (BOStB) sehe in § 16 Abs. 1 verschiedene Fallgruppen vor, bei welchen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung insbesondere in Frage kommen könne, diese seien aber nicht erfüllt. Auch Ermessensfehler seien bei der Entscheidung der Beklagten nicht erkennbar. Gegen die Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 1. Halbsatz StBerG bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nach der Gesetzesänderung sei ein Anspruch nach § 57 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 1. Halbsatz StBerG nicht gegeben.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 2011 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin ab (7 ZB 11.1173). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG im Einzelfall zutreffend angewandt, die sonstigen Einwände des Klägers gegen die Richtigkeit des Urteils seien unbegründet.

Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers hin hob die 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 23. August 2013 (1 BvR 2912/11) das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. März 2011 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2011 auf und stellte fest, diese Entscheidungen verletzten den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Entscheidungen der Fachgerichte griffen in die Berufsfreiheit ein. Diese umfasse grundsätzlich auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben. Die maßgebliche Vorschrift des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG begegne in der gültigen Fassung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; allerdings genügten die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift durch die Fachgerichte im konkreten Fall nicht den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Regelungen, die generalklauselartige Inkompatibilitätsvorschriften enthielten, müssten von der Rechtsprechung insbesondere unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprüft werden, wobei Zurückhaltung bei der Entwicklung typisierender Unvereinbarkeitsregeln geboten sei. Auf Grund der Vielfalt möglicher erwerbswirtschaftlicher Betätigungen sei eine Einzelfallprüfung erforderlich, die der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten Rechnung trage. § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG diene der Funktionsfähigkeit der Steuerrechtspflege, die als Teil der gesamten Rechtspflege einen Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung darstelle. Mit dem grundsätzlichen Verbot gewerblicher Tätigkeit solle die fachliche Kompetenz und Integrität sowie ausreichender Handlungsspielraum der steuerberatenden Berufsträger gesichert sowie die notwendige Vertrauensgrundlage geschützt werden. Durch die Neufassung der Vorschrift habe der Gesetzgeber mit der Öffnung für Ausnahmefälle deutlich gemacht, dass eine gewerbliche Tätigkeit nicht schlechthin zu einer Gefährdung der Steuerrechtspflege führe, die Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen könne. Das Verwaltungsgericht habe die für die Auslegung anzuwendenden Maßstäbe nur unzureichend erörtert und die Zielrichtung der Vorschrift verkannt. So lasse das Verwaltungsgericht die Frage offen, ob bei der Annahme, eine lediglich abstrakte Gefährdung der Verletzung von Berufspflichten sei für die Versagung der Genehmigung ausreichend, überhaupt noch ein nennenswerter Anwendungsbereich für die gesetzlich geregelte Ausnahme vom Verbot gewerblicher Tätigkeiten verbleiben könne. Auch fehle es an nachvollziehbaren Feststellungen zu den Tatsachen, mit denen das Vorliegen einer abstrakten Gefährdung begründet werden solle. Es seien weder Feststellungen zur gemeinsamen Klientel bei gewerblicher und steuerberatender Berufstätigkeit getroffen noch Erwägungen zu den möglicherweise drohenden Interessenskollisionen mit den steuerberaterlichen Berufspflichten angestellt worden. Auch sei nicht beachtet worden, dass der Kläger bereits 2005 unter Beachtung berufsrechtlicher Bestimmungen Prokura von der Steuerberatergesellschaft erteilt bekommen habe, was bisher von der Beklagten ebenso wenig beanstandet worden sei wie seine Tätigkeit als Prokurist selbst. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von Dokumenten, die auch für die gewerbliche Tätigkeit von Nutzen sein könnten, entstehe nicht mit der Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft, wenn der Kläger zuvor als Prokurist mit im Außenverhältnis nahezu unbeschränkter Vertretungsmacht diese Unterlagen ebenfalls hätte erhalten können. Es handele sich damit hinsichtlich der möglichen Kenntnisnahme von solchen Dokumenten lediglich um eine allgemeine, dem Geschäftsführeramt nicht spezifisch anhaftende Gefahr, der mit der gesetzlichen Regelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG nicht begegnet werden könne und solle. Im Übrigen stelle die Möglichkeit der Kenntnisnahme von nützlichen Informationen ein Risiko dar, dem mit anderen Vorschriften des Berufsrechts, wie insbesondere der berufs- und strafrechtlich sanktionierten Verpflichtung zur Verschwiegenheit ausreichend begegnet werden könne. Dieses Risiko werde auch vom Zweck der Regelung nicht umfasst, der lediglich die Unabhängigkeit der Steuerberatung und den Schutz der Mandanten vor für ihn nachteiliger Verwertung seiner eigenen Geschäftsdaten sichern wolle. Eine solche Gefährdung sei vorliegend aber mehr als fernliegend, insbesondere da angesichts der beruflichen Ausbildung nicht zu erwarten sei, dass der Kläger den von ihm betreuten Ärzten Konkurrenz machen wolle. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe außer Acht gelassen, dass dem Urteil des Verwaltungsgerichts keine ausreichenden Feststellungen zur Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer und damit verbundenen Gefährdungen beruflicher Pflichten zugrunde gelegen hätten und seine Argumentation allein auf einer verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Überlegung beruht habe. In welchem Umfang tatsächlich Kunden der gewerblichen Unternehmen auch Mandanten der Steuerberatergesellschaft seien, bleibe offen. Da auch sonstige Anhaltspunkte für berufswidriges Verhalten oder die beabsichtigte Vermischung von Interessen nicht ersichtlich seien und der Kläger sich bereits in der Vergangenheit offensichtlich bemüht habe, sich gesetzeskonform zu verhalten, seien die von den Fachgerichten getroffenen Feststellungen nicht ausreichend, eine abschließende Entscheidung anhand der für die Feststellung von Inkompatibilitäten entwickelten Typisierung anhand von Fallgruppen durch die Rechtsprechung eine abschließende Entscheidung treffen zu können. Schließlich beruhe die Konzeption des Berufsrechts der Steuerberater nicht auf der Annahme, dass eine situationsgebundene Gelegenheit zur Pflichtverletzung im Regelfall zu einem pflichtwidrigen Handeln des dem Berufsrecht Unterworfenen führe, sondern darauf, dass dieser sich grundsätzlich rechtstreu verhalte. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die in § 25 Abs. 2, 3 BOStB enthaltene Anzeigepflichten für Änderungen der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, überdies könnten Vollzugsdefizite nicht zu Lasten des jeweiligen Berufsträgers als Argument für eine einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG dienen.

Nachdem das Verfahren am 6. September 2013 wieder beim Verwaltungsgericht eingegangen war, bat das Gericht mit Schreiben vom 9. September 2013 die Klägervertreter, im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht getätigten Ausführungen um detaillierte Angabe, mit welchen konkreten Aufgaben der Kläger in der Steuerberatungsgesellschaft betraut sei und mit welchen konkreten Aufgaben der Kläger jeweils im Rahmen der einzeln aufzuführenden gewerblichen Tätigkeiten betraut sei. Zugleich wurde angeregt, mit der Beklagten abzuklären, ob diese angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und im Hinblick auf die vom Kläger vorzulegende Aufstellung am Ablehnungsbescheid festhalten wolle.

Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2014 teilte die Beklagte mit, bisher habe der Kläger trotz der gerichtlichen Aufforderung keine detaillierten Angaben zu seinen Tätigkeiten gemacht, trotzdem könne auf Grund der vorliegenden Unterlagen die Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werden. So könnten die vom Kläger ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten, für die eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG beantragt werde, keiner der in § 16 Abs. 1 Satz 2 BOStB aufgeführten Fallgruppen zugeordnet werden. Insbesondere handle es sich nicht, gemessen an Art und Umfang und unter Beachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen, nur um geringfügige gewerbliche Tätigkeiten. Der Kläger sei laut beigefügter Handelsregisterauszüge des Amtsgerichts ... Vorstand der ..., geschäftsführender Gesellschafter der ... Beratungszentrum für das Gesundheitswesen ... und der ... für Direktverträge GmbH, Geschäftsführer der ...und Vorsitzender der ... e.V. Der Kläger trage die Darlegungs- und Feststellungslast im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung dahingehend, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei es nach Ansicht der Beklagten nicht ausreichend, wenn der Kläger lediglich behaupte, dass er die gleichen Tätigkeiten wie als Prokurist übernehme, da sich dann die Frage stelle, wieso er dann als Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt werden solle. Es genüge auch nicht, dass durch Bestimmungen in der Satzung, der Geschäftsordnung und/oder dem Geschäftsführeranstellungsvertrag eine Vertretung der Steuerberatungsgesellschaften in Steuersachen ausgeschlossen sei. Dies habe der BGH bereits mit Beschluss vom 8. Oktober 2007 ausgeführt. Auf Grund der allgemeinen Pflichten als Geschäftsführer, insbesondere wenn er zugleich auch Gesellschafter einer GmbH sei, könne eine Interessenkollision nicht durch eine interne vertragliche Beschränkung ausgeschlossen werden. Unbeachtlich sei auch, dass der Kläger nicht beabsichtige, steuerberatende Tätigkeiten auszuüben, da ihm dies bereits per Gesetz versagt sei. Wenn der Kläger Tätigkeiten zum Nutzen der Steuerberatungsgesellschaft in der Position als Geschäftsführer ausübe, könne ein Interessenkonflikt zu seiner Vorstands-/Geschäftsführerposition in den anderen gewerblichen Firmen, die sich ebenso auf das Klientel der Ärzte spezialisiert haben, und in den Bereichen betriebswirtschaftliche Beratung, Unternehmensbewertung, betriebliche und private Altersversorgung, Praxisbewertung, Niederlassungsberatung, Praxisfinanzierung usw. tätig seien, nicht ausgeschlossen werden. Der Kläger müsse so z.B. jedes Mal entscheiden, ob der Mandant z.B. die betriebswirtschaftliche Beratung von der Steuerberatungsgesellschaft oder von seiner gewerblichen Firma erhalten solle und komme dabei in einen ständigen Interessenkonflikt. Selbst wenn der Kläger durch die angestrebte Stellung als Geschäftsführer keinen größeren Zugang zu Unterlagen habe als als Prokurist, könnte er auf Grund seiner Geschäftsführerposition direkt Einfluss auf Vertragsabschlüsse und deren Gestaltung sowie auf die Geschäftspolitik der Steuerberatungsgesellschaft nehmen. Die Stellung als Geschäftsführer einer GmbH sei mit weitergehenden Rechten und Pflichten verbunden als diejenige eines Prokuristen, da dieser nur Angestellter sei und kein Organ und innerhalb der Gesellschaft kein Mitbestimmungsrecht habe. Daher könne dem Risiko der Informationsbeschaffung nicht mit anderen Vorschriften des Berufsrechts ausreichend begegnet werden. Hier seien die Berufspflichten des Steuerberaters nicht mit der Regelung des § 45 BRAO vergleichbar. Bei Anwälten sei eine Gefährdung von Mandanteninteressen dann zu vermeiden bzw. nicht anzunehmen, wenn ein Tätigkeitsverbot i.S.d. § 45 BRAO eingreife, eine solche konkrete Aufzählung verbotener Tätigkeiten kenne das Steuerberatergesetz allerdings nicht. § 6 BOStB enthalte lediglich allgemeine Ausführungen zu Fällen der Interessenkollision. Durch das Verbot des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG solle der Gefahr der Verletzung von Berufspflichten präventiv vorgebeugt werden, dabei müsse die konkrete Möglichkeit einer solchen Verletzung für die Versagung einer Ausnahmegenehmigung genügen, andernfalls wäre die Ausnahmegenehmigung im Regelfall zu erteilen und müsste erst widerrufen werden, wenn gerade durch die Erteilung der Ausnahmegenehmigung sich die konkrete Möglichkeit auf Grund des dann gegebenen Tätigkeitsfeldes verwirkliche. Durch das grundsätzliche Verbot gewerblicher Tätigkeit solle die fachliche Kompetenz und Integrität sowie ausreichender Handlungsspielraum der steuerberatenden Berufe gesichert sowie die notwendige Vertrauensgrundlage geschützt werden. Dies sei aber nur möglich, wenn erkennbaren Gefahren der Verwirklichung von potenziellen Berufspflichtverstößen präventiv begegnet werden könne. Im Fall des Eintritts eines Berufspflichtverstoßes auf Grund der Ausnahmegenehmigung trotz Kenntnis des Gefahrenpotenzials werde gerade der Schutzbereich des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG, Integrität sowie fachliche Kompetenz gegenüber dem Mandanten, zerstört, dies könne auch nicht durch repressive Maßnahmen im Nachhinein im Einzelfall geheilt werden. Es sei auch offensichtlich, dass der Kläger den betreuenden Ärzten keine Konkurrenz im Bereich Patientenbetreuung/-behandlung machen werde. Die Art der Verletzung von Berufspflichten bestehe vielmehr darin, dass er im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit für eine Steuerberatungsgesellschaft und als Geschäftsführer/Vorstand von gewerblichen Unternehmen ein Klientel aus einer Branche auf zum Teil gleichen Geschäftsfeldern betreue und jeweils erlangte Informationen für die andere Gesellschaft bzw. die anderen Gesellschaften auswerten und nutzbar machen könne, bzw. Mandanten der Steuerberatungsgesellschaft in Fragen der betriebswirtschaftlichen Beratung einer seiner gewerblichen Firmen der... Unternehmensgruppe weitervermitteln, also der Gesellschaft praktisch Mandat entziehen könne. Der aktuelle Internetauftritt des Klägers unter ... gebe einen umfassenden Einblick in die Geschäftspolitik und das Bestreben des Klägers, der nunmehr als Vorstand der ...unter dem Namen ... ein Unternehmensverbund im Gesundheitswesen€ auftrete, in der folgende Firmen zusammengeschlossen seien:

... ... ... ... ... ...

Auf der Homepage heiße es weiter, mehr als 18.000 Mandanten aus der Human- und Zahnmedizin, Ärzteverbänden und Krankenhäusern vertrauten auf die Erfahrung und das Fachwissen. Dabei werde die ...Steuerberatungsgesellschaft als €Kooperationspartner€ benannt. Durch den gemeinsamen Internetauftritt werde die Gefahr, dass Informationen unter den Gesellschaften ausgetauscht und verwertet würden und die unabhängige Berufsausübung konkret gefährdet sei, deutlich. Es arbeite die Steuerberatungsgesellschaft bereits jetzt mit den anderen gewerblichen Unternehmen der ... Gruppe zusammen, wobei die Werbung eindeutig darauf abziele, die Berufsgruppe der Ärzte sowohl im Rahmen der gewerblichen Firmen als auch im Rahmen der Steuerberatungsgesellschaft ganzheitlich zu beraten und zu betreuen. Mit dem Versprechen €wir wählen für Sie das preis- und leistungsoptimierte Angebot der verschiedenen Partner exklusiv und individuell aus€ werde den potenziellen Kunden suggeriert, auch Einfluss auf die Preise und Leistungen der Steuerberatungsgesellschaft nehmen zu können. Es dränge sich förmlich auf, dass damit eine unabhängige und eigenverantwortliche Führung der Steuerberatungsgesellschaft als Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet und ein Interessenkonflikt nicht ausgeschlossen werden könne. Auch dürften Steuerberater gemäß § 56 Abs. 5 StBerG eine auf einen Einzelfall oder auf Dauer angelegte berufliche Zusammenarbeit, der nicht die Annahme gemeinschaftlicher Aufträge zugrunde liege, nur mit Angehörigen freier Berufe i.S.d. § 1 Abs. 2 des Partnergesellschaftsgesetzes sowie von diesen gebildeten Berufsausübungsgemeinschaften erlaube. Nach der Darstellung auf der Homepage liege bereits jetzt eine unzulässige berufswidrige Kooperation vor, da die dort aufgeführten gewerblichen Gesellschaften nicht zu den in § 56 Abs. 5 StBerG genannten Gruppen gehörten. Diese Zusammenarbeit werde sich voraussichtlich durch die Aufnahme des Klägers als Geschäftsführer in die Steuerberatungsgesellschaft intensivieren. Schließlich sei der Kläger auch als Vorstand bzw. Geschäftsführer einer Gesellschaft tätig, die unter anderem Versicherungen und Kapitalanlagen vermittle, d.h. makelnd tätig sei. Diesbezüglich sei im anwaltlichen Bereich anerkannt, dass Maklertätigkeiten mit dem Beruf des Anwalts per se nicht vereinbar seien, so der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 13. Oktober 2003. Eine der vom Bundesgerichtshof im genannten Beschluss geschilderte vergleichbare Gefahr existiere hier, wenn die Steuerberatergesellschaft im Rahmen der Beratung ihrer Mandanten von Versicherungsverträgen Kenntnis erlange und anschließend die ... für die Neugestaltung der Versicherungsverträge empfehle oder wenn der Mandant im Beratungsgespräch äußere, dass er einen Bankkredit für eine Investition benötige oder eine Kapitalanlage tätigen möchte und er an die ... verwiesen werde. Selbst wenn die Steuerberatungsgesellschaft oder der Kläger keine Courtage für die Vermittlung erhielten, so habe der Kläger an einer derartigen Vermittlung ein direktes wirtschaftliches Interesse und einen finanziellen Vorteil, wenn der Auftrag dadurch seiner Maklerfirma erteilt werde. Ob sich der Kläger in der Vergangenheit offensichtlich bemüht habe, sich gesetzeskonform zu verhalten, sei nicht relevant, da der Kläger der Einhaltung der Berufspflichten bis dato gerade nicht unterliege. Auf Grund der geschilderten Gefahren einer permanenten Interessenkollision sei hier die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung weiterhin zu versagen.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2014 teilten die Klägervertreter dem Gericht mit, die konkreten Aufgaben des Klägers in der Steuerberatungsgesellschaft seien:

- Personalwesen - Marketing - Interne Kanzleiorganisation - Internes Rechnungswesen der Kanzlei - keine steuerliche Beratung.

Konkrete Tätigkeiten des Klägers im Rahmen der einzeln wie folgt aufgeführten gewerblichen Tätigkeiten seien:

-... (der Kläger verantwortet den gesamten Geschäftsbetrieb des Versicherungsmaklers)

- ... und Beratungszentrum für das Gesund-

...: Beide Gesellschaften seien im Dezember 2013 miteinander ... und Abrechnung von Direktverträgen im GKV-Bereich

- ... Der Kläger sei dort Geschäftsführer eines klassischen Luftfahrtunternehmens

- ...: In dieser Firma der Eltern des Klägers sei er lediglich als Angestellter und nicht als Organ tätig und sei überwiegend für interne Betriebsabläufe sowie die EDV zuständig.

Mit Schriftsatz vom 3. März 2014 verwies die Beklagte noch auf verschiedene Stellungnahmen im Rahmen des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht sowie auf den Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Januar 2014 (1 BvR 2884/13). Weiter wurde ein Schreiben der Beklagten an die Klägervertreter vom 26. Februar 2014 vorgelegt, mit dem dieser zu Angaben hinsichtlich seiner Geschäftsführertätigkeit der ... sowie als Vorsitzender der ... e.V. aufgefordert wurde. Weiter wurde ausgeführt, bei der von den Klägervertretern vorgelegten Aufstellung fehlten Angaben zu den konkreten Aufgaben des Klägers in der Steuerberatungsgesellschaft und in den weiteren gewerblichen Firmen Ausführungen zur Klientel. Auch habe das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 23. September 2013 (3 K 1155/12.KO) entschieden, dass eine gewerbliche Tätigkeit als Vorstand einer Bank mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar sei und die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung daher ausscheide. Dabei sei auch die Gefahr gesehen worden, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei einer betriebswirtschaftlichen Beratung der Kunden der Bank oder potenzieller Kunden der Bank durch den Steuerberater auch Bezüge zu Kreditfinanzierungsfragen hergestellt würden und der Steuerberater nicht mehr in der Lage sei, unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft seine Mandanten zu beraten, sondern sich von den gewerblichen Interessen der Volksbank leiten oder beeinflussen lasse.

Nach Anhörung der Parteien wurde das Verfahren mit Beschluss des Einzelrichters der 4. Kammer vom 10. April 2014 auf die Kammer zurückübertragen.

Mit Schriftsatz vom 16. April 2014 bestellten sich die Beklagtenvertreter und führten aus, der Kläger sei als Geschäftsführer der ... und Vorsitzender der ... e.V. der Auskunftspflicht zu den konkreten Tätigkeiten nicht nachgekommen, deshalb habe die Beklagte nicht prüfen können, ob ein Ausnahmefall nach dem Kriterienkatalog des § 16 BOStB vorliege, deshalb werde an der bisherigen Ablehnung festgehalten. Zur Tätigkeit des Klägers als Vorstand der ... und der ... und ... GmbH könne eine Ausnahmegenehmigung nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden, da die bereits früher von der Beklagten im Schriftsatz vom 7. Februar 2014 unwidersprochen vorgetragene Annahme, dass Mandanten der ...mbH auch Kunden der ... oder der ...seien, sich inzwischen durch Einzelfälle erhärtet habe. So liege der Beklagten die Beschwerde eines ehemaligen Mandanten der ... mbH vor, aus der sich nebst beigefügtem E-Mail-Verkehr ergebe, dass der in der Sache tätige Steuerberater mit dem Kläger zu einem steuerlichen Sachverhalt Rücksprache genommen habe. Auch seien E-Mails in dieser Sache an die E-Mail-Adresse ... in Abdruck übersandt worden. Damit sei dokumentiert, dass steuerliche Sachverhalte eines Mandanten an den E-Mail-Account der gewerblichen ... weitergeleitet worden seien. Aus den Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die in der ... tätigen Berater von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden habe, demgemäß seien diese nicht befugt gewesen, die Korrespondenz an gewerbliche Unternehmen weiterzuleiten, die vom Kläger maßgeblich geleitet würden. Im Übrigen habe der Kläger in einer E-Mail an den Steuerberater ... behauptet, er sei Berufsträger im Sinne des Steuerberatungsgesetzes und das Bundesverfassungsgericht habe seiner Beschwerde im Herbst 2013 stattgegeben, so dass seine Firmengestaltung in der ...Gruppe vom höchsten deutschen Gericht als zulässig befunden worden sei. Diese Behauptungen seien aber unzutreffend, da der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen worden sei. In Zusammenhang mit dem genannten Beschwerdeverfahren habe schließlich der Klägervertreter in seinem Schreiben vom 2. April 2014 behauptet, dass der Kläger zwar auf steuerliche Themen keinen Einfluss nehme, aber seine Mandanten € neben der ... mbH € allein betriebswirtschaftlich berate. Der Vorgang dokumentiere deutlich, dass der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit und seine Tätigkeit als Prokurist der ...Steuerberatungsgesellschaft mbH vermische. Eine Trennung zwischen der Dienstleistung der Steuerberatungsgesellschaft und der gewerblichen Unternehmen erfolge erkennbar nicht. Für den Mandanten handle eine Person maßgeblich im Rahmen einer €Rundumberatung€, die gerade durch die im Raum stehenden Regelungen verhindert werden solle. Im vorliegenden Fall kollidierten deshalb unmittelbar Interessen des Klägers in seiner Funktion als Leiter gewerblicher Unternehmen mit seiner Stellung als Steuerberater. Daher müsse es bei der Verweigerung der Ausnahmegenehmigung verbleiben.

Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 trugen die Klägervertreter noch vor, selbstverständlich seien Mandanten der ...Steuerberatungsgesellschaft mbH mehrheitlich zugleich auch Kunden der weiteren Gesellschaften, in denen der Kläger gewerblich tätig sei. Dies sei aber unschädlich, da nach der Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG nicht jede gewerbliche Tätigkeit schlechthin zu einer Gefährdung der Steuerrechtspflege führe, wie auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe. Dies habe auch klargestellt, dass dem Geschäftsführeramt nicht spezifisch eine Gefahr anhafte, die über die von einer Tätigkeit als Prokurist, welche von der Beklagten seit 2005 unbeanstandet geblieben sei, ausgehende Gefahr hinausgehen würde. Einem vermeintlichen Risiko der Informationsbeschaffung für seine anderen Gesellschaften könne mit den Vorschriften des Berufsrechts begegnet werden. Die Übernahme der Geschäftsführertätigkeit erhöhe die angebliche Gefahr einer Interessenkollision in keiner Weise. Da somit eine Verletzung von Berufspflichten durch den Kläger nicht zu erwarten sei, müsse das Gericht dem Kläger die erstrebte Ausnahmegenehmigung erteilen. In der praktischen Ausgestaltung würde sich die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer von seiner bisherigen Tätigkeit als Prokurist kaum unterscheiden, er werde insbesondere nicht selbst steuerberatend tätig werden. Eine Gegenüberstellung der in der Steuerberatungsgesellschaft ausgeübten Aufgaben des Klägers einerseits und seinen gewerblichen Tätigkeiten andererseits werde die von den Fachgerichten grundsätzlich angenommene Interessenkollision nicht ergeben. Zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. April 2014 sei auszuführen, dass der Kläger die geforderten Auskünfte mit Schreiben vom 20. Mai 2014 an die Beklagte erteilt habe. Die Betreuung eines gemeinsamen Klientels durch die gewerblichen Gesellschaften einerseits und die Steuerberatungsgesellschaften andererseits sei nicht per se unzulässig. Gegen die in der Angelegenheit ... erhobenen Vorwürfe habe der Kläger auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen gegen den Steuerberater Dr. ... erhoben. Der E-Mailaccount ...de sei ausschließlich für den Kläger zugänglich. Auch zu den weiteren Vorwürfen der Beklagten, der Kläger habe sich als Berufsträger im Sinne des Steuerberatungsgesetzes bezeichnet und würde die Mandanten der Steuerberatungsgesellschaft auch als €seine Mandanten€ bezeichnen, wurde Stellung genommen. All dies spiele aber für die maßgebliche Entscheidung keine Rolle. Selbst wenn der Kläger die Tätigkeit als Prokurist der Steuerberatungsgesellschaft und als Geschäftsführer bzw. Vorstand der anderen Gesellschaften andererseits vermischen würde, wobei die Beklagte nicht erkläre, was konkret darunter zu verstehen sei, wäre dies nicht unzulässig. Auch eine Rundumberatung sozusagen aus einer Hand sei grundsätzlich nicht unvereinbar mit dem Beruf des Steuerberaters, so dass die beantragte Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werden könnte. Schließlich bestehe auch offensichtlich beim Kunden/Mandanten ein Bedarf hierfür. Welche Interessen des Klägers in seiner Funktion als Leiter gewerblicher Unternehmen mit seiner Stellung als Steuerberater kollidieren sollen, trage die Beklagte nicht vor.

In der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2014 war der Kläger mit seinem Prozessbevollmächtigten erschienen und machte weitere Angaben zu seinen verschiedenen Tätigkeiten sowie zu den Beziehungen zwischen den Gesellschaften der H-Gruppe und der ... Steuerberatungsgesellschaft. Schließlich präzisierte der Kläger sein Begehren, für welche konkreten Tätigkeiten er die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StBerG begehre. Der Kläger beantragte in der mündlichen Verhandlung:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger im Hinblick auf eine beabsichtigte zukünftige Tätigkeit als Geschäftsführer der HS... Steuerberatungsgesellschaft ... von dem Verbot gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Hs. Steuerberatergesetz im Hinblick auf die folgenden gewerblichen Tätigkeiten zu befreien und hierzu eine Ausnahmegenehmigung nach dieser Vorschrift zu erteilen:

1. Vorstand der ... AG

und

2. Geschäftsführer der ...GmbH.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Weiter stellten die Parteien einvernehmlich klar, dass für die vom Kläger derzeit ausgeführten und für die Zukunft beabsichtigten Tätigkeiten als Vorstand der ... e.V., als Angestellter der ... GmbH sowie als Rettungsassistent beim Bayerischen Roten Kreuz eine solche Ausnahmegenehmigung nicht erforderlich sei, da es sich nicht um gewerbliche Tätigkeiten im Sinn des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG handle. Im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der ...wurde dem Kläger von der Beklagten die Erteilung einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung in Aussicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die dort enthaltenen Schriftsätze und Entscheidungen, hinsichtlich der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist das Klagebegehren, wie es sich aus dem in der letzten mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellten Klageantrag ergibt. In diesem Umfang ist die Klage zulässig, insbesondere liegen die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die hier erhobene Feststellungsklage vor. Der Kläger ist als Prokurist der gegenständlichen Steuerberatungsgesellschaft weder Mitglied der Beklagten im Sinn von § 74 StBerG noch ist die Voraussetzung des § 72 Abs. 1 StBerG erfüllt. Er unterliegt damit aktuell nicht dem Verbot der gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Halbsatz StBerG. Deshalb hat er derzeit keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten, für ihn erst aber ab seiner Bestellung zum Geschäftsführer oder persönlich haftenden Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft notwendigen Ausnahmegenehmigung für die gewerblichen Betätigungen, so dass eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage derzeit nicht zulässig wäre. Andererseits hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, da ihm nicht zuzumuten ist, die Klärung dieser zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage erst nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft klären zu lassen und damit Sanktionen gegen sich selbst bzw. die Gesellschaft zu riskieren.

Das Gericht ist auch allein schon auf Grund der Verweisung der Sache durch das Finanzgericht zuständig für die hier zu treffende Entscheidung, § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG. Im Übrigen folgt die Kammer dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26.9.2012, 8 C 6/12, juris), das die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit für die Klage auf Erteilung einer (isolierten) Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1, 2. Hs. StBerG als gegeben angesehen hat, was auch für eine entsprechende Feststellungsklage gilt.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für die beabsichtigte künftige Tätigkeit als Geschäftsführer der ...Steuerberatungsgesellschaft mbH eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Hs. StBerG zu erteilen.

Sobald der Kläger die von ihm beabsichtigte Übernahme einer Geschäftsführertätigkeit für die ...Steuerberatungsgesellschaft mbH und den Erwerb von Geschäftsanteilen an dieser Gesellschaft umsetzt, unterfällt er gemäß § 72 Abs. 1 StBerG dem Verbot der gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Hs StBerG. Danach sind die von ihm neben dieser Geschäftsführertätigkeit weiterhin ausgeübten Tätigkeiten als Vorstand der ... AG (Assekuranzmakler AG) sowie als Geschäftsführer der ... GmbH (...) grundsätzlich mit der Geschäftsführertätigkeit für die Steuerberatungsgesellschaft nicht vereinbar, weil es sich hierbei um gewerbliche Tätigkeiten im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Hs StBerG handelt. Eine solche ist gekennzeichnet durch selbstständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgeblich von erwerbswirtschaftlichem Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln, wozu auch organschaftliches Handeln für eine gewerblich tätige Gesellschaft gehört. Dass die genannten Gesellschaften, für die der Kläger bereits als Geschäftsführer bzw. Vorstand tätig ist, einen gewerblichen Charakter aufweisen und damit auch der Kläger selbst gewerblich tätig ist, ist auch zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Hs. StBerG, sobald er Geschäftsführer der ... Steuerberatungsgesellschaft mbH (...) würde. Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte eine Ausnahme vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit zulassen, soweit durch die vom Kläger bereits jetzt ausgeübte und auch künftig beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten des Steuerberaters nicht zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 23.8.2013, 1 BvR 2912/11, juris) soll § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Hs StBerG der abstrakten Gefahr der Interessenkollision begegnen, während bei der Genehmigung einer Ausnahme nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift darauf abzustellen ist, ob im konkreten Fall die Verletzung von Berufspflichten ausgeschlossen werden kann. Dabei zeigt die Neufassung der Vorschrift im Jahr 2008, dass nicht jede gewerbliche Tätigkeit schlechthin zu einer Gefährdung der Steuerrechtspflege führt. Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung notwendig, ein Abstellen auf generelle Gesichtspunkte ohne nähere Feststellungen reicht hierzu nicht aus, typisierende Unvereinbarkeitsregeln dürfen wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur zurückhaltend angewendet werden. Zweck der Regelung ist die Unabhängigkeit der Steuerberatung und der Schutz des Mandanten vor nachteiliger Verwertung seiner Geschäftsdaten, nicht die Verhinderung der Kenntnisnahme von Daten, deren Weitergabe durch die berufsrechtlich geregelte Verschwiegenheitspflicht verhindert werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.9.2012, 8 C 6/12, juris) besteht bei Anwendung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Hs. StBerG ein Anspruch auf Zulassung der Ausnahme, wenn die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt ist, für eine Ermessensausübung besteht in diesem Fall kein Raum mehr; ebenso ist die Ausnahme zu versagen, falls die Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall nicht ausgeräumt werden kann. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Kläger, falls nicht ein Fall des § 16 Abs. 1 Satz 2 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) vorliegt.

Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht im vorliegenden Verfahren für den Kläger kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Vorstand der ... als auch für die Tätigkeit als Geschäftsführer der...

Bei den beiden streitgegenständlichen gewerblichen Tätigkeiten des Klägers handelt es sich nicht um gewerbliche Tätigkeiten im Sinn des § 16 Abs. 1 BOStB, da die dort genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Weder handelt es sich bei den gegenständlichen gewerblichen Tätigkeiten des Klägers um vereinbare Tätigkeiten des § 15 BOStB, noch um solche, die gemessen an Art und Umfang und unter Beachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen nur geringfügig sind. Ebenso wenig geht es dabei um den vorübergehenden Betrieb von gewerblichen Unternehmen, die im Wege der Erbfolge auf den Kläger übergegangen sind oder von Unternehmen seiner nahen Angehörigen oder um die Übernahme der Notgeschäftsführung bei Mandantenunternehmen. Dies ist unter den Beteiligten auch nicht strittig.

Damit verbleibt es dabei, dass hier der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür hat, dass die durch die beiden gegenständlichen von ihm ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten hervorgerufene abstrakte Gefahr der Verletzung von Berufspflichten im konkreten Fall nicht zu erwarten ist. Dies ist dem Kläger im Hinblick auf beide hier gegenständlichen gewerblichen Tätigkeiten nicht gelungen.

Bezüglich der Tätigkeit des Klägers für die ..., d. h. als Vorstand eines Unternehmens, welches laut Handelsregisterauszug Versicherungen und Finanzanlagen vermittelt, besteht nach Ansicht der Kammer generell eine besondere Gefahr der Interessenkollision. Der Bundesgerichtshof (B.v. 13.10.2003, AnwZ (B) 79/02, juris) hat entschieden, dass die Tätigkeit als Grundstücks- oder Finanzmakler unvereinbar mit dem Anwaltsberuf sei. Er hat dies mit der Erwägung begründet, Rechtsanwälte hätten es bei der Wahrnehmung ihrer Mandate vielfach mit der Abwägung von Risiken zu tun, die versichert werden könnten. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass ein Rechtsanwalt im eigenen Courtageinteresse dem Mandaten empfehle, bestehende Versicherungsverträge zu kündigen und von ihm vermittelte €bessere€ Verträge neu abzuschließen. Dies sei mit der anwaltlichen Berufspflicht, unabhängig und nur gegen das ihm zustehende Honorar tätig zu werden, nicht vereinbar. Dies gelte entsprechend für Vermittler von Finanzdienstleistungen. Auch erhielten Rechtsanwälte bei Ausübung ihres Berufs vielfach Kenntnis von Geld- oder Immobilienvermögen des Mandanten. Im Zweitberuf als Finanz- oder Immobilienmakler könne ein Rechtsanwalt somit an der Umschichtung dieses Vermögens verdienen. Deshalb bestehe auch hier die Gefahr, dass er im eigenen Interesse dem Mandanten eine derartige Umschichtung empfehle, die er als unabhängiger Rechtsanwalt nicht empfehlen dürfte. Häufig habe der Rechtsanwalt auch Dispositionen über Geld- oder Immobilienvermögen zu prüfen und durchzuführen. Solche Dispositionen könnten beispielsweise das Ergebnis einer steuerrechtlichen Beratung sein. Falls der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf als Finanzmakler an der Vermittlung einer Geldanlage verdienen könnte, wäre zu befürchten, dass er seine anwaltliche Beratung nicht streng an den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Mandanten ausrichte, sondern dass ein Provisionsinteresse Einfluss gewinnen könne. Diese Ausführungen des Bundesgerichtshofs in Bezug auf die anzunehmende Interessenkollision zwischen einer Tätigkeit als Finanz- und Immobilienmakler mit der freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts gelten nach Auffassung der Kammer auch im Verhältnis zwischen einem Versicherungs- und/oder Finanzmakler sowie einem Steuerberater. Diese Gefahr kann sich konkret zum Beispiel dann ergeben, wenn die Steuerberatungsgesellschaft im Rahmen der steuerberatenden oder betriebswirtschaftlichen Beratung eines Mandanten von Versicherungsverträgen Kenntnis erlangt und anschließend die Maklergesellschaft für die Neugestaltung der Versicherungsverträge empfiehlt. Dies gilt ebenso für den von der Beklagten angeführten Fall, dass ein Mandant einen Bankkredit oder eine Finanzierung für eine Investition benötige oder eine Kapitalanlage tätigen möchte und an die Maklergesellschaft verwiesen würde. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag als Vorstand der ... AG nicht oder nur in äußert geringem Umfang direkt in Mandantenberatungen eingebunden ist. Denn der Kläger hat jedenfalls die Möglichkeit, als Vorstand der Maklergesellschaft sich Einblick in die bei der Gesellschaft geführten Unterlagen über Kunden bzw. Mandanten zu beschaffen, an Beratungsgesprächen teilzunehmen oder Kontakt zu Kunden/Mandanten aufzunehmen. Diese Gefahr der Interessenkollision wird nach Ansicht der Kammer auch im konkreten Fall nicht dadurch ausgeräumt, dass der Kläger nicht selbst als Steuerberater tätig sein kann und will, sondern Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft werden möchte. Als Geschäftsführer/Gesellschafter hätte der Kläger zumindest die Möglichkeit, auf die Angestellten der Gesellschaft einzuwirken, damit sie den Mandanten der Steuerberatungsgesellschaft die Beauftragung der weiteren Gesellschaften der H-Gruppe nahelegen, falls sich aus einem Beratungsgespräch eine entsprechende Gelegenheit ergibt. Zugleich ist es dem Kläger als Geschäftsführer und Gesellschafter der Steuerberatergesellschaft möglich, die Namen ihrer Mandanten in Erfahrung zu bringen und in Kontakt zu den Mandanten zu treten, auch wenn ihm eine eigene steuerberatende Tätigkeit nicht erlaubt wäre. Die Möglichkeiten eines Geschäftsführers/Gesellschafters einer GmbH, insbesondere die Arbeitgeberstellung gegenüber den abhängig Beschäftigten der Gesellschaft, unterscheiden auch die vom Kläger angestrebte Stellung eines Geschäftsführers/Gesellschafters von der von ihm ausgeübten Stellung eines Prokuristen. Verstärkt wird dieses Risiko für die Mandanten der Steuerberatungsgesellschaft dadurch, dass der Kläger nicht nur Vorstand der ...AG bleiben und Geschäftsführer der ...Steuerberatungsgesellschaft mbH werden will, sondern zugleich weiterhin als Geschäftsführer der ... GmbH weiterhin tätig sein will, welche vielfältige auch betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen insbesondere für Ärzte anbietet. Auch diese Tätigkeit birgt aufgrund ihrer sachlichen Nähe zu Tätigkeiten der Steuerberatungsgesellschaft eine besondere Gefahr der Interessenkollision, deren Vorliegen der Kläger im konkreten Fall nicht ausräumen konnte. Auch in Bezug auf die von dieser Gesellschaft angebotenen Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen besteht das bezüglich der Maklertätigkeit oben dargelegte Risiko, das auf Betreiben des Klägers als Geschäftsführer und Gesellschafter der Steuerberatungsgesellschaft Mandanten an die ... GmbH vermittelt werden, ohne dass dies notwendig oder im Rahmen einer unabhängigen steuerrechtlichen Beratung ohne den Einfluss des Klägers geschehen wäre. Auch in Bezug auf die Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei der ... GmbH gilt Entsprechendes zum oben Ausgeführten, wonach weder die Angabe des Klägers, dass er selbst keine oder nur im geringen Umfang Kundenkontakte in dieser Gesellschaft habe noch die Unmöglichkeit, Steuerberatungstätigkeiten in der Steuerberatungsgesellschaft selbst vorzunehmen, noch die Tatsache, dass der Kläger bereits jetzt als Prokurist der Steuerberatungsgesellschaft tätig ist, die Gefahr der Interessenkollision ausräumen. Eine weitere Gefährdung des Mandanteninteresses sieht die Kammer darin, dass die freie Entscheidung eines Kunden, der von der ... Steuerberatungsgesellschaft mbH zu einem anderen Steuerberater wechseln möchte, aber zugleich Kunde der ...oder der... GmbH ist oder mit dieser vertraglich verbunden ist, im Hinblick auf die wechselseitigen Bindungen und Interessen eingeschränkt ist. Gerade das Angebot der umfassenden Beratung in allen steuerrechtlichen und finanziellen Fragen für die von der H-Gruppe betreuten Ärzte erhöht zudem das Risiko, dass eine Beendigung der Tätigkeit einer der Gesellschaften für die der Kläger tätig ist, daran scheitert, dass der Mandant gleichzeitig auf die weitere Tätigkeit einer oder mehrerer anderen Gesellschaften des Klägers angewiesen ist. Dass diese Befürchtung nicht nur im Einzelfall gegeben ist, zeigen die unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vom Kläger gemachten Angaben, wonach die Mandanten der ... mehrheitlich zugleich auch Kunden der weiteren Gesellschaften, in denen der Kläger gewerblich tätig ist, seien. Schließlich gehört die €Rundum-Betreuung€ gerade zu den wesentlichen Geschäftsideen der verschiedenen Betätigungen des Klägers, wie sich sowohl aus dem Internetauftritt als auch aus den Angaben des Klägers selbst ergibt.

Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, eine strikte räumliche und personelle Trennung zwischen den verschiedenen Gesellschaften der H-Gruppe und des ... SteuerberatungsGmbH sei wegen der höchst sensiblen Daten, die dort anfielen, unabdingbar, diese werde nur in seiner Person durchbrochen. Zugleich wäre aber, je mehr Einfluss der Kläger auf Grund seiner angestrebten Stellung in der ... verlangt und je mehr er als Geschäftsführer und Gesellschafter dem Erwerbszweck dieser Gesellschaft verpflichtet wäre, die Kollision der verschiedenen Interessen aus seiner Position in den beiden gegenständlichen gewerblichen Gesellschaften und der Steuerberatungsgesellschaft zu erwarten. Dabei ist auch zu beachten, dass die Unterbringung der ... im gleichen Gebäude, in dem die anderen Gesellschaften der H-Gruppe in ... untergebracht sind, die Verknüpfung und die Gefahr des €Herüberziehens€ von Mandanten der ... zu den anderen Gesellschaften fördert und beim Kunden/Mandanten, auch durch die im Internet verbreitete Philosophie der H-Gruppe, den Eindruck erweckt, alle diese Gesellschaften €gehörten zusammen€, was durch den Eintritt des Klägers als Geschäftsführer und Gesellschafter in die Steuerberatungsgesellschaft gefördert würde.

Die Annahme, dass sich der Kläger bisher keiner unzulässigen Weitergabe von Kunden- bzw. Mandantendaten zwischen den verschiedenen gewerblichen Gesellschaften und der Steuerberatergesellschaft schuldig gemacht hat, wobei der bisher ungeklärte, im Übrigen nur einen Einzelfall darstellende, von der Beklagten angeführte Fall nicht ausschlaggebend dagegen spricht, lässt nicht darauf schließen, dass im hier vorliegenden konkreten Einzelfall die Gefahr der Interessenkollision umfassend ausgeräumt würde, zumal die in der Person des Klägers zusammenfließenden Informationen und deren wechselseitige Nutzung für die Gesellschaften gerade ohne sichtbare Datenübertragung praktisch €im Kopf€ des Klägers erfolgen. Denn gerade mit der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit und der Mitinhaberschaft von Gesellschaftsanteilen wächst dem Kläger ein wesentlich bedeutenderer Einfluss auf die Steuerberatungsgesellschaft zu als in der Vergangenheit, in der er nur als angestellter Prokurist für diese tätig war. Da das Berufsrecht der freiberuflich tätigen Steuerberater bisher für den Kläger nicht galt und gilt, konnte er naturgemäß auch keinen Verstoß dagegen begehen, ebenso wenig wie die Beklagte bisher Anlass hatte, die Tätigkeit des Klägers als Prokurist berufsrechtlich diesem gegenüber unter dem Blickwinkel einer möglichen Interessenkollision zu prüfen. Dass die Beklagte die Tätigkeit des Klägers als Prokurist der Steuerberatungsgesellschaft im Hinblick auf seine sonstigen gewerblichen Tätigkeiten in der Vergangenheit hingenommen hat, ergibt für die Kammer nicht zwingend, dass diese im Hinblick auf eine mögliche Interessenkollision völlig unproblematisch gewesen wäre.

Da somit nach Auffassung der Kammer die Gefahr der Verletzung von Berufspflichten im Hinblick auf die beiden gewerblichen Betätigungen des Klägers, die Gegenstand des Verfahrens sind, vom Kläger nicht konkret ausgeräumt werden konnte, hat dieser keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung, so dass auch der darauf gerichtete Feststellungsantrag ohne Erfolg bleiben muss.

Damit war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 709 ZPO.

Die Berufung war hier zuzulassen, da die Sache nach Auffassung der Kammer jedenfalls grundsätzliche Bedeutung hat, §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG.






VG Ansbach:
Urteil v. 08.07.2014
Az: AN 4 K 13.01638


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ff364985f11b/VG-Ansbach_Urteil_vom_8-Juli-2014_Az_AN-4-K-1301638




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