Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2008
Aktenzeichen: 33 W (pat) 93/06

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2008, Az.: 33 W (pat) 93/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 10. September 2001 angemeldete und am 11. Juli 2002 eingetragene Wortmarke ASPIRE für Klasse 12: Kraftfahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge;

Klasse 14: Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessgeräte;

Klasse 36: Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, insbesondere Ausgabe von Kreditkarten, Immobilienwesenist ein auf die Dienstleistungen der Klasse 36 beschränkter Antrag auf teilweise Löschung nach §§ 54 Abs. 1, 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG (Antrag auf Löschung wegen bösgläubiger Anmeldung) eingereicht worden. Die Antragstellerin macht geltend, dass die angegriffene Marke am 10. September 2001 mit dem einzigen Ziel angemeldet worden sei, die Antragstellerin zu behindern. Die damaligen Anmelder, das frühere Ehepaar M... und A... S..., seien Privatpersonen. Mit Geldgeschäften, insbesondere mit der Ausgabe von Kreditkarten, beschäftigten sie sich nicht. Frau M... S..., die nach der Übertragung des Anteils von A... S... auf sie die alleinige Markeninhaberin sei, betreibe lediglich eine Reitanlage in O.... Zum Beleg für die Behinderungsabsicht hat die Antragstellerin ein Schreiben der Markeninhaberin vom 30. Januar 2005 an die amerikanischen Vertreter der Antragstellerin vorgelegt. Darin hat die Markeninhaberin auf ihre Marke und auf die Tätigkeit der Antragstellerin als Kreditkartenunternehmen hingewiesen, das unter der US-Marke "ASPIRECARD" handele. Durch ihre weltweiten Kartenbenutzer handele sie auch in Deutschland. Weiter hat die Markeninhaberin in dem Schreiben um Gespräche über eine Lizenzgebühr für den Fall der Weiterbenutzung ihrer Marke in Deutschland gebeten und dazu Auskünfte über die Kunden der Antragstellerin verlangt, die in den letzten zwei Jahren unter Nutzung der Kreditkarte durch Deutschland gereist seien.

Die Markeninhaberin hat dem ihr am 30. Mai 2005 zugestellten Löschungsantrag mit am 20. Juli 2005 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag widersprochen.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2006 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zugleich hat sie den Kostenantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenabteilung ist eine Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Anmeldung am 10. September 2001 weder vorgetragen noch sonst feststellbar. Das zum Beleg der Bösgläubigkeit vorgelegte Schreiben der Markeninhaberin datiere vom 30. Januar 2005 und sei somit rechtlich ohne Bedeutung. Auch die übrigen Ausführungen der Antragstellerin hinsichtlich des fehlenden Geschäftsbetriebs der Markeninhaberin auf dem Finanzmarkt sowie ihre Vermutungen zur Kenntnis der Markeninhaberin seien rechtlich irrelevant. Der Löschungsantrag sei daher als unbegründet zurückzuweisen. Ebenso lägen keine besonderen Umstände vor, die eine Abweichung vom Grundsatz der eigenen Kostentragung rechtfertigten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Nach ihrer Auffassung waren die damaligen Anmelder zum Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig. Dies gelte unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung BGH GRUR 2001, 242 - Classe E, wonach eine bösgläubige Markenanmeldung vorliege, wenn eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen von einem Markeninhaber angemeldet seien, der weder für sich noch für dritte Unternehmen einen ernsthaften Benutzungswillen habe, und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck horte, Dritte mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwendeten. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Markeninhaberin und ihr früherer Mitanmelder betrieben nur eine Reitanlage in O..., hätten jedoch keine andere geschäftliche Betätigung. Dennoch hätten sie in den Jahren 1997 bis 2001 mehrere Marken angemeldet, die keinerlei Bezug zu einem Reiterhof aufwiesen, nämlich neben der angegriffenen Marke die beiden (voneinander unabhängigen) Marken 397 35 475 - DIAMANT und 397 23 028 - DIAMOND (beide für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36 und (nur "DIAMANT":) 41, beide u. a. für "elektronische Datenträger, nämlich Kreditkarten; ... Geldgeschäfte, insbesondere Ausgabe von Kreditkarten").

Einziger Zweck dieser Markenanmeldungen sei es offensichtlich, sie als Druckmittel gegenüber Dritten zu nutzen. Auch nach dem Wegfall der Bindung an den Geschäftsbetrieb sei ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders erforderlich. Hiervon könne bei einer Markeninhaberin, die lediglich einen Reiterhof betreibe, keine Rede sein. Die angegriffene Marke diene offensichtlich allein dem Zweck, sie in Bereitschaft zu halten und darauf zu warten, dass Dritte in Deutschland die Benutzung identischer oder ähnlicher Bezeichnungen aufnehmen, um diese dann mit Forderungen zu überziehen. In dieser Weise habe sich die Markeninhaberin auch verhalten. Sie habe versucht die ausländische Antragstellerin unter Druck zu setzen, obwohl diese die Kennzeichnung "ASPIRE" nur im Ausland benutzt habe, indem sie mit mehreren Schreiben aus den Jahren 2005 und 2006 von dieser Lizenzgebühren gefordert und zugleich die angegriffene Marke für einen Kaufpreis von ... € angeboten habe. Der Betrag spreche für sich.

Dass der Markeninhaberin die Existenz der "ASPIRE"-Kreditkarte in den USA bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung bekannt war, ergebe sich aus der Art und Weise, wie sie der Antragstellerin eine Lizenz aufzwingen wollte, insbesondere aus der exorbitanten Höhe des verlangten Kaufpreises, der selbst für notorisch bekannte Marken nicht gerechtfertigt sei. Der Grund hierfür müsse in der Kenntnis der Bekanntheit der Marke der Antragstellerin in den USA gelegen haben. Vom Erfolg dieses Kreditkartengeschäfts habe die Markeninhaberin bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung ohne weiteres Kenntnis haben können, da die "ASPIRE"-Kreditkarte in den USA bereits 1998 ausgegeben worden sei. Spätestens seit 2000 sei auch die Homepage unter der Domain "AspireCard.com" ins Netz gestellt worden und 2001 habe die Antragstellerin ausweislich ihres Jahresberichts für dieses Jahr bereits 2,2 Millionen Kunden in ihrem Kreditkartenprogramm gehabt. Markenanmeldungen, mit denen die erwartete Einführung einer im Ausland bereits intensiv genutzten Marke auf dem inländischen Markt verhindert werden sollen, seien grundsätzlich als bösgläubig anzusehen. Es sei auch kein Zufall, dass die angegriffene Marke für solche Waren eingetragen worden sei, die unter der identischen Marke von der Antragsgegnerin im Ausland benutzt würden.

Nichts anderes ergebe sich aus dem wiederholten Vortrag der Markeninhaberin, ihre Marke auch anderen Unternehmen unter Führung ernsthafter Verhandlungen angeboten zu haben und dem dazu vorgelegten "Bestätigungsschreiben" der ... vom 29. Juli 2005. Bei diesem Schreiben handele es sich offensichtlich nur um eine "pro forma"-Rechtfertigung. Ihm hätten keine ernsthaften Verhandlungen, sondern lediglich eine fingierte Anfrage der Markeninhaberin zu Grunde gelegen, denn jeder, der eine eigene Kreditkarte herausgeben möchte, könne eine entsprechende Anfrage an ein so genanntes "kartenausgebendes Institut" richten. Bei der angegriffenen Marke handele es sich offensichtlich um eine Spekulations- oder Sperrmarke.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, dass sie nicht eine "Vielzahl von Marken" sondern lediglich zwei Marken angemeldet habe, nämlich die angegriffene Marke und die als einheitliche Markenanmeldung anzusehende Kennzeichnung "Diamant/Diamond". Was die Anmeldung für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen betreffe, so sei es die Geschäftsidee der Markeninhaberin, Kreditkartenkooperationen zu vermitteln, bei denen eine Zusammenarbeit zwischen einem Finanzdienstleistungsinstitut und einem dazu branchenfremden Betrieb erforderlich sei, um etwa beim Einkauf beim jeweiligen Partner bestimmte Vergünstigungen gewährt zu bekommen. Da der Partner des Finanzinstituts aus unterschiedlichsten Branchen kommen könne, sei das von der Markeninhaberin persönlich abgefasste Waren- und Dienstleistungsverzeichnis sehr breit gefasst und auf verschiedene Branchen ausgedehnt worden. Dabei sei die Markeninhaberin zum Zeitpunkt der Anmeldung von der irrigen Auffassung ausgegangen, dass das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auch die von den potentiellen Handelspartnern eines Finanzinstituts angebotenen Waren und Dienstleistungen mit enthalten müsse. Es sei kein Grund ersichtlich, dass das Verzeichnis einen Bezug zu dem von der Markeninhaberin betriebenen Reiterhof aufzuweisen habe, denn hierbei handele es sich lediglich um eine zusätzliche Tätigkeit. Selbst wenn ein Geschäftsbetrieb fehle, könne daraus nicht pauschal auf eine bösgläubige Markenanmeldung geschlossen werden.

Bei der Anmeldung habe die Markeninhaberin von der Existenz der "Aspire"-Kreditkarte der Antragstellerin nichts gewusst. Dies zeige bereits der lange Zeitraum zwischen der Anmeldung im Jahr 2001 und der ersten Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin im Januar 2005, also nach insgesamt fast vier Jahren. Erst zu Beginn des Jahres 2005 habe die Markeninhaberin von der Kreditkartenherausgabe der Antragstellerin in den USA Kenntnis erlangt. Der Grund für das Schreiben vom 30. Januar 2005 sei einzig die Sorge um die Eintrübung der Geschäftsbeziehungen mit der ... gewesen. Wäre die Markeninhaberin bösgläubig gewesen, so hätte sie bereits im Jahr 2001 "loslegen" können. Eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin sei damit nicht dargetan. Hieran änderten auch die späteren Schreiben der Markeninhaberin nichts, die erst im Laufe der Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten und unter dem Eindruck der zum Teil persönlichen Angriffe auf die Markeninhaberin sowie der Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit im Bereich der Kreditkartenkooperationen abgefasst worden seien. Offenbar wolle die Antragstellerin die Markeninhaberin aus dem Markt drängen, um selbst unter der geschützten Bezeichnung tätig werden zu können. Hierfür spreche auch die Gemeinschaftsmarkenanmeldung 4 281 465 durch die Antragstellerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Es hat sich nicht feststellen lassen, dass die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet worden ist.

Die Bösgläubigkeit im Sinne dieser Vorschrift muss bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung vorliegen. Dies ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG (i. V. m. § 50 Abs. 1 MarkenG), ebenso wie aus dem Wortlaut des zum 1. Juni 2004 aufgehobenen und damit am Tag der Anmeldung der angegriffenen Marke (10. September 2001) noch in Kraft befindlichen § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG (zur fortbestehenden Löschungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG i. V. m. § 50 Abs. 1 MarkenG von Marken, die vor dem 1. Juni 2004 angemeldet sind, vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 50, Rdn. 3).

Eine zum Anmeldezeitpunkt bestehende Bösgläubigkeit der damaligen Anmelder kann nicht festgestellt werden. Zwar mag u. U. aus einem späteren Verhalten des Anmelders, gegebenenfalls zusätzlich, der Schluss auf eine Behinderungsabsicht oder eine sonstige Missbräuchlichkeit schon zum Zeitpunkt der Anmeldung zu ziehen sein (vgl. BPatG GRUR 2000, 809, 811 - SSZ unter Hinweis auf Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1. Aufl., § 50 Rdn. 14), ebenso wie es anerkannt ist, dass ein nachträglicher Wegfall der im Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Bösgläubigkeit den Löschungsgrund nicht beseitigen kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdn. 427 m. w. N.). Umgekehrt kann dann jedoch eine erst nach der Anmeldung auftretende Bösgläubigkeit nicht mehr nachträglich den Löschungstatbestand erfüllen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat sich vorliegend keine bösgläubige Anmeldung feststellen lassen.

So ist hier insbesondere das Fehlen eines generellen Benutzungswillens, das als Fallgruppe der bösgläubigen Anmeldung angesehen wird, nicht erkennbar. Die Tatsache, dass ein Anmelder im Zeitpunkt der Anmeldung über keinen Geschäftsbetrieb verfügt, lässt für sich allein noch nicht den Schluss auf eine Bösgläubigkeit zu (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 429; Ingerl/Rohnke, a. a. O., 2. Aufl., § 50, Rdn. 11). Der Benutzungswille muss sich auch nicht auf eine Verwendung der Marke durch den Markeninhaber selbst beziehen, vielmehr reicht die Absicht aus, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen. Angesichts des nur schwer überprüfbaren subjektiven Tatbestands eines Benutzungswillens ist dabei von einer Vermutung eines generellen Benutzungswillens bei der Anmeldung auszugehen (BGH GRUR 2001, 242, 245 - Classe E; Ströbele/Hacker, a. a. O.).

Diese Vermutung hat die Antragstellerin nicht widerlegen können. Zwar kann sie durch das Gesamtverhalten des Markeninhabers widerlegt werden, wobei die Rechtsprechung auf Indizien abstellt, wie etwa die Anmeldung einer Vielzahl von Marken für völlig unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen, das Fehlen einer ernsthaften Planung für die eigene oder eine fremde Benutzung dieser Marken oder die Hortung der Marken im Wesentlichen zu dem Zweck, Dritte bei der Verwendung gleicher oder ähnlicher Marken mit Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen zu überziehen (vgl. BGH, a. a. O.; Ströbele/Hacker, a. a. O., m. w. N.). Hierfür sind im vorliegenden Fall jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte, geschweige denn sichere Belege, vorhanden. Die von der Antragstellerin geltend gemachte "Vielzahl" von drei Marken, von denen zwei denselben Begriff verkörpern (begriffliche Markenfamilie) und von denen keine mehr als vier Waren- und Dienstleistungsklassen bzw. 20 Waren- und Dienstleistungsbegriffe aufweist, stellt noch nicht einmal ansatzweise ein Indiz für einen fehlenden Benutzungswillen dar. Die Waren und Dienstleistungen dieser Marken sind auch nicht völlig unterschiedlich, sondern zeigen einen gewissen Schwerpunkt im Bereich der unternehmens- und finanzbezogenen Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 (zur Unbedenklichkeit der Anmeldung von Vorratsmarken mit weiten Schutzbereichen vgl. a. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 430).

Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, spricht im Übrigen auch das von der Markeninhaberin vorgelegte Bestätigungsschreiben der ... vom 22. Juli 2005 eher gegen die Bösgläubigkeit in Form eines fehlenden Benutzungswillens. Zwar sagt dieses Schreiben über die Absicht der Anmelder zum Anmeldezeitpunkt unmittelbar nichts aus, es bestätigt aber zumindest Vorbereitungshandlungen (Gespräche, Schriftverkehr über eine Kreditkartenkooperation) der Markeninhaberin für die Zeit von Herbst 2004 bis Juli 2005. Die Behauptung der Antragstellerin, das Bestätigungsschreiben sei eine "pro forma"-Rechtfertigung, ist unbelegt. Ohne gegenteilige Anhaltspunkte hat der Senat davon auszugehen, dass die ... in dieser Zeit tatsächlich Gespräche mit der Markeninha- berin über eine Kreditkartenkooperation geführt hat. Aus dem nach der Anmeldung gezeigten Verhalten der Markeninhaberin kann unter Berücksichtigung dieser Kontakte ebenfalls nicht auf das Fehlen eines generellen Benutzungswillens geschlossen werden.

Auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Spekulationsmarke kann vorliegend keine böswillige Anmeldung festgestellt werden. Eine Spekulationsmarke ist lediglich dazu bestimmt, gutgläubige Dritte unter Druck zu setzen, so dass die Anmeldung als bösgläubig zu bewerten ist. Die Behinderungsabsicht muss nicht das einzige, aber das wesentliche Motiv der Anmeldung sein, wobei sich die insoweit festzustellende Behinderungsabsicht des Anmelders nicht (wie bei Sperrmarken) gegen bestimmte Mitbewerber richten muss, sondern auch eine Mehrzahl noch nicht im Einzelnen bekannter Dritter betreffen kann. Soweit Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 431, für das Vorliegen einer Spekulationsmarke zusätzlich das Fehlen eines generellen Benutzungswillens verlangen, ist sie vorliegend schon aus diesem Grund (s. o.) zu verneinen.

Im Übrigen lässt sich eine bereits zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht auch nicht unter Berücksichtigung des sonstigen bzw. nachträglichen Verhaltens der Markeninhaberin feststellen. Insbesondere ist nicht dargelegt worden, dass die Anmeldung im September 2001 in Kenntnis der Absicht der Antragstellerin erfolgte, ihr Kreditkartengeschäft auf Deutschland auszudehnen. Aus den erst mehr als vier Jahre später ausgesprochenen Lizenz- bzw. Kaufpreisforderungen und deren Höhe ergibt sich dies entgegen der Auffassung der Antragstellerin gerade nicht. Damit ließen sich allenfalls - was der Senat offen lässt - Rückschlüsse auf einen "nachträglichen" Behinderungswillen ziehen.

Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die damaligen Anmelder zum Anmeldezeitpunkt im September 2001 bereits von der Existenz des seit 1998 in den USA laufenden Kreditkartengeschäfts der Antragstellerin, der seit dem Jahr 2000 ins Netz gestellten Homepage unter "AspireCard.com" und den im Jahr 2001 vorhandenen 2,2 Mio. Kunden der Antragstellerin Kenntnis haben konnten. Eine Bösgläubigkeit könnte allenfalls im Falle der positiven Kenntnis festgestellt werden, die allerdings auch durch das sonstige Verhalten der Anmelder mittelbar belegt werden kann. Für die Feststellung einer bereits zum Anmeldezeitpunkt bestehenden Behinderungsabsicht (als wesentliches Motiv) reichen die vorliegenden Anhaltspunkte jedoch nicht aus. Sowohl die lange Zeit zwischen der Anmeldung und dem Beginn der Lizenzforderungen im Januar 2005 als auch das Bestätigungsschreiben der ... sprechen sogar dagegen. Zudem erscheint die Zeit von 1998 bis 2001 für den Aufbau einer nachhaltig bekannten Marke der Antragstellerin in den USA sehr kurz. Angesichts einer Einwohnerzahl von 300 Mio. US-Bürgern wirkt auch die Zahl von 2,2 Mio Kreditkartenkunden, zumal im Mutterland des Kreditkartengeschäfts, nicht so groß, dass zu diesem Zeitpunkt von einer bedeutenden Stellung der Antragstellerin auf dem US-Kreditkartenmarkt ausgegangen werden müsste.

Schließlich kommt auch unter dem Gesichtspunkt einer Sperrmarke keine bösgläubige Anmeldung in Betracht. Sperrmarken werden in erkennbar wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet, um Dritte von der Aufnahme oder Fortführung der Benutzung dieser Kennzeichnungen auszuschließen. Dabei reicht es für sich genommen nicht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Zeichen im Inland für gleiche oder ähnliche Waren/DL benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 435). Zudem kann eine Auslandsbenutzung nur in Ausnahmefällen (z. B. bei Marken mit Weltgeltung) einen schutzwürdigen Besitzstand darstellen (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 437). Für die Feststellung einer Sperrmarke bedarf es daher besonderer Umstände, welche die Erwirkung des Markenschutzes als wettbewerbs- oder sittenwidrig erscheinen lassen, etwa die wissentliche Verletzung eines schutzwürdigen Besitzstands eines Dritten oder die zweckfremde Nutzung der Monopolwirkung der angemeldeten Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes.

Vorliegend ist bereits die Kenntnis des Besitzstandes der Antragstellerin durch die Anmelder zum Anmeldezeitpunkt nicht belegt (s. o.). Hinzu kommt, dass es sich bei der Tätigkeit der Antragstellerin zum Anmeldezeitpunkt nur um eine Auslandsverwendung gehandelt hat. Zwar kann eine wettbewerbswidrige Behinderungsabsicht auch vorliegen, wenn eine vom ausländischen Rechtsinhaber beabsichtigte und vom Anmelder erwartete Einführung eines ausländischen Kennzeichens auf dem inländischen Markt verhindert werden soll. Diese Behinderungsabsicht kann sich darauf beziehen, den Inhaber des ausländischen Kennzeichens zum Abschluss von Lizenzverträgen bzw. Alleinvertriebsvereinbarungen oder zum Abkauf der angemeldeten inländischen Marke zu zwingen. Das setzt jedoch regelmäßig die Feststellung voraus, dass dem Markenanmelder hinsichtlich der inländischen Marke von vornherein ein genereller Benutzungswille fehlt (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 442). Zum einen lässt sich aber gerade dies nicht belegen (s. o.), zum anderen ist unklar, wann die Antragstellerin überhaupt auf den deutschen Markt wollte und für einen interessierten deutschen Kreditkartenbetreiber erste Anzeichen dafür erkennbar waren. Solange dies nicht für den Anmeldezeitpunkt belegt ist, muss es bei dem aus dem Territorialitätsprinzip folgenden Grundsatz bleiben, dass die Verwendung und Anmeldung von nur im Ausland geschützten und benutzten Zeichen Dritter im Inland grundsätzlich frei ist. Denn der Löschungsgrund der böswilligen Anmeldung dient weder der Einführung eines Vorbenutzungsrechts noch der Einschränkung des Territorialitätsprinzips. Es ist grundsätzlich Sache eines jeden ausländischen Markenverwenders, rechtzeitig für Kennzeichenschutz in den ihn interessierenden Staaten zu sorgen.

2. Da die Markenabteilung den Löschungsantrag in der Hauptsache somit zu Recht zurückgewiesen hat, war auch die von ihr ausgesprochene Zurückweisung des Kostenantrags der Antragstellerin nicht zu beanstanden. Hierzu hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch nichts weiter vorgetragen.

3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht auch kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift ist vom Grundsatz der Tragung der eigenen Kosten auszugehen. Nur in Ausnahmefällen kommt eine Kostenauferlegung in Betracht, insbesondere wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist oder wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. Ein bloßes Unterliegen rechtfertigt allein noch keine Kostenauferlegung.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vorliegend von einer Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin abzusehen. Zwar hat der Senat unter keinem Gesichtspunkt zureichende Gründe für die Feststellung einer bösgläubigen Anmeldung gesehen, immerhin konnte die Antragstellerin aber auf einen gewissen, zum Anmeldezeitpunkt bestehenden ausländischen Besitzstand an ihrer Kennzeichnung verweisen, von dem interessierte Inländer zumindest bei einer entsprechenden Recherche hätten Kenntnis nehmen können. Hinzu kommt die Art und Höhe der - wenn auch erhebliche Zeit nach der Anmeldung - erhobenen Forderungen der Markeninhaberin, für die nach den sich aus dem Akteninhalt ergebenden Erkenntnissen des Senats keine wirtschaftliche Grundlage erkennbar ist. Unter diesen Umständen kann es nicht als abwegig oder von vornherein aussichtslos gesehen werden, das Vorliegen einer böswilligen Anmeldung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Bender Dr. Kortbein Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2008
Az: 33 W (pat) 93/06


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