Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 17. Juni 2010
Aktenzeichen: 5 W 39/09

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 17.06.2010, Az.: 5 W 39/09)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 8) wird verworfen. Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 2) und 3) wird der Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juni 2006 abgeändert.

Die angemessene Barabfindung wird auf 14,82 € je Aktie festgesetzt.

Dieser Betrag ist ab dem 22. Juli 2004 mit jährlich zwei von Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Ferner trägt die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1) bis 6) erster Instanz zu ½. Im Übrigen tragen die Antragsgegnerin und die Antragsteller zu 1) bis 6) und 8) ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Geschäftswert des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird einheitlich auf 337.437 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller € aktuelle und ehemalige - waren Minderheitsaktionäre der A ... AG, deren Aktien damals im amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse sowie im XETRA-System zugelassen waren. Die Geschäftstätigkeit der A ... AG war vornehmlich auf die Herstellung und Entwicklung von Innenraumsystemen für Personenkraftwagen gerichtet. Sie verfügte über eine marktführende Stellung bei der Herstellung von Instrumententafeln, Türinnenverkleidungen und Textilelementen.

Hauptaktionärin der A ... AG mit einem teils mittel- und teils unmittelbar gehaltenen Anteil von insgesamt 96,65 % war die Antragsgegnerin, eine Aktiengesellschaft französischen Rechts. Diese beabsichtigte die Durchführung eines Squeeze out-Verfahrens gemäß §§ 327a ff. AktG und beauftragte zu diesem Zweck die B GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der A ... AG. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelte unter Anwendung des Ertragswertverfahrens bezogen auf den 19. November 2002 einen Wert von gerundet 680,8 Mio. €, was bei der damaligen Anzahl von 51.050.860 Stückaktien zu einem anteiligen Unternehmenswert von 13,34 € je Aktie führte, wobei ergänzend zur Erläuterung auf den Übertragungsbericht (Bl. 33 ff. d. A.) Bezug genommen wird. Der Durchschnittskurs der Aktie, berechnet anhand eines nach Umsätzen gewichteten arithmetischen Mittels (vgl. § 5 WpÜG-Angebotsverordnung) und bezogen auf einen Zeitraum von drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung, lag bei 13,03 €. Bezogen auf einen Zeitraum von drei Monaten vor der erstmaligen Bekanntgabe der geplanten Maßnahme durch den Vorstand der A ... AG Anfang Oktober 2002 lag er bei 11,68 €. Im Übrigen bewegte er sich während des gesamten Zeitraums zwischen dem 19. August 2002 und dem Tag der Hauptversammlung € sofern er überhaupt ermittelt werden konnte € deutlich unter 13,50 €.

Auf Antrag der Antragsgegnerin bestellte das Landgericht die SV1-OHG zur sachverständigen Prüferin gemäß § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG, die in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 73 ff. d. A.), die vorgesehene Abfindung in Höhe von 13,50 € je Aktie für angemessen erachtete.

In der Folge beschloss am 19. November 2002 die Hauptversammlung der A ... AG die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer anteiligen Barabfindung in Höhe von 13,50 €. Betroffen von dem Übertragungsbeschluss waren nach Angaben der Antragsgegnerin 255.634 Stückaktien. Gegen den Beschluss erhoben mehrere Aktionäre Anfechtungsklage. Der Anfechtungsprozess endete in zweiter Instanz mit einem Vergleich, bei dem man vereinbarte, die Barabfindung um 4,50 € auf 18,00 € je Aktie für diejenigen ausgeschlossenen Aktionäre anzuheben, die von der Einleitung eines Spruchverfahrens absähen bzw. dieses nicht förderten und hieraus keine Rechte ableiteten. Im Anschluss an den Vergleichsabschluss kam es am 16. Juli 2004 zur Eintragung des Beschlusses im Handelsregister. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 13. August 2004.

Mit jeweils vor dem 13. November 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen haben die Antragsteller die Überprüfung der gewährten Abfindung auf ihre Angemessenheit im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach § 327f AktG iVm § 1 Nr. 3 SpruchG beantragt. Das angerufene Landgericht hat zunächst mit Beschluss vom 17. Februar 2005 (Bl. 359 ff. d. A.) unter anderem festgestellt, dass die Anträge der (ehemaligen) Antragsteller zu 7) bis 10), nämlich C, D AG, E Holding und F unzulässig, hingegen diejenigen der Antragsteller zu 1) bis 6) zulässig seien. Eine hiergegen mit Blick auf den zweiten Teil der Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist mit Beschluss vom 10. Oktober 2005 zurückgewiesen worden (Bl. 509 ff. = NZG 2006, 153). Sodann hat das Landgericht die gerichtlich bestellte Prüferin zu einer ergänzenden Stellungnahme maßgeblich zu den Einwendungen der Antragsteller zur Planungsrechnung, zur Bewertung der Beteiligungsgesellschaften und zur Ermittlung des Betafaktors aufgefordert. Auf die ergänzenden Darlegungen des Prüfers wird Bezug genommen (Bl. 548 ff. d. A.). Im Anschluss hat das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss die angemessene Abfindung auf 14,26 € je Aktie festgesetzt. Zur Begründung hat das Gericht sich im Wesentlichen auf die ergänzenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Prüfers bezogen sowie im Einzelnen seine hierauf gestützte, nach § 287 ZPO vorgenommene Schätzung des Unternehmenswertes erläutert.

Gegen die Entscheidung richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 2), 3), 4) und 8), wobei die Antragstellerin zu 4) ihr Rechtsmittel mittlerweile zurückgenommen hat. Zur Begründung tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, in den angenommenen Ertragszahlen hätten die vornehmlich aus dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre entstehenden Synergieeffekte nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Ferner sei der vom Landgericht zugrunde gelegte Basiszins über 5,4 % zu hoch bemessen. Des Weiteren habe kein bzw. ein deutlich geringerer Risikozuschlag angenommen werden müssen. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der starken wirtschaftlichen Einbindung der A ... AG in den Konzern der Antragsgegnerin sowie deren sich daraus ergebender faktischer Patronatsstellung. Demgegenüber sei der Wachstumsabschlag mit 1 % zu niedrig ausgefallen. Die Berechnung des Landgerichts auf Seite 23 des angefochtenen Beschlusses sei nicht nachvollziehbar. In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe der sachverständige Prüfer nicht erneut im Spruchverfahren als Gutachter herangezogen werden dürfen. Schließlich sei die vom Landgericht angewandte Verzinsungsvorschrift des § 327b Abs. 2 Satz 1 AktG verfassungswidrig und erweise sich die Kostenentscheidung des Landgerichts als unhaltbar.

Der für das Beschwerdeverfahren zunächst zuständige 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat zur Frage der Höhe des Kapitalisierungszinssatzes ein Sachverständigengutachten eingeholt. Hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen wird auf das sich im Aktendeckel befindliche schriftliche Gutachten Bezug genommen (Bl. 770 ff. d. A.).

Nach entsprechenden Stellungnahmen der Beteiligten hat sodann der erkennende Senat ein Ergänzungsgutachten eingeholt, in dem der Sachverständige vornehmlich zu dem von ihm veranschlagten Wachstumsabschlag in Höhe von 2 % gegenüber dem seitens des Landgerichts und der Antragstellerin angenommenen Wert von 1 % Stellung genommen hat (Bl. 865 ff. d. A.). Auf das Ergänzungsgutachten hat die Antragsgegnerin ein Privatgutachten vorgelegt, bezüglich dessen Inhaltes auf Bl. 911 ff. d. A. Bezug genommen wird. Weitere Stellungnahmen der anderen Verfahrensbeteiligten sind nicht mehr erfolgt. Eine mündliche Anhörung des Sachverständigen ist ebenfalls von keinem Beteiligten beantragt worden.

II.

1. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 2) und 3) sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Demgegenüber erweist sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 8), der D AG, als unzulässig. Der Antragstellerin zu 8) fehlt es an der notwendigen Beschwerdebefugnis, da über ihren Antrag mit der angegriffenen Entscheidung nicht mehr befunden worden ist, sie vielmehr bereits zuvor endgültig aus dem Verfahren ausgeschieden war.

Mit Beschluss vom 17. Februar 2005, der der Antragstellerin zu 8) am 3. März 2005 zugestellt worden ist, hat das Landgericht nämlich im Wege einer Zwischenentscheidung beschlossen, dass der Antrag der Antragstellerin zu 8) unzulässig sei. Damit hat es mit Blick auf die Antragstellerin zu 8) eine das Verfahren beendende Entscheidung getroffen, gegen die der betroffenen Antragstellerin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde offen gestanden hätte (vgl. Simon/Simon, SpruchG, § 12 Rdn. 5). Dadurch, dass die Antragstellerin zu 8) dies jedenfalls innerhalb der vorgesehenen zweiwöchigen Beschwerdefrist versäumt hat, ist die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Hierdurch stand endgültig fest, dass die Antragstellerin zu 8) nicht mehr am Fortgang des Verfahrens beteiligt ist.

Demgemäß wurde in der nunmehr von der Antragstellerin zu 8) angegriffenen Entscheidung vom 13. Juni 2006 nicht mehr über ihren Antrag entschieden, auch wenn dies nicht im Rubrum oder in den Entscheidungsgründen ausdrücklich erwähnt worden ist, vielmehr insbesondere das Rubrum den Anschein einer fortdauernden Beteiligung der Antragstellerin zu 8) erweckt. Insoweit ist die Entscheidung nämlich schon aufgrund ihrer Bezugnahme auf die Schriftsätze der Beteiligten auslegungsfähig und demgemäß nur so zu verstehen, dass die zuvor rechtskräftig ausgeschlossenen Antragsteller zu 8) sowie zu 7) (C), zu 9) E Holding AG und zu 10) (F) nicht mehr betroffen seien. Diese gebotene Auslegung des angefochtenen Beschlusses ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass das Landgericht nicht mehr befugt war, sich im Wege einer Abänderung über die eigene rechtskräftige Entscheidung hinwegzusetzen, mithin ohne entsprechende Anhaltspunkte, an denen es hier fehlt, auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass es eine Änderung vornehmen wollte. Aufgrund dieses Umstandes war die Antragstellerin zu 8) von der angegriffenen Entscheidung vom 13. Juni 2006 nicht beeinträchtigt und mithin nicht beschwerdebefugt (vgl. Simon/Simon, SpruchG, § 12 Rdn. 10).

Eine Umdeutung ihres insoweit eindeutig bezeichneten Rechtsmittels (vgl. Bl. 633 d. A.) in eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17. Februar 2005 kam aufgrund der zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung am 28. Juli 2005 bereits versäumten Frist nicht in Betracht, weswegen es auch keines entsprechenden Hinweises des Senats an die Antragstellerin zu 8) bedurfte.

2. Die zulässigen sofortigen Beschwerden führen zu einer geringfügigen Erhöhung der vom Landgericht zuerkannten Abfindung von 14,26 € um weitere 56 Cent auf 14,82 € je Stückaktie. Dies entspricht einem vom Senat geschätzten und auf den Bewertungsstichtag am 19. November 2002 bezogenen Unternehmenswert der A ... AG in Höhe von etwa 756,8 Mio. €.

a) Nach § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG).

Als angemessen in dem vorgenannten Sinne ist eine Abfindung anzusehen, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist. Sie muss also dem vollen Wert seiner Beteiligung entsprechen (vgl. BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BayObLG AG 1996, 127; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 327b Rn. 4). Dabei ist der Grenzpreis zu ermitteln, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (vgl. BGHZ 138, 136, 140).

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die im Hauptversammlungsbeschluss vorgesehene Abfindung in Höhe von 13,50 € und nicht die später im Anfechtungsverfahren vergleichsweise angebotene Barabfindung über 18 € auf seine Angemessenheit hin zu überprüfen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass im Gegensatz zum Vergleichsangebot die Abfindung nach § 327a AktG nicht an weitere, über die gesetzlichen Voraussetzungen hinausgehende Bedingungen geknüpft werden darf, weswegen sich das im Anfechtungsverfahren unterbreitete Angebot € unabhängig von einer etwaigen Unangemessenheit € ohnehin als untauglich erweist, die gesetzlich der Antragsgegnerin auferlegten Verpflichtung erfüllen zu können (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. September 2009 € 26 W 13/06 -, Juris Rdn. 42).

c) Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen war die angemessene Abfindung auf 14,82 € je Aktie festzusetzen.

Die Abfindung entspricht dem anteiligen Unternehmenswert der A ... AG zum Bewertungsstichtag. Ebenso wie das Landgericht und die Antragsgegnerin im Übertragungsbericht hat der Senat den Unternehmenswert anhand des Ertragswertverfahrens ermittelt und sich dabei an dem zum Bewertungsstichtag gültigen Standard IDW S1 2000 orientiert. Nach der Ertragswertmethode waren die den Aktionären künftig zufließenden Erträge zu schätzen (aa)) und jeweils mit dem Kapitalisierungszinssatz abzuzinsen (bb)). Anschließend waren der Wert der steuerlichen Verlustvorträge und der Wert der Anteile Dritter zu berücksichtigen (cc)). Demgegenüber bedurfte es zur Festsetzung der angemessenen Abfindung keiner Korrektur anhand des Börsenkurses oder anhand des anteiligen Liquidationswertes als denkbarer Untergrenzen der Abfindung, weil beide Werte unter dem geschätzten anteiligen Ertragswert lagen (dd)).

aa) Bei der Ermittlung der zu kapitalisierenden Erträge hat das Landgericht ebenso wie die Antragsgegnerin den Zeitraum vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2006 als Detailplanungsphase herangezogen. Ab dem Jahr 2007 ist die Phase einer ewigen Rente unterstellt worden. Das sich aus den geplanten Umsätzen im Wesentlichen unter Abzug von Kosten einschließlich Zinsen und Unternehmenssteuern ergebende zu kapitalisierende Ergebnis wurde anschließend um eine typisierte persönliche Einkommenssteuer von 17,5 % auf Ausschüttungen reduziert. Hieraus ergab sich ein zu kapitalisierendes Ergebnis nach Unternehmersteuern für das Jahr 2002 in Höhe von 23,8 Mio. €, für das Jahr 2003 in Höhe von 24 Mio. €, für das Jahr 2004 in Höhe von 51,7 Mio. €, für das Jahr 2005 in Höhe von 70,5 Mio. €, für das Jahr 2006 in Höhe von 71,7 Mio. € und schließlich für die Jahre ab 2007 in Höhe von jeweils 63,1 Mio. € (vgl. im Einzelnen das Sachverständigengutachten S. 21 sowie die dortigen Anlagen 1 bis 3).

Den genannten Werten liegt die hier bedenkenfreie und in Einklang mit dem Standard IDW S1 2000 stehende Annahme einer Vollausschüttung zugrunde, wobei der Sachverständige ebenso wie zuvor das Landgericht die vorstehenden Zahlen aus dem Übertragungsbericht für die Ermittlung des Unternehmenswertes als nicht zu beanstanden übernommen hat. Bezüglich der fehlenden Berechtigung der erstinstanzlich hiergegen vorgebrachten Bedenken kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu verwiesen werden (vgl. Bl. 597 ff. d. A.).

Gegen die vorgenannten Ertragswerte und ihre Herleitung machen die Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren entsprechend allein noch geltend, es seien hierbei fehlerhaft Synergieeffekte nicht berücksichtigt worden. Doch auch dieser weitere Einwand geht fehl, weswegen die vorgenannten Beträge auch vom Senat seiner Schätzung zugrunde zu legen waren.

Zu dem insoweit in zweiter Instanz einzig verbliebenen Einwand hat die Antragsgegnerin nämlich unbestritten vorgebracht, unechte Synergieeffekte, nämlich die hier aus der im Jahr 2001 vollzogenen Verbindung der A ... AG mit der Antragsgegnerin resultierende Vorteile seien in der Ertragswertplanung berücksichtigt worden (vgl. Bl. 113 f. d. A. sowie bereits im Übertragungsbericht S. 26, Bl. 58 d. A.). Da dieses Vorbringen von den Antragstellern nicht in Zweifel gezogen worden ist und auch im Spruchverfahren über § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG und § 8 Abs. 3 SpruchG die Vorschrift des § 138 Abs. 3 ZPO Anwendung findet, bedarf es hinsichtlich dieser (unechten) Synergieeffekte keiner weiteren Klärung, sondern es kann von deren Berücksichtigung im Ertragswert der A ... AG ausgegangen werden.

Die aus dem Squeeze out selbst resultierenden Kostenersparnisse bedurften demgegenüber € wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht € aus Rechtsgründen keiner Berücksichtigung im Rahmen der Ertragswertermittlung. Mit Blick auf die durch den Ausschluss verursachten Kosteneinsparungen ist es bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei überhaupt um Synergieeffekte im strengen Sinne handelt, da sie nicht aus dem Zusammenschluss mehrerer Unternehmen resultieren, sondern lediglich positive Folge einer sonstigen unternehmerischen Maßnahme sind. Jedenfalls sind sie aber bei den zukünftigen Erträgen nicht in Rechnung zu stellen, weil der entsprechende Wert erst durch den Ausschluss der Minderheitsaktionäre geschaffen wird (so bereits OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 € 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 129; OLG München, Beschluss 26. Oktober 2006 € 31 Wx 12/06 € Juris, Rdn. 27; aA wohl Gumpenrieder, WPg 2003, 481; generell gegen die Berücksichtigung echter Synergieeffekte auch KK/Rieger, Anh § 11 Rdn. 13; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 22; Stephan, in: K.Schmidt/Lutter, AktG, § 305 Rdn. 68; vgl. im Übrigen Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl. Rdn. 258 ff.). Sie spiegeln mithin nicht die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung wider (vgl. dazu § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG) und sind zugleich nicht Ausdruck des Wertes der Beteiligung des ausgeschlossenen Minderheitsaktionärs, der bei fortbestehender Beteiligung diesen Vorteil logisch zwingend nicht hätte realisieren können. Hinzu kommt, dass die Berücksichtigung der Kosteneinsparungen eventuell zu Anreizverzerrungen mit Blick auf einen effizienten Ausschluss führen könnte. Ein Hauptgesellschafter, dem nicht alle Vorteile aus dem Ausschluss zugute kommen, wird eventuell von einer derartigen unternehmerischen Maßnahme absehen, selbst wenn sie sich gesamtgesellschaftlich als sinnvoll erweist. Dies gilt, sofern er, wie dies regelmäßig der Fall sein wird, die sich aus dem Ausschluss ergebenden späteren Kosten wie zum Beispiel die Gerichtskosten des Spruchverfahrens allein zu tragen hat. Soweit der hier vertretenen Ansicht entgegengehalten wird, ein freiwillig ausscheidender Aktionär würde sich wenigstens einen Teil der Gewinne des Mehrheitsaktionärs im Rahmen einer Verhandlungslösung vergüten lassen (vgl. dazu Gumpenrieder, WPg 2003, 481, 482), vermag das Argument bereits deshalb im Kern nicht zu überzeugen, weil es eine Verhandlungslösung unterstellt, deren Realisation der Gesetzgeber gerade als wenig wahrscheinlich angesehen und daher dem Mehrheitsaktionär die Möglichkeit eines zwangsweisen Ausschlusses an die Hand gegeben hat. Überdies dürften die in Rede stehenden Kosteneinsparungen, gemessen an dem übrigen Unternehmenswert, kaum namhaft sein.

So hat Gumpenrieder in seiner Untersuchung einen Barwert der Einsparungen im (stark schwankenden) Mittel € wohl unzutreffend ohne Berücksichtigung der Ausschlusskosten - von noch nicht einmal 5 Mio. € festgestellt (vgl. Gumpenrieder, WPg 2003, 481, 488), was bei einem hier in Rede stehenden Unternehmenswert von etwa 757 Mio. € eine vernachlässigenswerte Größe ausmacht.

bb) Die vorgenannten, den Anteilseignern zukünftig zufließenden Erträge waren mit einem Kapitalisierungszinssatz zu diskontieren, um ihren Barwert zu erhalten. Den in der Detailplanungsphase zur Anwendung gelangenden Zinssatz hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend auf etwa 7,4 % nach Steuern festgesetzt (aaa)). In der Phase der ewigen Rente war zudem ein Wachstumsabschlag zu berücksichtigen, dessen Höhe der Senat € hierbei geringfügig abweichend vom Landgericht - auf 1,2 % schätzt (bbb)).

aaa) Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht seiner Unternehmenswertermittlung einen Kapitalisierungszins nach Steuern für die Detailplanungsphase von etwa 7,4 % zugrunde gelegt. Der betreffende Wert wurde vom Sachverständigen - wenngleich anhand einer unterschiedlichen Vorgehensweise - im Wesentlichen bestätigt, weswegen auch der Senat keine Veranlassung sieht, hiervon abzuweichen. Dabei setzt sich der Kapitalisierungszinssatz aus einem quasi risikolosen Basiszinssatz (1)) sowie einem Risikozuschlag (2)) zusammen.

(1) Während die Antragsgegnerin einer damaligen, bis zum 31. Dezember 2002 gültigen Empfehlung des IDW folgend einen Basiszins von 6 % zugrunde gelegt hat, haben das Landgericht und der gerichtlich bestellte Sachverständige den Basiszins der zum Bewertungsstichtag aktuellen Zinsstrukturkurve entnommen und ihn auf 5,45 % beziffert, wobei das Landgericht den Wert zudem auf eine Stelle hinter dem Komma abgerundet hat.

Die hiergegen von den beschwerdeführenden Antragstellern vorgebrachten Einwände bleiben ohne Erfolg, wenngleich € anders als das Landgericht € der Senat eine Abrundung des Zinssatzes aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für geboten erachtet.

Soweit die Antragsteller zu 2) und 3) der Auffassung sind, es müsse auf die durchschnittliche Rendite öffentlicher Anleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren bzw. € so der Antragsteller zu 2) € von 30 Jahren zurückgegriffen werden, wobei der Antragsteller zu 2) überdies meint, für die dann weitere Laufzeit sei der Zins aus der Zinsstrukturkurve heranzuziehen, ist dem nicht zu folgen. Methodisch zutreffend haben das Landgericht und der gerichtlich bestellte Sachverständige den Basiszins der zum Bewertungsstichtag gültigen Zinsstrukturkurve entnommen.

Bei der Zinsstrukturkurve handelt es sich um die Abbildung der zu einem bestimmten Zeitpunkt gültigen internen Renditen von Zerobonds bzw. Nullkuponanleihen gegen deren (noch offene) Laufzeiten (vgl. etwa Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 578). Die entsprechende Kurve wird von der Deutschen Bundesbank anhand der am Markt beobachtbaren Renditen von Bundesanleihen jeweils taggenau ermittelt und ihre Parameter werden allgemein zugänglich gemacht (www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen). Insoweit handelt es sich um eine statistisch ermittelte Kurve, die durch die sechs, in der angegriffenen Entscheidung näher benannten Parameter beschrieben wird, wobei die Parameter ihrerseits von der Bundesbank aus den beobachteten Daten mit Hilfe der Nelson-Svensson-Siegel-Methode geschätzt werden (vgl. Kruschwitz/Löffler/Essler, Unternehmensbewertung in der Praxis, S. 108). Der Kurve können die für jede Ausschüttung laufzeitäquivalenten Zinssätze entnommen werden. Auf Grundlage der dergestalt ermittelten laufzeitäquivalenten Zinsen erfolgt die Abzinsung der zu diskontierenden Erträge, wobei allerdings € der Übersicht halber unter der Annahme eines konstanten Wachstums der Zahlungsreihe - zuvor ein barwertäquivalenter Einheitszins, nämlich der Basiszins ermittelt wird (vgl. Kruschwitz/Löffler/Essler, Unternehmensbewertung in der Praxis, S. 108).

Die Ermittlung des Basiszinses anhand der vorstehend skizzierten Grundsätze unter Verwendung der jeweils für den Bewertungsstichtag gültigen Zinsstrukturkurve beinhaltet das methodisch richtige Vorgehen und steht in Einklang mit der aktuellen Empfehlung des IDW (vgl. IDW S1 2008 Rdn. 117). Verwendung finden nämlich nicht historische Zinssätze, sondern die aus Sicht des jeweiligen Bewertungsstichtages für die Zukunft gültigen Zinsen von Bundesanleihen als quasi risikolose Anleihen. Dieses Vorgehen ist gegenüber dem von den Antragstellern favorisierten Zins für Renditen mit einheitlich langer Laufzeit vorzugswürdig, da ansonsten das Problem einer Wiederanlage der erzielten Erträge nicht zutreffend bewältigt würde (vgl. auch OLG München, ZIP 2006, 1722). Insoweit wäre das von den Antragstellern favorisierte Verfahren nur entweder bei einer flachen Zinsstrukturkurve zutreffend oder aber der abzuzinsende Zahlungsstrom hätte genau eine Laufzeit von 10 bzw. 30 Jahren (vgl. Kruschwitz/Löffler/Essler, Unternehmensbewertung in der Praxis, S. 106). Beide Ausnahmefälle sind vorliegend aber nicht ersichtlich und werden entsprechend auch nicht geltend gemacht.

Zugleich steht der vom Landgericht und vom Sachverständigen unterstellte Basiszins im Ergebnis auch mit der damals maßgeblichen Empfehlung des IDW in Einklang. Statt des bis dahin üblichen Zinssatzes von 6 %, wie ihn die Antragsgegnerin ihrer Bewertung zugrunde gelegt hat, hat der IDW nämlich bereits für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2003 wegen des gesunkenen Zinsniveaus nur noch einen Basiszins von 5,5 % empfohlen (vgl. IDW Fachnachrichten 2003, 26 sowie OLG Stuttgart, NZG 2007, 112, 115). Aufgrund der zeitlichen Nähe des hier maßgeblichen Stichtages von nur wenigen Wochen bis zur angeratenen Senkung des Basiszinses erscheint die vom Landgericht vorgenommene Korrektur des von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Wertes angemessen, zumal hiergegen von dieser in dem Beschwerdeverfahren auch keine weiteren Einwände erhoben worden sind.

Demgegenüber vermag sich der Senat der vom Landgericht vorgenommenen Beschränkung einer Rundung auf eine Stelle hinter dem Komma nicht anzuschließen, weswegen es bei dem vom Sachverständigen herangezogenen Wert von 5,45 % verbleibt.

Der Verzicht auf eine Rundung auf zwei Stellen hinter dem Komma bringt insoweit nur einen Genauigkeitsverlust mit sich, ohne dass hiermit ein entsprechender Vorteil korrespondierte. Dem mit der Rundung allein verfolgten Ziel, nämlich dem Vorwurf einer Scheingenauigkeit entgegenzuwirken, kann mit einer Rundung auf zwei statt nur einer Stelle hinter dem Komma in ähnlicher Weise Rechnung getragen werden (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Aufl., S. 368).

Auch die weitere Ansicht des Landgerichts, es müsse zwingend eine Rundung nach unten statt nach oben vorgenommen werden, vermag letztlich nicht zu überzeugen. Bei der Rundung wird versucht, näherungsweise den richtigen Wert abzubilden. Auf diese Weise gelangt man am ehesten zu der angemessenen Abfindung.

Soweit das Landgericht demgegenüber meint, eine Rundung nach oben sei aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, blendet es die insoweit ebenfalls geschützten Interessen des Mehrheitsaktionärs aus. Zutreffend ist zwar, dass es aufgrund der zwingenden Schätzung der Abfindung und der Unsicherheit mit Blick auf die hierzu herangezogenen Parameter nie völlig ausgeschlossen werden kann, dass die vom Squeeze out betroffenen Minderheitsaktionäre faktisch gegebenenfalls weniger erhalten, als ihre Beteiligung wert ist. Andererseits ist der Mehrheitsaktionär aber gesetzlich nur verpflichtet, eine angemessene, dh dem vollen Wert seiner Beteiligung entsprechende Entschädigung zu zahlen. Dem liegt ein einfach- wie verfassungsrechtlich gebotener Ausgleich der jeweils geschützten gegenläufigen Interessen der beteiligten Aktionäre zugrunde. Die Heranziehung von Parametern, die den richtigen Werten möglichst nahe kommen, wird diesem vorgegebenen Interessenausgleich am ehesten gerecht. Wollte man demgegenüber € wie das Landgericht meint - die als zutreffend ermittelten Werte lediglich als Untergrenze heranziehen bzw. in jedem Fall nach oben aufrunden, wäre stattdessen ein Sicherheitszuschlag auf die schätzungsweise ermittelte angemessene Abfindung naheliegender. Hierfür bietet die Gesetzeslage € vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß bestätigt (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3268) - aber keinen Anhalt. Ein entsprechend geringfügig zu bemessender Sicherheitszuschlag ließe sich zudem rational nicht begründen, weil sich auch mit ihm das mit jeder Schätzung verbundene Dilemma eines faktisch eventuell zu niedrig veranschlagten Wertes nicht beseitigen ließe.

(2) Der Basiszinssatz ist um einen Risikozuschlag zu erhöhen, der nach § 287 Abs. 2 ZPO vom erkennenden Gericht zu schätzen ist. Der Risikozuschlag ist dabei Ausdruck davon, dass bei der Investition in das konkrete Unternehmen im Gegensatz zur Anlage in öffentliche Anleihen die Risiken der in Rede stehenden unternehmerischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 € 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 159 f.). Den Risikozuschlag nach Steuern schätzt der Senat für die Jahre 2002 bis 2004 auf 3,8 %, für das Jahr 2005 auf 3,9 % und für die Jahre ab 2006 auf 4 %.

Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin einen Zuschlag von € je nach Betafaktor unterschiedlich - zwischen 3,8 % und 4 % nach Steuern zugrunde gelegt. Diese Werte wurden von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen im Wesentlichen ihrer Höhe nach bestätigt, der seinerseits einheitlich von einem Wert von 3,84 % nach Steuern ausgegangen ist. Schon aufgrund dieser erneuten Bestätigung des Ergebnisses sieht auch der Senat keine Veranlassung, von den in der Unternehmensbewertung der Antragsgegnerin ermittelten Risikozuschlägen und hierbei zur Anwendung gelangten Einzelwerten abzuweichen, ohne dass es einer abschließenden Entscheidung über die im Rahmen des Verfahrens in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen im Einzelnen bedürfte.

€) Wie im Übertragungsbericht näher darstellt, legt auch der Senat seiner Schätzung des Risikozuschlages das Capital Asset Pricing Model, kurz CAPM, zugrunde. Bei dem CAPM wird die aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und (quasi) risikofreien öffentlichen Anleihen ermittelte durchschnittliche Risikoprämie, der sogenannten Marktrisikoprämie, mit einem unternehmensspezifischen Faktor, dem Betafaktor, multipliziert (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 € 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 158).

Das Modell kann als derzeit maßgebliche Methode zur Ermittlung des Risikozuschlages eingestuft werden und ist daher trotz der hiergegen vorgebrachten Einwände als brauchbare Grundlage für eine Schätzung des Risikozuschlages anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2009, 2003). Vorzugswürdig ist zudem € wie bereits an anderer Stelle vom Senat entschieden (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 € 5 W 52/09 -, unveröffentlicht) € die Heranziehung des CAPM in seiner ursprünglichen und zum Bewertungsstichtag aufgrund des damals gültigen Standards IDW S1 2000 als maßgeblich anzusehenden Fassung (vgl. IDW S1 2000 Abschnitt 6.2, 6.3 und 7.3.2.5). Mit dem Oberlandesgericht Stuttgart ist insoweit die isolierte Verwendung des erst mit dem späteren Standard IDW S1 2005 eingeführte Tax-CAPM aus Rechtsgründen abzulehnen.

Dass demgegenüber das Landgericht das soeben beschriebene Vorgehen der Antragsgegnerin anhand des CAPM insbesondere für den vorliegenden Fall eines Squeeze out in Zweifel gezogen und stattdessen den Wert mittels eines sogenannten Dividendendiskontierungsmodells überprüft hat (vgl. dazu etwa Hachmeister/Wiese, WPg 2009, 54, 55 f. sowie G 15 ff.), zwingt zu keiner abschließenden Entscheidung über die Vorzugswürdigkeit der jeweiligen Methoden. Denn auch die Überprüfung anhand des Dividendendiskontierungsmodells führte zu keiner anderen Schlussfolgerung, vielmehr wurde der im Übertragungsbericht zugrunde gelegte Risikozuschlag vom Landgericht bestätigt.

€) Ebenso wie die Antragsgegnerin hält der Senat auf dieser jedenfalls vertretbaren methodischen Grundlage für den hier maßgeblichen Bewertungsstichtag eine Marktrisikoprämie vor Steuern von 5 % für angemessen. Eine derart bemessene Marktrisikoprämie entspricht den Empfehlungen des IDW (WP-Handbuch 2008, S. 108 ff; FN-IDW Nr. 1-2/2005, S. 71) und liegt in einem Bereich, der von der Rechtsprechung regelmäßig als zutreffend bzw. im Rahmen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO als vertretbar angesehen wird (vgl. OLG Celle, AG 2007, 866; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 € I € 26 W 16/06 -, Juris Rdn. 19; Hachmeister/Kühnle/Lampenius, WPg 2009, 1234; 1242; Hachmeister/Wiese, WPg 2009, 54, 60; leicht abweichend z.B. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 sowie NZG 2007, 302, 307, das 4,5 % für angemessen hält).

Hiervon im vorliegenden Fall abzuweichen, geben die Ausführungen des Sachverständigen schon deshalb keine Veranlassung, weil die von ihm ermittelte Marktrisikoprämie vor Steuern im Rahmen des seinerseits verwandten Tax-CAPM zu einer in etwa vergleichbar hohen Marktrisikoprämie nach Steuern führt und es bei der gebotenen Betrachtung nach persönlichen Steuern für die Unternehmensbewertung allein auf diesen Wert ankommt. Die weitgehende Übereinstimmung der Werte liegt maßgeblich an der jeweils unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der Alternativanlage im Rahmen des CAPM und des Tax-CAPM, wobei die Zusammenhänge zwischen den Werten vor und nach Steuern auf Seite 20 des Gutachtens, auf das insoweit Bezug genommen wird, näher erläutert werden. Bei dem CAPM geht man von einer gleichmäßigen Besteuerung der Alternativanlage mit 35 % Kapitalertragssteuer aus, so dass eine Marktrisikoprämie vor Steuern von 5 % einer solchen nach Steuern von 3,25 % (= 5 % x 0,65) entspricht. Demgegenüber wird beim Tax-CAPM eine Steuerlast von 17,5 % zugrunde gelegt und überdies berücksichtigt, dass beim Halbeinkünfteverfahren Kurssteigerungen im Gegensatz zu Dividenden keiner Besteuerung unterliegen (vgl. Rieger, in: Kölner Kommentar zum SpruchG, Anh. § 11 Rdn. 26 ff.). Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung führt vorliegend zu einer vergleichbaren Marktrisikoprämie nach Steuern, wenngleich die Annahmen zur Marktrisikoprämie vor Steuern jeweils voneinander differieren.

€) Ferner sieht der Senat die von der Antragsgegnerin veranschlagten Betafaktoren in Höhe von 1,17 für die Jahre 2002 bis 2004, 1,2 für das Jahr 2005 und 1,23 für die Jahre ab 2006 als vertretbare Grundlage für die Schätzung des unternehmensindividuellen Risikozuschlages an.

Der Betafaktor gibt an, wie sich die Rendite der Aktien des zu bewertenden Unternehmens im Vergleich zum Marktportfolio verhält. Er drückt demnach die Höhe des unternehmensindividuellen Risikos aus. Dabei misst der Betafaktor das systematische Risiko einer Aktie; er beschreibt, welche Änderung der Rendite der zu bewertenden Aktie bei einer Änderung der Rendite des Marktportfolios zu erwarten ist. Dies bedeutet, dass der im Rahmen des CAPM einzusetzende Betafaktor kein empirisch feststellbarer Vergangenheitswert, sondern ein durch Schätzung zu ermittelnder Zukunftswert ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 € 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 163).

Wie in der ergänzenden Stellungnahme des sachverständigen Prüfers, hinsichtlich derer insoweit ergänzend auf Bl. 565 ff. d. A. Bezug genommen wird, näher dargestellt, wurden die Betafaktoren hier nicht anhand der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst ermittelt, weil aufgrund eines relativ geringen Aktienhandels der beobachtbare Wert nicht als repräsentativ für eine Schätzung des Betafaktors angesehen wurde. Stattdessen wurde auf eine Vergleichsgruppe von europäischen, im Einzelnen auf Bl. 132 d. A. aufgelisteten Automobilzulieferunternehmen zurückgegriffen und der dergestalt ermittelte, um das Kapitalstrukturrisiko bereinigte Betafaktor an die jeweilige Kapitalstruktur der A ... AG angepasst. Aufgrund einer sich im Zeitablauf ändernden Kapitalstruktur der A ... AG schwankte der ermittelte Betafaktor zwischen 1,17 und 1,23.

Das dergestalt beschriebene Vorgehen ist methodisch nicht zu beanstanden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010 € 20 W 9/08 -, Juris Rdn. 174) und vom sachverständigen Prüfer nachvollziehbar erläutert, wobei hinsichtlich dessen Beauftragung durch das Landgericht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keine verfahrensrechtlichen Bedenken bestehen, diese vielmehr vom Gesetzgeber ausdrücklich als denkbare Ermittlungsmaßnahme vorgesehen ist (vgl. § 15 Abs. 6 SpruchG). Insoweit sieht sich der Senat nicht veranlasst, von den genannten Werten bei seiner Schätzung des Risikozuschlages abzuweichen.

Dass demgegenüber der Sachverständige seiner eigenen Schätzung des Risikozuschlages einen Betawert von einheitlich 1 zugrunde gelegt hat, gibt schon deshalb keinen Grund zu einer Korrektur, weil € wie bereits dargelegt € ebenfalls der Sachverständige im Ergebnis zu einem Risikozuschlag nach Steuern in vergleichbarer Höhe gelangt. Im Übrigen hält auch der Sachverständige entgegen dem Einwand von einigen Antragstellern nicht den aus den Kursen der A ... AG gewonnenen Betafaktor für maßgeblich, sondern erachtet wie bereits vor ihm die sachverständige Prüferin für die Ermittlung des Wertes die Heranziehung einer Peer Group für angemessen, ohne allerdings eine detaillierte Begründung für die konkret veranschlagte Höhe zu geben (vgl. Gutachten S. 14 sowie Ergänzungsgutachten Bl. 867 d. A.). Hierzu über die ergänzende Stellungnahme des Gutachters hinaus weitere Ermittlungen von Amts wegen anzustrengen, hält der Senat vor dem Hintergrund der damit verbundenen weiteren Verfahrensverzögerung für nicht angemessen. Denn € wie dargelegt € besteht über die allein maßgebliche Höhe des Risikozuschlages nach Steuern weitgehende Übereinstimmung.

Soweit demgegenüber der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre der Auffassung ist, aufgrund der faktischen Patronatsstellung der Antragsgegnerin sei bei der A ... AG kein operatives Risiko erkennbar, hat der Sachverständige in Übereinstimmung mit der in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 20 W 2/08 -, Juris Rdn. 255) ausgeführt, dies könne zwar zu einer Reduktion des unternehmensspezifischen Risikos führen, bedinge zugleich aber keinen Fortfall der operativen Risiken. Ein positiver Risikozuschlag sei mithin gleichwohl anzusetzen.

Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Das aus den faktischen Gegebenheiten resultierende denkbare Einstehen der Antragsgegnerin für etwaige Verluste der A ... AG kann existierende Schwankungen in der Höhe eines positiven ausschüttbaren Ergebnisses nicht beseitigen. Zudem ist die Sicherstellung eines Fortbestehens der A ... AG zusätzlich mit einem Insolvenzrisiko der Antragsgegnerin belastet (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 20 W 2/08 -, Juris Rdn. 255; Wittgens/Redeke, ZIP 2008, 542, 545). Mithin besteht selbst im Fall einer faktischen Patronatsstellung keine Veranlassung dazu, die Anlage in ein Unternehmen wie eine Anlage in eine quasi risikolose öffentliche Anleihe zu behandeln.

(3) Aus dem Basiszins von 5,45 %, einer Marktrisikoprämie von 5 % sowie einem Betafaktor von 1,17 für die Jahre 2002 bis 2004, 1,2 für das Jahr 2005 und 1,23 für die Jahre ab 2006 ergibt sich unter Berücksichtigung eines typisierten Steuersatzes von 35 % durch Addition des Basiszinssatzes mit dem entsprechenden Risikozuschlag sowie anschließender Multiplikation der korrespondierenden Summe mit dem Faktor 0,65 (= 1 € 0,35) ein Kapitalisierungszins von 7,35 % für die Jahre 2002 bis 2004, 7,44 % für das Jahr 2005 sowie 7,54 % für die Jahre ab 2006.

bbb) Dieser Kapitalisierungszins ist für die Zeit der ewigen Rente um einen Wachstumsabschlag zu reduzieren. Die Antragsgegnerin und ihr folgend das Landgericht haben einen Wachstumsabschlag von 1 % für zutreffend erachtet. Demgegenüber hält der vom 20. Zivilsenat mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens auch zur Höhe des Wachstumsabschlags beauftragte Sachverständige einen Abschlag von 2 % für angemessen. Auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Argumente und Überlegungen, die der Senat als ausreichend für eine eigene Schätzung ansieht, bemisst der Senat den Wachstumsabschlag auf 1,2 %.

(1) Der Wachstumsabschlag hat die Funktion, in der Phase der ewigen Rente die zu erwartenden Veränderungen der Überschüsse abzubilden, die bei der nominalen Betrachtung aus dem letzten Jahr der Detailplanungsphase, hier dem Jahr 2006, abgeleitet worden sind (WP-Handbuch 2008, S. 74). Er umfasst vornehmlich eine inflationsbedingte sowie daneben gegebenenfalls eine weitere Komponente, die sich aus Mengen- und Strukturänderungen ergibt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008 € 20 W 9/06 -, Juris Rdn. 84).

Obwohl der Wachstumsabschlag maßgeblich einen inflationsbedingten Effekt aufweist, kann die erwartete unternehmensspezifische Preissteigerung nicht mit der Wachstumsrate gleichgesetzt werden. Denn der Abschlag vom Kapitalisierungszins hängt ganz wesentlich davon ab, in welchem Umfang das konkrete Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die laufende Geldentwertung aufzufangen, indem es die durch die Inflation bedingten Kostensteigerungen mittels Preiserhöhungen prozentual auf seine Abnehmer überwälzen kann. Insoweit € und darüber besteht allgemein Einigkeit € handelt es sich beim Wachstumsabschlag stets um eine unternehmensspezifische und zugleich zukunftsbezogene Größe, die damit nicht mit einer letzten Gewissheit festgelegt werden kann, sondern zwingend einer mit Unsicherheiten verbundenen Schätzung unterliegt.

(2) Auf der Grundlage der vorstehenden Grundsätze schätzt der Senat den Wachstumsabschlag für die A ... AG, bezogen auf den maßgeblichen Bewertungsstichtag, auf 1,2 %.

Ausgangspunkt sind die erwarteten inflationsinduzierten Kostensteigerungen der A ... AG (vgl. bereits Senat, Beschluss vom € 5 W 52/09 -, nicht veröffentlicht).

Hierzu hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten auf eine zukünftige Inflationsrate von 2 % abgestellt und hieraus gefolgert, demgemäß würden auch die Einkaufs- und Verkaufspreise der Gesellschaft um 2 % steigen. Differenzierend hat die Antragsgegnerin hiergegen eingewandt, eine Gleichsetzung der Wachstumsrate mit der erwarteten Inflationsrate sei unzulässig, weil es sich bei der Inflationsrate um einen Preisindex für die private Lebenshaltung handele, es hier aber um die Änderung der Preise der hergestellten Produkte sowie der Preise für die hierfür notwendigen Produktionsfaktoren gehe. Insoweit betont die Antragsgegnerin zu Recht, dass für die Ermittlung des Wachstumsabschlags ein an der Kostenstruktur des jeweiligen Unternehmens ausgerichteter individueller Preisindex für die benötigten Produktionsfaktoren gebildet werden müsse und dessen erwartete Steigerung in der Zukunft entscheidend sei, um einen preisinduzierten Kostenzuwachs abschätzen zu können. Einen solchen unternehmensspezifischen Preisindex hat die Antragsgegnerin jedoch ebenfalls nicht offengelegt und er dürfte auch unter größtem Aufwand nur sehr näherungsweise ermittelbar sein. Hinzu kommt, dass es auf die am Bewertungsstichtag erwarteten Preissteigerungen ankommt. Eindeutiger Anhalt hierfür sind weder die vor dem Bewertungsstichtag beobachtbaren noch die später realisierten Preise. Vielmehr werden sich die allein maßgeblichen Erwartungen der Preisentwicklung für die von der Gesellschaft zur eigenen Produktion benötigten Vorprodukte - jedenfalls auch - an der erwarteten Inflationsrate ausrichten, die wiederum vom Sachverständigen mit 2 % veranschlagt wurde. Mit Blick auf diese Schätzung steht der Sachverständige € wie von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen - in Einklang mit der sonst hierzu regelmäßig vertretenen Auffassung (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, Rdn. 930).

Sieht man von Effizienzsteigerungen bei der Produktion jedenfalls zunächst ab, kommt es mithin entscheidend auf die erwartete Entwicklung der Absatzpreise der A ... AG an. Gelingt der Gesellschaft eine vollständige prozentuale Überwälzbarkeit der inflationsbedingten Kostensteigerungen, so resultiert hieraus auch ein zweiprozentiges Ergebniswachstum. Bleibt die Entwicklung der Absatzpreise dahinter zurück, ergibt sich ein entsprechend geringeres Gewinnwachstum.

Der Sachverständige hält im Ergebnis eine vollständige prozentuale Überwälzbarkeit für zutreffend und stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Überlegung, dass es zu einer realen Schrumpfung des Geschäftsumfanges komme, sofern eine Inflationsrate von 2 % unterstellt werde, gleichzeitig aber das nominelle Ergebnis der Gesellschaft um lediglich jährlich 1 % steige. Dies ist jedoch nur dann richtig, wenn zusätzlich angenommen wird, dass Einkaufs- und Verkaufspreise um den gleichen Prozentsatz wachsen. Damit wird aber letztlich die Überwälzbarkeit von erwarteten Preissteigerungen auf der Kostenseite unterstellt, obwohl es die Frage hiernach gerade zu erklären gilt.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin anhand einfacher Zahlenbeispiele, bzgl. derer auf Bl. 917 f. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, unmittelbar nachvollziehbar dargestellt, dass ein inflationsbedingtes Wachstum der Einkaufspreise von 2 %, je nach der damit korrespondierenden Entwicklung der Absatzpreise bei gleichbleibender Absatzmenge und damit verbunden fehlender Schrumpfung des Geschäftsumfanges, mit einem Ergebniswachstum von unter zwei Prozent vereinbar ist.

Selbst wenn das jährlich zu kapitalisierende Ergebnis überhaupt nicht wächst, das Unternehmen sich aber gleichwohl mit einem inflationsbedingten Wachstum seiner Produktionskosten konfrontiert sieht, bedingt dies € wie auch der Vertreter der außenstehenden Aktionäre betont - kein Sinken der Absatzmenge, solange die Kostensteigerungen in absoluten Zahlen weitergegeben werden können. Einzig der inflationsbereinigte Gewinn sinkt im Zeitablauf und geht € eine unendliche Fortdauer dieser Entwicklung unterstellt € gegen Null, was wiederum in der vom Sachverständigen als negativ identifizierten realen Wachstumsrate seinen Ausdruck findet. Die Entwicklung sinkender inflationsbereinigter Gewinne bedingt aber € solange die am Kapitalmarkt geforderten Kapitalkosten erwirtschaftet werden können (vgl. Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2010, 349, 351) - keine Beendigung der Unternehmenstätigkeit, sondern steht mit volkswirtschaftlichen Annahmen zur langfristigen Gewinnentwicklung eines Unternehmens im Wettbewerbsmarkt in Einklang.

Soweit es den unternehmensübergreifenden Zusammenhang zwischen Inflation und Gewinnwachstum betrifft, verweist die Antragsgegnerin zusätzlich auf eine Studie vornehmlich von Widmann, Schieszl und Jeromin hin, wonach in der Vergangenheit das durchschnittliche Gewinnwachstum deutscher Unternehmen hinter der Inflationsrate zurückgeblieben sei (Widmann/Schieszl/Jeromin, FB 2003, 800, 808 ff.). Demgegenüber betont der Sachverständige, in dem Zeitraum von 1995 bis 2004 habe das Gewinnwachstum der deutschen Unternehmen bei durchschnittlich 5,3 % gelegen, wohingegen die Inflationsrate in den entsprechenden Jahren deutlich darunter gelegen habe (Bl. 873 ff. d. A.).

Dabei ist allerdings jeweils zu beachten, dass es € bei der hier unterstellten Vollausschüttung € nur bedingt auf empirisch beobachtbare Vergleiche zwischen Inflationsrate und durchschnittlichem Gewinnwachstum ankommt. Die beobachteten Wachstumsraten beinhalten nämlich regelmäßig zusätzlich ein thesaurierungsbedingtes Wachstum, welches hier aber gerade annahmegemäß nicht gegeben ist. Hinzu kommt, dass für die Schätzung des Wachstumsabschlages die zum Bewertungsstichtag bestehenden Erwartungen maßgeblich sind. Hierbei geht der Senat für den vorliegenden Bewertungsstichtag ebenfalls davon aus, dass aufgrund der historischen Beobachtungen die Erwartung bestand, ein rein preisgetriebenes Gewinnwachstum werde systematisch hinter der Inflationsrate zurückbleiben (vgl. WP-Handbuch 2008, S. 78 sowie bereits Senat, Beschluss vom 26. August 2009 - 5 W 35/09 - S. 18, unveröffentlicht). Nicht zuletzt aufgrund dieses Gesichtspunktes wird für zum hiesigen Stichtag insoweit vergleichbare Bewertungszeiträume bis etwa zum Jahr 2006 häufig eine Wachstumsrate von 1 % oder darunter für angemessen erachtet (vgl. etwa die Beispiele in Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 931 sowie Hachmeister/Kühnle/Lampenius, WPg 2009, 1234, 1245).

Damit ist jedoch noch nicht die maßgebliche Frage beantwortet, welche Möglichkeit für das individuelle Unternehmen, nämlich die A ... AG, zu veranschlagen war, etwaige Kostensteigerungen prozentual an die Kunden weiterzugeben. Hierzu kann trotz der von der Antragsgegnerin geäußerten methodischen Einwände € wie es der Sachverständige getan hat € zur Plausibilisierung auf die geplanten Gewinnsteigerungen in der Detailplanungsphase zurückgegriffen werden (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Aufl., S. 438).

Zutreffend wendet die Antragsgegnerin zwar insoweit ein, Wachstumsraten in der Detailplanungsphase seien nicht vergleichbar mit denjenigen in der ewigen Rente, da die Wachstumsraten in der Detailplanungsphase regelmäßig organisches Wachstum aus steigenden Kapazitätsauslastungen und Effizienzsteigerungen sowie gegebenenfalls Erweiterungsinvestitionen beinhalteten, die entsprechend der verfolgten Finanzierungspolitik durch Thesaurierungen und/oder Fremdkapitalaufnahmen finanziert würden. Bei der anzusetzenden Wachstumsrate handele es sich hingegen um das nachhaltig inflationsbedingt generierte Ergebniswachstum entsprechend der unternehmensspezifischen Teuerungsrate unter Berücksichtigung etwaiger Überwälzungsmöglichkeiten. Allerdings stützt sich das für die Detailplanungsphase veranschlagte Wachstum ebenfalls auf Preissteigerungen sowie Mengen- und Strukturänderungen, die sodann bei der Bestimmung der Wachstumsrate in der ewigen Rente unter der hier vorliegenden Annahme der Vollausschüttung gleichfalls ausschlaggebend sind (vgl. WP Handbuch 2008, S. 74 f.). Ein gewisser, wenn auch loser Zusammenhang zwischen beiden Größen besteht also, so dass die vorgenommene Plausibilisierung nicht von vorneherein abzulehnen ist. Jedoch kann € anders als der Sachverständige - der Senat bei dem zuletzt für das Jahr 2006 der Detailplanungsphase angenommene Wachstum des Betriebsergebnisses vor Zinsen und Steuern von 10,3 % (vgl. Gutachten S. 18, Bl. 789 d. A.) unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen keinen Widerspruch zu einer deutlich unter 2 % liegenden Wachstumsrate in der ewigen Rente erkennen.

Maßgeblich für den Senat ist daher die Überlegung, dass € wie bereits der sachverständige Prüfer in seinem Prüfbericht ausgeführt hat € die Automobilzuliefererindustrie nur begrenzte Wachstumsperspektiven zum Bewertungsstichtag aufwies. So standen den betroffenen Unternehmen auf der Abnehmerseite regelmäßig Fahrzeughersteller mit einer hohen Nachfragemacht gegenüber (vgl. Pohl/Thielen, in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 23). Gleichzeitig ist das Potenzial von nicht thesaurierungsbedingten Effizienzsteigerungen im Produktionsprozess als begrenzt anzusehen. Diese Überlegungen dürften dazu geführt haben, dass auch für andere Automobilzulieferbetriebe ein Wachstumsabschlag in Höhe von lediglich 1 % für zutreffend befunden wurde (vgl. OLG Stuttgart, AG 2007, 128, 135; Pohl/Thielen, in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 25).

Dass der Senat gleichwohl demgegenüber mit 1,2 % einen leicht erhöhten Wachstumsabschlag zugrunde legt, ist vornehmlich der marktführenden Stellung der A ... AG bei der Herstellung von Instrumententafeln, Türinnenverkleidungen und Textilelementen geschuldet. Diese marktbeherrschende Stellung dürfte der Gesellschaft in einem größeren Umfang als dem durchschnittlichen mittelständischen Automobilzulieferer die Möglichkeit eröffnen, vergegenwärtigte Kostensteigerungen auf die Abnehmer in Form erhöhter Absatzpreise zu überwälzen. Dies wiederum rechtfertigt einen gegenüber dem üblichen Wert von einem Prozent leicht erhöhten Wachstumsabschlag. Zugleich führt diese geringfügige Erhöhung der Wachstumsrate unter gleichzeitiger Berücksichtigung des vom Senat für zutreffend erachteten, leicht abgesenkten Basiszinssatzes in Höhe von 5,45 % bei Anwendung der von der Antragsgegnerin hierfür herangezogenen Formel (vgl. Bl. 922 d. A. sowie Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2010, 349, 350) zu einer vergleichbaren Gesamtwachstumsrate des Unternehmens. Umgekehrt führte hingegen eine deutliche Erhöhung der hier unterstellten Wachstumsrate bei sonst gleichbleibenden Annahmen zu einer starken Diskrepanz zwischen dem geschätzten Ertragswert und dem Börsenwert der Gesellschaft. Ein derartiges Auseinanderfallen von anteiligem Ertragswert und durchschnittlichem Börsenkurs in dem für die Bewertung relevanten Zeitraum hielte der Senat trotz der aufgrund des eingeschränkten Handels nur relativ geringen Aussagekraft des Kurses gleichwohl für wenig überzeugend.

(3) Obgleich mit der Schätzung des Wachstumsabschlags von 1,2 % von der Annahme des Sachverständigen abgewichen wird, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Im Rahmen des eingeholten Ergänzungsgutachtens hatte der Sachverständige umfassend Gelegenheit, ergänzende Ausführungen zu dem von ihm veranschlagten Wert zu machen. Weiterführende Erkenntnisse sind € auch für den Fall einer vorliegend von keiner Seite beantragten mündlichen Anhörung des Sachverständigen - nicht zu erwarten, da es sich bei einem Wachstumsabschlag um keinen mathematisch ableitbaren, mit letzter Gewissheit festzusetzenden Wert, sondern um eine auf der Grundlage von Tatsachen zu schätzende Größe handelt.

Für diese letztlich vom Senat vorzunehmende Schätzung bieten hingegen die Ausführungen der Beteiligten und insbesondere das von der Antragsgegnerin eingeholte Privatgutachten sowie die Erläuterungen des Sachverständigen in seinen beiden schriftlichen Gutachten eine ausreichende Grundlage. Insoweit sieht sich der Senat auch nicht von Amts wegen veranlasst, einen weiteren Sachverständigen zur Frage der Höhe des Wachstumsabschlages zu konsultieren. Selbst hierdurch könnte nämlich keine letzte Gewissheit über die tatsächliche Höhe des Wachstumsabschlages erlangt werden. Demgemäß erwartet der Senat in Ausübung des ihm obliegenden pflichtgemäßen Ermessens von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens keinen Erkenntnisgewinn, der unter Berücksichtigung des mit der Gutachteneinholung verbundenen Aufwands, der Kosten sowie der erhöhten Dauer des Verfahrens zu einem angemessenen Verhältnis stünde (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 423 m.w.Nachw.).

cc) Aus den vorstehenden Überlegungen lässt sich der Barwert des A ... AG zum 1. Januar 2002 durch Abzinsung der jährlichen Ergebnisse mit dem jeweils entsprechenden Kapitalisierungszins ermitteln. Der Ertragswert zum Bewertungsstichtag ergibt sich sodann durch eine lineare Aufzinsung des Barwertes zum 1. Januar 2002 mit dem Kapitalisierungszins in Höhe von 7,35 % auf den Bewertungsstichtag. Anschließend sind € ohne dass dieses Vorgehen des Landgerichts von den Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen worden wäre - unter Wahrung des sich aus dem Übertragungsbericht ergebenden relativen Werteffektes € die Beträge für die Anteile von Dritten an Tochterunternehmen der A ... AG und der nicht konsolidierten Beteiligungen der A ... AG anzupassen sowie die sich hieraus ergebende, nunmehr angepasste Differenz zwischen Anteilen und Beteiligungen von dem aufgezinsten Unternehmenswert zu subtrahieren. Schließlich sind die steuerlichen Verlustvorträge in einer Höhe von 35,6 Mio. € zu addieren. Hieraus folgt sodann ein Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag in Höhe von 756,8 Mio. €, aus dem sich bei 51.050.860 Aktien ein anteiliger Unternehmenswert von 14,82 € errechnet.

Dabei sei zur Verdeutlichung der vorstehenden Überlegungen auf nachfolgende, sich an der Notation des Sachverständigen in dessen Gutachten orientierende Übersicht verwiesen, wobei die Zahlen bis auf den Kapitalisierungszinssatz und den Barwertfaktor, die Anzahl der Aktien sowie die ermittelte Abfindungshöhe - wie bereits im Sachverständigengutachten - jeweils in Millionen Euro angegeben sind.

dd) Bei den ermittelten 14,82 € je Stückaktie handelt es sich zugleich um die angemessene Abfindung, da der nach Umsätzen gewichtete durchschnittliche Börsenkurs für einen Referenzzeitraum von drei Monaten sowohl bezogen auf den Tag der erstmaligen Bekanntgabe des geplanten Squeeze out als auch bezogen auf den Tag der Hauptversammlung (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 30. März 2010 € 5 W 32/09 -, unveröffentlicht) jeweils deutlich unter dem anteiligen Ertragswert liegt.

Entsprechendes gilt für den anteiligen Liquidationswert, der € ohne dass dies von den Antragstellern in Zweifel gezogen wäre € ebenfalls hinter dem Wert bei Fortführung des Unternehmens zurückbleibt (vgl. Prüfbericht S. 9 bzw. Bl. 82 d. A.).

d) Soweit die Beschwerdeführer sich schließlich gegen die vom Landgericht getroffene Zinsentscheidung wenden, weil die ihr zugrunde liegende Verzinsungsregel in § 327b Abs. 2 AktG verfassungswidrig sei, bleibt diesem Einwand der Erfolg versagt.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Entscheidung über die gemäß § 327b Abs. 2, 1. Halbs. AktG dem ausgeschiedenen Aktionär gesetzlich zustehenden Zinsen im Spruchverfahren zwar nicht notwendig, gleichwohl möglich ist (vgl. BGH, NZG 2003, 1017, 1018; OLG Hamburg, AG 2002, 89; Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, § 11 SpruchG Rdn. 3).

Darüber hinaus bestehen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer zudem keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der angewandten gesetzlichen Verzinsungsregel (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3268, 3271 = ZIP 2007, 1261, wenngleich sich dort keine Ausführungen zum Zinsbeginn, sondern nur zur Sicherung des Zinsanspruchs befinden; vgl. ebenso BVerfG ZIP 2007, 2121; ZIP 2007, 1987 sowie OLG Stuttgart, ZIP 2007, 27, 30 f.; OLG Düsseldorf, AG 2008, 822). Maßgeblicher Grund ist dabei die Überlegung, dass in dem Zeitraum zwischen dem Beschluss der Hauptversammlung und der Eintragung des Beschlusses die Übertragung noch nicht wirksam ist und die Betroffenen weiterhin Minderheitsaktionäre der Gesellschaft sind. In der Konsequenz erhalten sie in diesem Zeitraum Dividende und können überdies ihre Rechte als Aktionäre geltend machen (vgl. § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG). Eine etwaige Verzinsungslücke besteht mithin lediglich mit Blick auf den (relativ kurzen) Zeitraum von der Eintragung des Beschlusses bis zu ihrer Bekanntmachung. Da es sich regelmäßig um einen vernachlässigbaren Betrag handeln wird, ist die Verzinsungslücke verfassungsrechtlich hinnehmbar. Im Übrigen ist die Geltendmachung eines weitergehenden Zinsschadens ohnehin hierdurch nicht ausgeschlossen.

3. Die Entscheidungen über die Kosten beruhen auf § 15 SpruchG.

Die Gerichtskosten beider Instanzen einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters hat die Antragsgegnerin zu tragen (§ 15 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2 SpruchG).

Ferner hat die Antragsgegnerin zwar nicht die außergerichtlichen Kosten der (ehemaligen) Antragsteller zu 7) bis 10) zu tragen, da über deren außergerichtliche Kosten bereits rechtskräftig im Beschluss des Landgerichts vom 17. Februar 2005 entschieden worden ist. Jedoch trifft sie eine Kostentragungspflicht in Höhe der Hälfte der erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragssteller zu 1) bis 6) (§ 15 Abs. 4 SpruchG), Denn gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG sind die notwendigen Kosten der Antragsteller ganz oder teilweise der Antragsgegnerin aufzuerlegen, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht. Vorliegend führte das Spruchverfahren insgesamt zu einer Erhöhung der Abfindung von 13,50 € auf 14,82 € je Aktie. Dies beinhaltet eine Steigerung um 10 %. Geht man davon aus, dass eine Erhöhung um weniger als 5 % als Bagatelle aufgrund der Spannbreite möglicher Unternehmenswerte zu vernachlässigen ist und legt man ferner den in der Begründung des Referentenentwurfs (NZG 2002, 23, 31) zum Ausdruck gekommenen Gedanken zugrunde, wonach eine Erhöhung um 15 € 20 % als wesentlich anzusehen ist und damit zu vollständiger Kompensation führt, erscheint vorliegend eine Kostenteilung angemessen. Dabei hält es der Senat der Billigkeit im Sinne von § 15 Abs. 4 SpruchG entsprechend, der Antragsgegnerin 1/2 der Kosten der Antragsteller aufzuerlegen. Dem steht nicht entgegen, dass im Anfechtungsverfahren bereits eine Abfindung von 18 € je Stückaktie angeboten worden ist. Wie bereits ausgeführt, war dieses Angebot unter zusätzliche Bedingungen gestellt und konnte von daher nicht die aus § 327b AktG folgende Pflicht zur Gewährung einer angemessenen Abfindung erfüllen.

Da im Beschwerdeverfahren eine weitere Erhöhung der bereits vom Landgericht zuerkannten Abfindung um weniger als 5 % erreicht wurde, sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 8) als unzulässig erwiesen hat und die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 4) zurückgenommen wurde, entspricht es demgegenüber insgesamt nicht der Billigkeit, der Antragsgegnerin auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Antragsteller aufzuerlegen.

Die Kosten des gemeinsamen Vertreters können derzeit nicht festgesetzt werden, weil sie noch nicht geltend gemacht worden sind. Nach § 6 Abs. 2 SpruchG gehört dazu ein Verlangen des gemeinsamen Vertreters. Überdies ist die Höhe der Auslagen nicht bekannt.

Die für beide Instanzen einheitliche Festsetzung des Geschäftswertes ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Hierbei kommt es auf den zusätzlich zu dem ursprünglich angebotenen Betrag an, der insgesamt von allen den in § 3 SpruchG genannten Antragsberechtigten nach der Entscheidung des Gerichts zusätzlich gefordert werden kann. Bei einem Differenzbetrag von 1,32 € (14,82 € € 13,50 €) und € den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Landgerichts zufolge - einer Anzahl von 255.634 von dem Ausschluss betroffenen Stückaktien ergibt sich hieraus ein für beide Instanzen einheitlicher Geschäftswert in Höhe von gerundet 337.437 €.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 17.06.2010
Az: 5 W 39/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ff6540dfeae4/OLG-Frankfurt-am-Main_Beschluss_vom_17-Juni-2010_Az_5-W-39-09




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