Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juni 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 114/00

(BPatG: Beschluss v. 27.06.2001, Az.: 28 W (pat) 114/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 12. Dezember 1996 für eine Vielzahl von Waren, ua für

"Mützen, T-Shirts"

eingetragene Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch - beschränkt auf die Waren "Mützen" und "T-Shirts" - aus der prioritätsälteren Wort- Bildmarke 2 005 451 siehe Abb. 2 am Endeerhoben worden, die ua für die Waren

"Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, ..., Kopfbedeckungen,..."

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch schon mangels Markenähnlichkeit zurückgewiesen, da es unzulässig sei, aus der angegriffenen Marke den Wortbestandteil "Eagle" isoliert kollisionsbegründend herauszugreifen, da dieser das angegriffene Zeichen, dessen Besonderheit gerade in der Wortkombination liege, nicht allein präge.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, das angegriffene Zeichen werde allein durch den Wortbestandteil "Eagle" geprägt, da im Hinblick auf die Waren der Klasse 25 der weitere Wortbestandteil "street" glatt beschreibend als Hinweis auf "Straßenbekleidung" wirke. Im Übrigen komme ihrer Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu, was kollisionsfördernd wirke.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die angegriffene Marke im Umfang des Widerspruchs zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt demgegenüber, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß für zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Gefahr von Verwechslungen iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND).

Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von Identität auszugehen. Der Widerspruch richtet sich gegen "Mützen", die unter die von der Widerspruchsmarke umfaßten Ware "Kopfbedeckungen" fällt, und "T-Shirts", die "Oberbekleidungsstücke" darstellen.

Der Widerspruchsmarke kommt eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Die Behauptung der Widersprechenden, zur erhöhten Kennzeichnungskraft ihrer Marke wird durch keinen hinreichend substantiierten Tatsachenvortrag gestützt. "Eagle" ist im übrigen auch kein Bestandteil der Firmenbezeichnung der Widersprechenden.

Allerdings ist zugunsten der Widersprechenden durchaus einzuräumen, daß vor dem Hintergrund identischer Waren und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke an den von der schutzbegehrenden Marke einzuhaltenden Abstand deutliche Anforderungen zu stellen sind, zumal es sich bei den Waren um Artikel des täglichen Bedarfs handelt, die vom Verkehr erfahrungsgemäß mit einer gewissen Flüchtigkeit gerade gegenüber den Kennzeichnungen erworben werden.

Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke im Ergebnis aber noch gerecht. Die Vergleichsmarken weisen im Gesamteindruck deutliche Unterschiede auf, da die angegriffene Marke den Zusatz "street" aufweist. Eine Verwechslungsgefahr kann somit nur über das beiden Zeichen identische Wort "Eagle" in Betracht kommen. Dem steht allerdings zunächst der für das Kennzeichnungsrecht maßgebliche Grundsatz entgegen, daß zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verletzungsgefahr von Marken auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist. Denn der Schutz eines aus einem Kombinationszeichen herausgelösten Elementes ist dem Markenrecht fremd, so daß es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Kollision lediglich aufgrund eines aus einem Gesamtzeichen isoliert entnommenen Elementes feststellen zu wollen.

Allerdings kann eine unmittelbare Verwechslungsgefahr "dem Gesamteindruck nach" ausnahmsweise bei Vergleichszeichen, die nur in einem Bestandteil übereinstimmen, dann gegeben sein, wenn der Gesamteindruck eines kombinierten Zeichens nicht durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, sondern von einem Element allein geprägt wird, wobei eine bloße Mitprägung nicht ausreicht (BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Diese Voraussetzungen liegen bei der schutzbegehrenden Marke aber nicht vor. Die Vergleichszeichen sind in ihrer jeweils registrierten Form - ungeachtet der verschiedenen graphischen Ausgestaltungen - nicht ähnlich, da sich der Bestandteil "Street" der jüngeren Marke in der Widerspruchsmarke nicht wiederfindet. Die mehrgliedrige angegriffene Marke wird auch nicht durch den Wortbestandteil "Eagle" allein geprägt. Bei dem weiteren Wortbestandteil "Street" handelt es sich zwar um ein bekanntes englischsprachiges Wort. Das bedeutet allerdings nicht, daß dieser Wortbestandteil völlig in den Hintergrund träte. Ob es ihm, wie die Widersprechende meint, an Kennzeichnungskraft mangelt, kann dahinstehen. Denn im Ergebnis kommt es nicht ausschließlich auf die Kennzeichnungskraft der einzelnen Bestandteile einer Mehrwortmarke an. Vielmehr fällt der Bedeutung und Funktion der einzelnen Teile in der Gesamtkombination eine ebenso bedeutsame Rolle zu. Dies gilt insbesondere für Zeichen, welche ihre Einprägsamkeit und individualisierung gerade erst durch sämtliche Bestandteile erfahren. In solchen Fällen wird der Verkehr die Marke so verstehen, wie sie ihm gegenübertritt. Dies ist vorliegend bei der angegriffenen Marke der Fall. Gerade die Wortkombination von "Street" und "Eagle" macht das Besondere und Einprägsame der Marke aus, worauf die Markenstelle bereits zurecht hingewiesen hat. Es besteht kein Anlaß für die Annahme, daß der Verkehr das Wort "Street" in der angegriffenen Marke vernachlässigen wird. Für die Wahrnehmung der Marke als Einheit spricht zudem auch deren Kürze. Gerade bei kurzen Bezeichnungen, selbst wenn sie aus mehr als einem Wort gebildet werden, besteht für den Verkehr keine Veranlassung zu einer Verkürzung, weil die Marke sich gerade wegen ihrer Kürze und möglicherweise prägnanten Zusammensetzung ohne weiteres als ganzes einprägt.

Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr sind somit letztlich allein die unterschiedlich gebildeten Kennzeichnungen "Street Eagle" und "Eagle" einander gegenüberzustellen. Von daher ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ersichtlich auszuschließen.

Es besteht aber auch keine Gefahr, daß die Marken etwa gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken allein reicht noch nicht zur Annahme einer assoziativen Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr muß dem übereinstimmenden Bestandteil Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommen, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn der Verkehr etwa aufgrund ähnlich gebildeter Serienmarken bereits an den Stammbestandteil gewöhnt oder dieser firmenmäßig in Erscheinung getreten ist. Dazu hat die Widersprechende indes nichts vorgetragen.

Damit hatte die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg.

Anlaß zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand indes nicht (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Stoppel Martens Kunzeprö

Abb. 1 Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)114-00.3.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 27.06.2001
Az: 28 W (pat) 114/00


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