Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 28. Oktober 1998
Aktenzeichen: 16 E 2/98

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 28.10.1998, Az.: 16 E 2/98)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Kläger zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kläger ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Er sieht seine Aufgabe darin, Frauen und Mädchen in Notlagen zu beraten und zu unterstützen.

Der Kläger beantragte bei dem Beklagten am 28. September 1995, ihm ab dem 1. August 1995 Fördermittel zur Finanzierung von Personal zu bewilligen, und zwar für eine ganztägig beschäftigte nach BAT II a bezahlte Diplom-Psychologin und für eine halbtags beschäftigte nach BAT VI oder VII bezahlte Verwaltungsfachkraft oder Sekretärin.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 10. Juli 1996 ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte auf Weisung des Ministeriums für die Gleichstellung von Mann und Frau des Landes Nordrhein-Westfalen durch Bescheid vom 30. Januar 1997 zurück.

Der Kläger hat am 2. März 1997 Klage erhoben und zur Begründung im wesentlichen vorgetragen, daß er öffentliche Fördermittel in gleichem Maße beanspruche wie der gemeinnützige Verein, der vergleichbare Aufgaben in rechtsrheinisch gelegenen Gemeinden erfülle.

Der Kläger hat den Antrag angekündigt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Juli 1996 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1997 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, entsprechend seinem Antrag vom 28. September 1995 Landesförderung für die Zeit vom 1. August 1995 bis zum 31. Dezember 1995 in Höhe von 51.325,- DM zu bewilligen.

Den zugleich gestellten Antrag,

ihm, dem Kläger, für das Klageverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin G. - G. aus B. zu gewähren,

hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 17. November 1997 mit der Begründung abgelehnt, daß der Kläger nicht dargelegt habe, die Kosten des Rechtsstreites nicht aufbringen zu können.

Gegen den ihm am 4. Dezember 1997 zugestellten Beschluß hat der Kläger am 17. Dezember 1997 Antrag auf Zulassung der Beschwerde gestellt und ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses geltend gemacht. Die Beschwerde ist durch Beschluß vom 13. Mai 1998 zugelassen worden.

Der Kläger begründet seine Beschwerde u.a. damit, daß er nicht in der Lage sei, die Kosten der Prozeßführung aus dem Vereinsvermögen aufzubringen. Das zur Zeit vorhandene Barvermögen in Höhe von insgesamt 12.557,05 DM (7.973,28 DM + 4.583,77 DM) werde benötigt, um die laufenden Kosten im zweiten Halbjahr 1998 und im Jahre 1999 decken zu können, weil Mitgliedsbeiträge und Spenden nicht ausreichten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluß des Verwaltungsgerichts zu ändern, und ihm, dem Kläger, Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung von Rechtsanwältin G. -G. aus B. für das Klageverfahren VG Köln 18 K 1779/97 zu gewähren.

Der Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und hat vorgetragen, daß der Höchstbetrag der Förderung 51.325 DM für die Zeit vom 1. August 1995 bis zum 31. Dezember 1995 betragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger erhält keine Prozeßkostenhilfe, weil er in der Lage ist, die Kosten des Klageverfahrens aus eigenem Barvermögen aufzubringen.

Der gemäß § 166 VwGO entsprechend anwendbare § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO sieht vor, daß eine inländische juristische Person auf Antrag Prozeßkostenhilfe erhält, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwider laufen würde. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Kläger kann die Kosten des Klageverfahrens aufbringen.

Zur Beurteilung dieser Voraussetzungen kommt es auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung - hier durch das Beschwerdegericht - an. Insoweit gilt nichts anderes als für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe an natürliche Personen, bei denen bezüglich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Beschwerdeverfahren auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung abgestellt wird.

Vgl. OVG NW, Beschluß vom 30. Oktober 1992 - 8 E 1275/91 - m.w.N.

Die Kosten des Klageverfahrens werden sich nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand voraussichtlich auf ungefähr 6.300,- DM belaufen. Kosten sind gemäß § 162 Abs. 1 VwGO die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten, zu denen gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes gehören.

Die Gerichtskosten werden für das Klageverfahren nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ungefähr 2.600,- DM betragen. Das Klageverfahren ist nicht gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei, weil Streitigkeiten über die Vergabe von Fördermitteln an gemeinnützige Einrichtungen nicht zu den in § 188 Satz 1 VwGO aufgeführten Sachgebieten aus dem Sozialrecht gehören, für die nach § 188 Satz 2 VwGO keine Gerichtskosten erhoben werden.

OVG NW, Urteil vom 3. Dezember 1993 - 8 A 2094/91 -, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220; vgl. allgemein zur Auslegung des Begriffs der Gerichtskostenfreiheit in § 188 VwGO: BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 5 C 10.91 -, FEVS 44, 397, und OVG NW, Beschluß vom 3. März 1994 - 8 B 174/94 -, NW VBl. 1994, 414 = ZFSH/SGB 1994, 368, sowie Beschluß vom 14. September 1993 - 16 E 573/93 -, FEVS 44, 386 = NVwZ-RR 1994, 164.

Auf der Grundlage eines Streitwertes in Höhe von 51.325,- DM - dies ist der Förderungshöchstbetrag für den Zeitraum vom 1. August 1995 bis zum 31. Dezember 1995 - errechnen sich die Gerichtskosten gemäß §§ 1 Abs. 1 b, 11 GKG iVm den Anlagen 1 und 2 zu § 11 GKG nach Nr. 2110 (Gebührensatz 1,0) und Nr. 2115 (Gebührensatz 2,5) und nach einer Gebühr von 715,- DM. Dies ergibt einen Betrag von 2.502,50 DM (715,- DM x 3,5). Zuzüglich etwaiger Auslagen dürften sich die Gerichtskosten auf etwa 2.600,- DM belaufen.

Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes werden sich in Anwendung der §§ 11 und 114 BRAGO auf ungefähr 3.700,- DM belaufen. Dieser Betrag ergibt sich im einzelnen aus folgenden Positionen: eine Prozeßgebühr in Höhe von 1.565,- DM gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, eine Verhandlungsgebühr, ebenfalls in Höhe von 1.565,- DM, gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von höchstens 40,- DM gemäß § 26 BRAGO sowie die Kosten einer etwaigen Geschäftsreise vom Wohnort der Anwältin in B. zu einer möglichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Köln gemäß § 28 BRAGO zuzüglich der Umsatzsteuer in Höhe von 16 % gemäß § 25 Abs. 2 BRAGO iVm § 12 Abs. 1 UStG 1993 in der Fassung von Art. 5 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997, BGBl. I S. 3121, 3122.

Die voraussichtlich anfallenden Kosten des Klageverfahrens (Gerichts- und Anwaltskosten) in Höhe von etwa 6.300,- DM kann der Kläger aus seinem gegenwärtig vorhandenen Vermögen in Höhe von 12.557,05 DM aufbringen. Maßgebend sind die vorhandenen Barmittel sowie das sonstige verwertbare Vermögen. Einzusetzen ist das gesamte Vermögen. Die Schutzvorschriften des § 115 Abs. 2 ZPO und des § 88 BSHG sind nicht anwendbar. Auf die Zumutbarkeit des Einsatzes der vorhandenen Vermögensmasse kommt es - anders als bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für natürliche Personen - nicht an. Allerdings kann eine wirtschaftlich unsinnige Verwertung auch im Rahmen des § 116 ZPO nicht verlangt werden.

Vgl. Wax, Münchner Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 1992, Bd. 1 § 116 Randnote 9, und Philippi, in Zöller, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 116 Rdnr. 4 m.w.N.

Die Verwertung eines Anteils in Höhe von 6.300,- DM aus dem gegenwärtig vorhandenen Vermögen vom 12.557,05 DM ist nicht als wirtschaftlich unsinnig anzusehen. Zwar trägt der Kläger in diesem Zusammenhang vor, daß er auf das vorhandene Vermögen angewiesen sei, um die laufenden Kosten für das zweite Halbjahr 1998 und für 1999 aufbringen zu können. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß eine Verwertung von etwa der Hälfte des vorhandenen Vermögens für die Prozeßführung sinnvoll ist, weil das Klageverfahren zu einer dauerhaften Klärung der Förderungsfähigkeit des Klägers führen wird. Der Kläger hat außerdem nicht vorgetragen, daß die benötigten finanziellen Mittel für die Bezahlung der beauftragten Rechtsanwältin nicht durch die Inanspruchnahme von Drittmitteln (Darlehen oder Spenden) aufzubringen sind. Nach alledem kann offenbleiben, ob die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch daran scheitert, daß die Kosten von den wirtschaftlich Beteiligten, nämlich von den Vereinsmitgliedern, aufgebracht werden könnten und daß die Rechtsverfolgung nicht den allgemeinen Interessen entspricht. Auch muß im Rahmen dieses Verfahrens nicht geklärt werden, ob die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 28.10.1998
Az: 16 E 2/98


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